Protokoll der Sitzung vom 27.03.2014

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Ganz schwache Leistung, Herr Präsident! – Gegenruf des Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Nein, das ist ganz richtig! Er hat keine Belehrungen vorzunehmen, und Sie auch nicht!)

der vor wenigen Wochen in einer sehr lesenswerten Tageszei tung, nämlich in der „taz“, stand. Es war ein zwei Seiten lan ges Streitgespräch zwischen der grünen Bundestagesabgeord neten Kerstin Andreae und Ihrem Landesvorsitzenden, Herrn Strobl, der in einer Schlagzeile darauf hingewiesen hat, dass für die CDU in Baden-Württemberg der Tierschutz an obers ter Stelle stehe.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Des wegen die Jagd! – Unruhe)

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob Ihr Landesvorsitzender der Chefideologe der CDU ist oder ob das ernst zu nehmen ist. Wenn Sie es ernst nehmen – –

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Recht hat er! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt reden Sie doch mal zum Thema! – Anhaltende Unruhe – Glo cke des Präsidenten)

Ja, es geht um Tierschutz und Ideologie.

Das Wort hat Kollege Pix.

Das ist das Thema.

Also, wir haben den Begriff der Ideologie. Aber wir haben noch einen anderen Begriff, und diesen hat mein Vorredner, Herr Kollege Wolfgang Reuther, auf einer Podiumsdiskussi

on in Lauffen im vergangenen Winter verwendet. Diese Ver anstaltung wurde von drei Kreisjagdverbänden durchgeführt; Herr Fraktionsvorsitzender Claus Schmiedel saß neben mir. Im Rahmen dieser Veranstaltung hat Herr Reuther zur Frage des Verbots des Haustierabschusses gesagt, das sei das Idio tischste, was ihm jemals über den Weg gelaufen sei.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das hat er gerade auch begründet!)

Das heißt, wir haben einen Spannungsbogen von Ideologie

(Abg. Georg Wacker CDU: Wen hat er gemeint?)

bis Idiotie.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Jetzt gibt es natürlich noch etwas ganz anderes. Es gibt noch einen dritten Begriff – auch den möchte ich in diesem Zusam menhang nennen –, nämlich den Begriff „ideal“. Was ist ei gentlich ideal?

Vor dem Hintergrund des Gerichtsurteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte komme ich auf die Eigen tumsdebatte zu sprechen. Es ist nicht nur das Jagdrecht mit dem Eigentumsrecht verbunden; das haben wir noch nie – und das werden wir auch im Rahmen dieser Novelle nicht tun – infrage gestellt. Vielmehr sagt das Urteil des EGMR ganz klar, dass es das verbriefte Recht eines Eigentümers ist, dass sein befriedetes Grundstück aus dem Jagdbezirk herausgenommen wird, sofern er dies wünscht. Damit haben wir umzugehen, egal, ob uns das passt oder nicht.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Das war der Anlass für die Novelle!)

Vielleicht wissen Sie, wie Lawinen entstehen. Ich habe die große Sorge, dass sich unsere Jagdlandschaft auch in BadenWürttemberg in Zukunft irgendwie anders gestalten könnte. Dem dürfen wir nicht Vorschub leisten. Deswegen novellie ren wir das Landesjagdgesetz.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist ja kein Thema!)

Ob es das Urteil des EGMR ist, ob es das Brüsseler Arten schutzabkommen ist, ob es das Tierschutzrecht auf Bundes ebene ist – all das ist hier jetzt eingearbeitet. Das heißt, man hatte gar keine andere Wahl,

(Lachen des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU – Wi derspruch des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

als aufgrund der von der Föderalismuskommission beschlos senen Zuständigkeiten das Jagdgesetz entsprechend zu novel lieren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Falsch!)

Ich hoffe, wir haben jetzt ein bisschen mehr Klarheit.

Was ist denn bisher passiert? – Ich nehme ein Beispiel aus dem Naturschutz. Es geht immer noch um den Begriff „Ideo logie“.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Eben! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Vor allem bei euch!)

Ist es Ideologie, wenn über viele Jahre hinweg die Jägerinnen und Jäger in Baden-Württemberg gemeinsam mit der Forst wirtschaft dazu beitragen, dass innerhalb eines Rahmens, nämlich eines breit angelegten Aktionsplans Auerhuhn, ihre Kompetenz als Jägerinnen und Jäger im Land Baden-Würt temberg genutzt wird, um eine aussterbende Wildart zu ret ten? Das ist bisher erfolgreich geschehen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Die halten sich schon!)

Natürlich sind Jägerinnen und Jäger nicht nur diejenigen, die Wild erlegen, die auf Wild schießen. Natürlich haben sie noch viele andere Aufgaben zu erfüllen, die sie einvernehmlich mit der Landesregierung freiwillig erfüllen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Deswegen spricht der Landesjagdverband nicht umsonst von Auftrag und Leidenschaft.

Das Gleiche gilt für die Wildkatze.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Zustimmung!)

Die Wildkatze war vom Aussterben bedroht. Ohne die Jäge rinnen und Jäger in Baden-Württemberg hätten wir die Popu lation der Wildkatze gar nicht erhalten können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

Das heißt, diesen Widerspruch gibt es doch gar nicht. Es geht gar nicht um Ideologie, sondern – das greift auch die Novel lierung auf – wir nutzen die Kompetenzen und Fähigkeiten der Jägerinnen und Jäger in Baden-Württemberg, um auch im Naturschutz voranzukommen und dafür, dass die Jagd im Land insgesamt wieder stärker akzeptiert wird.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Deswegen brau chen wir Tier- und Naturschutz! Weil Sie es bisher so gut machen!)

Wir müssen nicht nur den kritischen Bürgerinnen und Bür gern, sondern auch den kritischen Tierschützern klarmachen, dass wir die Jägerinnen und Jäger auch in Zukunft brauchen und dass wir ihren Ruf aufwerten wollen. Das ist doch der Grund, warum hier das Jagdgesetz novelliert wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Deswegen mehr Aufsicht! – Unruhe)

Aber ich habe noch ein anderes Beispiel. War es Ideologie, als unter einer schwarz-gelben Landesregierung – Ruhe da vorn in der ersten Bank! – die modernste Rotwildkonzeption im Südschwarzwald

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP meldet sich.)

nicht nur beschlossen, sondern auch erfolgreich umgesetzt wurde? Dabei ist nichts anderes passiert, als dass man die In teressen der Jäger, der Waldbesitzer und der Schwarzwaldbau

ern zusammengebracht hat. Das war bis dato gar nicht mög lich. Was ist denn passiert? Das Rotwild hat den Wald aufge fressen und die Bauern geschädigt;

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist aber besser als umgekehrt!)

denn die Rotwildbestände waren zu groß. Deswegen ist die schwarz-gelbe Landesregierung – ohne ideologischen Back ground – vernünftigerweise so verfahren, und das funktioniert so gut, dass wir auch alle anderen Rotwildgebiete mit dieser Konzeption managen werden. Darum kommen wir auch im Nordschwarzwald nicht herum; denn sonst wird unser Natio nalpark aufgefressen, meine Damen und Herren.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Kollege Pix, gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Glück?

Nein, danke. Ich kann diese jetzt nicht zulassen; denn sonst bin ich in meinem Redefluss zu sehr gestört.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Vor allem gestört!)

Aber es geht noch weiter. Die 88 Seiten der Novelle des Lan desjagdgesetzes einschließlich der Begründung müssen wir mit wildtierökologischem Sachverstand füllen; diesen finde ich bei Ihnen leider nicht überall vor, und bei meinen Vorred nern schon gar nicht.