Protokoll der Sitzung vom 27.03.2014

Im Februar 2013, bei der zweiten Debatte über das Thema Mindestlohn – kurz vor der Bundestagswahl –, war schon Be wegung im Spiel. Ein Umfrageergebnis lag vor, wonach 86 % der Deutschen die Einführung eines Mindestlohns befürwor teten. Die CDU ist in Bewegung gekommen.

Kollege Löffler – ich darf noch einmal kurz zitieren – hat ge sagt:

Die CDU hingegen will mit marktwirtschaftlichen Ins trumenten Lohnuntergrenzen mit branchen- und regional spezifischen Differenzierungen festlegen.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Richtig!)

Es fand eine Annäherung statt. Das Thema Lohnuntergrenze war das Gebot der Stunde. Für uns Sozialdemokraten war von Anfang an ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn gefor dert. Diese Forderung steht jetzt im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD, und das Ganze geht nun in das Gesetz gebungsverfahren. Die CDU hat es kapiert. Bei der FDP bin ich mir da nicht so sicher.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Doch, wir sind sicher!)

Aber im Bund spielen Sie deshalb richtigerweise auch kei ne Rolle mehr.

Wir sind gespannt, was die CDU heute zum Thema beitragen wird.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol lege Schreiner.

(Abg. Georg Wacker CDU: Guter Mann! – Gegen ruf: Der beste, den wir haben!)

Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die gestrige Debatte näher zu Gemüte geführt hat,

(Zuruf: Welche?)

dann konnte man feststellen, dass dies vor allem eine lyrische Auseinandersetzung war. Der Kollege Schmiedel hat sogar biblische Zitate gebracht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist nie ein Fehler! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Jeremia! – Un ruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich finde aber, bei der Großen Koalition sollte man die Bibel außen vor lassen und sich eher an politischen Zitaten orien tieren.

(Zuruf des Staatssekretärs Ingo Rust)

Mir fällt spontan ein Zitat von Ludwig Erhard ein:

(Abg. Georg Wacker CDU: Sehr guter Mann!)

Ein Kompromiss, das ist die Kunst, einen Kuchen so zu teilen, dass jeder meint, er habe das größte Stück bekom men.

(Beifall bei der CDU – Abg. Georg Wacker CDU: Sehr gut!)

Auch beim Mindestlohn handelt es sich um einen Kompro miss, womit wir beim Thema der Aktuellen Debatte wären. Wenn zum 1. Januar 2015 ein Mindestlohn von 8,50 € einge führt wird, ist dies für die Beschäftigten in diesem Land eine positive Nachricht. Es wird eine Lohnuntergrenze geben,

(Abg. Rainer Hinderer SPD: Mindestlohn!)

die Dumpinglöhne verhindern soll.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Die Große Koalition im Bund setzt damit einen Teil des Ko alitionsvertrags um,

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Was ist mit dem Rest?)

dem die Union zugestimmt hat. Ich glaube, dass wir mit der Entscheidung von Union und SPD auf dem richtigen Weg sind. Die Hauptüberschrift dieses Gesetzentwurfs heißt aber nicht nur „Mindestlohn“, sondern vor allem auch „Tarifpa ket“. In diesem Tarifpaket wird deutlich, was für die CDU wichtig ist, nämlich dass die Tarifpartner Priorität haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Weil es sich um einen Kompromiss zwischen Union und SPD handelt, ist das erste Ziel die Stärkung der Tarifautonomie. Ferner wird eine Erweiterung des Arbeitnehmer-Entsendege setzes und eine Ausweitung von Allgemeinverbindlichkeits erklärungen angestrebt. Das sind die zentralen Elemente der Arbeitsmarktpolitik der Großen Koalition, mit deren Hilfe wir gerechte Löhne für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land erreichen wollen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Für uns, die CDU, gilt aber auch: Harte Arbeit muss sich loh nen. Leistungswille muss sich lohnen. Wir haben immer ge sagt: Wer vollzeitbeschäftigt ist, der muss von seiner Arbeit auch leben können.

(Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Da wir hier im Landtag sind, sollten wir uns vor allem mit den Themen beschäftigen, die unser Land angehen.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Deshalb möchte ich für uns, die CDU-Fraktion, deutlich ma chen, dass es gerade in Baden-Württemberg wichtig ist, den Mindestlohn immer von der wirtschaftlichen Entwicklung ab hängig zu machen.

(Beifall der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Wir dürfen unter keinen Umständen die wirtschaftliche Stär ke Baden-Württembergs aufs Spiel setzen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das machen andere! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Warum ha ben Sie das dann nicht unterschrieben?)

Dass bei der zukünftigen Bestimmung des Mindestlohns Ar beitgeber und Arbeitnehmer in einer Kommission zusammen sitzen, ist durchaus ein Bekenntnis zum Prinzip der sozialen Marktwirtschaft. Wir haben uns aber auch gewünscht – das kann man dann auch sagen –, dass diese Kommission z. B. auch über mögliche Ausnahmen befindet.

(Beifall bei der CDU)

Um es klar zu sagen: Wir wollen keinen politischen Mindest lohn. Der Mindestlohn muss von der wirtschaftlichen Lage abhängig sein. Es ist gut, dass CDU und SPD dabei einer Mei nung sind, weil es sonst mit der CDU keinen Mindestlohn hät te geben können.

Jetzt den Mindestlohn als Allheilmittel anzusehen, wie es z. B. Abgeordnete der Linken kürzlich in einer Debatte im Deut schen Bundestag getan haben, ist ganz schwierig.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sie woll ten doch zum Land sprechen!)

Der Mindestlohn leistet natürlich einen Beitrag dazu, dass Er werbstätige von ihrer Arbeit leben können. So viel zum Kon sens in der Großen Koalition, Herr Schmiedel. Sie haben ge sehen, wir haben alle miteinander schön geklatscht. Nun aber noch ein paar Sätze zu dem, was aus unserer Sicht überhaupt nicht geht.

Schauen wir uns einmal den Titel der heutigen Aktuellen De batte an. Da könnte man meinen, ganz Baden-Württemberg leide unter Lohndumping und warte geradezu auf den Min destlohn. Ich finde, wir sollten heute deutlich machen und auch zur Kenntnis nehmen, dass die Mehrheit der Unterneh mer bzw. der Arbeitgeber in Baden-Württemberg anständige Löhne bezahlt, dass in den meisten Bereichen bereits mehr als 8,50 € bezahlt werden, dass gerade im vergangenen Jahr schon viel freiwillig passiert ist und dass in vielen Branchen die Ta rifpartner einen gemeinsamen Weg gegangen sind. Seit Okto ber 2013 erhalten Friseure mindestens 8,50 € pro Stunde, Dachdecker mindestens 11,85 € pro Stunde und Steinmetze mindestens 11,25 €. Herr Kollege Hinderer hat Ausnahmen vom Mindestlohn genannt. Ich finde es wichtig, dass man auch darauf hinweist, dass gerade im vergangenen Jahr viel frei willig geleistet wurde.

Die Mehrheit der Unternehmen bezahlt ihre Beschäftigten an ständig und zahlt weit mehr als den Mindestlohn. Deshalb müssen wir gewaltig aufpassen, dass mit dem eigentlich po sitiven Ziel, das wir mit dem Mindestlohn erreichen wollen, der Schuss nicht nach hinten losgeht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Wir, die CDU-Fraktion, bedauern sehr, dass keine regional spezifischen Ausnahmen vorgesehen sind, z. B. für die Erzeu ger in der Landwirtschaft, für die Spargelbauern, für die Erd beerproduzenten, für die Erntehelfer oder auch für die Zei tungsausträger. Diese haben sich doch zu Recht an uns ge wandt und darauf hingewiesen, dass Nachbesserungen erfor derlich sind.

Ich glaube, dass es unsere Aufgabe als Landtag ist, nicht zu zulassen, dass ganze Wirtschaftszweige in Baden-Württem berg keine Chance mehr haben.