Protokoll der Sitzung vom 11.03.2020

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihnen ist es bekannt: Was entsorgt wird, kehrt zurück. Dennoch waren Wissenschaftler in den Rocky Mountains vor einiger Zeit doch ziemlich er staunt, dass sie in einer Regenwasserprobe auf 3 000 m Höhe was gefunden haben? Mikroplastik!

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Na so was!)

Es regnet also Plastik – überall auf der Welt. Das ist auch kein Wunder, wenn Sie sich nur einmal – –

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Irgendeiner stört hier.

Herr Abg. Dr. Fiechtner! – Frau Abg. Rolland, warten Sie bitte.

Herr Abg. Dr. Fiechtner, wir müssen Sie nicht alle paar Mi nuten darauf aufmerksam machen, dass Zwischenrufe nur zwischendurch und nicht ständig und permanent sein müssen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Wo steht das, Frau Präsident?)

Das sage ich Ihnen jetzt, und das haben Sie zu akzeptieren. Punkt.

(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Also: Es regnet Plastik – überall auf der Welt. Das ist auch kein Wunder. Vergegenwärtigen Sie sich nur einmal, dass einer der größten Zuckerbrauseherstel ler weltweit jeden Tag im Sekundentakt Tausende von Plas tikflaschen herstellt.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Ja, Gott sei Dank! Das sind Arbeitsplätze!)

Das sind 10 Millionen pro Stunde

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Arbeits plätze!)

und 88 Milliarden pro Jahr.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Arbeits plätze!)

Herr Abg. Dr. Fiechtner, ich erteile Ihnen wegen ständigen Störens jetzt einen Ordnungs ruf.

(Beifall bei den Grünen, der SPD und der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU)

Das kann man sich ja auch gut – –

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Jetzt hören Sie doch einfach einmal auf, Herr Fiechtner! Das macht einfach keinen Spaß.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Wir sind keine Psychiat rie hier!)

Wenn es wenigstens Sinn hätte; aber das ist einfach nur un kollegial, ehrlich gesagt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der Grünen, der CDU und der FDP/DVP)

Es ist kein Wunder, dass man gern in Plastikflaschen abfüllt. Denn Plastik ist leicht, vielseitig verwendbar, billig und wie derverwertbar – eigentlich.

Aber in den vergangenen 70 Jahren sind von dem, was an Plastik produziert worden ist, lediglich 9 % wirklich recycelt worden. Der Rest, also der überaus große Anteil, wurde ver brannt, auf Halden gelagert oder in die Natur verbracht.

Wenn ich an die Natur denke, dann möchte ich sagen, dass wir in Freiburg gerade in einem Umweltprojekt mit einer künstlerischen Anbindung mit Kindern im Wald unterwegs sind: Theater spielen, Installationen herstellen. Und was ma chen die? Sie sammeln den Müll ein, weil sie sagen: Das kann ja nicht sein; wir sind im Wald, wir erholen uns, wir machen da etwas, aber der Müll bleibt liegen.

Warum sage ich das? Weil es heute eben nicht selbstverständ lich ist, dass man den Müll wieder mit heim nimmt oder dass man beim Einkaufen darüber nachdenkt, was man einkauft, oder auch, dass man den Müll richtig trennt. Die Kinder wer den am Ende des Schuljahrs aus dem eingesammelten Müll ein Müllmonster machen. Das kann ich Ihnen dann zeigen.

Jetzt zurück zum Plastikmüll. Das Plastik wandert dann auf unsere Teller und in unsere Gläser. Wenn wir das statistisch betrachten, nehmen wir jeden Tag 2 000 Partikel auf. Das sind 5 g – so schwer wie eine Scheckkarte.

(Die Rednerin hält eine Plastikkarte in die Höhe.)

Das müsste einem bewusst machen, was es eigentlich bedeu tet.

Diese Partikel entstehen z. B. aus Reifen, Abdeckfolien, Ver packungen und Spielzeug in Böden, Gewässern und in den Meeren. Der Nahrungskreislauf funktioniert dann auch: Pflan ze, Tier, Mensch. Das ist eigentlich das größte Problem, das wir haben: dass diese Verwertung von Plastikmüll so nicht funktioniert. Der Plastikmüll wird verschifft und angeblich ir gendwo recycelt. Aber das ist nicht der Fall.

Das ist kein Handel, sondern das ist eigentlich eine kriminel le Abfallentsorgung. Dagegen muss man vorgehen.

Ihre Anfrage ist ja schon ein bisschen in die Jahre gekommen; sie ist 18 Monate alt. Die Kritik an der Bundesregierung stimmt so nicht mehr, weil die Umweltministerin in Deutsch land, Frau Schulze, bereits energisch gehandelt hat: Ab 2021 gibt es keinen illegalen Handel mehr mit Elektrogeräten – das wird zurückgedrängt –, und es gibt keinen Export mehr von schlecht verwertbarem Plastik aus der EU in Entwicklungs länder. Das ist richtig so. Damit wird eine wichtige Lücke ge schlossen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Jetzt fragt man sich nur: Wie wird das denn kontrolliert? Da für sind wir, das Land Baden-Württemberg, zuständig; unse re Umweltbehörden sind dafür zuständig, in den Betrieben wie auch an den Grenzen zu kontrollieren. Herr Minister Un tersteller, wir würden von Ihnen heute gern die Frage beant wortet bekommen – Sie haben mehr Personal erhalten –: Ist denn jetzt sichergestellt, dass die Betriebe kontrolliert werden und dass tatsächlich nur noch sortenreine, nicht verschmutz te und nicht vermischte Plastikabfälle exportiert werden? Wir freuen uns auf Ihre Antwort.

Eine Weisheit zum Schluss: Der beste Abfall ist der, der nicht entsteht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Voigtmann das Wort.

Frau Präsidentin, mei ne Damen und Herren! Die bisherige Geschichte der Mensch heit ist von Beginn an eng verknüpft mit den Materialien, die zu den jeweiligen Zeiten eingesetzt wurden. Wir kennen die Steinzeit, die Bronze-, die Kupfer- und die Eisenzeit. Das al les sind Zeitabschnitte, in denen die entsprechenden Materi alien als besondere Werkstoffe oder auch zur Herstellung von Waffen eingesetzt wurden. Die eingesetzten Rohstoffe gaben den entsprechenden Epochen ihre Namen.

So leben wir seit etwa 100 Jahren im Kunststoffzeitalter. Seit dem Aufkommen der ersten synthetischen Materialien haben sich Kunststoffe verbreitet, beginnend mit dem Bakelit. Man che Ältere werden sich noch an Geräte aus Bakelit erinnern: Volksempfänger, „Goebbels-Schnauze“, das sagt alles etwa das Gleiche. Das war genau das Einsatzgebiet dieser allerers ten Kunststoffe.

Dies hat sich rasend schnell weiterentwickelt. Kunststoffe ha ben das Leben vollständig durchdrungen und – man muss es deutlich sagen – teilweise auch bereichert: Kabel, medizini sche Gerätschaften und als – besonders umstrittene – Krönung des Ganzen: Verbundwerkstoffe aus Kunststoffen in den Wind kraftanlagen, wobei sich das Bundesumweltministerium da zu hat hinreißen lassen, darauf hinzuweisen, dass es proble matisch ist, Kunststoffe zu entwickeln, von denen man noch nicht einmal weiß, wie man sie eines Tages überhaupt wieder entsorgen kann.

Das ist die Problematik, die darin steckt.

Wenn sich hier nun einige über Plastikbecher, ein Bobbycar, das in der Landschaft liegt, oder eine Quietscheente aufregen, dann geht das eigentlich am Problem vorbei, weil das Prob lem ganz woanders liegt. Es liegt nämlich im Bereich der Mi kro- und Nanoplastikteilchen, die man eigentlich gar nicht sieht, die aber in Unmengen produziert werden, weil sie teil weise Produkteigenschaften von Flüssigkeiten, von Kosmeti ka oder was auch immer produziert wird, verbessern und die Fließfähigkeit unterstützen.

Die Entwicklung ist dem, was nachher unsere sogenannte Ent sorgung leisten kann, leider immer weit voraus. Klar ist, dass die Klärwerke auf solche Beimischungen in den Abwässern überhaupt nicht vorbereitet sind. Das heißt, diese Mikroteil chen gehen schlichtweg durch die Filter hindurch – zumin dest bei den meisten heutigen Anlagen – und gelangen in die Gewässer und zum Schluss in die Meere. Dann ist es kein Wunder, dass die Fische diese über ihre Nahrung zwangsläu fig aufnehmen, wenn sie in den Gewässern nach Nahrung su chen.

Kunststoffe, vulgär auch „Plastik“ genannt, sind per se weder gut noch schlecht. Entscheidend ist der – richtige oder falsche – Umgang mit Kunststoffen. Zum Problem wird Kunststoff immer dann, wenn er nicht den Grundsätzen der Kreislauf wirtschaft unterworfen wird – also nicht gesammelt, gelagert oder wiederverwertet wird.

Bei PET-Flaschen – normalerweise werden diese Einwegfla schen als „Plastikflaschen“ bezeichnet – funktioniert der Ma terialkreislauf recht gut. Diese in deutschen Haushalten be sonders beliebten PET-Flaschen – sie haben mittlerweile ei nen Marktanteil von 50 % – erreichen eine Rücklaufquote von nahezu 100 % – dies ist auch auf die Pfandpflicht zurückzu führen – und eine Recyclingquote von beachtlichen 93 %, weil es sich um relativ sortenreines Material handelt.

Beim klassischen Verpackungsabfall sieht die Bilanz nicht ganz so gut aus. Das liegt an der schieren und immer noch wachsenden Menge von Verpackungen, den schwer zu tren nenden Verbundmaterialien, an Trittbrettfahrern im Dualen System – falsche Meldemengen und Ähnliches – sowie an sonstigen Tricksereien, weil eine Verpackung beispielsweise schon als recycelt gilt, wenn sie auf dem Transportband einer Sortieranlage liegt.

Klar ist aber auch: Kunststoffe, insbesondere Mikro- und Na noplastikpartikel, haben in der Natur nichts zu suchen. Zwar ist längst noch nicht hinreichend erforscht, welche Auswir kungen Mikro- und Nanoplastik auf die Gesundheit von Men schen, Tieren und Pflanzen haben; dennoch spricht sich auch die AfD klar dafür aus, den Eintrag von Kunststoffen so ge ring wie möglich zu halten.