Das ist etwas verwunderlich. Deswegen möchte ich, Herr Mi nister, daraus den Schluss ziehen, dass Sie offensichtlich nicht bereit sind, die Ergebnisse dieser Umfrage wirklich zu akzep tieren. Deswegen muss ich auch Ihre Aussagen, Ihr Loblied auf die Realschulen in der Vergangenheit an dieser Stelle in frage stellen.
Herr Minister, kann es dennoch sein, dass es Ihnen trotz zahl reicher Großveranstaltungen, Farbbroschüren, trotz einer Son
derauflage des „Staatsanzeigers“ vor Monaten, trotz unzähli ger Veranstaltungen, die Ihr Stabsstellenleiter Norbert Zeller im Land absolviert, um für die Gemeinschaftsschule zu wer ben, offensichtlich nicht gelungen ist, die Aufmerksamkeit auf die Gemeinschaftsschule zu lenken? Stellt es nicht ein Stück weit das Ansehen, das Konzept der Gemeinschaftsschule in frage, wenn diese Botschaft offensichtlich nicht angekommen ist?
Herr Minister, eines möchte ich noch ergänzen – das haben Sie auch selbst vor wenigen Tagen in der Landespressekonfe renz verkündet –: Die Realschulen stehen durch die zuneh mende Heterogenität vor großen Herausforderungen.
Sie haben die Zahlen genannt. Was wollen Sie tun, um die Re alschulen konkret dabei zu unterstützen, dieser Heterogenität gerecht zu werden? Nur den Begriff der individuellen Förde rung in den Mund zu nehmen ist wahrlich sehr wenig, Herr Minister.
Zu nächst einmal, Herr Kollege Wacker: Wenn ich die Methodik der Untersuchung kritisiere, leite ich daraus ab, dass Ergeb nisse, die dort generiert werden, wenig zu einem sachlichen Diskurs beitragen, weil sie nicht objektivierbar sind.
Ich sage nicht – das ist jetzt offensichtlich bei Ihnen so ange kommen –, dass diese Ergebnisse falsch sind. Ich sage nur: Die Ergebnisse dieser Umfrage sind kein Beleg für Ihre The se.
Das ist vielleicht ein bisschen feinsinnig. Lassen Sie sich das durch den Kopf gehen. Das ist der Unterschied.
Der weitere Punkt ist viel wichtiger: Hinsichtlich der Quali tät unserer Schulen sollte man nicht glauben, man könne Er folg haben – diesen Glauben haben Sie offensichtlich –, in dem man Schularten aufeinanderhetzt, indem man die Men schen mit Zerrbildern versorgt – ich darf an die Aussagen von Herrn Rülke zur Gemeinschaftsschule erinnern, ich darf an Aussagen von Ihnen erinnern. Man sollte keine Zerrbilder zeichnen, sondern ehrlich die Notwendigkeiten an unseren Schulen, und zwar an den bestehenden Schulen, analysieren. Da ist die Gemeinschaftsschule eine Schule, die auf die An forderungen der Schülerschaft, die heterogener wird – Sie weisen zu Recht darauf hin –, eine gute Antwort bietet.
Ich lade Sie ein – Sie wissen es –: Die Gemeinschaftsschulen stehen offen und können den Zustrom an Besuchern, die sehr neugierig auf dieses Konzept sind, kaum bewältigen. Aber
Mich überrascht – ganz ehrlich –, dass Sie zufällig in dem Mo ment, in dem Sie in die Opposition geraten sind, Ihr Herz für die Realschulen entdeckt haben.
Denn das sind die Fakten. Die Fakten sind, dass Sie die Werk realschulen oder die Hauptschulen mit erheblichen zusätzli chen Stunden ausgestattet hatten, dass auch die Gymnasien deutlich besser ausgestattet waren als die Realschulen.
Die Realschulen hatten null – ich betone: null – zusätzliche Ausstattung, um mit den Herausforderungen umzugehen.
Wir haben heute noch eine Situation, wonach auch die Aus stattung der Stundentafel der Realschulen deutlich auf ihre Benachteiligung gegenüber den anderen Schularten hinweist. Diese Regierung hat – im Gegensatz zu Ihnen – darauf re agiert und hat erstmals Poolstunden an die Realschulen gege ben, und zwar inzwischen 2,2 Stunden pro Zug –
Man kann das nicht multiplizieren. Denn egal, welche Zahl Sie mit null multiplizieren, es kommt immer null heraus. Sie haben uns also leider keine gute Vorlage gegeben.
Es ist jetzt wichtig, dass sich die Realschulen nicht in eine Po sition zurückziehen, wonach alles so bleiben könne, wie es ist. Mit Ihrer Studie versuchen Sie zu belegen, dass die Real schule von heute und morgen die Realschule von gestern blei ben kann. Da liegt Ihr kapitaler Denkfehler.
Unser Schulsystem entwickelt sich aufgrund der deutlich zu rückgehenden Schülerzahlen und aufgrund von Problemen, die die Qualität angehen. Ich erinnere an die IQB-Länderstu die vom vergangenen Jahr. Die Realschulen sind aus Quali täts- und Strukturgründen gezwungen, sich auf die neue Situ ation einzustellen. Die neue Situation wird sein – – Da sind – so sage ich jetzt einmal – fast alle in dieser Gesellschaft in dem Erkenntnisprozess inzwischen so weit, sei es der BadenWürttembergische Handwerkstag, seien es die Industrie- und Handelskammern, seien es die Arbeitgeberverbände, seien es die Gewerkschaften und die Verbände. Jeder weiß, dass das Ganze in Richtung eines Zweisäulenmodells laufen wird und dass die Schule, die neben dem Gymnasium existiert, ein at
traktives Angebot bieten muss und auch aus der Realschule heraus Antworten auf die Herausforderungen in pädagogischer Hinsicht entwickelt werden müssen.
Deswegen freut es mich – vielleicht tröstet es Sie –, wenn die Realschulen, die Arbeitsgemeinschaft der Realschulrektoren, der Realschullehrerverband, die GEW mit uns in engem Kon takt darüber stehen, wie wir es schaffen können, dass wir mehr Realschulen in die Lage versetzen, mit dem Thema „Vermehr te Heterogenität“ umzugehen, mehr integrative Schulkonzep te zu erarbeiten, die aus den Elementen individuelle Förde rung, kooperatives Lernen und inputorientierte Unterrichts phasen, das heißt aus einem guten pädagogischen Mix aller pädagogischen Mittel, bestehen.
Dazu brauchen wir eine gute Lehrerfortbildung, dazu brau chen wir eine angepasste Lehrerausbildung. All dies packt die se Landesregierung an. Sie hätten viel früher darauf reagieren können.
Vielen Dank, Herr Mi nister. – Damit ist die Zeit für die Regierungsbefragung um und Tagesordnungspunkt 5 erledigt.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Mi nisteriums für Kultus, Jugend und Sport – Inklusion im Sport – Drucksache 15/3336
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Inklusion statt Barrieren“, so sollte das Mot to als Grundlage der weiteren Entwicklung zum Thema „Sport und Menschen mit Behinderung“ lauten. Inklusion ist eine große Herausforderung für die Gesellschaft, aber auch für die Politik, welche die Rahmenbedingungen bzw. die Vorausset zungen für eine gelingende Inklusion zu schaffen hat.
Neben der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt und der schuli schen Inklusion ist der Sport ein weiteres großes Feld. Aber genau dieses bietet die meisten Chancen, da gerade der Sport zur Bewusstseinsbildung in unserer Gesellschaft beitragen kann und gemeinsame Bewegung, das gemeinsame Trainie ren ein niederschwelliges Angebot für beide Seiten darstellt.
Es gibt viele Projekte im Land, die zeigen, wie hervorragend es funktioniert und wie nachhaltig diese Barrieren abgebaut werden können, wenn erst einmal ein Klima von gegenseiti gem Respekt und Toleranz geschaffen werden kann. Hier geht es um unterschiedliche Angebote, die der organisierte Sport Menschen mit Behinderung machen kann: in Bezug auf das gemeinsame Trainieren, das Gründen eigener Sportgruppen und auch auf den barrierefreien Zugang zu den Sportstätten.
Aber die Aktivierung der Menschen mit dem Ziel, überhaupt Sport zu treiben oder sich mit Nichtbehinderten in einer ge meinsamen Gruppe zusammenzufinden, ist leider noch keine Selbstverständlichkeit.
Ich danke dem Kultusministerium für die gute Beantwortung der in diesem Antrag gestellten Fragen. Der Antrag soll dazu dienen, das Thema bei uns, aber auch in der Öffentlichkeit breiter zu diskutieren und zu mehr Offenheit für den Inklusi onssport zu ermuntern.
Im letzten Jahr hat meine Fraktion die inzwischen neu ernann te Beauftragte der Bundesregierung – damals war sie es noch nicht; jetzt ist sie es – für die Belange von Menschen mit Be hinderung, Verena Bentele, zu einem Fachgespräch mit Ver tretern des Sports eingeladen. Verena Bentele, von Geburt an blind, ist eine der erfolgreichsten deutschen Paralympioniken. Sie hat immerhin viermal an Paralympischen Spielen teilge nommen, sie war bei drei Weltmeisterschaften, bei zwei Eu ropameisterschaften und hat bei den Paralympischen Spielen insgesamt zwölf Goldmedaillen geholt. Sie ist aufgrund die ser Biografie sicher eine der besten Expertinnen genau für die ses Thema.