Die Themen Jagd und Jäger werden in unserer Gesellschaft immer kritischer betrachtet, auch im ländlichen Raum. Dar um ist es wichtig, mit dem neuen Landesjagdgesetz alte Zöp fe abzuschneiden und die Jagd von Klischees zu befreien. Man muss deutlich machen, dass die Jagd nicht nur tötet, sondern vor allem auch Tierschutz und Naturschutz bewirkt. Dies wur de ebenfalls bereits zum Ausdruck gebracht.
Es wird gesellschaftlich jedoch nur selten wahrgenommen. Darum ist es wichtig, im neuen Landesjagdgesetz beispiels weise ein Wildtiermonitoring aufzunehmen, durch das deut lich wird: Die Jäger leisten einen Beitrag für den Naturschutz und den Tierschutz, und nur mithilfe der Jäger ist ein solcher Schutz überhaupt leistbar.
Ich muss an Ihre Adresse gerichtet sagen, meine Damen und Herren von der Opposition: Sie haben den Tierschutz und den Naturschutz auf Bundes- wie auch auf Landesebene in die Verfassung aufgenommen,
Herr Kollege, Sie wei sen auf Leserbriefe und auf die Öffentlichkeit hin. Kennen Sie das Projekt „Lernort Natur“? Wie bewerten Sie dieses Projekt in seiner Wirkung?
Ich kenne dieses Projekt, und ich finde alles gut, was dazu beiträgt, dass Kinder und junge Menschen, aber auch Erwachsene, die keinen Bezug mehr zur Natur haben, die Natur kennenlernen und sich mit solchen Themen auseinandersetzen. Natürlich!
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ich meine, spe ziell auf das Thema Jagd bezogen! Das ist ja ein Pro jekt des Landesjagdverbands!)
Ja. – Man muss aber deutlich sehen: Auch sonst ist mit Blick auf den ländlichen Raum nicht alles friedlich. So hat sich die Struktur der Agrarwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Wir haben einen intensiven Maisanbau, und die Bauern nutzen natürlich jeden Quadratmeter, sodass sie den Mais bis an den Wald heran anbauen – ideale Verhältnis se für die Wildschweine: Sie kommen aus der Deckung des Waldes heraus und wechseln unmittelbar in die Deckung des Maisfelds; sie wissen, dass ihnen dabei nichts passieren kann.
Ich möchte deutlich darauf hinweisen: Auch das jetzige Jagd recht hat das Problem des Schwarzwilds nicht gelöst. Da muss man einfach neue Formen finden, um dieses Problems Herr werden zu können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Es sind aber kei ne Schussschneisen vorgesehen! Das wäre ja konse quent! – Glocke des Präsidenten)
Herr Kollege, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. Sie sagten gerade, das jetzige Jagdrecht würde, was die Strecke des Schwarzwilds angeht, das Problem nicht lösen können. Ist Ihnen bekannt, dass es im vergangenen Jahr eine Jagdstrecke beim Schwarzwild gab, die so hoch war wie nie zuvor?
Das ist mir schon bekannt. Aber man muss insgesamt darauf hinarbeiten, dass man dieses Pro blem löst. Da wird das neue Jagdrecht, beispielsweise auch mit Blick auf das Thema Fütterung, seinen Dienst tun, damit man die Populationen zurückführt.
Das Zweite ist: Die hohen Wildschäden führen natürlich da zu, dass sich das Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Jä gerschaft zunehmend verschlechtert. Manche Jagdreviere, in denen es viele Wildschäden gibt, sind nicht mehr attraktiv, man findet keine Pächter mehr dafür. Deshalb ist die Verän derung und Vereinfachung bei der Wildschadensregulierung und auch bei den Pachtmindestlaufzeiten sinnvoll und wich tig, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Beschrieben ha ben Sie es richtig! Aber die Konsequenz?)
Wir von der SPD haben in der ganzen Diskussion immer viel Wert darauf gelegt, dass der Tierschutz zwar stärkere Beach tung findet, aber die Jagd an keiner Stelle über Gebühr einge schränkt wird. In unserer Fraktion gibt es eine breite Mei nungsvielfalt. Ich habe das Gefühl, wir haben manchmal auch eine Vermittlerrolle bei der Novellierung des Landesjagdge setzes. Darum traue ich mich hier auch, darauf hinzuweisen – ich richte mein Wort an Sie, die Abgeordneten, aber auch an die Verbände –: Wenn man mit dem Finger auf jemanden zeigt und sagt: „Du formulierst nur aus ideologischen Motiven he raus“, dann muss man immer auch sehen, dass drei Finger auf einen selbst zeigen.
Man muss dann auch hinterfragen: Stehe ich eigentlich in die ser ideologischen Ecke und habe keine Lust oder sehe keinen Bedarf, mich zu bewegen?
Liebe Kollegen von der FDP/DVP, Sie haben die Landesre gierung, den Landwirtschaftsminister ins Visier genommen. Aber ich muss ehrlich sagen: Ich habe das Gefühl, Sie haben nur einen Bock geschossen.
(Beifall des Abg. Thomas Reusch-Frey SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das darf man zurzeit gar nicht!)
Der Kollege Schmiedel hat es gestern deutlich gemacht: Wenn der Pulverdampf verraucht ist, dann werden alle sehen, dass uns mit dem novellierten Landesjagdgesetz ein guter Kom promiss gelungen ist, mit dem alle – der Naturschutz, der Tier schutz, aber auch die Jagd – leben können und von dem wir profitieren.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Viel Erfolg bei der Vermittlung! Er hat viel Richtiges gesagt! – Zuruf von der SPD: Sehr gut!)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist fast 20 Jahre her, dass das Jagdgesetz von Baden-Württemberg eine größere Novel lierung erfahren hat. Herr Abg. Reuther hat darauf hingewie sen, dass im Jahr 2009 ein Paragraf geändert wurde. Ich will kurz dokumentieren, was geändert wurde: Auf Druck der Großprivatwaldbesitzer wurde die Verpflichtung zur Erstel lung eines forstlichen Gutachtens zum Rehwildabschussplan im Großprivatwald aufgehoben.
Das heißt, seit der Zeit meines Vorvorvorvorvorgängers Ger hard Weiser wurde das Landesjagdgesetz in Baden-Württem berg nicht novelliert, nicht an neue Entwicklungen angepasst. In der Zwischenzeit hat im parteiübergreifenden Einverständ nis der Tierschutz im Grundgesetz Verfassungsrang erhalten und hat auch Aufnahme in die Landesverfassungen gefunden. Zudem haben sich unter erheblichem Beitrag der CDU-Fami lie das Arten- und das Naturschutzgesetz, haben sich Arten- und Tierschutzregelungen verändert, in Europa wie auch im Bund und bei uns.
Insofern, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss man bereit sein, zum gegebenen Zeitpunkt – dieser hätte früher sein müssen; er kommt aber erst jetzt, da Sie sich vorher nicht ge traut haben – diese Veränderungen im Hinblick auf Tierschutz abwägungen, Naturschutzabwägungen in ein modernes Ge setz einfließen zu lassen. Das tun wir jetzt.
Es gab massive Veränderungen im Wald und rund um die Jagd, gesellschaftliche Veränderungen, die von meinen bei den Vorrednern schon angesprochen worden sind, aber auch Veränderungen wie beispielsweise eine massive Zunahme des
Anbaus von Mais, der aufgrund der Fütterungs- und Schutz funktion eine besondere Bedeutung insbesondere für das Schwarzwild hat, weswegen es vor Ort immer wieder zu Kon flikten kommt. Gerade aus der Jägerschaft werden massive Forderungen an uns gerichtet, hier Veränderungen vorzuneh men.
Es ist positiv, dass wir in Baden-Württemberg eine engagier te Jägerschaft in der Breite haben, die wichtige, nachhaltige Beiträge zum Natur- und Artenschutz leistet. Die Jägerschaft verfügt über einen riesigen Wissensschatz über Wildtiere. Die Jagd ist auch Lieferant für ein ethisch gesehen hoch wertvol les Nahrungsmittel: Wildbret aus der freien Natur.
Der Landesregierung geht es darum, dieses Engagement zu bewahren, den Wert zu erhalten. Aber wir sind überzeugt, dass wir dazu auch die veränderten Rahmenbedingungen ernst neh men müssen. Wir alle müssen – sowohl in den Verbänden wie auch in der politischen Arena – ernst nehmen, dass im Medi en- und Informationszeitalter vieles sehr viel kritischer be trachtet wird. Wir müssen ernst nehmen, dass schon Einzel fälle – die sogenannten schwarzen Schafe – in großer Breite eine imageprägende Wirkung entfalten. Deshalb kann und darf sich die Jagd, wenn wir sie erhalten wollen, nicht der Notwen digkeit verschließen, Entwicklungen aufzunehmen und sie – wie wir es mit dieser Novelle tun – im Jagdrecht abzubilden.
Wir wollen, dass die Jagd in dieser Gesellschaft den Stellen wert behält, der ihr gebührt. Wir wollen mit einer modernen Rechtsgrundlage in Baden-Württemberg dazu beitragen, dass die Jägerinnen und Jäger nicht in der Kritik stehen, sondern ihre Rolle gewürdigt wird. Genau deshalb wollen wir die wichtige Rolle, die die Jäger für den Naturschutz haben – das Thema Auerhahn, dem eine ganz zentrale Rolle zukommt, wurde schon erwähnt –, stärken, indem wir auch mit der Zu weisung der Aufgabe des Wildtiermanagements, die die Jäger auch heute schon wahrnehmen, honorieren, dass diese Arbeit geleistet wird. Auch das ist eine wichtige Modernisierung, die wir in diesem Gesetzentwurf vorsehen.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie wird das ho noriert?)
Das ist keine Entwürdigung oder Bevormundung der Jäger, wie hier behauptet wird. Ich will eines deutlich sagen: Ein zentraler Bestandteil des geltenden Gesetzes – von dem Sie, Herr Abg. Reuther, sagen, dass Sie es nicht ändern wollen – ist, dass in Baden-Württemberg jedem Jäger mit dem behörd lichen Rehabschussplan peinlich genau mitgeteilt wird, was er wann, wo und wie in seinem Revier zu schießen hat.