Protokoll der Sitzung vom 16.10.2019

Diese Argumente und Einwände müssen wir ernst nehmen. Sie sind substanziell, sie sind auch plausibel. An ihnen kön nen wir nicht einfach vorbeigehen. Deshalb haben wir, die CDU-Fraktion, frühzeitig auf die kritischen Punkte hingewie sen, für eine differenzierte Debatte geworben und auch ge sagt, dass wir ein verbessertes Alternativkonzept brauchen. Genau darum ging es, und dazu sind jetzt in der Stellungnah me mit Eckpunkten des Umwelt- und des Landwirtschaftsmi nisteriums die wichtigen Schritte vorgelegt worden.

Mit unserem Antrag haben wir auch Aufklärungsarbeit leis ten wollen und geleistet und dafür gesorgt, dass wir jetzt auf dem sicheren Fundament von Fakten diskutieren können. Die Stellungnahme der Landesregierung hat viele Kritikpunkte bestätigt und macht deutlich: Der Gesetzentwurf des Volks begehrens hätte gravierende Folgen, auch für unsere sehr wertvollen Kulturlandschaften. Gerade vielen Wein- und Obstbaubetrieben im Land würde teilweise das Aus drohen, wenn die Regelungen des Gesetzentwurfs, der dem Volksbe gehren zugrunde liegt, Gesetz würden. Wir wollen aber auch in Zukunft Wein vom Kaiserstuhl, aus Tauberfranken oder Obst vom Bodensee und nicht aus Neuseeland.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Wir wollen alle gemeinsam gute, gesunde, regionale Lebens mittel aus Baden-Württemberg und keine Importe aus Über see. Deshalb hat die Fraktion auch eine Empfehlung abgege ben – und zwar schon in den letzten Monaten – und zum Aus druck gebracht, dass wir das Volksbegehren so, wie es gestellt ist, nicht unterstützen können und auch nicht unterstützen wol len. Dem hat sich auch der Ministerpräsident angeschlossen. Insoweit muss es – davon sind wir überzeugt – gemeinsames Ziel sein, Streit um den Artenschutz zu befrieden, ja, zu ver meiden. Wir wollen also versöhnen und aus dem, was vorge legt wurde, etwas Gutes – ich sage sogar: etwas Besseres – für unser Land machen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb brauchen wir eine Alternative, die Verständigung er möglicht und die vor allem auch breiten Rückhalt in der Ge sellschaft findet. Wir wollen ein Konzept, das Arten schützt, das aber auch unsere bäuerliche Landschaft erhält.

Die von der Regierung nun vorgelegten Eckpunkte können Grundlage sein für eine solche alternative Lösung im Kon sens. Das begrüßen wir. Wir sind sicher: Wir skizzieren damit einen Weg, den alle mitgehen können. Darauf hat unsere Frak tion immer Wert gelegt.

Artenschutz ist auch nicht allein eine Aufgabe für die Land wirtschaft; es geht auch um andere Aspekte. Ich nenne hier etwa die Lichtverschmutzung. Daneben geht es beispielswei se um die Gestaltung privater Gärten, es geht darum, was die Kommunen mit zusätzlichen Blühstreifen oder – das haben wir immer gewünscht – vernetzten Biotopen bewirken kön nen. All das kann hier jetzt im Zusammenhang besprochen werden.

Artenschutz geht uns alle an. Das ist der entscheidende Punkt; darauf kommt es hier an.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Deshalb ist dies für uns wichtig. Klar ist: Unsere Landesflä che beträgt ca. dreieinhalb Millionen Hektar. 1,6 Millionen ha sind Agrarfläche, 1,4 Millionen ha Waldfläche. Innerhalb die ser 1,6 Millionen ha Agrarfläche sind aber 450 000 ha als Schutzgebiete ausgewiesen. Es geht daher um klugen Pflan zenschutz und nicht um reine Verbote. Mit Verboten allein könnten wir hier nichts regeln.

Das ist nur ein Beispiel, das zeigt: Die Regierung hat hier schnell gehandelt. Sie hat rasch gehandelt, indem sie Eck punkte vorgelegt hat – die wir sicher gleich im Einzelnen noch von beiden Ministern dargelegt bekommen.

Für uns in der Union ist klar: Wir wollen Bienen und Bauern; wir wollen ein Miteinander und kein Gegeneinander. Wir wol len Konsens und Kooperation statt Konfrontation und Kon flikt. Insoweit sind wir überzeugt: Zusammen können wir es besser. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dann wird auch dieser Antrag zu Ergebnissen führen, und dann werden wir letztlich – hoffentlich – alle auf einen im Konsens erziel ten Erfolg blicken können – im Sinne unseres Landes, im Sin ne der Kulturträger und im Sinne des Artenschutzes.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Nun darf ich für die Grü nen das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Schwarz erteilen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist ja ein Schaulau fen heute!)

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Seit gestern Abend ist klar: BadenWürttemberg wird beim Artenschutz neue Maßstäbe setzen. Der Schutz der Natur ist seit 40 Jahren ein grünes Herzensthe ma.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Gabi Rolland SPD: Das hat aber lange gedauert!)

In den letzten Monaten hat dieses Thema noch einmal erheb lich an Bedeutung gewonnen. Es ist immer deutlicher gewor den: Neben der Klimakrise ist das Artensterben die zweite gro ße ökologische Krise unserer Zeit.

(Zuruf von der AfD: So ein Blödsinn!)

Inzwischen haben das auch immer mehr Bürgerinnen und Bür ger in unserem Land erkannt.

So habe ich auch das Volksbegehren verstanden: als Signal, gemeinsam die nächste Welle des Aussterbens der Arten zu stoppen. Ich freue mich, dass die Instrumente der direkten De mokratie zum ersten Mal genutzt worden sind.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Die Initiatoren des Volksbegehrens haben die richtigen The men aufgegriffen. Das Volksbegehren gibt dieser Debatte ei nen wichtigen Schwung. Große Teile des Volksbegehrens un terstützen wir, und große Teile des Volksbegehrens finden sich nun im Eckpunktepapier der Landesregierung wieder. Kolle ge Reinhart hat es angesprochen.

Einen Punkt haben wir so nicht übernommen. Bei diesem geht es um die Frage der Pestizidreduktion in Schutzgebieten. Wür de man diesen Punkt so umsetzen, wie es im Volksbegehren angelegt ist, stünde die Landwirtschaft tatsächlich vor großen Problemen. Daher wurde gegen die von den Initiatoren des Volksbegehrens vorgeschlagene Neufassung des § 34 des Na turschutzgesetzes zu Recht Kritik vorgebracht. Deswegen war für uns Grüne klar: Hier muss nachgebessert werden. Im Eck punktepapier der Landesregierung findet sich jetzt eine gute Lösung.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wir Grünen stehen für eine Politik des Miteinanders. Land nutzung gegen Naturschutz auszuspielen wäre das falsche Si gnal gewesen. Da kann ich mich dem Kollegen Wolfgang Reinhart anschließen. Das Artensterben aufzuhalten geht nur gemeinsam. Naturschutz und Landwirtschaft, Verbraucherin nen und Verbraucher, Häuslebauer, Wirtschaft und Politik – alle sind gefragt, ihren Beitrag zu leisten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Winfried Mack CDU: Gut gebrüllt, Löwe!)

Deswegen bin ich froh, dass wir heute darüber sprechen kön nen, wie ein guter Weg aussehen kann, um die biologische Vielfalt und die naturnahe Landwirtschaft zu fördern.

Unser Ministerpräsident hat den gordischen Knoten durch schlagen und die Minister Franz Untersteller und Peter Hauk beauftragt, gemeinsam Eckpunkte zu entwickeln.

Herr Fraktionsvorsitzen der, Herr Abg. Dr. Fiechtner möchte gern eine Frage stellen. Lassen Sie diese zu?

Nein, vielen Dank. – Der Katalog, den die beiden Fachminister entwickelt haben, liegt seit gestern vor. So kann es gelingen. Meine Fraktion unter stützt ganz klar die Umsetzung dieser Eckpunkte. Lieber Herr Minister Untersteller, lieber Herr Minister Hauk, vielen Dank für diese gelungene Arbeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Große Teile des Volksbegehrens übernehmen wir. Dort, wo das Volksbegehren Schwächen hat, bessern wir nach. Der Er halt der Artenvielfalt wird gesetzliches Ziel. Es gibt einen kla ren Pfad, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im gan zen Land deutlich zu reduzieren. In Naturschutzgebieten führt das zu einem Verbot des Pestizideinsatzes.

Wir gehen das Thema Privatgärten an. Damit greifen wir ei nen Punkt heraus, der so im Volksbegehren nicht enthalten war. Damit sind wir in Baden-Württemberg bei der Pestizid reduktion Vorreiter in Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Die Eckpunkte gehen in einem weiteren Punkt über das Volks begehren hinaus. Mehr Bio in den Kantinen des Landes kur belt die Nachfrage an.

(Abg. Martin Grath GRÜNE: Richtig!)

So kann der Anteil der Ökobetriebe wachsen. Mit einer Erhö hung des Volumens des Förderprogramms FAKT werden wir die Betriebe dabei unterstützen, diese Transformation hinzu bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Martin Grath GRÜNE: Richtig!)

Streuobstwiesen werden geschützt, der Biotopverbund wird konkretisiert und verbindlich gemacht. Wir haben schon viel für den Erhalt der biologischen Vielfalt im Land getan. Aber das geht noch einmal deutlich darüber hinaus. Das sind neue Maßstäbe für den Artenschutz in Baden-Württemberg.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Naturschützerinnen und Naturschützer, Bäuerinnen und Bau ern haben mit ihrer Initiative den Anstoß gegeben. Herzlichen Dank an die Initiatoren und die Landwirtschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Herren Minister Untersteller und Hauk haben daraus ge lungene Eckpunkte entwickelt. Dafür bedanke ich mich auch nochmals ausdrücklich.

Wir Grünen wollen diese Eckpunkte sehr zügig in einem Ge setzentwurf umsetzen; dazu stehen wir. Unser Ziel ist es, den Gesetzentwurf Anfang 2020 im Landtag zu beraten. Meine Bitte, Herr Ministerpräsident, ist, diese Eckpunkte sehr zügig im Kabinett zu beraten. Die Unterstützung meiner Fraktion haben Sie.

Ich möchte darüber hinaus gern den Trägerkreis des Volksbe gehrens aufrufen, die getätigte Zusage, an der Konkretisie rung weiter mitzuarbeiten, einzulösen. Wir begrüßen diese Zu sage, die Sie gemacht haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Herr Abg. Schwarz, kom men Sie jetzt bitte zum Ende. Sie sind 30 Sekunden über der Zeit.

Ich komme zum Schluss. – Ich bedanke mich. Gemeinsam haben wir jetzt ein richtig gutes Konzept für Baden-Württemberg, für die Artenvielfalt, den Insektenschutz und die Vielfalt bäuerlicher Betriebe hin bekommen.

Herzlichen Dank.