Dies sagt Sebastian Gratz, der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Da lobe ich mir doch die Reaktion auf Bundesebene. In einer sehr großen Koalition haben baden-württembergische Bun destagsabgeordnete einen Aufruf gegen die umstrittene On linepetition unterschrieben. Darin heißt es:
Unterschrieben hat neben Cem Özdemir und Ute Vogt auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann.
Auch der bekommt jetzt öffentlich eins drüber vom Fraktions vorsitzenden der CDU, Peter Hauk. Der sagt, er sei sich si cher, dass Kaufmann eine Einzelmeinung in der CDU vertre te.
Jetzt verrate ich Ihnen sicher kein Geheimnis, wenn ich sage, wer alles ebenfalls unterschrieben hat: der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU-Sozialausschüsse, Christian Bäumler, der CDU-Abgeordnete aus Baden-Baden, Kai Whit taker, und der CDU-Abgeordnete Olav Gutting.
Kollege Hauk, ich glaube, Sie müssen eher aufpassen, dass Sie nicht irgendwann eine Einzelmeinung in der CDU und in der Gesellschaft vertreten.
Ihre Reaktionen, meine Damen und Herren von der Opposi tion, zeigen doch eindrücklich, wie gut der Regierungswech sel für die Entwicklung eines weltoffenen und toleranten Ba den-Württemberg war und ist.
Die grün-rote Landesregierung steht nämlich dafür, dass in Baden-Württemberg Menschen jeden Geschlechts und jeder sexuellen Orientierung Offenheit, Akzeptanz und Wertschät zung erfahren und endlich Schluss ist mit der Diskriminie rung. Deshalb werden wir daran festhalten, das Thema „Ak zeptanz von sexueller Vielfalt“ auch in den Bildungsplan zu implementieren.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, Kolleginnen und Kollegen! Letzte Woche im Bildungs ausschuss haben wir das Thema intensiv und auf einem sach lich guten Niveau diskutiert. Es hat auch wirklich gutgetan, sich reflektiert mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, die in den letzten Tagen und Wochen vom Stil her in eine Ausei nandersetzung geraten ist, die weder dem Grundanliegen noch der Sache als solcher gerecht wird.
Beim Grundanliegen geht es um nichts anderes – die Begrif fe sind schon gefallen – als um Toleranz, aber auch um Men schenwürde. Es geht um die Frage, wie das gesellschaftspo litische Ziel der Nichtdiskriminierung erreicht werden kann. Ein Verbot der Diskriminierung findet sich nicht nur im Grundgesetz. Wenn man die Charta der Grundrechte der Eu ropäischen Union nimmt, zeigt sich, dass dieser Katalog in Artikel 21 Absatz 1 ausdrücklich auch im Hinblick auf die se xuelle Ausrichtung von Menschen erweitert wird.
Ich bin optimistisch, und ich glaube fest an einen parteiüber greifenden Konsens für die Akzeptanz und Toleranz hinsicht lich LSBTTI-orientierter Menschen, deren größte Gruppe die Lesben und Schwulen darstellen. Es geht um nichts anderes als um eine klare Frontstellung gegen Homophobie, um eine Geschlossenheit, die wir uns nicht in Abrede stellen lassen dürfen und die, glaube ich, uns Demokraten hier in diesem Haus verbindet.
Aber, Herr Kollege Hauk, Sie haben leider auch meine Be fürchtungen bestätigt, nämlich beim Titel der Debatte und bei der Betonung einer angeblichen Ideologisierung des Bildungs plans. Lassen Sie es sich sagen: Dieser Titel ist für eine diffe renzierte Diskussion nicht hilfreich,
und er schadet auch dem parteiübergreifenden Konsens. Er arbeitet mit der Behauptung einer angeblichen ideologischen Gefährdung, die ich im Namen der SPD-Fraktion entschieden zurückweisen möchte.
Das ist eine unzutreffende Unterstellung. Sie müssten es sehr gut wissen: Wir haben auf ausdrücklichen Wunsch der Frak tionen von CDU und FDP/DVP auch Vertreter Ihrerseits gern in den Beirat eingeladen – bzw. das Kultusministerium hat dies getan –, und Sie sollten wissen, dass viele gesellschaftli che Gruppen, auch Gewerkschaften und Kirchen, beteiligt sind. Der von Ihnen gewählte Titel heute rückt das Ganze in ein völlig falsches Licht.
Wir haben in den letzten Wochen eine Diskussion geführt, die einen kleinen Teilaspekt der Gesamtarbeit plötzlich voll in den Fokus genommen hat. Worum geht es eigentlich? Es geht auf der inhaltlichen Ebene um die Frage, inwiefern der neue Bil dungsplan mit Blick auf eine wirksamere Vermittlung von To leranz gegenüber Homosexualität eine Präzisierung erfahren muss. Der Ministerpräsident hat es letzte Woche auf den Punkt gebracht: Solange „Du schwule Sau“ auf unseren Schulhöfen ein gängiges Schimpfwort ist, besteht in der Tat Handlungs bedarf.
Damit soll nicht bestritten werden, dass auch andere Gruppen von Diskriminierung betroffen sind. Natürlich weiß auch ich, dass Lehrkräfte, die in einer solchen Situation sind, die so et was erleben, auch handeln und reagieren. Aber die inhaltli che, fachliche Frage lautet: Inwiefern bedarf es weiterer päd agogischer Maßnahmen, die präventiv wirken? Wie kann man diese umsetzen? Da sind wir auf der handwerklichen Ebene, sowohl bei der Frage des curricularen Auftrags, was die Lehr pläne angeht, als auch bei der Frage der methodischen Um setzung.
Bei ebendieser methodischen Umsetzung – das haben wir dis kutiert – stellt sich die Frage: Reicht ein Querverweis, genügt es, Lehrkräfte darauf hinzuweisen, dass Toleranz und Akzep tanz immer wieder an passender Stelle einfließen müssen, oder bedarf es konkreterer Aufträge? Wenn wir das Fach Gemein schaftskunde nehmen, haben wir zurzeit, wenn wir das The ma Familie behandeln, eben die klassische Familie. In den letzten Jahren ist die Patchworkfamilie dazugekommen, und es bedarf hier einer Ergänzung, die auch die Regenbogenfa milie als eine gesellschaftliche Form umfasst.
Schließlich findet sich in dem schon länger vorliegenden Pa pier der GEW Baden-Württemberg zu diesem Thema ein, wie ich finde, ganz interessanter Ansatz: Hier wird weniger auf den großen Scheinwerfer, auf das Betonen des Besonderen gesetzt, sondern es wird vielmehr die Frage aufgeworfen, ob man nicht eine gesellschaftliche Realität auch immer wieder im Rahmen von Aufgabenstellungen in den Unterricht einflie ßen lassen kann.
Der SWR hat dies letzte Woche anhand einer Mathematikauf gabe erläutert. In meinem BWL-Unterricht könnte, wenn das Thema Mietverträge an der Reihe ist, beispielsweise die Fra ge gestellt werden, warum nicht auch einmal zwei Frauen zu
Herr Hauk, ich bin Ihnen übrigens sehr dankbar gewesen: Sie haben letzten Donnerstag in der Sendung des SWR ausdrück lich gesagt, für Sie seien auch solche Aufgaben vorstellbar. Ich bin auch bei Ihnen, wenn Sie sagen: Das kann man mög licherweise auch durch Projekttage ergänzen, an denen man das Thema noch einmal gezielter aufbereiten kann.
Aber – da war ich schon überrascht; offensichtlich sind Sie von Ihren Fachleuten nicht entsprechend unterrichtet worden – es steht doch überhaupt nicht zur Diskussion, Homosexua lität auf der Leitprinzipebene zu verankern. Die Leitprinzip ebene ist übergeordnet; Kollegin Lösch hat es ausgeführt. Uns geht es darum, dass wir weiter unten prüfen, an welcher Stel le wir zwei oder drei Hinweise geben oder die Thematik eben als Querprinzip verankern. Das müssen Sie sich von Ihren Fachleuten noch einmal erläutern lassen.
Ich war, ehrlich gesagt, auch schockiert, dass Sie offensicht lich nicht den Unterschied zwischen einem Arbeitspapier und einem Bildungsplan erkennen. Da haben Sie heute auch noch einmal einen Mythos verbreitet. Das wirft schon Fragen nach der handwerklichen Kompetenz auf.
Herr Kollege Fulst-Blei, ich ha be hier in der Hand das Arbeitspapier „Bildungsplanreform 2015/2016 – Verankerung der Leitprinzipien“ vom 18. No vember des letzten Jahres für die Bildungsplankommissionen. Hierin befinden sich die Entwürfe dieser fünf Leitprinzipien.
Stimmen Sie mir zu, dass entlang dieser fünf Leitprinzipien unter fast jedem Leitprinzip das Thema „Sexuelle Vielfalt“ ausführlich aufgeführt und konkret im Zusammenhang mit den Leitprinzipien benannt wurde und dass daran auch erkenn bar wird, dass das Thema „Sexuelle Vielfalt“ nach den Vor stellungen des Kultusministeriums Bestandteil der Leitprin zipien werden soll? Sie haben eben etwas anderes gesagt.
Ich möchte die Frage noch ergänzen: Sie sprachen eben da von, dass Sie gut damit leben könnten, wenn dieses Thema le diglich in Form von Querverweisen im Bildungsplan selbst verankert wird. Kann ich Ihre Aussage so interpretieren, dass Sie damit für die SPD-Fraktion erklären, dass dieses Thema aus den Leitprinzipien verschwindet?
Herr Kollege Wacker, Sie enttäuschen mich gerade. Wir haben letzte Woche ausdrück lich darüber diskutiert. Das Papier, auf das Sie sich beziehen, ist erstens ein internes Arbeitspapier des Kultusministeriums, in dem im Grunde ein Diskussionsstand wiedergegeben wird, den wir auch durchaus kritisch reflektiert haben. Zweitens ist dem Papier deutlich zu entnehmen, dass das eben nicht Be standteil der Leitprinzipien ist, sondern dass das unterhalb an gesiedelt ist.
Es gibt jetzt die Diskussion, an welcher Stelle man mit Hin weisen Ergänzungen vornehmen sollte. Aber das, was Sie hier erzählen, ist Nonsens. Sie müssten es besser wissen; denn es ist ein Arbeitspapier, es ist ein Zwischenstand, und es ist klar ausgeführt.
Hören Sie auf zu lachen. Schauen Sie einmal auf die erste Seite, auf der die fünf Leitprinzipien genannt sind. Dort wer den Sie das Thema Homosexualität nicht finden. Also erzäh len Sie hier nichts Falsches.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da sind Sie der Einzige!)
Herr Röhm, mich ärgert das deswegen, weil wir das näm lich in der letzten Bildungsausschusssitzung sachlich ausein anderdividiert haben und ich der Meinung war, dass die Bot schaften angekommen sind. Jetzt muss ich feststellen, dass über die Presse völlig falsche Verlautbarungen herausgegeben werden. Das hat wirklich nichts mehr mit einer Orientierung am Thema, das wirklich zentral und wichtig ist, zu tun. Da geht es wirklich nur noch um Bashing.