Es sind auch wichtige Elemente in Bezug auf die Förderung der Wirtschaft enthalten, und zwar was das Thema Abschrei bungsmöglichkeiten angeht. Denn gerade kleine und mittlere Firmen sind in besonderem Maß von der Pandemie betroffen. Deswegen ist es wichtig, dass diese Firmen liquide bleiben. Deswegen müssen sie über die Soforthilfe hinaus und über Kredite hinaus auch Abschreibungsmöglichkeiten erhalten.
Ferner brauchen wir einen starken und schnellen Impuls in Bezug auf Konsumanreize. Insoweit ist die befristete Mehr wertsteuersenkung ein wichtiges Signal. Ich sage ganz deut lich: Von dieser Mehrwertsteuersenkung profitieren alle Bran chen, u. a. die Automobilindustrie in Baden-Württemberg. Deswegen ist auch diese Entscheidung eine gute und wichti ge für Baden-Württemberg.
Ganz besonders wichtig ist mir aber auch, dass der Bund ei nen Solidarpakt mit den Kommunen schließt. Meine sehr ge ehrten Damen und Herren, es ist nicht Aufgabe des Bundes,
den Kommunen zur Seite zu springen, aber es ist ein wichti ges Signal, dass wir diese Krise nur gemeinsam bewältigen können. Und diese Krise können wir dann gemeinsam bewäl tigen, wenn uns der Bund dabei hilft, indem er z. B. die Aus fälle bei der Gewerbesteuer gemeinsam mit den Ländern kom pensiert. Deswegen ist es umso trauriger, dass vonseiten der Landesregierung dieses Thema auf irgendwann im Herbst ver schoben wird.
Denn die Kommunen sind finanziell in der Situation, dass sie heute und in den nächsten Wochen Nachtragshaushalte auf stellen müssen, und diese Nachtragshaushalte brauchen eine fundierte Grundlage. Vom Bund kommt diese fundierte Grund lage. Wo ist diese fundierte Grundlage für die Finanzplanung der Kommunen vonseiten der Landesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren?
Nein. – Deswegen ist es zu spät, wenn vonseiten der Landesregierung erst im Herbst über ein Konjunkturpaket des Landes nachgedacht werden soll. Wir sind der Bundesregierung sehr dankbar; denn sie hat begriffen, dass ein Konjunkturpaket in der jetzigen Phase von großer Be deutung ist. Eine Wirtschaft, die jetzt Zeichen der Schwäche aufweist, muss jetzt unterstützt werden, um möglichst schnell wieder Tritt zu fassen.
Ich möchte Ihnen ein ganz einfaches Bild liefern: Wenn ein großes Schiff, ein Tanker, an Geschwindigkeit verliert, dann wird es nicht mehr manövrierfähig sein, sobald es zu langsam wird oder gar zum Stehen kommt. Deswegen ist es wichtig, dass auch die Länder kraftvolle Zeichen in Richtung der Ge sellschaft, in Richtung der Wirtschaft und vor allem auch in Richtung der Beschäftigten setzen.
Denn so, wie Sie, Herr Reinhart, gesagt haben, ist Wirtschaft zu einem Gutteil immer auch Psychologie. Es ist deswegen ein sehr negatives Zeichen, wenn vonseiten der Landesregie rung gesagt wird: Wir sammeln jetzt mal fleißig 107 Maßnah men; wir haben jetzt ein Paket von 6,5 Milliarden €, aber wir können uns leider im Moment zwischen Grünen und CDU nicht einigen, was besonders wichtig ist, und deswegen wer den wir erst irgendwann, wenn die Steuerschätzung – im Sep tember – vorliegt, ein Konjunkturpaket des Landes angehen können. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist zu spät, und so übernimmt man keine Verantwortung für die Zu kunft des Landes Baden-Württemberg.
Kollege Schwarz stellt sich hier hin und sagt, was ihm beim Bundespaket alles fehlt. Ja, herzlichen Dank! Dann sehe ich: Sie arbeiten heftig daran, die eigenen Ideen einbringen zu kön nen. Aber dann warten Sie doch nicht bis Oktober, bis irgend wann ein Nachtrag beschlossen ist, sondern nehmen Sie jetzt die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, tatsächlich in die Hand, priorisieren Sie richtig – unter den Gesichtspunkten der Beschäftigungssicherung, der Konsumanreize –, und legen Sie los. Andere Länder schaffen das; Baden-Württemberg
schafft es nicht. Das ist ein weiteres Zeichen dafür, dass die se Regierung in der Krise nicht handlungsfähig ist.
Es fehlt doch nicht an Ideen, es fehlt doch nicht an Vorschlä gen. Es gäbe die Möglichkeit, ein Investitionsprogramm zur Mobilisierung öffentlicher und privater Investitionen beim Ausbau des ÖPNV aufzulegen. Es bestünde die Möglichkeit, im Bereich der Modernisierung der Schieneninfrastruktur oder weiterer Verkehrsprojekte aktiv zu werden.
Es bestünde die Möglichkeit – ich nehme einen Vorschlag des DGB auf –, einen besonderen Konsumanreiz bei Familien mit kleinen Kindern zu setzen, indem Sie ganz einfach – wenn Sie sie schon nicht insgesamt abschaffen wollen – die Kitagebüh ren für ein Jahr aussetzen. Was gibt es denn Besseres als Kon sumanreize durch die Stärkung junger Familien, indem die Kitagebühren abgeschafft werden? In Baden-Württemberg muss das Familienprogramm heißen: Abschaffung der Kita gebühren, damit die Menschen wieder mehr Geld in der Ta sche haben.
Es gibt auch die Idee eines erweiterten Beteiligungsfonds, ge koppelt an Bedingungen wie Beschäftigungssicherung, Aus bildung oder Tarifbindung.
Frau Wirtschaftsministerin, der Bund legt ein Programm zur Sicherung der beruflichen Bildung auf. Ich halte das für sehr wichtig. Ich halte es auch für wichtig, dass Baden-Württem berg hier ein starkes und kraftvolles Zeichen setzt. Die Fir men in unserem Land sind auf diesen Nachwuchs angewie sen. Wenn wir im kommenden Jahr ein Jahr verloren haben, was die jungen Menschen angeht, dann ist das schlecht für un ser Land.
Lassen Sie mich noch einen Satz zum Thema Kaufprämie sa gen. Ich glaube, es wäre falsch, so zu tun, als ob die Entschei dung über eine Kaufprämie über Wohl und Wehe der Auto mobilindustrie und des Maschinenbaus in Baden-Württem berg entscheidet. Ich glaube aber auch, dass die Automobil industrie und die Maschinenbauindustrie in unserem Land Hil fen brauchen. Deswegen ist es wichtig, dass dieses Konjunk turpaket des Bundes hier starke Zeichen setzt.
Aber wir haben in Baden-Württemberg eine besondere Situ ation: In diesem Land sind wir – wenn es um Beschäftigungs sicherung geht – eben auch in einem besonderen Maß davon abhängig, dass diese Arbeitsplätze gesichert werden. Deswe gen ist das keine Schwarz-Weiß-Diskussion, sondern es ist ein Widerspruch, wenn ich Beschäftigungssicherung will und von vornherein eine Kaufprämie für Verbrennungsmotoren aus schließe.
Aber diese Entscheidung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist gefallen. Ich kann Ihnen eines versprechen: Wir, die SPD, stehen an der Seite der Beschäftigten, der Gewerk schaften in Baden-Württemberg und aller Beschäftigten im Bereich der Automobilindustrie.
Wir werden alles dafür tun, dass diese Branche, dass diese Ar beitsplätze in Baden-Württemberg erhalten bleiben. Wir wer den diesen Wandel gemeinsam schaffen. Da werden Sie uns nicht ständig eine Kaufprämiendiskussion ans Bein binden.
Wir müssen in Baden-Württemberg das Richtige tun. Wir müssen in Deutschland das Richtige tun. Diese Leitindustri en müssen weiterhin in Baden-Württemberg sein.
Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Was der Bund tut, ist richtig, ist gut und vor allem schnell. Was das Land tut, ist zu wenig und kommt vor allem viel zu spät.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Da men und Herren! „Das Konjunkturpaket für Deutschland – gut für Baden-Württemberg!“ An dem Ausrufezeichen bin ich als Erstes hängengeblieben: ein Ausrufezeichen! Ich dachte, da müsste eigentlich ein Fragezeichen stehen.
Herr Reinhart hat heute Morgen bei seinen vier Ks das fünf te K vergessen, das über allem schwebt. Das fünfte K ist der Konkurs, Herr Reinhart; das haben Sie vergessen. Das kommt eventuell hinter all den anderen Ks, die Sie hier erwähnt ha ben.
Das von Ihnen hochgelobte Konjunkturpaket wird nichts wei ter als eine unüberwindliche Schuldenlast für unsere Kinder, Enkelkinder und deren Kinder hinterlassen. Und seien Sie ver sichert: Diese Generationen, an denen Sie sich aktuell in Eu ropa – in Brüssel –, in Berlin und in Stuttgart versündigen, werden Sie zur Rechenschaft ziehen und zur Mitverantwor tung für diese von Ihnen mit verursachte Wirtschafts- und So zialkrise in unserem Land heranziehen.
Wir und diese Generationen werden Sie nicht aus Ihrer Mit verantwortung für politische Fehlentscheidungen und organi satorische Defizite entlassen.
Ihre Coronaschutzmaßnahmen – das haben wir schon zigmal kritisiert – kamen viel zu spät, und damit wurde völlig über reagiert. Sie kamen zu einem Zeitpunkt, als der Höhepunkt der Infektion bereits deutlich überschritten war.
Bei den Lockerungen der Coronaverordnungen sind Sie nun wiederum zu spät und zu inkonsequent. Deshalb ist Ihr Han deln niemals gut für Baden-Württemberg, sondern es ist ka tastrophal für Baden-Württemberg.
Das Konjunkturpaket umfasst zwar die astronomische Sum me von über 130 Milliarden €, wird aber in unserem Bundes land nicht die erhoffte Wirkung entfalten. Die vorübergehen de Mehrwertsteuersatzsenkung um drei Prozentpunkte wird größtenteils von den immensen Verwaltungskosten bei der Umstellung aufgezehrt, und beim Verbraucher wird wenig da von ankommen.
Die Lebensmittelpreise – gehen Sie einmal einkaufen; dann werden Sie das feststellen – sind bereits um mehr als 4,5 % angestiegen. Die weitergereichten Hygienegebühren überstei gen ebenfalls deutlich die 3 % der Mehrwertsteuersenkung.
Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg, unser Land lebt in erster Linie von und mit der Automobilindustrie und deren Zulieferbetrieben. Diese Branche ist das Rückgrat un seres Landes. Hunderttausende Arbeitsplätze und die davon abhängigen Familien wollen Sie durch höhere Prämien, Um weltprämien, retten? Das Konjunkturpaket beinhaltet bis En de 2021 eine Kaufprämie von bis zu 6 000 € für E-Fahrzeu ge, und zwar – das haben Sie alle verschwiegen – Fahrzeuge mit einem Nettolistenpreis von bis zu 40 000 €.
Herr Reinhart, bitte zeigen Sie unseren Bürgern, wo man die se Fahrzeuge bei Porsche und bei Mercedes zu solchen Kon ditionen erwerben kann. Das kann man nicht in Baden-Würt temberg und auch sonst an keinem Ort dieser Welt, meine Da men und Herren.