Protokoll der Sitzung vom 28.11.2013

Ich kenne die Sorgen der Kreise wegen des knappen und des halb auch teuren Wohnungsangebots für Flüchtlinge. In den letzten Jahren sind die Mieten, je nach Region, zum Teil er heblich gestiegen. Wir werden deshalb schon bald im neuen Jahr auf die Kreise zugehen und gemeinsam mit ihnen die Ist zahlen des Jahres 2013 auswerten. Dabei haben wir auch auf ein mögliches Gefälle zwischen Ballungsräumen und ländli chen Bereichen zu achten. Wenn es erforderlich ist, könnten die Pauschalen nachjustiert werden. Das Gesetz eröffnet die se Möglichkeit jederzeit, bei Bedarf also auch schon vor 2016.

Insgesamt legen wir einen Gesetzentwurf vor, der mehreren zentralen Anforderungen gerecht wird. In humanitärer Hin sicht verbessern wir die Rahmenbedingungen für Unterbrin gung, Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge. Zugleich verbessern wir die Voraussetzungen für eine spätere Integra tion der Flüchtlinge. In verwaltungspraktischer Hinsicht er leichtern wir den ausführenden Behörden die Arbeit, weil das bisherige starre rechtliche Korsett durch flexiblere Bestim mungen abgelöst wird. Schließlich streben wir einen fairen Kostenausgleich mit den Kommunen an. Deshalb sind wir auch zu einer frühzeitigen Evaluation der Erstattungsregelun gen bereit. Das haben wir der kommunalen Seite mehrfach si gnalisiert.

Ich denke, das künftige Flüchtlingsaufnahmegesetz ist, ge messen an der derzeit schwierigen Ausgangssituation, für al

le Seiten ein guter Kompromiss. Deshalb bitte ich Sie um Ih re Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, für die Aussprache hat das Präsidium, wie bereits mitge teilt, eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Lasotta das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Heute haben wir etwas erlebt, was ich in zwölf Jahren im Landtag noch nicht erlebt habe, näm lich dass die Ministerin fast zu spät gekommen wäre, um ihr eigenes Gesetz zu begründen. So sieht ihre Achtung vor dem Parlament aus. Sie muss sich bei der amtierenden Landtags präsidentin bedanken. Das ist ein zweites Novum: Ich habe Brigitte Lösch noch nie so langsam Tagesordnungspunkte vor lesen und so oft wiederholen hören wie heute.

(Heiterkeit bei Abgeordneten aller Fraktionen – Abg. Thomas Blenke CDU: Sie hat sogar noch Zurufe ein gefordert!)

Aber es hat ja gerade noch geklappt.

(Unruhe)

Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Wenn Gesetze, die eine gu te Intention haben, auf Kosten der Kommunen gemacht wer den – das haben wir gestern beim Landespersonalvertretungs gesetz auch erlebt –, dann ist zwar die Zielrichtung dahinter gut, aber die Auswirkungen für die kommunale Ebene sind schlecht. Damit gefährdet man den Gesamtkompromiss so wie den Respekt und die Achtung davor, wie Flüchtlingshil fe vor Ort organisiert wird.

Deswegen geht mein erster Dank an die Kommunen und auch an alle, die vor Ort aktiv sind, die sich um die Flüchtlinge kümmern. Ich denke, wir können stolz darauf sein, dass sich viele Menschen engagieren, dass eine gute Arbeit geleistet wird und dass Asylbewerber und Flüchtlinge bei uns Zuflucht finden und den Schutz unseres Staates genießen.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Mit diesem Gesetz haben Sie jedoch einen massiven Konflikt mit den Kommunen provoziert. Der Landkreistag spricht da von, dass 50 Millionen € im Bereich der pauschalen Erstat tung fehlen. Das ist eine erhebliche Summe. Gleichzeitig er höhen Sie Standards. Gleichzeitig steigen die Flüchtlingszah len. In diesem Jahr werden 14 000 Flüchtlinge zu uns nach Baden-Württemberg kommen. Das lässt sich nicht in Einklang bringen.

Wenn Sie gute Arbeit vor Ort aufrechterhalten wollen, wenn Sie die Akzeptanz derjenigen, die die Arbeit erledigen, der Be völkerung in den Kommunen, aufrechterhalten wollen, dann müssen Sie die Sorgen der Kommunen ernst nehmen und die Pauschalen über das, was Sie jetzt beabsichtigen, hinaus deut lich erhöhen.

Gleichzeitig erhöhen Sie die Standards bei den Quadratme terzahlen für die Flächen, die den Flüchtlingen zur Verfügung stehen sollen, bis 2016, ohne gesetzlich zu fixieren, dass die Pauschale auch tatsächlich überprüft wird. Bisher haben Sie nur angekündigt, dass Sie weiter mit den Kommunen reden und Pauschalen erhöhen wollen. Wenn ich die Zahlen im jet zigen Landeshaushalt sehe, die für die Zahlen von Flüchtlin gen, die wir erwarten, auch schon zu niedrig angesetzt sind, habe ich einfach keine Hoffnung.

Das heißt, Sie verabschieden ein Gesetz auf Kosten der Kom munen. Eine staatliche Aufgabe wird in Bereiche der kommu nalen Finanzierung verlagert.

Es werden deutlich höhere Kosten entstehen. Jetzt müssen wir uns mit der Frage auseinandersetzen: Brauchen wir eine Spitz abrechnung, wie sie die Kommunen fordern, oder nicht? Wir, die CDU-Fraktion, sind auch für eine Pauschale, aber wir sind für eine regelmäßigere Überprüfung dieser Pauschale, für ei nen fairen Finanzierungskompromiss und in einem Teil der Pauschale auch für eine Spitzabrechnung, nämlich in Bezug auf die Gesundheitskosten. Wenn Sie in einem Landkreis oder in einem Stadtkreis schwere Krankheitsfälle haben, einen Dia lysefall, eine Krebserkrankung, dann reicht die Pauschale vor Ort nicht aus. Setzen Sie sich entweder dafür ein, dass ein kommunaler Ausgleich stattfindet, oder gestalten Sie diesen Bereich gerechter, damit den Menschen vor Ort die Würde, von der Sie gesprochen haben, auch zuteilwerden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Außerdem glauben wir, dass die Kommunen sehr gut entschei den können, welche Mischung aus Geld- und Sachleistungen sie vor Ort bevorzugen. Das Bundesgesetz macht eine klare Vorgabe im Bereich der Sachleistungen. Es gibt Kombinati onsmodelle. Es gibt viele Möglichkeiten, um wirklich eine gute Versorgung zu erreichen. Schränken Sie hier die Hand lungsfreiheit der Kommunen nicht ein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Des Weiteren enthält der Koalitionsvertrag des Bundes gute Aussagen: Die Bearbeitungszeit für Asylverfahren soll auf drei Monate reduziert werden. Beim Bundesamt für Migrati on soll das Personal aufgestockt werden.

Ich glaube, dass wir auch im Land selbst etwas tun können, um die entsprechenden Verfahren zu beschleunigen. Wir müs sen schauen, wie wir Landesliegenschaften aktivieren kön nen. Denken Sie darüber nach, ob man nicht auch wieder die Bezirksstellen für Asyl einrichten kann, um schnelle Verfah ren aus einer Hand zu gewährleisten.

Finanzieren Sie vor allem auch das, was Sie in dem Gesetz an integrativen Maßnahmen geplant haben. Finanzieren Sie die Deutschkurse für die Kommunen, und lassen Sie sie nicht mit einer kleinen Pauschale allein. Um das Integrationsziel zu er reichen, muss den Kommunen dies auch entsprechend ermög licht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir sind uns in vielen Zielen einig. Wir begrüßen die Anhe bung von Standards, wenn die Finanzierung nicht auf jemand

anderen verschoben wird, wenn Sie bereit sind, auch die ent sprechenden Geldmittel zur Verfügung zu stellen.

Handeln Sie gemeinsam mit den Kommunen. Spalten Sie hier nicht in einem wichtigen Politikfeld, das uns allen ein Her zensanliegen ist, sondern nehmen Sie die Bedenken, die von seiten der kommunalen Landesverbände geäußert wurden, ernster. Gehen Sie noch einmal in Verhandlungen, damit die se staatliche Aufgabe nicht über kommunale Haushalte finan ziert wird. Behandeln Sie die Kommunen fair.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Lede Abal das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Ich freue mich, heute zur Novelle des Flüchtlingsauf nahmegesetzes sprechen zu können. Ich möchte auch im Na men meiner Fraktion allen haupt- und ehrenamtlich Tätigen, die sich im Bereich der Flüchtlingshilfe engagieren, für ihre Arbeit herzlich danken.

Wir erzielen mit diesem Gesetz einen deutlichen Fortschritt in dem Bemühen, die Arbeit dieser Menschen zu erleichtern und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir haben in den vergangenen Jahren von der Bundesregie rung wenig Hilfe erwarten können. Das Wenige, das kam, war von der EU verordnet oder vom Bundesverfassungsgericht er zwungen. Wir hoffen, dass sich dies perspektivisch ändert. Wir sind auch gespannt, was da an neuen Anregungen aus Ber lin kommt.

Ich stelle auch fest, dass Sie an den sachlichen Inhalten, die wir im Gesetz verändern wollen, keine Kritik äußern. Das neh me ich auch wirklich zur Kenntnis.

Sie kritisieren insbesondere die Kostenverteilung, die wir im Gesetz vorsehen. Da gibt es – das muss ich Ihnen sagen – durchaus unterschiedliche Rückmeldungen aus den Kommu nen. Wir kennen alle die Stellungnahme des Landkreistags. Wir kennen aber sehr wohl auch Landkreise, die sich eben de zidiert anders äußern und diese Auffassung zumindest für sich so nicht teilen.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Zum Beispiel? – Abg. Karl Zimmermann CDU: Nennen Sie einmal einen Landkreis!)

Das können wir nachher am Rande klären, Herr Zimmer mann.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Ross und Reiter! – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Das müssen Sie auch belegen können!)

Sie haben hier immer von der Spitzabrechnung gesprochen. Die hat es in dieser Form nie gegeben.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Sie haben gerade eben von den Bezirksstellen gesprochen und darauf verwiesen, in den Bezirksstellen könne eine Beschleu nigung von Asylverfahren erreicht werden. Das halte ich für eine ziemlich mutige Behauptung. Für die Bezirksstellen wol len Sie Unterbringungsmöglichkeiten schaffen. Da geht es um die Kapazitäten, die in der Landeserstaufnahmeeinrichtung vorgehalten werden. Da sind wir dran und haben im Vergleich zu früher auch ausgebaut, weil dies notwendig war.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Aber Sie können den Personalnotstand, den es in der Landes erstaufnahmeeinrichtung in Karlsruhe gibt, nicht dadurch wegretuschieren, dass Sie den Personalnotstand nachher auf vier Standorte für mögliche Bezirksstellen verteilen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das verstehen Sie falsch! Das ist etwas anderes! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

(Zurufe von der CDU – Unruhe – Glocke der Präsi dentin)

Der Kollege Lede Abal hat das Wort.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)