Protokoll der Sitzung vom 17.06.2020

So weit, so gut. Dann folgt:

Bundestag und

festhalten –

Landtage beschließen über die Maßnahmen, die durch Gerichte jederzeit überprüft werden können. Somit bleibt eine demokratische Kontrolle... gewahrt.

Da dachte ich mir: Okay, hört, hört. Man reibt sich verwun dert die Augen. Mir als Mitglied dieses Hauses ist auch nach über zwölf Wochen nicht eine einzige der vielen grundrechts beschränkenden, wenngleich – da sind wir uns einig – durch aus nachvollziehbaren Maßnahmen der Landesregierung zur Bekämpfung der Coronapandemie bekannt, die wir hier im Landtag vorab debattiert oder gar beschlossen hätten. Viel leicht ist es auch im grün-schwarzen Koalitionswirrwarr et was untergegangen. Aber das ist nicht der Fall, das stimmt einfach nicht. Der Landtag hat keine einzige Maßnahme zur Pandemiebekämpfung beschlossen.

(Beifall – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wo steht das denn?)

Zeige ich Ihnen nachher. Das steht auf der Homepage des Landes.

Selbst Justizminister Guido Wolf stimmt in der Fehleranaly se mit uns, der SPD-Fraktion, überein, indem er sagt – „Lud wigsburger Kreiszeitung“ vom 28. Mai –:

Es ist in den vergangenen Wochen ein unübersichtliches Dickicht an Regelungen entstanden, das Bürgerinnen und Bürger, aber auch viele Fachleute nicht mehr überblicken.

Ich würde sagen, das ist eine klare Ansage auch vom Justiz minister, der ja doch auch eine gewisse Sachkenntnis in die sem Bereich aufweist.

Die Landesregierung regiert dieses Land seit mehr als drei Monaten ausschließlich auf dem Verordnungsweg durch die

Coronakrise, in weiten Teilen auch im Überbietungswettbe werb mit anderen Landesregierungen, oftmals leider auch be gleitet durch grün-schwarzes Vorwahlgetöse und – seien wir einmal ehrlich – erwartbare Niederlagen vor dem Verwal tungsgericht.

Für die SPD-Fraktion ist klar: Unsere Verfassungsordnung kennt keinen normalisierten Ausnahmezustand. Unsere Ver fassungsordnung sieht nicht vor, dass eine Landesregierung dauerhaft per Verordnung und ohne parlamentarische Kont rolle regiert, zumal wenn damit, wie vorliegend, erhebliche grundrechtseinschränkende Maßnahmen verbunden sind.

Der vorliegende Entwurf der FDP/DVP-Fraktion ist dahin ge hend ein wichtiges Signal aus der Mitte des Landtags. Wir sind uns mit der FDP/DVP einig, dass spätestens jetzt die Zeit ist, die gewählten Abgeordneten wieder stärker, aber mindes tens angemessen in die Maßnahmen mit einzubeziehen. In der Zielsetzung sind wir uns mit der FDP/DVP einig, aber bezüg lich der Herangehensweise haben auch wir berechtigte Zwei fel – Herr von Eyb hat ein paar Punkte schon angesprochen.

Nach unserer Auffassung widerspricht der Gesetzentwurf der FDP/DVP-Fraktion dem Sinn von Artikel 80 Absatz 4 des Grundgesetzes. Wenn dem Landesgesetzgeber die ausdrück liche Kompetenz eingeräumt wird, anstelle einer Rechtsver ordnung ein Gesetz zu erlassen, sollte er diese Kompetenz auch nicht nur mit einer Subdelegation der Verordnungser mächtigung ausüben, sondern zumindest wesentliche Grund rechtseingriffe ausdrücklich unter den Gesetzesvorbehalt stel len.

(Beifall)

Wir sind darüber hinaus der Auffassung, dass wir keinen Son derausschuss benötigen, sondern ein praktikables Verfahren auch innerhalb der tradierten Strukturen unseres Parlaments stattfinden kann. Zudem verkennt der Entwurf, dass im Rah men der Lockerungen wesentliche Eingriffe in Grundrechte stattfinden können, etwa durch die Verletzung des Gleichbe handlungsgrundsatzes. Das adaptiert dieser Gesetzentwurf lei der nicht.

In Abgrenzung zu dem berechtigten Anliegen der FDP/DVP haben wir, die SPD, diese Kritikpunkte zum Anlass genom men, in der vergangenen Woche einen eigenständigen Gesetz entwurf einzubringen, der einen etwas anderen Weg einschlägt. Er richtet eine Beteiligung des Parlaments stärker an der In tensität der Grundrechtseinschränkung aus und fordert zudem der Landesregierung im Rahmen der Entscheidungsfindung eine Rechenschaftspflicht ab. Wir werden diesen Gesetzent wurf – wir haben es eben schon erwähnt – noch gesondert hier im Haus diskutieren.

Ein Appell zum Schluss. Bei allen Unterschieden in der Her angehensweise sollten wir im Parlament eine Stärkung des Landtags im Rahmen der Maßnahmen zur Pandemiebekämp fung anstreben. Leider ist die grün-schwarze Landesregierung diesbezüglich wieder einmal hinter ihren großen Ankündigun gen zurückgeblieben und hat in den vergangenen drei Mona ten – bis heute – einfach nichts vorgelegt. Offenbar ist die voll mundige Aussage der Landesregierung auf ihrer Homepage tatsächlich eher in dem Reich der Mythen zu verorten als in der politischen Praxis.

Wir würden uns freuen, wenn sich die Regierungsfraktionen konstruktiv mit dem befassen würden, was bislang vorgelegt wurde, und die Bürgerinnen und Bürger nicht länger vertrös ten würden. So hätten wir die Möglichkeit, zeitnah das Ziel einer parlamentarischen Beteiligung – was, wenn ich die Presse richtig verfolgt habe, allen demokratischen Fraktionen in die sem Haus bereits ein Anliegen ist – gemeinsam umzusetzen. Darum bitten wir Sie als SPD-Fraktion.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Nun hat Herr Abg. Klos für die AfD das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann mir jetzt einige Bemerkungen nicht verknei fen, insbesondere in Richtung der Grünen.

(Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU: „Frau Präsiden tin“!)

Ich habe die Frau Präsidentin bereits direkt begrüßt, Herr von Eyb.

1945 lag unser Land in Trümmern, 55 Millionen Tote. Kein einziger Stein stand mehr auf dem anderen in unseren Groß städten. Stuttgart, Mannheim, Kassel, Hamburg – alles ver nichtet und zerstört. Sich hinzustellen und zu erklären, dieses Land sei noch nie in einer solchen Situation wie der jetzigen gewesen, ist schlicht und ergreifend absurd, meine Damen und Herren. Wir wollen jetzt einmal die Kirche im Dorf lassen.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Nicole Razavi CDU: Ein fach ein bisschen zuhören, Herr Kollege!)

Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Sie haben hier vorgetragen, der Landtag könne eventuell gar nicht zusammenkommen oder sei nicht leistungsfähig. Der Landtag ist ein Vollzeitparlament, und wir von der AfD sagen klipp und klar: Wenn nachts um zwei Uhr hier eine Sitzung angesetzt wird und wir vorher per Telefon informiert werden, dann haben wir als Abgeordnete da zu sein. Wo gibt es denn so etwas, dass ich höre: „Der ist auf einem Geburtstag oder sonst wo“?

(Zuruf: Was?)

Hier ist unser Job, dafür werden wir bezahlt, und hier haben wir zu sein, meine Damen und Herren – damit das völlig klar ist.

(Zurufe)

Herr Abg. Klos, lassen Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Razavi zu?

Selbstverständlich.

Herr Kollege, sagen Sie uns doch bitte einmal den Namen des Kollegen oder der Kollegin, der oder die wegen einer Geburtstagsfeier nicht an einer Plenar sitzung teilnehmen konnte oder wollte. Nennen Sie einfach einmal Ross und Reiter, damit wir wissen, um wen es geht, bevor Sie hier Märchen verbreiten.

(Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Vielleicht in der ei genen Fraktion! – Abg. Reinhold Gall SPD: Sagen Sie uns doch mal, wo Ihre Abgeordneten sind!)

Ich habe jetzt Stellung zu dem ge nommen, was meine Vorredner hier gesagt haben.

(Zurufe, u. a. Abg. Nicole Razavi CDU: Namen!)

Da ging es um die Leistungsfähigkeit dieses Parlaments.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Namen! – Weitere Zuru fe, u. a.: Ross und Reiter!)

Herr Sckerl hat hier gesagt, manche Regelungen wären gar nicht umsetzbar gewesen. Das ist einfach Unsinn. Die Parla mentarier dieses Landtags haben jederzeit hier zu Sitzungen zusammenzukommen und jederzeit hier ihren Job zu machen.

(Zurufe, u. a.: Wer war auf dem Geburstag?)

Jetzt wenden wir uns dem Gesetzentwurf der Fraktion der FDP/DVP zu. Die FDP/DVP-Fraktion versucht sich hier mit ihrem Gesetzentwurf zu profilieren. Aber dieser Versuch schei tert schon im Ansatz kläglich, denn als Garant für die Wah rung der parlamentarischen Ordnung werden Sie ja schon lan ge nicht mehr wahrgenommen. Spätestens durch Ihre Zustim mung zur Änderung der Geschäftsordnung unseres Landtags und zu der damit verbundenen Einschränkung der Rederech te der Abgeordneten, die absurderweise mit Covid-19 begrün det wurde, haben Sie leider Ihr wahres Gesicht gezeigt.

Ihr Vorsitzender sagte es doch: Anbiederung und Konturlosig keit, um jeden Preis an die Macht; er koaliert mit jedem, sei en es die roten oder die grünen Chefideologen, seien es die von einer kadertreuen Altkommunistin geführten Schwarzen. Hauptsache, es winken Ministerämter, Staatssekretärsposten und die dazugehörigen Dienstwagen. Alles andere, speziell die Bewahrung von Recht und Gesetz, verkommt bei Ihnen leider zur Belanglosigkeit.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was haben Sie eigentlich geraucht? – Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Und der Gesetzentwurf?)

Meine Damen und Herren, wo waren Sie denn, als meine Fraktion im Rahmen der Corona-Verordnungen die Beteili gung des Landtags vehement eingefordert hat? Wir mussten Sie doch aufwecken, als es darum ging, dass die Indemnität der Abgeordneten beschränkt werden sollte. Sie hatten ja nicht einmal auf dem Radar, welche Gefahr das für die freiheitlichdemokratische Grundordnung darstellt. Von Ihnen war auf die sem Sektor nichts zu sehen. Erst als die AfD-Fraktion darauf hingewiesen hat,

(Zurufe)

dass dies eine Gefahr für den Parlamentarismus sei, sind Sie aufgewacht und haben sich dem Ganzen angeschlossen. Aber eine führende Funktion haben Sie nicht wahrgenommen.

(Beifall – Zurufe)

Um das Ganze zu belegen, muss man nur einmal Revue pas sieren lassen, was Ihr sogenanntes Spitzenpersonal sich hier in diesem Hohen Haus schon alles geleistet hat. In einer der