Protokoll der Sitzung vom 29.01.2014

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das tun auch die Frak tionsvorsitzenden!)

um die Schlagkraft Baden-Württembergs im Bundesrat zu ver stärken. Insofern ist es richtig: Dieses Treffen hat stattgefun den, und ich wurde darüber informiert, dass es stattgefunden hat, so, wie das bei anderen Treffen auch der Fall ist – manch mal wird man eben auch nicht informiert, je nachdem, wor um es geht.

Entscheidend ist der Inhalt, und entscheidend sind die Lan desinteressen. Der Ministerpräsident hat im Gespräch mit Herrn Seehofer diese Landesinteressen beim Thema Energie wende eingebracht und hat versucht, in Teilen gemeinsame Positionen mit Bayern zu erarbeiten. Dies hat Eingang in ein Papier gefunden, das Ihnen inzwischen auch öffentlich vor liegt.

Dass solche Landesinteressen nicht immer zu 100 % de ckungsgleich mit dem sind, was die Bundesregierung bei der Reform des EEG plant, ist auch nichts Neues. Ich will aber festhalten – so steht es auch in dem Papier –, dass die von der Bundesregierung, von Union und SPD gemeinsam vorgeleg ten Eckpunkte zur Reform des EEG unter der Federführung von Bundesminister Gabriel ein wichtiger Schritt in die rich tige Richtung sind. Denn das, was Gabriel unternimmt, ist, dass er das Zieldreieck bei der Energiewende ernst nimmt. Das Zieldreieck heißt Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Energiewende, also Ausbau der erneuerbaren Energien.

Dies ist der erste ernsthafte Versuch, das Thema „Bezahlbar keit der Energiewende“, konkret an der Ausgestaltung des EEG festgemacht, anzupacken. Ich glaube, da verdient Gab riel nicht nur die Unterstützung in der Bundesregierung und im Bundestag, sondern auch im Bundesrat.

Dass wir in einzelnen Aspekten mit den Eckpunkten noch nicht einverstanden sein können – zum Teil liegt es auch da ran, dass diese noch nicht konkret genug formuliert sind –, liegt in der Natur der Sache. Das betrifft insbesondere die För derung von Windkraft onshore. Das ist ja auch aus den öffent lichen Diskussionen bekannt.

Hier gibt es in der Tat gemeinsame Interessen von Bayern und Baden-Württemberg, übrigens auch gemeinsame Interessen, die über diese beiden Länder hinausgehen, wenn ich an Rhein land-Pfalz oder auch an Nordrhein-Westfalen denke. Denn die Klimaschutzziele dieser Länder beruhen darauf, dass die er neuerbaren Energien massiv ausgebaut werden, und das ge lingt nach Lage der Dinge in Ländern wie Nordrhein-Westfa len, Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern, Baden-Württemberg nur, wenn wir noch einmal einen massiven Schub bei der Windkraft zu Lande bekommen. Deshalb gilt in den Diskus sionen in den nächsten Wochen und Monaten ein besonderes Augenmerk der Ausgestaltung der Förderung von Windkraft onshore.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Weitere Landesinteressen, die Berücksichtigung finden müs sen – Sie haben darauf hingewiesen –, sind natürlich unsere Technologieführerschaft in der Fotovoltaik und die weitere Ausgestaltung der Fotovoltaik; denn sie leistet im Süden der Republik einen wichtigen Beitrag zum Ausbau der erneuer baren Energien.

Dazu gehört, dass wir das Thema „Bezahlbarkeit für Mittel stand und Verbraucher“ und die entsprechenden Instrumente im EEG im Blick haben. Dazu gehört, dass wir die Netzinte gration der erneuerbaren Energien über das EEG sicherstel len, und es gehört das Thema dazu, wie wir mit den konven tionellen Kraftwerken umgehen, die zur Sicherstellung der Grundlast notwendig sind, die aber unter den jetzigen Rah menbedingungen von den Energieversorgungsunternehmen nicht zu auskömmlichen Preisen vorgehalten werden können. Da ist richtigerweise auf die Kapazitätsmärkte hingewiesen worden.

Noch dringender ist sicherlich ein Sofortprogramm, in einem ersten Schritt über die Reservekraftwerksverordnung, um Energieversorgungsunternehmen wie beispielsweise auch die EnBW in die Lage zu versetzen, dieser Aufgabe der Grund versorgung, die im öffentlichen Interesse steht, auch zu aus kömmlichen Preisen nachzukommen.

Das sind alles Dinge, die wir in den nächsten Wochen disku tieren sollten.

Sie können sich darauf verlassen, dass wir gemeinsam in der Landesregierung alle Kanäle nutzen werden, um Bündnisse zu schmieden, breite Bündnisse im Bundesrat zu schmieden, um diese Landesinteressen durchzusetzen. Da ist der Minis terpräsident in seiner Funktion unterwegs, ich in meiner, der Bundesratsminister in seiner Funktion, und vor allem der zu ständige Fachminister als Energieminister ebenfalls in seiner Funktion. Sie sehen also, die Landesinteressen sind bei uns in besten Händen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Also fanden Sie das Treffen gut?)

Herr Kollege Zimmer mann, wenn Sie etwas fragen wollen, dann melden Sie sich. Das ist ja auch eine Frage, die Sie natürlich stellen können.

Schauen Sie doch in die Geschäftsordnung. Fünf Minuten lang darf man antworten. Wenn Sie auf die Uhr schauen, dann wis sen Sie, dass das in diesem Rahmen war.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Natürlich war das in diesem Rahmen. Wenn der Fragestel ler 50 Sekunden überzieht, dann kann der Minister auch 28 Sekunden überziehen. Ich weiß gar nicht, welche Hektik da jetzt hineinkommt.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Dann gilt aber auch, dass sich die Regierung an die Zeit hält! Das gilt nicht nur für die Redner der CDU-Fraktion!)

Das ist doch kindisch. Das muss ich wirklich sagen.

Ich kann Ihnen versichern: Die Lampe vor mir hat geblinkt, und ich bin dann ganz schnell zum Ende gekommen.

Es ist nicht Aufgabe von Herrn Schebesta, hier die Haltung des Präsidenten zu kon trollieren, und er hat sie auch nicht zu kritisieren. Das ist auch klar.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Dann hat er wenigstens etwas zu tun! – Zuruf von der CDU)

Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Kollegen Stober von der SPD-Fraktion vor. – Bitte, Herr Kollege Stober.

Sehr geehrter Herr Finanzmi nister, wir sind uns, glaube ich, einig, dass sich bei der Ener giewende endlich etwas drehen muss und dass das jetzt auch passiert, seitdem Sigmar Gabriel Bundesenergieminister ist. Wir sind uns sicherlich auch einig, dass wir hier in BadenWürttemberg unsere eigenen Interessen vertreten müssen – insbesondere in dem sensiblen Bereich Windkraft onshore.

Ich möchte Sie fragen, Herr Minister – es gibt ja jetzt dieses Manifest, unterschrieben von Herrn Kretschmann und Herrn Seehofer –, ob Sie insbesondere im Bereich Windkraft onshore, möglicherweise aber auch in anderen Bereichen Punkte sehen, bei denen man sozusagen über diese Nachsteu erungspunkte hinaus, die in dem Manifest stehen, weiter nach steuern muss.

Ich will nur zwei Punkte nennen, die auch über den Koaliti onsvertrag im Bund hinausgehen. Der eine ist der Verlust des Vertrauensschutzes für Anlagen, die bis Mittwoch letzter Wo che immissionsschutzrechtlich nicht genehmigt waren, was hier natürlich für Verunsicherung sorgt, weil diejenigen, die heute planen, nur wissen, dass sie 2014 keine EEG-Vergütung mehr bekommen, aber nicht wissen, was sie künftig bekom men werden.

Der andere Punkt ist das Thema „Ausschreibung Windkraft onshore“, verpflichtend ab 2017. Bisher war in dem Koaliti onsvertrag nur von der Freiflächenfotovoltaik als erster Stufe die Rede. Jetzt ist im Gespräch, dass das ab 2017 auch für Windkraft onshore verbindlich werden soll. Halten Sie das auch vor dem Hintergrund der unsicheren Genehmigungen hier in Baden-Württemberg – gerade bei naturschutzrechtli chen Fragen oder anderen Dingen – für ein geeignetes Instru ment?

Bitte, Herr Minister.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wie war die Frage noch mal?)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Sto ber, Sie weisen zu Recht auf einen zentralen Punkt hin, der weiterer Diskussionen bedarf, nämlich die Förderung von Windkraft onshore. Ich glaube, da sind wir uns einig.

Ich würde mich freuen, wenn gerade auch im Bundestag alle baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten dabei an einem Strang ziehen würden, damit wir möglichst schon im Bundestag die entsprechenden Verbesserungen durchsetzen können und nicht erst auf den Bundesrat warten müssen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Waren Sie nun bei dem Tref fen mit Gabriel dabei oder nicht?)

Zweitens: In dem Papier von Seehofer und Kretschmann ist ausdrücklich die Notwendigkeit betont worden, die Vertrau ensschutzregelung zu überarbeiten. Das ist ein wichtiger Punkt.

Weitere Punkte, die jetzt in dem Papier noch nicht genannt werden konnten, die aber für die Windkraft onshore wichtig sind, sind die genaue Ausgestaltung der zukünftigen Förde rung, insbesondere welche Anfangsvergütung gewährt wird, wie das Referenzertragsmodell genau ausgestaltet wird, und – über das Papier hinaus – das Thema Ausschreibung.

Herr Kollege Stober, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ausschreibung als – theoretisch – marktkonformes Instrument zur Förderung von erneuerbaren Energien in an deren Ländern nicht überall überzeugend gelaufen ist. Inso fern verschließen wir uns diesem Instrument als solchem nicht, meinen aber, dass wir das erst einmal sehr genau erpro ben müssen und dass dafür längere Zeiträume notwendig sind, als es bislang von der Bundesregierung in den Eckpunkten vorgesehen ist. Denn wenn wir erst das Vergütungssystem für Windkraft onshore ändern und dann in Aussicht stellen, dass kurze Zeit später auf ein Ausschreibungsmodell umgeschwenkt werden soll, befördert das eher den Attentismus von potenziel len Investoren.

Gerade in der Energiewirtschaft – das sage ich auch als Wirt schaftsminister voller Überzeugung – ist die Investitionssi cherheit, die Verlässlichkeit der Rahmenbedingung von gro ßer Bedeutung. Das haben wir bei der Kehrtwende von Frau Merkel bei der Atomkraft leidvoll erfahren. Es war gerade ein Verdienst der rot-grünen Regierung unter Kanzler Schröder, beim Atomausstieg und bei der Förderung der erneuerbaren Energien Planungssicherheit hergestellt zu haben. Jetzt muss es ebenfalls Anliegen der jetzigen Bundesregierung sein, die se Investitionssicherheit gerade bei Windkraft onshore zu ge währleisten.

Vielen Dank, Herr Mi nister. – Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abg. Haußmann von der FDP/DVP-Fraktion.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Ich hatte mich vorher ge meldet!)

Kolleginnen und Kollegen, damit man es noch einmal weiß: Selbst dann, wenn sich jemand früher gemeldet hat, kommt zunächst jemand von der Fraktion zum Zuge, die noch nicht in der ersten Runde dran war. Deswegen hat jetzt der Kolle

ge Haußmann das Wort. Ich wollte das nur noch einmal er klärt haben.

Kollege Haußmann.

Sehr geehrter Herr Fi nanz- und Wirtschaftsminister Dr. Schmid, Sie hatten die Ziel setzungen angesprochen, die sich aus dem Koalitionsvertrag ergeben, nämlich dass Bundesenergieminister Gabriel plant, die Referenzertragswerte hochzusetzen. Ich verweise jetzt auf eine Pressemitteilung auf der Homepage der Landesregierung, in der für erneuerbare Energien – „Energiewende als Bürger projekt“ – geworben und dazu ermuntert und aufgerufen wird, dass sich Bürger an Bürgergenossenschaften beteiligen. Das ist grundsätzlich ja positiv. Dabei geht es aber beispielsweise um das Projekt in Ingersheim. Hierzu heißt es in einem Bei trag von SWR 4, dass nach dem ersten Jahr in Ingersheim 46 % des Referenzertrags erreicht worden sind.

Hier sehe ich Diskrepanzen zu Ihren Aussagen. Haben Sie da nicht auch die Sorge, dass die Landesregierung möglicherwei se für Projekte wirbt, die weit weg von einer Wirtschaftlich keit sind, und Sie sich möglicherweise irgendwann einmal Vorwürfen aussetzen, wenn solche Projekte vielleicht nicht wirtschaftlich laufen und das von den Bürgerinnen und Bür gern eingesetzte Kapital nicht mehr ertragreich eingesetzt wird?

Für mich passt nicht zusammen, dass einerseits Minister Ga briel dafür eintritt, dass die Referenzertragswerte erhöht wer den, und Sie auf der anderen Seite für ein Projekt werben, das einen Wert von 46 % erreicht.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Achtung, Fragezei chen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Haußmann, für die Ausgestaltung des novellierten EEG ist die Bemessung dieser Referenzertragswerte, die dort verankert werden sollen, in der Tat eine zentrale Frage. Die Rentabili tät von Windkraftstandorten speist sich aus einem Bündel von Faktoren wie der Anfangsvergütung, der Frage, ob es weite re Kosten gibt, die mit dem Standort und der Netzanbindung zusammenhängen, und natürlich den Erträgen im engeren Sinn. Deshalb ist es ein Anliegen gerade der Binnenländer hier im Süden der Republik, dass wir zu Werten in einer Größen ordnung von mindestens 65 bzw. 70 % des Referenzertrags kommen, sodass dann die Standorte zumindest betriebswirt schaftlich erfahrbar und erlebbar werden.

Die Auskunft des Energieministeriums bezieht sich selbstver ständlich auf die jetzt geltende Rechtslage. Es gibt keine Ga rantie für Bürger, die investieren, dass sie bestimmte Erträge bekommen. Bei jeder Investitionsentscheidung muss man dies als selbstständig denkender Bürger selbst entscheiden. Das wirtschaftliche Risiko wird der Staat den Bürgern, ebenso wie anderen Investoren, nicht ganz abnehmen können.

Uns geht es aber darum, dass wir über die Ausgestaltung der Förderung verlässliche Rahmenbedingungen für diese Inves toren schaffen. Sie kennen die Planungszeiten; es ist ein lan ger Anlauf. Wir brauchen daher auf alle Fälle ausreichend Ver trauensschutz. Wir brauchen neue Werte, die viele Standorte, auch im Süden der Republik, betriebswirtschaftlich darstell

bar sein lassen. Wir brauchen auch eine solide Vorbereitung für den möglichen Umstieg auf Ausschreibungsmodelle, die zuerst erprobt werden sollen, bevor sie allgemein eingeführt werden.

Sie sehen also: Mir ist es als Wirtschaftsminister ein beson deres Anliegen, dass wir diese Verlässlichkeit bei den Rah menbedingungen wahren, auch bei den notwendigen Anpas sungen, die jetzt Gabriel und die Bundesregierung – zu Recht – im Sinne der Bezahlbarkeit der Energiewende vorhaben.