Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Walter Heiler SPD zur CDU: Das tut weh!)

denkbar schlechte Voraussetzungen, wie Sie sich vorstellen können, um den Politikwechsel umzusetzen, auf den die Men schen in Baden-Württemberg so lange gewartet haben.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Doch heute, zur Halbzeit der Wahlperiode, kann ich voller Überzeugung sagen: Wir haben das Beste daraus gemacht, wir haben Baden-Württemberg vorangebracht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Vor der Tür stehen sie! Ovati onen!)

Dabei sind wir nicht den Weg des geringsten Widerstands ge gangen. Wir sind nicht der Versuchung erlegen, solide Haus haltspolitik gegen spektakuläre Schlagzeilen einzutauschen. Im Mittelpunkt stand nie die schwarze Null nur als Mittel po litischer PR. Im Mittelpunkt stand und steht nur eines: das langfristige Wohl unseres Landes, meine Damen und Herren. Denn eine öffentlichkeitswirksame Nullneuverschuldung in einem Jahr, eine punktuelle Nullneuverschuldung nutzt über haupt nichts, wenn die junge Generation über Jahrzehnte hin weg die Zeche dafür bezahlen muss,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Deshalb ma chen Sie weiter!)

weil die landeseigenen Liegenschaften verkommen, weil der Sanierungsstau ins Unendliche wächst, weil zwar die explizi te Verschuldung einmal auf null gesunken ist, aber die impli zite weiter anwächst.

Umso wichtiger ist es, dass diese Regierung den Mut gefun den hat, mit dieser Politik des Durchmogelns ein für alle Mal Schluss zu machen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Deshalb setzen wir auf einen Kurs, der drei Elemente mitei nander verbindet: konsequentes Konsolidieren, schrittweises Sanieren und gezieltes Investieren in die Quellen unseres Wohlstands. Denn wir wissen eines ganz genau, meine Da

men und Herren: Sparen ist notwendig, doch Sparen ist kein Selbstzweck. Sparen schafft langfristig Spielräume zur Ge staltung, doch nur, wenn man eben nicht einfach kaputtspart. Genau das wird diese Landesregierung nicht tun: Wir sparen dieses Land nicht kaputt. Im Gegenteil: Wir wollen das Fun dament, die Quellen unseres Wohlstands weiter stärken.

Genau in diesem Geist sind wir auch diesen Zweiten Nach trag angegangen. Er verbindet wichtige Sparanstrengungen mit notwendigen Investitionen in die Zukunft unseres Landes. Ganz konkret bedeutet dies, dass wir beim Abbau der struk turellen Erblast im Landeshaushalt ein gutes Stück weit vor ankommen. Denn wir senken nicht nur die geplante Nettokre ditaufnahme im Jahr 2014 um 260 Millionen €, sondern wir senken zugleich das strukturelle Defizit im Landeshaushalt um denselben Betrag. Damit hat diese Landesregierung be reits zur Hälfte der Legislaturperiode die Hälfte der schwarzgelben Lücke in unserem Landeshaushalt geschlossen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Diese strukturelle Einsparung setzt sich aus mehreren Kom ponenten zusammen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das alles sind keine strukturellen Einsparungen!)

Auch hier gilt: Es gibt nicht den einen großen Wurf, der das Defizit schmelzen lässt, sondern das ist eine Politik der klei nen Schritte, die am Ende ein großes Ganzes ergeben.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Eine Poli tik der kleinen Tricksereien!)

Ein wichtiger Punkt ist dabei: Wir sichern uns durch einen veränderten Risikoansatz und das derzeit niedrige Zinsniveau langfristig eine günstige Refinanzierung. Insgesamt gehen wir davon aus, dass wir dadurch strukturell wirkend 100 Millio nen € jährlich einsparen können. Nun entgegnen manche, da bei handle es sich gar nicht um eine wirkliche strukturelle Ein sparung.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: So ist es!)

Wir hätten schlicht und einfach Glück, weil die Zinsen so niedrig sind. Wenn das Zinsniveau steige, stünden wir dumm da. Doch diese Einwände, meine sehr verehrten Damen und Herren, greifen zu kurz.

Erstens beträgt die Laufzeit der bis Ende November 2013 va lutierten Anschlussfinanzierung etwa elf Jahre bei einem Zins satz von 2,3 %. Bei elf Jahren Kalkulationssicherheit sind die so realisierten Einsparungen sehr wohl dauerhaft und damit als strukturell einzustufen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was ist denn Ihre Leistung dabei?)

Zweitens können wir auch deshalb günstig refinanzieren, weil unsere nachhaltige Haushaltspolitik Jahr für Jahr das AAARating gesichert hat.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Was ist denn jetzt anders?)

Drittens: Wenn die Opposition schon von Glück redet,

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Keine Wortspiele!)

sehr geehrter Herr Hauk, sehr geehrter Herr Dr. Rülke, soll ten Sie zumindest anerkennen, dass es das Glück der Tüchti gen ist. Schließlich haben wir auch das Pech des schwarz-gel ben Schuldenbergs geerbt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Zusätzlich bringen einige Einsparungen im Besoldungs-, Ver sorgungs- und Beihilfebereich strukturell etwa 130 Millio nen € zusätzlich. Hier zahlt sich erneut aus, dass wir konse quent nach dem Vorsichtsprinzip handeln.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: War denn die CDU dafür?)

Außerdem versetzt uns die flexibilisierte Haushaltswirtschaft mit der dezentralen Budgetierung in die Lage, eine strukturel le Effizienzrendite von 30 Millionen € abzuschöpfen. Das macht alles in allem 260 Millionen €, die wir zusätzlich struk turell einsparen. Dieser Nachtrag ist also ein echter Sparnach trag.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Zugleich bilden wir mit dem Zweiten Nachtrag 2014 auch zwangsläufige, unaufschiebbare Bedarfe ab. Insgesamt geht es um Mehrausgaben von rund 765 Millionen €. Dem stehen Gegenfinanzierungen von rund 556 Millionen € gegenüber. Obwohl ich nicht das Luxusproblem des Kollegen Schäuble habe, der überraschend 23 Milliarden € im Etat gefunden hat, gelingt es uns im Land, die Differenz von 209 Millionen € in diesem Nachtrag aus Haushaltsüberschüssen auszugleichen.

Allein knapp 70 % der Differenz, rund 136 Millionen €, ent fallen auf eine humanitäre Verpflichtung, der wir uns nicht erst seit den Ereignissen vor Lampedusa weder rechtlich noch mo ralisch entziehen können: die Verantwortung für die Flücht linge in unserem Land. Dabei wissen wir, dass die steigenden Flüchtlingszahlen große Herausforderungen nach sich ziehen: Die Erstaufnahmeeinrichtung stößt an ihre Grenzen. Die Kom munen bemühen sich um Lösungen bei der Unterbringung. Auch im Landeshaushalt werden dadurch mehr Mittel nötig. Für die Kosten der Erstaufnahme stellen wir im Nachtrag rund 16 Millionen € zusätzlich bereit. Die Kostenerstattung an die Kommunen für die vorläufige Unterbringung stocken wir um mehr als 105 Millionen € auf. Dazu kommen im Bereich des Sozialministeriums aufgrund zwangsläufiger und bundesge setzlicher Verpflichtungen 14 Millionen € für die Jugendhilfe nach der Einreise von unbegleiteten minderjährigen Flücht lingen.

All das kostet Geld; das ist wahr. Doch hier geht es um weit aus mehr als nur um eine finanzielle Verpflichtung. Es geht um unsere Verantwortung für jene Menschen, die durch Krieg, Elend und Not zu uns gebracht werden. Für uns steht eines außer Frage: Wir stehen zu dieser Verantwortung und zu der Verantwortung gegenüber unseren Kommunen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Darüber hinaus bildet der Nachtrag weitere zwangsläufige bundesgesetzliche Verpflichtungen ab, z. B. über 4 Millio

nen € Verwaltungskosten für die Abwicklung des unserer An sicht nach überflüssigen Betreuungsgelds.

Gleichzeitig zeigt die Landesregierung in dem Nachtrag aber auch die Kraft, zu gestalten; denn er ist – nicht nur an der Sei tenzahl gemessen – besonders von der Umsetzung der Poli zeistrukturreform geprägt. 7,7 Millionen € zusätzlich sind im Nachtrag dafür veranschlagt. Wir sind überzeugt, dass dieses Geld gut angelegt ist. Damit ebnen wir den Weg für eine mo derne, zukunftsfähige Polizeistruktur. Wir machen die Polizei fit für die Herausforderungen der nächsten Jahre. Wir bringen mehr Polizei in die Fläche, machen sie bürgernäher und leis ten so einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit in unserem Land.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Mit Umzugskisten! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Die Kriminali tätsrate ist gestiegen!)

Neben der Polizeireform wird auch der Nationalpark BadenWürttemberg nachhaltig bereichern. Er schafft Chancen für die Natur, den Tourismus und die Wirtschaft zugleich. Umso wichtiger ist es, dieses Projekt nachhaltig zu finanzieren.

(Beifall bei den Grünen)

Mit einer Anschubfinanzierung in Höhe von 3,9 Millionen € im Jahr 2014 geht es an den Start. Für die weiteren Jahre soll die Finanzierung des Nationalparks aus den geplanten Auf wüchsen bei den Mitteln für den Naturschutz erfolgen. Auch deshalb bin ich dem Kollegen Bonde außerordentlich dank bar, dass wir dieses wichtige Projekt in konstruktiver Zusam menarbeit auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, zugleich setzen wir unseren Sa nierungskurs fort. Viel zu lange wurde in Baden-Württemberg von der Substanz gelebt. Wir bauen den Sanierungsstau auch bei den Straßen Stück für Stück ab. Wir wissen, wie wichtig eine intakte Verkehrsinfrastruktur für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg ist. Deshalb stellen wir für die Sanierung von Straßen und Brücken 25 Millionen € zusätzlich zur Ver fügung, damit wir das Niveau erreichen, das notwendig ist, um den Substanzerhalt bei den Landesstraßen dauerhaft zu gewährleisten.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Für fünf Jahre gewählt!)

Wir treiben die energetische Sanierung der landeseigenen Ge bäude weiter voran. So führen wir das erfolgreiche interne Contracting-Programm mit weiteren Energiesparmaßnahmen im Gesamtumfang von 10 Millionen € fort. Auch das ist gut angelegtes Geld, denn wir sparen doppelt: klimaschädliches CO2 und wertvolle Steuermittel.

Meine Damen und Herren, daneben beraten wir den Gesetz entwurf zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und an derer Gesetze. Insgesamt sollen vier Gesetze geändert wer den; im Zentrum steht hier das Finanzausgleichsgesetz. Da bei geht es vor allem um die Finanzierung des Aufbauhilfe fonds zur Beseitigung der Schäden infolge des Hochwassers vom Juni dieses Jahres. Wir sind uns sicher alle einig, dass

dies Aufgabe aller bundesstaatlichen Glieder ist. Auf BadenWürttemberg entfallen demnach rund 26 Millionen € jährlich.

Mit der Änderung des Finanzausgleichsgesetzes werden die Kommunen wie beim Hochwasser 2002 entsprechend ihrem Anteil an den Nettosteuereinnahmen am Finanzierungsanteil des Landes beteiligt. Außerdem werden die Verteilungsmaß stäbe für die Zuweisungen im Rahmen der Kindergartenför derung und der Förderung der Kleinkindbetreuung an die tat sächlichen Belastungen angepasst. Auch hier dürfte im Kern Einigkeit bestehen. In Bezug auf das Hochwasser will ich noch einmal ausdrücklich den kommunalen Landesverbänden danken, dass wir zu dieser Lösung gekommen sind.