Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

All dies hat auch mit Weiterbildung zu tun. Weiterbildung ist wichtiger denn je zuvor. Wir benötigen Kreativität, Erfinder geist und eine anpackende Mentalität. Wir benötigen optimal ausgebildete Menschen in unserer Arbeitswelt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Schwarz GRÜNE)

Um all dies zu bewältigen, benötigt unsere Gesellschaft auch dringend ein funktionierendes Ehrenamt, und wir brauchen die richtigen Investitionen im Land mit klaren Leitplanken. Wir haben von heute Morgen bis in den Nachmittag hinein im Rahmen der Haushaltsberatungen klargemacht, dass wir die richtigen Dinge tun, die richtigen Investitionen vornehmen und die richtigen Leitplanken setzen. Dies sind beispielswei se die Abschreibungsmöglichkeiten gerade für die KMUs in unserem Land im Bereich Forschung und Entwicklung. Es war nicht selbstverständlich, dass dabei auch der Mittelstand berücksichtigt wird. Hierauf konzentrieren wir uns.

Liebe Kollegen von der FDP/DVP, das sind die echten Her ausforderungen für dieses Land. Sie setzen aktuell die fal schen Prioritäten und stehen mit Ihrem Gesetz auf dem fal schen Spielfeld. Dass wir in hohem Tempo die richtigen Pri oritäten setzen müssen, das erleben wir Tag für Tag, wenn wir Zeitung lesen, wenn wir Unternehmen besuchen, wenn wir mit den Menschen reden. Deshalb ist der nun aufgestellte Haushalt, über den wir heute beraten haben, mit seinen Schwer punkten genau richtig konzipiert.

Ihren Gesetzentwurf müssen wir genauso ablehnen wie den Änderungsantrag der AfD hierzu.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Frau Abg. Wolle, Sie ha ben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zur Aufhebung des Bildungszeitgesetzes und des Tariftreue- und Mindestlohnge setzes hat sich die AfD in der heutigen Debatte wie auch be reits am 17. Oktober klar positioniert, und zwar hat sie für die Abschaffung dieser Gesetze plädiert.

Sollte der hier vorliegende Gesetzentwurf der FDP/DVP zum Bürokratieabbau für die Unternehmen in Baden-Württemberg, also zur Aufhebung des Landestariftreue- und Mindestlohn gesetzes sowie zur Aufhebung des Bildungszeitgesetzes Ba den-Württemberg, heute tatsächlich eine Mehrheit finden, würde sich dennoch die Frage stellen, ob die baden-württem bergischen Unternehmen tatsächlich von Bürokratie entlastet und befreit werden. Schön wäre es!

So wichtig die Streichung dieser überflüssigen Gesetze wäre – sie bilden nur einen kleinen Teil der bürokratischen Belas tungen der Unternehmen in unserem Land. Der Normenkon trollrat Baden-Württemberg hat vor Kurzem einen Bericht zum Bürokratieabbau herausgegeben, der durchaus beachtens wert ist. Mehr als 50 Vorschläge zum Abbau von Bürokratie werden dort gemacht mit einem Einsparvolumen von 60 Mil lionen €.

Der Bericht zeigt beeindruckend auf, wie weit sich die Büro kratie im Laufe der Jahre in alle Bereiche der Gesellschaft und der Wirtschaft förmlich hineingefressen hat. Er stellt eines klar heraus, nämlich, dass es vor allem kleine und mittlere Unter nehmen sind, die wegen umfangreicher Dokumentations- und Nachweispflichten erhebliche zusätzliche Kosten zu bewälti gen haben. Bürokratie kostet also nicht nur Zeit und Nerven, sondern vor allem Geld. Dadurch beeinträchtigt Bürokratie auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in BadenWürttemberg.

Der Bericht des Normenkontrollrats stellt aber eines auch fest: Die stärksten bürokratischen Vorgaben und Richtlinien ent stehen durch den Bund, insbesondere aber durch die EU.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Hier könnte die Landesregierung natürlich die Hände in den Schoß legen und sagen: Dafür sind wir nicht zuständig. Doch hat die Landesregierung über den Bundesrat sehr wohl Ein fluss auf bundespolitische Entscheidungen, und sie hat natür lich auch Einfluss auf Entscheidungen auf EU-Ebene.

Jeder Betrieb kann ein Lied davon singen, wie viel Zeit allein für die Erfüllung von Vorgaben der EU verloren geht. Doch beim Blick in Richtung EU verfallen die Politiker der ande ren Parteien regelmäßig in eine regelrechte Schockstarre. Dass das „Goldene Kalb“ offenbar unantastbar ist, zeigte sich erst mals am 16. Oktober 2019, als wir hier im Rahmen der Ple narsitzung über unseren Gesetzentwurf zur Stärkung der Mit wirkung des Landtags in EU-Angelegenheiten abgestimmt ha ben. Sie haben ihn abgelehnt. Sie sind ja gar nicht daran inte ressiert, dort mitzureden; Sie nicken praktisch alles ab und nehmen es zur Kenntnis. In Sonntagsreden wird die Bürokra tie stets von Ihnen beklagt und wird Besserung gelobt. Geht es aber konkret um die Bändigung der EU-Bürokratiehydra,

so schließen sich die Reihen der EU-Fangemeinde wieder, und es geschieht – wie üblich – nichts. So wird das nichts, meine Damen und Herren.

Die Landesregierung hat auf den Bericht des Normenkontroll rats reagiert und erste Schritte in die richtige Richtung ange kündigt. Diese müssen nun konsequent umgesetzt werden. Dabei gilt es, auch bei neuen Gesetzesvorgaben Bürokratie strikt zu begrenzen. Ich denke da mit Schaudern an die Lan desbauordnung.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja!)

Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre die Abschaf fung des Tariftreue- und Mindestlohngesetzes sowie des Bil dungszeitgesetzes. Wir unterstützen daher den Gesetzentwurf der FDP/DVP mit dem inzwischen von uns eingereichten Än derungsantrag.

Reden Sie nicht nur über Bürokratieabbau, handeln Sie!

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Herr Abg. Born, Sie ha ben noch einmal das Wort für die SPD-Fraktion.

(Abg. Anton Baron AfD: Ach, jetzt kommt das Bil dungszeitgesetz, Herr Born! – Gegenruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! 150 000 Baden-Württembergerin nen und Baden-Württemberger werden von der Grundrente profitieren – 150 000 Menschen,

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Und wie viel brauchen Sie? – Abg. Anton Baron AfD: Wie viele davon sind divers?)

für die es mehr Gerechtigkeit und mehr Respekt vor einem ar beitsreichen Leben geben wird. Die Grundrente ist ein Mei lenstein für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der AfD)

Zur Wahrheit gehört aber: Die Grundrente repariert nur ein Stück weit dort, wo zu geringe Löhne bezahlt wurden. Ziel unserer sozialen Marktwirtschaft muss sein, dass bereits das Erwerbsleben ausreicht, um eine auskömmliche Rente zu ha ben.

Mehr Tarifbindung, Vermeidung von Lohndumping und die Förderung lebenslangen Lernens sind Leitplanken für die Ord nung auf dem Arbeitsmarkt. Mit dem Landestariftreue- und Mindestlohngesetz und mit dem Bildungszeitgesetz hat Ba den-Württemberg solche Leitplanken geschaffen. Es freut uns, dass offensichtlich nun auch die CDU die Bedeutung dieser Leitplanken erkannt hat.

Doch wenn man sich die Beiträge hier anhört, drängt sich der Eindruck auf: Wenn Sie den richtigen Hebel finden würden, würden Sie doch noch einmal über eine Abschaffung oder Re duzierung nachdenken.

(Zuruf des Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP)

Gemerkt haben Sie mittlerweile ja, dass die von Ihnen groß angelegte Evaluation keinen solchen Hebel bereitgestellt hat. Vielmehr wurde in der Evaluation deutlich, dass das LTMG im Alltag angekommen ist und die Umsetzung keine Proble me verursacht.

Es wurde auch deutlich, dass es Nachbesserungsbedarf insbe sondere bei Kontrollen und Sanktionen gibt. Für uns steht au ßer Frage, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge derjeni ge den Zuschlag bekommen soll, der sich tariftreu verhält. Da rum gehört für uns dazu, dass es entsprechende Kontrollmög lichkeiten gibt.

Lassen Sie mich an diesem Punkt noch einmal erwähnen, dass ich es für einen schweren Fehler halte, dass Grün-Schwarz die Möglichkeit eines vergabespezifischen Mindestlohns in Ba den-Württemberg 2017 an die Wand gefahren hat. Ein starkes Land wie Baden-Württemberg hat die Stärke, einen eigenen, regional notwendigen Mindestlohn durchzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Ministerin Hoffmeister-Kraut hat angekündigt, Gespräche zum LTMG zu führen und danach Vorschläge zu unterbreiten, wo Verbesserungsbedarf bestehen könnte. Auf einen konkre ten Zeitplan wollte sie sich nicht festlegen, was mich deshalb nicht wundert, weil sie bisher, in den letzten drei Jahren, egal, zu welchem Thema –

(Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Immer!)

nehmen wir nur einmal das drängende Thema Wohnungsbau politik –, und egal, wie ehrgeizig die Ziele auch waren, bei al len Zielen, für die sie einen Zeitplan aufgesetzt hat, am Schluss die Zeitpläne gerissen hat.

(Zuruf des Abg. Claus Paal CDU)

Ich kann Ihnen versichern, dass Sie unsere Unterstützung ha ben werden, wenn es Ihnen darum geht, das Gesetz noch wirk samer zu machen. Sollte es Ihnen aber darum gehen, die Be schäftigten mit weniger Rechten auszustatten, dann finden Sie den entschiedenen Widerstand der Sozialdemokratie.

Beim Bildungszeitgesetz liegt dessen Evaluation schon seit März vor. Verbände, Organisationen und Gewerkschaften ha ben sich zu Wort gemeldet. Man muss festhalten, dass die CDU und auch Frau Ministerin Hoffmeister-Kraut seitdem ih re permanenten Angriffe auf dieses wichtige Instrument ein gestellt haben. Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass der eine oder andere in der CDU-Fraktion mit der Faust in der Ta sche dabeisitzt und eigentlich ganz gern doch noch mal an der Bildungszeit schrauben würde.

Aber es ist richtig, was Sie, Herr Paal, gesagt haben: Auch das Ehrenamt, die ehrenamtliche Schulung, die politische Bildung gehören mit zu einem sinnvollen Bildungszeitgesetz. Nutzen Sie einfach das, was Sie in den letzten Jahren an Erkenntnis gewonnen haben. Gönnen Sie allen in der CDU eine Bildungs zeit,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sehr gut!)

und bringen Sie es rüber. Lassen Sie uns das Bildungszeitge setz noch weiter verbessern; fangen Sie aber nicht an, etwas dabei abzuschrauben.

(Beifall bei der SPD – Abg. Andreas Stoch SPD: Sehr gut! Bildungszeit für die CDU!)

Nachdem Sie, die Landesregierung, die Überprüfung insge samt überstürzt angegangen sind, zeigen sich aber schon jetzt erste Erkenntnisse, die man umsetzen kann. So sollten wir bei spielsweise in einer landesweiten Informationskampagne da rüber informieren, dass es die Möglichkeit der Bildungszeit gibt – gern auch mit Ihren Argumenten, Herr Paal, wie wich tig es ist, in die lebenslange Bildung zu gehen. Sie haben un sere Unterstützung, wenn Sie jetzt weitere Werbe-, Informa tions- und Zur-Kenntnisgabe-Maßnahmen auflegen wollen.

Wir sind froh, dass Grün-Schwarz die Angriffe auf das Bil dungszeitgesetz eingestellt hat. Das ist eine gute Nachricht für Baden-Württemberg. Wenn sich jetzt die Wirtschaftsministe rin für die verbleibende Zeit im Amt Projekte vornimmt, die am Schluss dem Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg hel fen können, dann ist das eine noch bessere Nachricht für Ba den-Württemberg.

(Abg. Claus Paal CDU: Das machen wir jeden Tag!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)