und genau so kann man dann auch unterschiedliche Interes sen ausgleichen. Einige Beispiele dafür, wo wir viele Gestal tungsmöglichkeiten für die Menschen vor Ort eröffnet haben, habe ich gerade schon aufgeführt. Wie gesagt: So, wie wir, die grün-rote Landesregierung und die Regierungsfraktionen, Politik betreiben, tun wir das mit Überzeugung und auch mit Erfolg.
Es ist schade, dass zum zweiten wichtigen Baustein „Bürger beteiligung und direkte Demokratie“ von Ihnen nicht viel aus geführt worden ist. Denn ich finde, dass wir uns alle zusam men auf einen zwar nicht ganz einfachen Prozess eingelassen, jedoch auf einen guten Weg begeben haben und ein gutes Er
gebnis vorweisen können. Das hat es bislang in Baden-Würt temberg so noch nicht gegeben: Alle Fraktionen haben sich geeinigt, dass es in Zukunft eine Volksinitiative gibt,
(Abg. Peter Hauk CDU: Das war unsere Idee! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Weil die Regie rung nicht reingepfuscht hat!)
dass wir die Hürden für Volksbegehren abbauen, dass wir Volksentscheide einfacher möglich machen. Auch auf der kommunalen Ebene, bei Bürgerentscheiden und Bürgerbegeh ren, haben wir einen Kompromiss erreicht. Selbstverständlich hat auch da – wie es eben ist, wenn unterschiedliche Positio nen aufeinandertreffen – keine Seite ihre Position zu 100 % durchsetzen können, aber alle Seiten waren bereit, sich zu be wegen.
Ich bin froh, wenn vor der Kommunalwahl – wie wir es ver einbart haben – der Referentenentwurf auf dem Tisch liegt, um in der Verfassung und in den entsprechenden Gesetzen sei nen Niederschlag zu finden.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Soll es dann noch einmal eine Regierungserklärung geben?)
Dass mehr direkte Demokratie gut und richtig ist, hat der Mi nisterpräsident schon ausgeführt. Das hat die hohe Wahlbetei ligung bei der Volksabstimmung für Stuttgart 21 gezeigt. Um fragen zeigen, dass die Bürgerschaft mehr Möglichkeiten will, direkt abzustimmen. Das zeigen auch Beispiele aus anderen Ländern, aus Bayern oder aus der Schweiz.
Wichtig ist, dass wir ermöglicht haben, dass Jugendliche bei Kommunalwahlen, bei den Wahlen für Kreistage und Regio nalparlamente, schon ab 16 Jahren wählen können. Es ist un sere gemeinsame Aufgabe, die Kampagnen, die es über die Landeszentrale für politische Bildung gibt, offensiv zu beglei ten und dafür zu werben, dass die jungen Menschen dieses Wahlrecht ausüben, es annehmen und sich auch bei der anste henden Kommunalwahl beteiligen.
Meine Damen und Herren, in diesen drei Jahren hat sich viel bewegt, und wir haben noch einiges vor für mehr Beteiligung und Mitsprache, was jetzt noch nicht in Gesetzesform gegos sen ist. Diese Vorhaben sind auf einem guten Weg. Auch der Planungsleitfaden ist positiv.
Ja, es ist eine Vorschrift für die Verwaltungen mit der Ziel setzung, dass sie bei größeren Vorhaben frühzeitig die Bür gerschaft beteiligen.
Es werden Wege aufgezeigt, in welcher Form, auf welche Art und Weise diese Beteiligung stattfinden kann. Wir sind sicher: Das ist ein sehr guter Weg, der auch dazu führen kann, dass man die Zahl der Einwendungen deutlich reduzieren und die Zufriedenheit mit einzelnen Vorhaben erhöhen kann. Das ist der Planungsleitfaden. Den können Sie auch im Internet fin den, Herr Hauk.
Ein letzter Satz zur Listenwahl. Wir haben eine interfraktio nelle Arbeitsgruppe, die sich mit dem Landtagswahlrecht be schäftigt. Sie wird diese Woche tagen und noch einmal bera ten, was es in Bezug auf das Landtagswahlrecht, Wahlkreis größen usw. zu verändern gibt. Ich finde, es ist völlig normal und ein guter parlamentarischer Brauch, dass man in solchen Fragen Einvernehmen über die Fraktionen hinweg sucht.
Wissen Sie, warum Sie erstaunt sind? Weil Sie diesen guten parlamentarischen Brauch in der Vergangenheit nicht gepflegt haben. Sie haben auch Entscheidungen getroffen, die nicht einvernehmlich waren.
Genau. Da hat die grüne Landtagsfraktion zu Recht kriti siert, dass Sie es nicht im Einvernehmen aller Fraktionen ge tan haben.
Wir finden, es ist guter parlamentarischer Brauch, solche Än derungen im Einvernehmen vorzunehmen, und daran halten wir fest.
Egal, ob Sie das in der Vergangenheit gemacht haben oder nicht: Es ist richtig und wichtig, so vorzugehen. Deshalb, mei ne Damen und Herren, ist zu diesem Thema alles gesagt. Al les Weitere wird die Arbeitsgruppe klären. Wir gehen davon aus, dass es leider nicht zu einem Listenwahlrecht kommt, wie wir es uns wünschen. Doch alles Weitere in der Arbeitsgrup pe.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Sie haben immer hin manchmal zugehört, und Zuhören ist der Anfang von Be teiligung.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Herr Ministerpräsident, es ehrt uns So zialdemokraten, dass Sie an den Beginn Ihrer Regierungser klärung einen großen Sozialdemokraten, Willy Brandt, mit seiner Aussage „Wir wollen mehr Demokratie wagen“ gestellt haben.
Dieser Ansage sind dann tatsächlich wesentliche Impulse und Veränderungen gefolgt. Mit dem Betriebsverfassungsgesetz wurde die staatliche Demokratie auf die Gesellschaft übertra gen: durch mehr Mitwirkungsrechte der Betriebsräte, Mitbe stimmung in den Aufsichtsräten. Die Hochschulen wurden de mokratisiert. Ferner wurde – wie Sie angesprochen haben – das Familienrecht verändert, und Mann und Frau wurden auf Augenhöhe gebracht. Es wurden also wesentliche Impulse ge setzt.
Wenn wir nun in Baden-Württemberg an der Schwelle stehen, die direkten Mitbestimmungsmöglichkeiten, die direkte De mokratie zu verbessern, dann wird dies ein weiterer Fortschritt hinsichtlich der direkten Entscheidungsmöglichkeiten sein. Aus dem Schweizer Beispiel haben wir aber gelernt, dass die se Möglichkeit noch mehr als die eigentliche Entscheidungs findung bewirkt: Sie verändert das Denken derjenigen, die pla nen. Man muss sich nämlich immer fragen, ob das, was ge plant wird, noch mehrheitsfähig ist, ob es tatsächlich eine Volksabstimmung übersteht.
Als Beispiel führe ich die Trassenführung zweier zusätzlicher Gleise in Zürich an. Bei den ersten Planungen verlief die Tras se über der Erde. Daraufhin gab es eine Empörungswelle in der Bevölkerung. Sofort haben die Planer umgeswitcht, weil sie wussten, dass die Planung bei einer Volksabstimmung nicht befürwortet worden wäre. Deshalb haben sie die Gleise unter die Erde gelegt.
Deshalb wird es auch bei Planungsprozessen wesentliche Fort schritte geben, wenn wir die Möglichkeiten der direkten De mokratie verbessern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, da wir uns in den Grundzü gen der Verbesserung der direkten Demokratie in BadenWürttemberg einig sind, habe ich mir in der Vorbereitung auf die heutige Debatte über die Frage der Beteiligung Gedanken gemacht.
Dabei habe ich mich von einem älteren Motto als dem von Willy Brandt aus dem Jahr 1969 inspirieren lassen, nämlich vom Propheten Jeremia
(Beifall des Staatssekretärs Ingo Rust – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Der einsame Rufer in der Wüste!)