Sie aber gleichzeitig einen Nachtragshaushalt mit Vorfinan zierungsermächtigungen für ebendiesen Bundesfernstraßen bau vorlegen.
Meine Damen und Herren, das sagen Sie deutlich. Wenn Sie nicht die Möglichkeit sehen würden, an den Swing heranzu kommen, dann brauchten Sie diesen Nachtragshaushalt nicht. Das ist doch irgendwie logisch, oder nicht?
Herr Kollege Dr. Rülke, ist Ihnen bekannt, dass Herr Kollege Schwarz von „keine Neu beginne ermöglichen“ gesprochen hat? Wir haben noch eine knappe Milliarde Euro abzuarbeiten. Dazu sagt das Ministe rium: „Das hat Vorrang.“ Aber auch um diese Mittel abzuar
beiten benötigen wir den Swing. Ich frage Sie: Wollen Sie denn erst im August oder September anfangen zu bauen?
Die Vergaben müssen – so ist es in der Bauwirtschaft wegen des Wetters in diesem Land – im Winter bzw. im Frühjahr er folgen,
damit die Bauunternehmen im Sommer ihre Arbeit leisten können. Sie müssen die Sache schon sehr differenziert und dürfen sie nicht so schablonenhaft betrachten, wie Sie hier ar gumentieren.
Es ist jedenfalls, meine Damen und Herren, notwendig, dass Sie an den Swing herankommen; das haben Sie jetzt gemerkt, und auch die SPD hat es gemerkt. Deshalb hat man die Politik des Verkehrsmi nisters innerhalb der Koalition auch etwas korrigiert.
Kommen wir also einmal zu dieser „Springprozession“. Es ist offensichtlich, dass Herr Minister Hermann am Straßenbau nicht besonders interessiert ist.
Der eine oder andere Fahrradweg, gut. Landesstraßen sanie ren, auch gut – wahrscheinlich käme er sonst in der Koaliti on nicht klar. Ich unterstelle der SPD-Fraktion überhaupt nicht dieselbe Mobilitätsallergie, die der Verkehrsminister hat.
Insofern wäre es nicht möglich, in dieser Koalition nun gänz lich von Straßenbauprojekten abzusehen. Aber er verhindert, wo es geht, beispielsweise beim Bundesfernstraßenbau. Er hat sich offensichtlich die Frage gestellt: „Wie kann ich verhin dern, dass Swingmittel nach Baden-Württemberg fließen, um den Bundesfernstraßenbau voranzubringen?“ Deshalb hat er erklärt: „Wir hören in Baden-Württemberg jetzt mit der Poli tik der Spatenstiche auf und bauen immer erst dann, wenn al les durchfinanziert ist.“
Dann haben Sie plötzlich festgestellt, dass Sie mit dieser Po litik nicht an die Swingmittel herankommen.
Weiter hat man dann plötzlich festgestellt, dass die SPD das nicht goutiert. Auch der Ministerpräsident hat es nicht gou tiert. Er hat gesagt: „Das ist dumm gelaufen.“ Das ist in der Sprache des Ministerpräsidenten praktisch eine Rauswurfdro hung an Herrn Hermann. Deshalb hat man diese Politik dann hinterfragt.
der da hieß: „Die alte Landesregierung ist schuld.“ Das hat er vom Finanzminister gelernt: Immer dann, wenn man zu viel ausgibt oder wenn etwas schiefläuft, erklärt man, die alte Lan desregierung sei schuld. Der Finanzminister selbst hat ihm aber einen Strich durch die Rechnung gemacht, als er bei ei ner Regierungspressekonferenz erklärt hat: „Am Personal lag es nicht.“ Also stimmt das, was der Herr Verkehrsminister be hauptet hat, überhaupt nicht,
dass nämlich die alte Landesregierung in der Straßenbauver waltung so wenig Personal hinterlassen habe, dass man die Swingmittel gar nicht hätte verbauen können.
Also brauchte Herr Hermann im dritten Schritt dann eine neue Begründung. Die neue Begründung war dann: „Der Bund ist schuld.“ Aber auch das hat ihm diese Koalition offensichtlich nicht durchgehen lassen.
Deshalb gibt es jetzt den vierten Schritt, diesen Nachtrags haushalt, weil man wieder mit der Politik der Spatenstiche be ginnen will, die es zu Zeiten der schwarz-gelben Regierung gegeben hat und die offensichtlich gar nicht so schlecht war, meine Damen und Herren.
Damit ist diese hermannsche Springprozession beendet. Was lernen wir daraus? Hätte Kolumbus Winfried Hermann an Bord gehabt, wäre Amerika wahrscheinlich bis zum heutigen Tag noch nicht entdeckt.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei der CDU – Abg. Martin Rivoir SPD: Mit solchen Witzen kommt man auf 3 %! Das waren jetzt schon fast 2 %!)
Kommen wir dann zur Haushaltspolitik, zum Zwischenschritt der schmidschen Eichhörnchenpolitik. Kollege Hauk hat es schon angesprochen: Im Haushalt von Baden-Württemberg stehen – Kollege Hauk hat es etwas großzügiger gerechnet und dabei die nächsten Erhebungen schon eingerechnet; er kam auf 3 Milliarden €; wir wollen einmal konservativ schät zen – mindestens 2 Milliarden € zur Schuldenvermeidung, ja sogar zur Schuldentilgung zur Verfügung, meine Damen und Herren. Das wäre möglich; das wäre auch das Gebot der Stun de. Da können Sie auch nicht mit Haushaltsrisiken kommen. Solche Risiken hatten wir in der Vergangenheit immer, und trotzdem ist es in der Geschichte des Landes Baden-Württem berg schon mehrfach gelungen, ausgeglichene Haushalte vor zulegen.
Es ist doch eine Schande, wo unser Land Baden-Württemberg bei der Haushaltssolidität steht. Im Januar kam aus dem Bun desfinanzministerium die Meldung, Baden-Württemberg sei auf Platz 16 aller Bundesländer – Eintracht Braunschweig.
Der Finanzminister ist mit stolzgeschwellter Brust hier ans Rednerpult getreten und hat erklärt: „Hurra, Nordrhein-West falen hat Schulden nachgemeldet; wir sind jetzt nur noch die Zweitschlechtesten.“ Ja ist das unsere Benchmark in BadenWürttemberg?
Das ist auch nicht notwendig, denn wir sehen, dass Sie in die sem Haushalt mindestens 2 Milliarden € versteckt haben. Die neuen Schulden, die Sie machen, sind unnötig. Wir könnten es im Gegenteil wie Bayern machen; wir könnten Schulden tilgen. Das ist die Realität, meine Damen und Herren.
Von all dem ist nicht die Rede, Herr Finanzminister. Vielmehr stellen Sie sich immer nur die Frage nach neuen Ausgaben: „Wo können wir neue Ausgaben anbringen?“ Sie stellen sich immer nur die Frage – wie beim vorangegangenen Tagesord nungspunkt –: „Wie können wir noch mehr Steuern einneh men?“ Die Mai-Steuerschätzung hat 400 Millionen € Mehr einnahmen ergeben. Das entspricht genau dem Märchen, das Sie noch in Ihrem Haushalt stehen haben, dem Märchen über zusätzliche Steuermehreinnahmen im Falle eines rot-grünen Sieges bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr, der nicht eingetreten ist. Sie hatten Steuererhöhungen einkalkuliert. Die brauchen Sie jetzt nicht einmal. Denn 400 Millionen € wur den zusätzlich generiert; dies ergab die Mai-Steuerschätzung.
Das sind doch alles Faktoren, die deutlich machen, dass wir im Land Baden-Württemberg eine in höchstem Maß unsoli de Haushaltspolitik haben.
Dann verkaufen Sie es noch als große Leistung, dass Sie viel leicht im Jahr 2020 keine neuen Schulden mehr machen wol len. Das ist doch längst möglich. Viele Bundesländer führen das vor, nicht nur Bayern, wo Schulden getilgt werden, son dern z. B. auch Sachsen. Es gibt eine ganze Reihe von Bun desländern, die in dieser günstigen konjunkturellen Situation keine neuen Schulden machen müssen.
Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht, wenn die Konjunk tur irgendwann einmal einbricht oder möglicherweise die Zin sen steigen –
so unsolide, wie Sie die Haushaltspolitik im Land BadenWürttemberg gestalten. Wir hätten uns von einem Nachtrags haushalt erwartet, dass Sie das, was Sie für einen Volksbeglü ckungswahlkampf 2016 bunkern – – Das ist Ihr eigentliches Ziel: Sie wollen sich Wählerstimmen für das Jahr 2016 kau fen. Deshalb bunkern Sie diese Milliarden im Haushalt. Ge ben Sie der Bevölkerung das Geld zurück! Hören Sie damit auf, künftige Generationen mit Schulden zu belasten, wo es nicht notwendig ist, meine Damen und Herren.