Protokoll der Sitzung vom 04.03.2020

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Vereinzelt Bei fall bei der CDU und der FDP/DVP)

Herr Abg. Stoch, lassen Sie ei ne Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Fiechtner zu?

Nein, Frau Präsidentin. – So soll ten wir uns auch die Frage stellen, ob es immer klug ist, bei Medikamenten oder Medizinprodukten nur auf Discounter preise zu achten, und ob es nicht klüger wäre, manche Ferti gung, zumindest in Teilen, wieder nach Europa, nach Deutsch land zurückzuverlegen.

(Zurufe)

Wir sollten uns auch die Frage stellen, warum manche euro päischen Nachbarländer ein deutlich dichteres und leistungs fähigeres Netz von Infektionsstationen in Kliniken haben,

auch wenn diese Stationen im Regelfall niemals auch nur halb voll belegt werden können. Die Nachbarländer sind nicht rei cher als unser Land, aber sie leisten sich diese Vorsorge, weil dies eine wichtige Vorsorge für das Sicherheitsgefühl der Menschen in diesen Ländern ist.

Wir sollten uns auch fragen, warum in unserem Land schon in kurzfristigen, mit Bedacht erstellten Plänen sehr schnell mit Tausenden Ärzten im Ruhestand kalkuliert werden muss, die für die medizinische Betreuung möglicherweise benötigt wer den.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Und es sollte uns zu denken geben, wenn sich Arztpraxen schon jetzt fragen müssen, was sie tun sollten, falls ihnen der nötige Schutz ausgeht.

Noch einmal: Wir haben unsere gesundheitliche Vorsorge be stimmt oft genug in Augenschein genommen. Jetzt aber und genau in einem solchen Krisenfall, da Wind aufkommt, mer ken wir: An manchen Stellen ist unser Gesundheitssystem nicht optimal aufgestellt.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Aber es gibt Auswirkungen, die über den Bereich der Gesund heitsvorsorge und des Schutzes hinausgehen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sie tra gen die Verantwortung!)

Nicht nur sozialdemokratische Minister in der Bundesregie rung haben dieser Tage darüber gesprochen, wie wir Unter nehmen helfen können, die durch die Folgen des Coronavirus in Schwierigkeiten geraten, auch der Herr Ministerpräsident hat das gestern getan. Ich kann Ihnen versichern: Auch für uns, die SPD, ist es wichtig, dass ein Gemeinwesen in diesem Fall funktioniert, dass ein Gemeinwesen, ein Staat funktio niert, um eine solche Krise zu überstehen,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Aber er funktioniert ja nicht!)

sich auch kümmert. Und wenn es notwendig ist, zu helfen, werden wir, die SPD, an Ihrer Seite stehen.

Wir begrüßen es, wenn sich die Landesregierung bei betrof fenen Unternehmen über Instrumente wie Hilfen beim Kurz arbeitergeld oder auch der Sicherung der Liquidität Gedanken macht und vorsorglich darüber nachdenken will, wie wir das finanzieren können. Aber wir sollten eben auch darüber nach denken, wie ein Gemeinwesen, das sich kümmert und küm mern soll, mit seinem Gesundheitswesen umgeht. Es ist noch keinen Monat her, als in diesem Haus bei Fragen der Gesund heit wieder das Geld, das Sparen im Vordergrund stand. Wenn uns allein die bisherigen Erfahrungen mit dem Coronavirus hier eine Lektion wären, wenn wir in Zukunft beim Gesund heitswesen wieder zuerst

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

über die Gesundheit nachdenken, dann hätten wir dieser schlimmen Geschichte wenigstens einen positiven Effekt ab gerungen.

Es gibt viele löbliche Gründe, dass in diesem Land kein wü tender Mob vor Kliniken steht und vom Coronavirus infizier te Mitmenschen beschimpft,

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

wie das z. B. in der Ukraine der Fall war. Es gibt auch viele löbliche Gründe, dass in diesem Land keine unsinnigen Mär chen in Umlauf sind wie in den USA, wo große Fernsehsen der behauptet haben, das Coronavirus sei dadurch entstanden, dass Chinesen Fledermaussuppe essen. Es gibt zum Glück auch viele gute Gründe, warum Menschen bei uns nicht ernst haft überlegen, gegen das Virus mit Chlorbleiche zu gurgeln. In den USA macht dies ernsthaft die Runde.

Es gibt gute Gründe, dass in unserem Land niemand ernsthaft behauptet, das Virus sei nur eine Erfindung der Obrigkeit – wie es im Irak passiert, wo viele Menschen ihrer Regierung offenbar nichts mehr außer Lügen zutrauen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Dass es bei uns anders ist, dafür gibt es – –

Meine – –

Wes Geistes Kind Sie sind, zeigt Ihre Reaktion. Sie haben nichts, aber auch gar nichts begrif fen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP)

Ich möchte Ihnen sagen, was ein ganz wichtiger Grund dafür ist, dass diese Märchen, diese Geschichten keine Runde ma chen. Ein wichtiger Grund ist, dass die Menschen in diesem Staat noch ein Grundvertrauen in das Funktionieren des Ge meinwesens haben. Deswegen ist es gerade wichtig, alle Fra gen, die uns gestellt werden, zu beantworten. Und einige Fra gen, die über den Tag hinaus zu beantworten sind, lauten u. a.: Sind unsere – –

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Herr Fiechtner, haben Sie eigentlich nicht das Gefühl, dass Sie mit Ihrem ständigen Reingebrülle die Würde dieses Par laments verletzen? Das ist eine Unverschämtheit – eine Un verschämtheit!

(Beifall bei der SPD, den Grünen und der CDU, Ab geordneten der FDP/DVP sowie des Abg. Klaus Dürr AfD – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [frak tionslos])

Die Fragen, die sich stellen, sind u. a. – –

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Moment! – Herr Abg. Dr. Fiechtner, jetzt ist Ruhe! Herr Abg. Stoch hat das Wort, und Sie sind jetzt ruhig. Ansonsten muss ich Ihnen einen Ord nungsruf erteilen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Dann tun Sie es doch!)

Die Fragen, die sich stellen, lau ten u. a.: Sind die Pandemiepläne in den kommunalen Ge sundheitsämtern überall aktuell genug und kompatibel mit dem Pandemieplan für Baden-Württemberg? Wie funktioniert die Informationsweitergabe an Schulen, und wie ist die Infor mation von Eltern koordiniert? Gibt es ein Netzwerk von Kompetenzzentren und Spezialkliniken, und wie wird die Kommunikation darunter organisiert?

Je mehr sich das Virus ausbreitet, umso mehr muss man sich auch die Frage stellen: Wie würden die nächsten Schritte aus sehen? Was folgt auf die Containmentstrategie, und wie weit wird darüber schon mit allen Akteuren gesprochen? Wie sieht die Planung aus, sollte Baden-Württemberg zum Risikogebiet erklärt werden? Sind unsere Gesundheitsämter, ist die öffent liche Gesundheitsvorsorge personell gut aufgestellt?

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Die wis sen zum Teil doch gar nicht Bescheid!)

Und wie ist vor allem der Stand der Versorgung in Altershei men und Altenpflegeheimen? Reichen die Kapazitäten für Bet ten für Patienten mit infektiösen Krankheiten aus, wenn die Zahl der Fälle sprunghaft steigt?

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich habe vorhin über die unglaublich wichtige Rolle unseres Gemeinwesens gespro chen. Wir dürfen auch in einer solchen Situation das Vertrau en in das Gemeinwesen nicht verspielen. Und das Coronavi rus ist in der jüngeren Geschichte beispiellos. Es verbietet sich daher, den Finger zu heben und Versäumnisse anprangern zu wollen.

Wir müssen aber aus dieser Krise die richtigen Schlüsse zie hen. Und deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir erleben jetzt, was das Gemeinwesen kann, wenn es ge fordert ist, das Gemeinwohl und unsere Gesundheit zu sichern. Vergessen wir das nicht, und sorgen wir dafür, dass das Ver trauen in das Gemeinwesen eine gesunde Grundlage hat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Schwarz.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ihnen, Herr Minister Lucha, herzli chen Dank für die ausführlichen Informationen. Wir alle müs sen jetzt besonnen, beherzt und entschlossen handeln.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Wie wir gehört haben, sind die baden-württembergischen Ge sundheitsbehörden und ist das Gesundheitswesen auf das neu artige Coronavirus gut vorbereitet.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos] meldet sich. – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [frak tionslos])

Die Pandemiepläne werden laufend aktualisiert. Deswegen betone ich ausdrücklich: Panikmache und Hamsterkäufe sind fehl am Platz, liebe Kolleginnen und Kollegen.