In diesem Zusammenhang stelle ich die Frage: Unser Antise mitismusbeauftragter Dr. Blume hat einen Like zu folgender Aussage gesetzt: „Wer ein Kantholz hat, braucht keine Fake News mehr.“ Das ist ein Like unseres Antisemitismusbeauf tragten, Herrn Blume. Wie bewerten Sie diese Aussage oder diesen Like?
Zunächst einmal stelle ich ihn in den Kontext des Themas, über das ich gerade gesprochen habe: Hass und Hetze. Zweitens kann ich das nicht beurteilen. Man müsste Herrn Dr. Blume selbst fragen, ob das den Tatsachen entspricht. In der aufgeheizten Debatte, die wir aktuell erle ben, sind viele Fake News und Fake-Nachrichten unterwegs.
Aber bei nächster Gelegenheit werden wir Herrn Dr. Blume dazu sicherlich befragen können oder ihn anschreiben kön nen. Das würde ich auch in diesem Fall empfehlen.
Seit den Siebzigerjahren beobachten wir das Phänomen des wiederaufwachsenden Antisemitismus in Europa und spezi ell auch in Deutschland. Eine politisch kritische Analyse ha be ich auch heute Morgen hier nicht gehört. Ich habe sie auch nicht dem Bericht entnommen, denn sie ist von der Politik, sie ist von diesem Parlament, von uns, zu erarbeiten. Dazu noch einmal der Vorschlag in dem Antrag, den wir eingereicht haben. Sicherlich hat jetzt in der ersten Stunde doch jeder ein mal die Gelegenheit gehabt, ihn zu lesen und darüber nach zudenken.
Es ist ein bitteres Armutszeugnis für unser Land, mit diesen der Demokratie feindlich gesinnten Menschen umgehen zu müssen. Die Frage ist berechtigt: Warum müssen wir Syna gogen wie keine anderen religiösen Einrichtungen in Deutsch land unter Polizeischutz stellen? Wenn wir morgen allerdings die Sicherheitsdebatte führen, werden wir dazu sicher einige Fragen stellen und sicherlich auch vom Innenminister einige Antworten dazu bekommen: Warum und wie, und warum im mer erst nach Vorkommnissen, nach Attentaten?
Die Frage, die wir uns stellen, lautet: Was läuft in diesem Land seit Jahrzehnten schief? Es ist zutiefst heuchlerisch, nach au ßen um die Opfer zu trauern und gleichzeitig die antisemiti sche und terroristische Hisbollah auf deutschem Boden zu to lerieren.
Eine Aktion der AfD im Bundestag gegen die BDS – – BDS – Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen – ist eine Orga nisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, Israel im Prinzip, ja,
auszuhungern, wirtschaftlich niederzuringen. Sie treibt auch in Deutschland ihr Unwesen. Die AfD hat Ende April einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Der wurde dort abge lehnt. Wir haben dort in der Begründung ganz klar angege ben, dass uns die Existenz des Staates Israel sehr wichtig ist, dass man sie garantieren muss. Alle Parteien haben gegen die sen Antrag gestimmt.
Vier Wochen später haben dann Abgeordnete aus mehreren Fraktionen in Berlin gemeinsam einen fast gleichlautenden Antrag ins Parlament gebracht, und dann gab es eine Befür wortung.
Übrigens: Für die Ablehnung unseres Antrags kam die Be gründung: Für die strafrechtliche Bewertung ist die Bundes regierung nicht zuständig. Die Bundesregierung will mit Blick auf möglicherweise strafbare Handlungen der antisemitischen BDS-Bewegung nicht aktiv werden – und das, obwohl Boy kotterklärungen in Deutschland verboten sind.
Also gibt es antisemitische Strömungen nicht nur in rechtsex tremen oder linksextremen Kreisen dieser Republik, sondern sie sind strukturell in der gesamten Bevölkerung vorhanden. Man muss über Aufklärung, über Schulbildung, über Bil dungspläne, über Aktionen diese Vorurteile aus den Köpfen der Menschen bringen.
Der Herr Ministerpräsident hat angesprochen, dass Frau Aras wegen ihrer Herkunft aus der AfD heraus angegriffen würde. Das weise ich auf das Entschiedenste zurück.
(Lachen bei den Grünen – Abg. Daniel Andreas Le de Abal GRÜNE: Das kann man nachlesen! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Soll ich Ihnen Herrn Sänze vorlesen? Das liegt alles schriftlich vor!)
Ich glaube nicht, dass ein anderes Mitglied im Moment Fraktionsvorsitzender hier in der AfD-Fraktion ist. Das bin immer noch ich, und Sie werden meine Aussagen werten müs sen. Alles andere sind persönliche Bekanntmachungen. Ich glaube auch nicht, dass Herr Sänze in irgendeinem Schrift stück Frau Aras ihrer Herkunft wegen angegriffen hat. Wir kritisieren Handlungsweisen und Kompetenzen und Führungs qualitäten.
Herr Sckerl, ich meine, es ist ja schon bezeichnend. Wenn Sie das kompetenteste Mitglied Ihrer Fraktion zur Landtags
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sie schaffen es nicht, uns zu beleidigen! Das schaffen Sie nicht! – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)
Ich nenne Ihnen zu Hass und Hetze noch zwei Beispiele. Herr Söder, der zweite Scheinriese aus Bayern, hat gesagt:
Die AfD ist nicht auf dem Weg, eine bessere und ehrliche re CDU zu werden. Die AfD ist auf dem Weg, die wahre NPD in Deutschland zu sein.
Tolle politische Aussagen, ein wahlkampftechnisch tolles po lemisches Geschrei aus Bayern. Das sind wir gewohnt von diesen Bettvorlegern der Frau Merkel. Das nehmen wir auch nicht allzu ernst.
Aber dann nehmen wir wieder etwas ganz ernst. Der Innen senator Ulrich Mäurer der SPD aus Bremen behauptet, Israel würde Palästinenser am Gaza-Grenzzaun hinrichten.
(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Bei die ser Rede wundert mich nicht, dass Ihre Fraktion Sie abwählen will!)
Ein CDU-Ratsherr aus Seesen in Niedersachsen hat nach dem mutmaßlichen Rachemord an einem palästinensischen Jun gen in Israel auf seiner Facebookseite geschrieben – auf Fa cebook sind wir heute ja schon mehrfach gewesen –: „Juden sind Scheiße.“ Ein CDU-Ratsherr aus Seesen!
Die Linke wollen wir auch nicht ausklammern. Der Duisbur ger Kreisvorstand hat einen Boykottaufruf für israelische Wa ren auf seine Homepage gestellt: „Kauft keine Produkte aus Israel!“ Das Land sei ein Schurkenstaat und Kriegstreiber. – Wer solche politischen Freunde hat, der braucht wirklich kei ne Feinde mehr. Antisemitismus schreit hier aus allen Ecken. Deshalb sollten Sie tatsächlich dem Beschlussantrag der AfD zustimmen. Setzen Sie ein Zeichen, setzen Sie tatsächlich ein mal auf Aktion und nicht nur auf Reaktion. Dann sind Sie auf einem guten Weg.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Wenn wir auf den Anlass für die heutige Debatte zurückkommen, nämlich auf die Frage: „Wie kann es sein, dass wir uns im Jahr 2019 in Deutschland, in BadenWürttemberg mit einem solchen Thema wie Antisemitismus wieder beschäftigen müssen?“, dann kommen wir doch alle auf die Frage: Wo kommt so etwas nach den Erfahrungen des Dritten Reiches und der Judenverfolgung gerade in diesem Land her?
Dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolle ginnen, liebe Kollegen, müssen wir doch über die Ursachen nachdenken.
Herr Ministerpräsident, ich bin Ihnen an dieser Stelle sehr dankbar, dass Sie deutlich zum Ausdruck gebracht haben, dass wir, dass der Staat, dass seine demokratischen Institutionen an der Seite der Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens in Baden-Württemberg stehen und ihnen unsere Solidarität versichern. Aber Solidarität allein wird den Menschen ihre Angst nicht nehmen. Wenn wir zukünftig dafür sorgen wol len, dass diese Menschen weniger Angst haben, dann müssen wir konkret politisch handeln. Wir werden über Sicherheits maßnahmen nachdenken müssen, aber wir werden – ich kom me auf meinen ersten Beitrag zurück – vor allem auf die Fra ge nach dem Warum kommen müssen.