Auch in diesem Bereich haben wir alles andere als ein bestell tes Feld vorgefunden. Im Gegenteil: Die Wohnraumpolitik, insbesondere die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, war bei der Vorgängerregierung nahezu komplett abgemeldet. In
die Förderung des Wohnungsbaus wurden kaum noch Lan desmittel investiert. Das haben wir komplett geändert. Wir ha ben die Wohnraumförderung dorthin zurückgeholt, wohin sie gehört, nämlich in das Zentrum der Landespolitik.
Dazu gehört auch, dass wir einen Paradigmenwechsel vorge nommen haben. Wir haben im Rahmen des wohnungspoliti schen Dialogs mit allen Akteuren der Wohnungspolitik im Land die Förderprogramme konsequent neu ausgerichtet. Wir haben sie eindeutig darauf ausgerichtet, was die Menschen in diesem Land brauchen: Sie brauchen vernünftigen Wohnraum zu bezahlbaren Preisen.
Deshalb haben wir direkt nach unserem Amtsantritt das Lan deswohnraumförderungsprogramm finanziell enorm aufge stockt. Allein im Jahr 2012 haben wir 40 % mehr Mittel be reitgestellt. Das ist eine ganz klare Sprache. Auch wenn es An laufschwierigkeiten gab, auf die Sie zu Recht hingewiesen ha ben, ist inzwischen klar, dass das neue Wohnraumförderungs programm greift. Deshalb werden wir dieses hohe Niveau der Förderung auch in den Jahren 2013 und 2014 halten können.
Faktisch werden wir das Programm in diesem Jahr sogar auf über 70 Millionen € aufstocken, und zwar aus Teilen des so genannten Bankbeitrags und aus nicht verbrauchten Volumi na aus dem Jahr 2012.
Nur noch einmal zur Erinnerung: Mit 48 Millionen € war die frühere Landesregierung bei der Förderung unterwegs. Wir hingegen legen über 70 Millionen € für die Wohnraumförde rung auf den Tisch. Das ist der Unterschied zwischen GrünRot und Schwarz-Gelb in der Wohnraumförderpolitik, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Tobias Wald CDU: Und wie viel sind 2012 abgerufen worden?)
Es ist richtig, dass wir die Grunderwerbsteuer u. a. deshalb er höht haben, um bei der Wohnraumförderung, insbesondere für den Eigentumsbereich, mehr Geld in die Hand nehmen zu können. Wir sind nicht die Einzigen, die das Instrument der Grunderwerbsteuer in die Hand genommen haben. CDU und Grüne in Hessen haben sogar gesagt, dass sie die Grunder werbsteuer auf 6 % erhöhen wollen. Damit ist übrigens die Situation in zwölf von 16 Ländern günstiger als die Situation, die jetzt in Hessen beschlossen worden ist.
Insofern kann ich nicht nachvollziehen, dass Sie immer noch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer kritisieren. Das war ei ne goldrichtige Maßnahme für den Landeshaushalt, für die Familien mit Kindern, für die Kommunen im Land und auch für die Wohnraumförderung in Baden-Württemberg.
Zugleich haben wir dafür gesorgt, dass mehr Bürgerinnen und Bürger die Förderung des sozialen Wohnraums in Anspruch nehmen können, und zwar aufgrund der Ausweitung der so genannten Gebietskulisse auf die Ballungsräume. So werden auch Verdichtungsräume jenseits der Großstädte und der Uni
versitätsstädte begünstigt. Wir haben den Ersatzneubau jetzt sogar mit einer landesweiten Förderkulisse versehen. Auch das hat zu einer wichtigen Verbesserung im Land beigetragen.
Außerdem haben wir die KfW-Angebote in die Landesförder angebote integriert und zu einem sehr attraktiven Gesamtan gebot gemacht. Ferner haben wir – damit waren wir bundes weit Vorreiter, und darauf bin ich besonders stolz – die För derung von Modernisierungsinvestitionen von Eigentümerge meinschaften verbessert. Die Absicherung durch Landesbürg schaften hat sich als ein echtes Erfolgsmodell erwiesen. Das werden wir bei der Neuauflage des Landeswohnraumförde rungsprogramms für 2014 weiter fortsetzen und weiter ver stärken.
Zudem haben wir den Kurs auf mehr barrierefreien Wohn raum gesetzt. Auch das ist mit Blick auf die künftige demo grafische Entwicklung ein ganz entscheidender Punkt. Denn darum geht es im Kern bei der Wohnraumpolitik des Landes. Wir machen Politik für die Bürgerinnen und Bürger in BadenWürttemberg, für jüngere wie ältere Menschen, für Menschen mit und Menschen ohne Behinderungen, für Menschen mit kleinem Geldbeutel, für Familien mit Kindern wie auch für Alleinstehende. Sie alle sollen in unserem Land ein schönes, ein bezahlbares Zuhause finden. Das ist die Leitlinie unserer Wohnungspolitik.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Schöner Wohnen für alle!)
Deshalb haben wir über diese Wohnraumförderung hinaus ein wohnungspolitisches Maßnahmenpaket geschnürt, das sich sehen lassen kann. Es ist bereits angesprochen worden: Heu te werden wir im Landtag voraussichtlich das Gesetz über das Zweckentfremdungsverbot verabschieden, ein Gesetz, das ganz und gar auf ein Ziel ausgerichtet ist: die soziale Stadt. Denn wir geben den Gemeinden, in denen die Menschen un ter Wohnraummangel leiden, ein Instrument an die Hand, um vor Ort konkret etwas gegen den Wohnraummangel tun zu können. Wir haben einen Genehmigungsvorbehalt für die Um wandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und damit ein ganz entscheidendes Instrument im Kampf gegen die Verdrän gung von Mietern durch Spekulation am Wohnungsmarkt ein geführt.
Deshalb kann ich sagen: Das Jahr 2013 war ein gutes Jahr für die Wohnungspolitik in Baden-Württemberg.
Wir werden 2014 weitermachen, zum einen mit der Senkung der Kappungsgrenze, um Mieterhöhungen im Bestand auf ma ximal 15 % innerhalb von drei Jahren zu deckeln – auch das ist ein wichtiger Schritt, um die Menschen hier in BadenWürttemberg vor Wuchermieten zu schützen –, und zum an deren mit der Verlängerung der Kündigungssperrfrist, wenn Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt wer den. Auch hier wird die Landesregierung tätig werden, aus gehend von dem, was der Bundesgesetzgeber an Möglichkei ten schafft.
Damit ist klar: Wir, die Landesregierung aus Grünen und SPD, sind die Koalition des bezahlbaren Wohnraums, meine Da men und Herren.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sehr gut formu liert! – Zurufe von der CDU – Unruhe)
Nach jahrelangem Gegenwind, liebe Kolleginnen und Kolle gen von der CDU, erhoffe ich mir nun endlich Rückenwind aus Berlin. Denn gestern hat bekanntlich die neue Bundesre gierung ihre Arbeit aufgenommen, und die Ergebnisse des Ko alitionsvertrags stimmen mich vorsichtig optimistisch – auch wenn ich mir an manchen Stellen mehr gewünscht hätte.
(Abg. Tobias Wald CDU: Bemühungen! Genau! Und Worte! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Be mühungen!)
zu einem vertretbaren Kompromiss bei der steuerlichen För derung der energetischen Sanierung zu kommen. Ich frage Sie: Woran ist dies bei den Koalitionsverhandlungen geschei tert? Es ist an der CDU gescheitert, die nicht bereit war, die steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierung in den Koalitionsvertrag aufzunehmen. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der CDU: Sie haben im Bundesrat dage gen gestimmt! – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU – Glocke des Präsidenten)
Wir waren bereit, diesen Ball wieder aufzunehmen. Wir ha ben im Bundesrat einen Kompromiss zusammengezimmert, der an der alten Bundesregierung gescheitert ist und der dann leider auch im Rahmen der Neufassung des Koalitionsvertrags mit der Union nicht mehrheitsfähig war.
Aber ich freue mich natürlich über die angekündigte Miet preisbremse. Ich freue mich, dass bezüglich der Maklergebüh ren endlich der Grundsatz gelten soll: Wer bestellt, bezahlt. Ich freue mich über die Stärkung des sozialen Wohnungsbaus und des Städtebauprogramms durch den Bund. All das sind wichtige Bausteine für mehr Gerechtigkeit.
(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU zu den Grünen: Er muss jetzt freundlicher zu uns sein!)
Sie sehen: Bund, Land und Kommunen müssen gemeinsam, Hand in Hand arbeiten, um die zentralen Herausforderungen der Wohnungsnot anzugehen. Wir im Land werden auch wei terhin unseren Beitrag leisten, und wir werden für bezahlba ren Wohnraum in Baden-Württemberg sorgen.
Herr Minister, ich will den Beifall nicht unterbrechen, Entschuldigung. Gestatten Sie jedoch noch eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Bullinger?
Wenn ich mir etwa die Gutachten des Leibniz-Instituts an schaue, in denen von einer Tendenz zur Urbanisierung, zur „Verballung“, und einer immer stärker werdenden Bewegung heraus aus den ländlichen Räumen, auch aus attraktiven länd lichen Räumen, die Rede ist, dann stellt sich mir die Frage: Glauben Sie nicht, dass die Maßnahmen, die Sie beschrieben haben, in dieser Hinsicht eher kontraproduktiv sind?
Wenn ich mich mit den Wohnbaugenossenschaften oder mit privaten Unternehmen unterhalte – etwa mit dem Verband, in dem ich tätig war; er betreut etwa 500 000 Wohneinheiten –, stelle ich fest: Dort wird vieles anders gesehen.
Ist das, was Sie beschrieben haben, nicht kontraproduktiv, und verstärkt dies nicht die Tendenz, auch aus attraktiven ländli chen Räumen wegzuziehen, und zwar in Großstädte mit sub ventioniertem Mietwohnungsbau?
Ich erinnere mich, dass ich vor drei Jahren mit dem heutigen Ministerpräsidenten anlässlich des Mietwohnungstags über dieses Thema gesprochen habe. Er hat damals richtigerweise gesagt, dass es nicht immer Sinn mache, überall dort zu sub ventionieren, wo alle hinwollten, und gleichzeitig im Umfeld Wohnraum leer stehen zu lassen und Eigentum verfallen zu lassen. Er sagte: „Das macht doch keinen Sinn.“ Sehen Sie da nicht auch einen Zielkonflikt?
Herr Dr. Bullinger, ich glaube, wir sollten zunächst einmal von der Wohnungsnot ausgehen, die unbestreitbar in Groß städten, in Universitätsstädten und Ballungsräumen besteht. Das ist Fakt. Dort sind die Menschen – Familien, junge wie alte Menschen, Studierende – darauf angewiesen, dass sie in ebendiesen Ballungsräumen bezahlbaren Wohnraum finden. Da setzen wir an. Ich glaube, es ist richtig, dass diese Landes regierung in diesem Bereich deutlich mehr getan hat, als es in der Vergangenheit der Fall war.
Der andere Aspekt ist, dass Baden-Württemberg traditionell von einer Stärke in der Fläche geprägt ist. Das Land ist attrak tiv in der Fläche. Daran wollen wir festhalten. Deshalb wol len wir die Verkehrswege ausbauen; deshalb haben wir Pro gramme wie das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum oder auch das Landessanierungsprogramm, die allen Gemein den in der Fläche des Landes offenstehen, um attraktiv blei ben zu können.
Aus diesem Grund betreiben wir auch eine Schulpolitik, mit der wir dafür sorgen, dass auch in Zukunft der Grundsatz gilt: Kurze Beine, kurze Wege. Wir sichern Schulstandorte in der Fläche und kommen damit einer ebenso wichtigen Aufgabe nach.
Aber ich sage Ihnen eines: Wir können uns nicht der Verant wortung entziehen, für bezahlbaren Wohnraum in den Bal
lungsräumen zu sorgen. Das ist eine wichtige landespolitische Aufgabe; es ist eine wichtige Aufgabe dieser Landesregierung. Denn dort, wo Wohnungsnot besteht, kann man die Menschen nicht darauf verweisen, dass sie anderswo möglicherweise be zahlbaren Wohnraum finden würden. Das funktioniert nicht; das wird auch den Menschen und ihrer Not nicht gerecht.