Protokoll der Sitzung vom 13.12.2019

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Gabi Rolland SPD: Wie heißt das? – Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Ohne eigenes Zutun profitiert die Landesregierung von der Veränderung externer Rahmenbedingungen.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Kann man das über setzen? – Zuruf von der SPD: Übersetzung! – Gegen ruf des Abg. Bernd Gögel AfD: Lieber nicht! – Wei tere Zurufe)

Herr Hofelich kann das übersetzen. Er kann es auch vom Hohenlohischen ins Schwäbische übersetzen: Da läuft der Rotz die Backen hoch.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Nicht gerade zur Mit tagszeit! – Gegenruf des Abg. Rüdiger Klos AfD: Heute gibt es gar nichts zu essen! – Heiterkeit)

Dann hätten Sie vorhin ein bisschen kürzer reden müssen.

So ergeben sich z. B. finanzielle Vorteile durch die Umstel lung des Länderfinanzausgleichs. Durch den Vorwegabzug bei der Umsatzsteuer verringert sich die zu leistende Ausgleichs zahlung an die anderen Bundesländer um geschätzt 400 bis 500 Millionen €. Wir hätten gern gewusst, wie hoch der tat sächliche Betrag ist, und haben diese Information in unserem Antrag Drucksache 16/6822 eingefordert. Leider ist die Lan desregierung diesem Ansinnen nicht nachgekommen. 400 bis 500 Millionen € sind aber ein realistischer Wert; das hatte Frau Staatssekretärin Splett bereits eingeräumt.

Auch die Zinszahlungen werden nicht annähernd so hoch sein wie von Ihnen veranschlagt: 1,3 Milliarden € für 2020 und 1,7 Milliarden € für 2021 sind angesichts der voraussichtlich an haltenden Niedrig- oder Nullzinspolitik der EZB keine realis tischen Werte.

Die vom Rechnungshof zu Recht bemängelten viel zu hohen Ausgabereste führen dazu, dass Kredite nicht in Anspruch ge nommen werden müssen und folglich auch hier Zinszahlun gen entfallen werden. 5,6 Milliarden € eingestellte, aber nicht ausgegebene Haushaltsmittel sind ein Wort. Hier muss drin gend nachgebessert werden und eine Kappung erfolgen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass diese Landesregierung of fensichtlich nicht willens ist, Schulden zu tilgen. In der Lage wäre sie schon, sie will bloß nicht. Dass sie bei dieser Haus haltslage keinen Euro für die Tilgung von Kreditmarktschul den bereitstellt, ist eigentlich nicht zu glauben – bei einem Schuldenstand von 45,1 Milliarden € und bei diesen Rekord einnahmen keine Schuldentilgung, null Komma null! Das ist verantwortungslose grüne Finanzpolitik, und die CDU macht mit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Jetzt kommt natürlich das Argument: Wir haben aber doch 800 Millionen € den Rücklagen zugeführt. Darauf kann ich Ihnen nur antworten, dass diese Rücklage in der Gegenwart nur Ih re unsinnigen Ausgaben der Zukunft darstellt. Böse Zungen behaupten gar, dass diese keinesfalls zweckgebundene Rück lage die Wahlkampfkasse für 2021 ist.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Ja!)

Weil sich Grüne und CDU so gut verstehen, haben sie sich et was auf die Seite gelegt – vom Geld der Steuerzahler, versteht sich.

Ein ganz anderer Ansatz wäre gewesen, endlich mit der Bil dung von Rückstellungen zu beginnen. Den Unterschied ha be ich schon einmal erklärt. Allein die Pensionsrückstellun gen für die Landesbeamten würden sich derzeit auf 157 Mil liarden € belaufen.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja!)

Das ist leider noch nicht das Ende der Fahnenstange.

Bei Ihrer Stellenorgie, meine Damen und Herren von Grünen und CDU, bei diesem Perpetuum mobile ministerialis, wo oh ne jede Aufgabenkritik Stellen in Ministerien geschaffen wer den, müssen Sie eigentlich weitere Rückstellungen bilden. Aber auch hier, wie bei der Schuldentilgung: Fehlanzeige.

Dieser Stellenaufwuchs wird uns das Genick brechen. Künf tige Generationen, die die Zeche zahlen müssen, werden mit dem Finger auf Sie zeigen. Das wird Ihnen vielleicht egal sein, es sei denn, das gemeinsame Versorgungswerk kann Ihre Pen sion nicht zahlen. Dann wird es auch für Sie ungemütlich.

(Beifall bei der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei der AfD – Abg. Rüdiger Klos AfD: Genau! Dann tut es ihnen weh! – Abg. Bernd Gögel AfD: Sehr gut!)

Apropos Versorgung: Dass pro Beamtem in Zukunft 750 € statt 500 € pro Monat in die Versorgungsrücklage eingestellt werden, ist einer der wenigen positiven Aspekte dieses Dop pelhaushalts und wird von uns ausdrücklich begrüßt. Wir müs sen unsere Beamten während ihrer aktiven Zeit ordentlich be zahlen, müssen aber auch dafür sorgen, dass sie im Alter ab gesichert sind. Das geht aber nur, wenn wir uns bei jeder zu sätzlichen Stelle fragen, ob sie wirklich nötig ist, und uns bei jeder existierenden Stelle fragen, ob sie in Zukunft wirklich noch existieren muss. Diese Überlegungen haben Sie offen sichtlich nicht angestellt. Anders kann ich mir den Aufwuchs von 3 152 neuen Stellen nicht erklären.

Eine äußerst seltsame Maßnahme ist die Schaffung von 500 zusätzlichen Stellen in der Finanzverwaltung

(Abg. Tobias Wald CDU: 500? Falsch!)

mit der Begründung, dass die Grundsteuer reformiert werden müsse. Frau Ministerin Sitzmann, Sie wissen zwar nicht, wie Ihre Reform aussieht, können aber schon genau sagen, dass Sie insgesamt 500 zusätzliche Finanzbeamte einstellen müs sen.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Sehr richtig!)

Kurzfristig schaffen Sie schon einmal 150 Stellen für „Steu ereintreiber“, um in der Terminologie von Frau Walker von vorhin zu bleiben. Auch nach mehrmaliger Nachfrage woll ten Sie weder dem Kollegen Hofelich noch mir Ihre Pläne für das von Ihnen angestrebte Modell verraten –

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Sie weiß es ja noch nicht!)

falls Sie überhaupt einen Plan haben.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Hat sie nicht!)

Vielleicht haben Sie ja gar keinen Plan.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Ja, eben!)

Aber, Kollege Haußmann, das ist bei dieser Regierung völlig egal, Hauptsache sie hat einen Stellenplan. Das ist das Wich tigste.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und Abge ordneten der AfD – Beifall des Abg. Peter Hofelich SPD – Abg. Anton Baron AfD: Sehr gut!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesbank pro gnostiziert mit 0,2 % faktisch ein Nullwachstum. Spätestens jetzt müssten Wachstumsimpulse gesetzt werden. Aber was macht die Landesregierung? Sie verschleudert Steuermilliar den und verliert dabei die Zukunft aus dem Blick.

Es ist nicht gottgegeben, dass unser Land wirtschaftlich stark bleibt. Dafür müssen wir etwas tun. Dafür müssen wir die richtigen Weichenstellungen vornehmen. Die Finanzierung der Imkerausbildung in Gambia gehört nicht zu den Weichen stellungen, die ich hier meine, und auch der Strategiedialog mit der Automobilwirtschaft – der eigentlich Chefsache sein müsste – gehört nicht dazu.

Investitionen in Forschung und Entwicklung und der Ausbau der digitalen und sonstigen Infrastruktur, das bedeutet, die Zu kunft im Blick zu haben. Investitionen in die Bildung der jun gen Menschen in unserem Land – die im Übrigen viel besser sind als ihr Ruf –, das bedeutet, die Zukunft im Blick zu ha ben. Investitionen in neue Technologien, offen und unvorein genommen, das bedeutet, die Zukunft im Blick zu haben.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Frau Ministerin Sitzmann, Ihr Doppelhaushalt 2020/2021 ist rückwärtsgewandt.

(Abg. Anton Baron AfD zu Abg. Tobias Wald CDU: Herr Wald, haben Sie eigentlich schon einen Honig topf aus Gambia bekommen?)

Er ignoriert die aktuellen Entwicklungen und verteidigt den Status quo. Stillstand ist Rückschritt, Frau Ministerin. Anstatt Akzente für die Zukunft zu setzen, wahren Sie Besitzstände. Imagekampagnen und Vorzeigeprojekte wie der immer teurer werdende Nationalpark machen uns nicht fit für das neue Jahr zehnt. Mit Ihrer Ausgabenpolitik nach dem Gießkannenprin zip haben Sie Ihre Klientel bedacht, verlieren aber das We sentliche aus dem Blick und vergessen dabei ganz, dass die Voraussetzungen unseres Wohlstands immer wieder aufs Neue geschaffen werden müssen.

Beispiel gefällig? Stichwort Wasserstoff- und Brennstoffzel le, eine nicht mehr ganz so neue Technologie – ebenso wie die Batterie übrigens –, die Sie mit 18,5 Millionen € fördern möchten. Sieht so Ihr Aufbruch in die neue Zeit aus? Wollen Sie so die erneuerbaren Energiequellen sinnvoll nutzen und die Speicherproblematik angehen? Wir haben mit der Forde rung nach 100 Millionen € für die weitere Erforschung dieser Technologie und die Schaffung der erforderlichen Infrastruk tur ein Zeichen gesetzt. Nur so kann die einseitige ideologi sche Ausrichtung auf den batterieelektrischen Antrieb abge mildert und Waffengleichheit hergestellt werden.

Der Einsatz der Brennstoffzelle bei Nutzfahrzeugen, bei Bus sen und Lkws, sowie bei großen Pkws verspricht viele Vortei le. Es ist eine Möglichkeit, weiterhin solche Fahrzeuge hier bei uns in Baden-Württemberg zu bauen und damit der Auto mobilindustrie im Land eine Chance zu geben. Mit einem An teil von 20 % an der Wertschöpfung und einer Vielzahl von Beschäftigten hat sie diese Chance mehr als verdient.

Kolleginnen und Kollegen, dieser Haushalt ist rückwärtsge wandt, weil er Chancen für die Zukunft nicht ergreift. Dieser Haushalt ist wachstumsfeindlich, weil er konsumtiven Aus

gaben den Vortritt vor Investitionen lässt. Dieser Haushalt ist gegen die Jugend gerichtet, weil er ohne Not künftigen Gene rationen zusätzliche Lasten aufbürdet.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Wir kommen zur zweiten Run de. Da erteile ich das Wort für die Fraktion GRÜNE Frau Abg. Walker. Noch einmal Frau Walker, oder niemand?

(Abg. Thekla Walker GRÜNE: Kann ich auch spä ter?)

Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Klein.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Die zweiten Red ner kommen jetzt dran! Das haben wir so besprochen! Alles gut! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Alles gut. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!