Kollege Burger, bei Ihnen hat mir eigentlich die Forderung nach dem Austritt aus der Europäischen Union und dem Ein tritt in ein anderes Rechtssystem gefehlt. Oder sind wir hier im Europäischen Parlament?
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CD: Das ist Blödsinn! Die Population objektiv zu beurteilen, darum geht es!)
Denn ich erwarte von jedem Landtagsabgeordneten, dass er den Rechtsrahmen kennt, in dem er diskutiert.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Klaus Burger und Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU melden sich.)
Die EU-Gesetzgebung und das Bundesnaturschutzgesetz gel ten. Wer der Auffassung ist, dass sie nicht gelten, der soll es hier offen sagen oder einen Vorschlag unterbreiten, was man anders machen soll.
Hier, muss ich Ihnen sagen, kam leider außer einer sehr wohl feilen Kritik am Management, das Sie selbst mit eingeführt haben, überhaupt nichts außer dem Versuch, sich Applaus für Vorschläge abzuholen, die Sie niemals in eigener Regierungs verantwortung umsetzen würden, weil sie von den Verwal tungsgerichten und auf dem weiteren Gerichtsweg kassiert würden – mit allen Vorschlägen, die man aus Ihrer Rede her ausinterpretieren kann, Herr Kollege Burger.
Herr Minister, wir sind uns ja darin einig, dass es in Ordnung ist, dass sich der Biber wie der hier angesiedelt hat. Das ist ein gutes Zeichen. Aber Sie sollten auch klipp und klar sagen, wann für Sie die Populati onsgrenze erreicht ist, bevor das Ganze zum Schadenspoten zial wird. Sehen Sie da eine Gefahr in Baden-Württemberg? Ist diese in manchen Gegenden vielleicht schon erreicht oder nicht?
Dass wir hier auch agieren müssen, zeigt ja die Entscheidung meines Vorvorgängers, mit einem aktiven Management der Naturschutzbehörden zu reagieren und von
den Möglichkeiten des Managements Gebrauch zu machen. Die Beraterstruktur ist bewusst so angelegt, dass man auf ört liche Gegebenheiten eingeht. Dabei gibt es zum Teil einfache Möglichkeiten, damit umzugehen – die Vorredner haben die se teilweise genannt –, was den Schutz von Bäumen betrifft, aber beispielsweise auch die Möglichkeit, Dämme mit Durch lässen in ihrem Schadenspotenzial zu minimieren. Aber wir haben natürlich auch die Möglichkeit des Eingriffs, die Mög lichkeit, an bestimmten sensiblen Stellen die Biber wegzuneh men und sie an andere Stellen umzusetzen. Hier haben wir be wusst Mechanismen geschaffen, weil es entsprechende Poten ziale gibt, mit denen man umgehen muss.
Nichtsdestotrotz haben wir die strengen Vorgaben des Bun desnaturschutzgesetzes, die hierbei Einschränkungen machen, sodass beispielsweise die Lösung der Aufnahme ins Jagdrecht und der Bejagung schlicht rechtlich nicht möglich ist. Das wird übrigens auch in Bayern nicht praktiziert. Auch dort ist der Biber nicht im Jagdrecht. Auch dort wird er nicht jagdlich reguliert,
sondern an bestimmten Stellen mit Fallen gejagt, und wenn keine sinnvolle Umsiedlung möglich ist, findet in Bayern auf grund der Populationsdichte auch eine Tötung statt. Das ist im Rahmen der Bedingungen des Bundesnaturschutzgesetzes möglich. Diese sind zum Teil in Bayern aufgrund der Popu lationsdichte erreicht. Das ist bei uns – zumindest bisher – nicht der Fall. Ich kann nicht ausschließen, dass auch das in der Weiterentwicklung des Managements zu einer notwendi gen Maßnahme wird. Aber wenn man Populationsvergleiche anstellt, sind wir hier nicht in dieser Situation und mit dem am lokalen Ereignis ansetzenden Prozess meines Erachtens richtig aufgestellt.
Herr Minister Bonde, ist das viel leicht bei Ihnen falsch angekommen? Ich habe kein generel les Recht auf Bejagung des Bibers gefordert, sondern das Recht auf einen Zugriff dort, wo er nicht hinpasst.
Das ist bei mir durchaus so angekommen, zumal ich auch im Blick habe, was bei der einen oder ande ren Veranstaltung auf lokaler Ebene dem einen oder anderen Landwirt als Lösungsmöglichkeit nahegelegt wurde. Die rechtliche Differenzierung stellte sich dabei in etwa so dar, wie ich vorhin meinte, bei Ihnen wahrgenommen zu haben.
Ich kann es insofern nur wiederholen: Die jagdliche Heran gehensweise ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz nicht möglich. Die Einzeltötung ist aufgrund der Populationsdich te in Bayern eine vom Naturschutzrecht zugelassene Option. Diese Option stellt sich bei uns mit den Biberdichten, die wir haben, bislang nicht. Ich kann aber nicht ausschließen, dass wir hier im Land im Einzelfall irgendwann auch einmal in ei ne solche Situation kommen werden.
Das kann ich nicht ausschließen. Dort, wo das Bundesnatur schutzgesetz am Ende in seinen Einschränkungen zu einem solchen Fall führt, kann dies in den kommenden Jahren, wenn sich die Population und die Verbreitung so weiterentwickeln, auch bei uns einmal eintreten.
Wie gesagt, dies erfolgt aber auch in Bayern nicht jagdlich, sondern über die Naturschutzbehörden und die dort entspre chend anzuwendenden Regularien.
Ich will zum Schluss noch zu der von Ihnen angesprochenen Frage der Entschädigungspflicht Stellung nehmen: Auch hier bewegen wir uns in einem klaren Rechtsrahmen. Mit Ausnah me jagdrechtlicher Vorschriften gibt es keine staatlichen Ent schädigungen für Schäden, die durch wild lebende Tiere ver ursacht werden. Dies endet dort, wo die Verhältnismäßigkeit völlig aus dem Ruder gerät. Beispielsweise bieten Fragen der Existenzbedrohung Möglichkeiten des Eingriffs über das Na turschutzrecht. Deshalb machen wir das Management. Aber die Entschädigungsfrage ist bei uns grundsätzlich auf der Ba sis der Annahme geregelt, dass es ein Risiko durch die freie Natur gibt.
In Bayern ist die Situation anders, weil dort durch Menschen hand eine gezielte Ansiedlungspolitik betrieben wurde und sich der Staat hier gezielt in die Verantwortung begeben hat, die mit einem wirtschaftlichen Risiko für die Menschen auf grund einer solchen Ansiedlung verbunden ist. Das ist bei uns aber nicht der Fall.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist in Bayern so! Nun sind die Biber aber illegal bei uns eingewandert! Also müssen sie wieder zurück!)
Ich will bei Ihnen noch einmal vorsichtig dafür werben, zu überlegen, zu welchen Konsequenzen es führt und welche Rolle der Staat dabei einnimmt, wenn wir auf diese normalen Risiken des täglichen Lebens, die durch die Natur entstehen, mit Entschädigungen reagieren. Ich glaube, es ist relativ of fensichtlich, dass es in dieser Hinsicht dann nicht nur um Schäden durch Biber geht, sondern womöglich auch Schäden durch Rabenvögel, Kormorane, Mäuse und vieles mehr in den Blick geraten. Dies alles sind Lebensrisiken, die sich aus der freien Natur ergeben.
Ich kann verstehen, weshalb es bei Geschädigten in der Land wirtschaft populär ist, mit solchen Forderungen zu kommen. Ich will Sie aber noch einmal auf die Frage hinweisen, was dabei die Rolle des Staates ist. Welche Risiken können und sollten verstaatlicht werden, und welche Risiken sind es, die Menschen in ihrem Leben nun einmal tragen? Gerät man in dieser Debatte nicht auf eine schiefe Bahn? Ich will dies mit Blick auf die unterschiedlichen Einschätzungen, die wir ha ben, offen sagen und Sie in diesem Zusammenhang bitten, ge nau abzuwägen, welche Türen Sie mit der Forderung in Ih rem Antrag aufstoßen. Ich glaube, dies würde auf ein Staats modell hinauslaufen, das nicht das meinige ist.
Herr Minister, Sie haben zum Schluss noch einmal auf den Unterschied zwischen der Situation in Bayern und der bei uns hingewiesen, was die Frage von Entschädigungen und die Historie dieses Problems angeht. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie Folgendes fragen:
Gerade in Grenzgebieten machen wir einschlägige Erfahrun gen – die Grenzen sind übrigens durchlässig, und zwar für Menschen und für Biber –: Etwa an Altmühl, Wörnitz, Tau ber und Brenz sowie auch an anderen Flüssen, auch in Rich tung Schwaben, geht es „rüber und nüber“. Da müssen Sie den dortigen Landwirten doch einmal erklären, weshalb auf der einen Seite der Grenze Entschädigungen gezahlt werden, auf der anderen Seite, auf baden-württembergischer Seite, aber nicht. Das ist auf Grundlage der faktischen Auswirkun gen nicht darstellbar.
Deshalb muss man, meine ich, verstärkt darüber nachdenken, ob das Argument trägt, dass der Biber in Bayern von Men schenhand angesiedelt worden ist. Denn die Population ist stark gewachsen; der Biber ist aber nicht innerhalb seines An siedlungsstaats – Freistaat Bayern – geblieben, sondern ist zu uns gekommen.
Insofern ist das von Ihnen angeführte Argument meines Er achtens für einen geschädigten Landwirt nicht von Belang.
Ich verstehe, dass der geschädigte Land wirt sich ungerecht behandelt fühlt, wenn der Nachbar auf bayerischer Seite ein Recht auf Entschädigung hat. Ich will aber trotzdem noch einmal darüber sprechen, in welche Rol le Sie den Staat schieben, wenn Sie grundsätzlich für Schä den, die sich aus der freien Natur ergeben – wie jetzt hier im Fall des Bibers –, eine staatliche Entschädigungspflicht ein führen wollen.
Gerade bei Ihnen als Liberalem möchte ich wirklich dafür werben, darüber nachzudenken, welch ein Staatsbild damit verbunden ist, wenn Sie das Risiko des Einzelnen an dieser Stelle an den Staat delegieren möchten.