Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

Danke. – Mit dem Bodensee als Deutschlands größtem Trinkwasserreservoir und kostbarem Naturraum verfügen wir gemeinsam mit den Alpenländern über einen Schatz, den wir hüten müssen. Deshalb ist es gut, wenn wir mit unserem Än derungsantrag Drucksache 15/5022 zu Abschnitt II Ziffer 2 des Antrags Drucksache 15/3976 fordern, auch einen Schritt auf unsere Nachbarländer am Bodensee zuzugehen, um mit ihnen gemeinsam die Gefahr des Frackings zur Förderung von Gas rund um den Bodensee zu bannen.

Ich bitte trotz der insgesamt großen Einigkeit beim Thema Fracking die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Frak tion um Verständnis, dass wir dem CDU-Antrag nicht zustim men werden.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Auch nicht dem, was wir schon beschlossen haben?)

Es ist ganz natürlich, dass die Bundes-SPD mit der CDU im Bund nicht die gleiche Linie als Kompromiss ausgehandelt hat wie wir mit den Grünen im Land. Ich bin aber dennoch froh, dass wir im Grundsatz – davon gehe ich aus – ganz na he beieinander sind. Wir fordern die Bundesregierung zu

nichts auf, was nicht sowieso im Koalitionsvertrag steht und was sie nicht auch angehen wird. Minister Gabriel und Minis terin Nahles haben gezeigt, dass auf die Tatkraft und die Um setzungsfähigkeit der SPD-Minister im Rahmen des Koaliti onsvertrags Verlass ist.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Renkonen das Wort.

(Abg. Ulrich Lusche CDU: Ich dachte, es gibt eine gemeinsame Begründung!)

Zuerst spricht der Vertreter der Fraktion GRÜNE, weil es um einen gemeinsamen Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE geht.

Danke für das Vorrecht. – Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Um eines vorwegzunehmen: Wir Grünen lehnen das Fracking als Fördermethode ab.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Mit uns wird es diese fragwürdige Form der Energiegewin nung in Baden-Württemberg nicht geben, weil unsere lebens wichtigen Trinkwasserspeicher Bodensee und Donauregion nachhaltig gefährdet wären. Insofern ist das Fracking ein un gedeckter Scheck für die Zukunft, der unsere natürlichen Res sourcen ausplündert und zu einem ruinösen Preisdumping auf dem Energiemarkt führt.

Es ist eine Mär, dass die Schiefergasförderung uns autark von den Putins dieser Welt machte. Das Gegenteil wird der Fall sein. Wir würden weiterhin von den konventionellen Energie trägern wie Kohle, Gas oder Öl abhängig sein, anstatt den ein geschlagenen Pfad hin zu erneuerbaren Energien und somit zu mehr Unabhängigkeit weiterzugehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir sind überzeugt, dass der ba den-württembergische Weg in der Energiepolitik der richtige ist. Wir setzen auf einen Mix aus Energieeinsparung, Energie effizienz und Ausbau der erneuerbaren Energien, um unsere Wirtschaft fit zu machen für die Zukunft und den Klimawan del einzudämmen. Dies ist unsere Antwort auf die Risikotech nologie Fracking, die uns das Blaue vom Himmel verspricht und zu einem bösen Erwachen führt. Das Fracking wirft mehr Fragen auf, als es Antworten auf die gegebenen Energiepro bleme gibt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Einige dieser Fragen sind: Wie gefährlich sind Frack-Fluide wie Biozide oder aromatische Kohlenwasserstoffe für unser Grund- und Trinkwasser? Was passiert mit den Chemikalien, die sich durch den Bohrprozess in den Rissen des Tongesteins festsetzen? Was passiert, wenn es zu Unfällen beim Abtrans port des Brauchwassers mit den darin enthaltenen Chemika lien kommt? Lauter Fragen, aber keine wissenschaftlichen Antworten. Dieser Katalog ließe sich beliebig fortsetzen.

Im Gegenteil: Eine Untersuchung des US-Kongresses hat jüngst ergeben, dass in Amerika zwischen den Jahren 2005 und 2009 insgesamt 43 Millionen Liter teilweise toxischer Frack-Additiva verwendet worden sind. Das ist eine gewalti ge Summe und eine Giftbrühe sondergleichen. Dieser Gift cocktail aus Chemikalien wird ungehemmt in das Gestein ge jagt. Die amerikanische Umweltbehörde hat weitere Untersu chungen angekündigt. Auch das Umweltbundesamt schrieb in einer Bewertung Ende des Jahres 2011 – ich zitiere –:

Die bislang publizierten Zahlen bewegen sich auf dem Er kenntnisniveau von Schätzungen oder theoretischen Über legungen.

Aus diesem Grund können wir es gar nicht zulassen, dass die se Methode in Baden-Württemberg angewandt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Insofern, meine Kollegen von der CDU – bedauerlicherwei se sind nur sehr wenige da –,

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Helmut Walter Rüeck: Von Ihnen sind es auch nicht mehr!)

fordern wir Sie auf, unseren gemeinsam mit der SPD gestell ten Antrag als klares Signal gegen Fracking in Baden-Würt temberg zu unterstützen. Dieses Signal senden Sie mit Ihrem Änderungsantrag nicht aus. Er ist vielmehr ein Herumgeeie re nach der Manier Oettinger: Fracking jein. Das ist keine kla re Politik, wie ich sie mir vorstelle. Deshalb fordere ich Sie auf: Ziehen Sie Ihren Antrag zurück. Stimmen Sie unserem Antrag zu, denn unsere Empfehlung ist eindeutig: Wir wollen das Bergrecht ändern mit dem Ziel, diese Fördermethode auf Bundesebene – und damit auch in Baden-Württemberg – zu verbieten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

In Ihrem Änderungsantrag ist da leider wenig Konkretes zu lesen.

Lassen Sie mich noch etwas zum Thema Umweltverträglich keitsprüfung sagen, das wir in unserem Antrag aufgreifen. Selbstverständlich sind wir dafür, im Bergrecht eine obliga torische Umweltverträglichkeitsprüfung vorzusehen. Wir sa gen aber auch ganz klar: Diese Umweltverträglichkeitsprü fungen sind auch bei Erdwärmesondenuntersuchungen beson ders wichtig. Insofern eiern wir in unserem Antrag nicht her um, sondern sagen klipp und klar: Wir wollen uns für ein Ver bot dieser Methode auf Bundesebene einsetzen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Lusche das Wort.

Herr Vizepräsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen!

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Eine Debatte zu einem umweltpolitischen Thema ohne den Umweltminister – ich hoffe, wir schaffen das gemeinsam.

Für die CDU-Landtagsfraktion war und ist Fracking, also die Förderung von unkonventionellen Gasvorhaben in Gesteins schichten durch das Verpressen von Chemikalien und Wasser gemischen, eine Risikotechnologie. Für uns hat der Schutz von Gesundheit und Wasser absoluten Vorrang.

(Beifall der Abg. Rosa Grünstein SPD)

Danke, Kollegin Grünstein. – Deswegen lehnen wir wie bis her diese Technologie für Baden-Württemberg klipp und klar ab.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

Lieber Kollege Renkonen, auf den Vorwurf des „Herumei erns“ komme ich gleich noch zu sprechen. Es lohnt sich ge legentlich, erst zu lesen und dann zu urteilen.

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Und denken na türlich auch!)

Allerdings haben wir, wie alle – die Bundesratsinitiative, auf die sich Ihr Antrag bezieht, auch das, worauf sich der Um weltminister bezieht –, dabei immer den Nachsatz: Wenn sich herausstellt, dass Fracking zweifelsfrei ungefährlich ist, dann muss man noch einmal darüber reden. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, mir ist aktuell nichts, aber auch gar nichts an Verfahren oder Möglichkeiten bekannt, bei denen dies der Fall wäre. Deswegen ist die Haltung, die ich gerade für die CDULandtagsfraktion beschrieben habe, nichts anderes als die For derung nach einem faktischen Verbot, und das ist richtig so.

(Beifall des Abg. Alexander Schoch GRÜNE)

Ebenso haben wir gemeinsam mit Ihnen in der angesproche nen Entscheidung des Landtags für das Moratorium gestimmt. Nachdem im Koalitionsvertrag auf Bundesebene – Frau Kol legin Grünstein, Sie haben es erwähnt – diese Punkte klipp und klar angesprochen sind und wir jedenfalls davon ausge hen, dass die Große Koalition ihren Koalitionsvertrag einhält – gerade auch in den Bereichen, in denen SPD-Minister wie Frau Hendricks zuständig sind –, fragt sich der geneigte Be trachter schon, wie es kommt, dass wir heute diese Debatte führen. Denn, lieber Kollege Renkonen, das Thema Bergbau bzw. UVP findet sich in unserem Antrag; das ist dort so wie im Koalitionsvertrag enthalten.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Aber Oettinger sagt etwas anderes!)

Deswegen haben wir Ihnen noch einmal – nachdem Sie von den Grünen es, wie bereits beim letzten Mal, leider wieder un terlassen haben, im Vorfeld den Versuch einer Einigung mit uns zu unternehmen – einen Antrag vorgelegt, in dem die bis herige Position dieses Hauses bekräftigt wird und in dem da rauf gedrängt wird, dass die glasklaren Vorgaben im Koaliti onsvertrag zeitnah von Frau Hendricks umgesetzt werden.

Was wir aber nicht mitmachen – – Jetzt komme ich zu dem, was offensichtlich der Hintergrund Ihres Antrags ist. Es ist ja fast schon kurios, aber offensichtlich haben die grünen Mit glieder in der Regierungskoalition hier Angst, dass Frau Hen dricks und die Große Koalition in Berlin sehr zeitnah – das hat sie übrigens auch angekündigt – einen entsprechenden Ge

setzentwurf vorlegen und dann der Versuch der Grünen, eine Art Meinungsführerschaft zu übernehmen – er liegt nämlich Ihrem Antrag zugrunde –, nicht mehr gelingt. Hier geht es um nichts anderes, als den Eindruck zu erwecken,

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE meldet sich.)

als ob die Grünen, lieber Siggi Lehmann, hier die Taktgeber wären. Das ist definitiv nicht der Fall.

(Glocke des Präsidenten)

Kollege Lusche, gestat ten Sie eine Zwischenfrage?