Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

Meine Damen und Herren! Ich eröff ne die 96. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württemberg.

Urlaub für heute habe ich den Herren Kollegen Schneider, Stratthaus und Wacker erteilt.

Krankgemeldet sind Herr Kollege Glück, Herr Kollege Hal ler und Herr Kollege Jägel.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich Herr Mi nisterpräsident Kretschmann ab ca. 11:30 Uhr, Frau Ministe rin Bauer ab 13:30 Uhr, Frau Staatsrätin Gisela Erler, Herr Minister Friedrich, Herr Minister Hermann und ab 13:50 Uhr Herr Minister Untersteller.

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen ver vielfältigt vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung der Landesregierung vom 23. März 2014, Az.: V-0123.049

Bericht über aktuelle europapolitische Themen – Drucksache 15/4990

Überweisung an den Ausschuss für Europa und Internationales

2. Mitteilung der Landesregierung vom 7. April 2014, Az.: III-3451.110

Bericht des SWR über die Fusionserfahrung und über die Finanz-, Haushalts- und Personalkostenentwicklung in den Jahren 2011 bis 2015 – Drucksache 15/5042

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Regierungsinformation zum „Stand der Bund-LänderVerhandlungen zum Erneuerbare-Energien-Gesetz – Be wertung aus der Sicht Baden-Württembergs“ durch den Ministerpräsidenten

und Aussprache

Ich erteile Herrn Ministerpräsident Kretschmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolle ginnen und Kollegen! In der letzten Woche haben die Minis

terpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder mit der Bundeskanzlerin und dem Bundeswirtschaftsminister über die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes verhandelt und haben sich auf Eckpunkte einer Novelle verständigt. Am Dienstagmorgen hat das Bundeskabinett den Entwurf eines neuen EEG verabschiedet.

Dass die Bundesregierung schon vor der Verabschiedung ei nes Kabinettsentwurfs die Verständigung mit den Ländern sucht, ist keine Selbstverständlichkeit. Es unterstreicht die Be deutung, die die Reform dieses Gesetzes für unser Land hat. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist das Kernstück der Ener giewende. Mit seiner Novelle stellen wir die Weichen für die Zukunft der Energieversorgung unseres Landes und den Schutz unseres Klimas. Deshalb freue ich mich als Vorsitzen der der Ministerpräsidentenkonferenz, dass es uns gelungen ist, wesentliche Verbesserungen des Entwurfs der Bundesre gierung durchzusetzen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das ursprüngliche Ergebnis der Verhandlungen mit dem Bund von letzter Woche ist ein vertretbarer Kompromiss, mit dem wir drei Ziele erreichen:

Erstens: Nach einer langen Zeit der Verunsicherung besteht nun endlich Klarheit darüber, welche Rahmenbedingungen in Zukunft für den Ausbau der erneuerbaren Energien gelten. Das ist gerade für den Mittelstand in Baden-Württemberg wichtig. Ein weiteres Jahr der Unsicherheit hätten wir uns schlicht und einfach nicht leisten können. Deshalb ist der ge fundene Kompromiss ein entscheidendes Signal für alle In vestoren, für Großinvestoren genauso wie für Bürgerinnen und Bürger, die sich in dieser Sache engagieren, und für die Energiegenossenschaften.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zweitens: Die Kostenentwicklung der EEG-Umlage wird bis zum Jahr 2017 stabilisiert. Das ist ein wichtiges Signal für al le Stromkonsumenten, für private Verbraucherinnen und Ver braucher genauso wie für den Mittelstand. Und es ist ein Zei chen dafür, dass der Strom aus Sonne und Wind mittlerweile nahezu wettbewerbsfähig ist. Sonst wäre es nicht möglich, die erneuerbaren Energien weiter auszubauen und gleichzeitig die Umlage zu stabilisieren.

Drittens: Der notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien wird fortgesetzt. Dieses Ziel hätte der erste Entwurf der Bun desregierung nur unzureichend umgesetzt. Mit ihm wäre die Energiewende in entscheidenden Punkten massiv gebremst worden, gerade auch in Baden-Württemberg.

(Ministerpräsident Winfried Kretschmann)

Damit ist zudem auch entschieden, dass die Politik der Ener giewende weiterbetrieben wird. Das ist eine Ermutigung für all diejenigen, die in der Energiewende große Chancen für un ser Land erkennen.

Wie wichtig die Energiewende für unser Land ist, sehen wir gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen ganz deutlich. Wer die Abhängigkeit von fossilen Brennstof fen vermeiden will, muss den Ausbau der erneuerbaren Ener gien weiter vorantreiben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

All dies ist nur dadurch möglich geworden, dass wir gegen über dem Bund zentrale Forderungen durchgesetzt haben. Na türlich haben wir nicht alles möglich gemacht, was wir woll ten. Aber das liegt nun einmal in der Natur eines Kompromis ses.

Verbesserungen haben wir durchgesetzt für die Windkraft an Land, für die Windkraft auf dem Meer, für die Biomasse und – im ursprünglichen Kompromiss mit der Bundesregierung – auch für den Eigenverbrauch von Strom.

Lassen Sie mich bei der Windkraft an Land zunächst einige Punkte zur besonderen Situation in Baden-Württemberg vor ausschicken:

Wie Sie alle wissen, haben wir bei Regierungsantritt die be sondere Situation einer weitgehenden Blockade der Windkraft vorgefunden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Die haben wir jetzt!)

Wir mussten zunächst einmal die gesetzlichen Grundlagen än dern.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Z. B. beim Naturschutz!)

Das hat Zeit gekostet.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Systematische Untersuchungen zu den tatsächlichen Bedin gungen für die Windkraft vor Ort waren ebenfalls nicht vor handen.

(Zuruf von der CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Deshalb mussten die tatsächlichen Gegebenheiten in einem weiteren Schritt in zäher, mühevoller Detailarbeit ausgelotet und bewertet werden, von den lokalen Windverhältnissen über das örtliche Vorkommen schützenswerter Tierarten bis hin zu – das wird häufig vergessen – dem Einfluss auf Radaranlagen oder dem Abstand zu Straßen oder Flugplätzen. Auch das hat Zeit gekostet.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie mussten auch noch den Wind beschaffen!)

Mit den von uns durchgesetzten Änderungen des EEG kön nen wir den Ausbau der Windkraft in Baden-Württemberg jetzt vorantreiben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Gefahr, dass von den vereinbarten Förderkontingenten für Baden-Württemberg nichts übrig bleibt, ist abgewendet.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr gut!)

Dem Einsatz von Umweltminister Untersteller ist es zu ver danken, dass die EEG-Novelle nicht zum Todesstoß für den Ausbau der Windkraft in Baden-Württemberg wird.

(Beifall bei den Grünen)

Nach der Vorlage der Bundesregierung wäre das Repowering, also die Leistungsertüchtigung von Anlagen, vollständig – brutto – auf das Förderkontingent angerechnet worden. Da durch wäre ein so großer Teil der kontingentierten Förderung weggefressen worden, dass der Bau von Windrädern an vie len guten Standorten nicht mehr möglich gewesen wäre, auch hier in Baden-Württemberg.

Durch unseren Verhandlungserfolg wird nun jedoch nur noch diejenige Energie angerechnet, die ein neues Windrad im Ver gleich zum alten Windrad zusätzlich erzeugt – also der Net towert. Dadurch wird ein sehr viel kleinerer Teil des Förder kontingents aufgebraucht. Für andere Neubauten bleibt mehr übrig, und das heißt: Die wirtschaftlichen Grundlagen für den Ausbau der Windkraft sind damit auch in Baden-Württemberg gewährleistet.