Protokoll der Sitzung vom 24.06.2020

(Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Es würde schon in nerhalb einer Woche reichen!)

Innerhalb einer Woche würden wir auch schon als beschleu nigt empfinden. Wenn das machbar ist, wenn sich das anbie tet – ich will den beteiligten Einrichtungen und Personen nicht vorgreifen –, ist es schon unser Interesse, dass wir dieses be schleunigte Verfahren möglicherweise schon an diesem spek takulären Fall praktizieren, um zu zeigen, welches Potenzial in diesem beschleunigten Verfahren steckt.

Zu den Häusern des Jugendrechts. Ich hatte es angedeutet: In Stuttgart wurde 1999 das erste Haus des Jugendrechts errich tet. Ich bin mir sicher, dass wir das Haus des Jugendrechts in Stuttgart-Bad Cannstatt mit seinen Erfahrungen – bei den po tenziellen Straftätern sind bereits 14- bis 15-Jährige im Blick – mit einbeziehen werden.

Sie haben gefragt, wann mit dem Start der weiteren Häuser des Jugendrechts gerechnet werden kann. Ich wäre gern bei den Startschüssen in Ulm und in Offenburg dabei gewesen. In diesem Jahr ist zwar alles begonnen worden, aber es konnten coronabedingt keine Auftaktveranstaltungen in größerem Rah men stattfinden.

Die Planungen für Karlsruhe, Villingen-Schwenningen und Ludwigsburg sind alle sehr konkret. Das heißt, dass die betei ligten Stellen – Jugendamt, Polizei und Staatsanwaltschaft – ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt haben. Damit verbun den ist auch, das notwendige Personal zur Verfügung zu stel len. Meist klemmt es am Ende an den geeigneten Räumlich keiten. Ich gehe aber davon aus, dass wir in allen drei Fällen gegebenenfalls noch in dieser Legislaturperiode an den Start gehen können. Ich will die angesprochenen Vorgänge zum An lass nehmen, zu animieren, auch andernorts über die Einrich tung solcher Häuser konkret nachzudenken.

Vielen Dank. – Die nächste Frage kommt von Frau Abg. Reich-Gutjahr.

Herr Minister Wolf, ich habe eine ergänzende Frage. Das beschleunigte Ver fahren ist sicherlich ein sehr guter Schritt. Ich bin auch froh, dass wir in Stuttgart mit einem Modellprojekt starten.

Sie sagten, das Prinzip heißt: Die Strafe folgt unmittelbar auf die Tat. Wir haben es hier auch mit 14- bis 18-Jährigen zu tun. Inwieweit gibt es da beim Straftatbestand oder beim Strafmaß, das verhängt wird, Änderungen? Gibt es da im Zuge dieser Ideen des beschleunigten Verfahrens – spürbar muss dann auch etwas passieren – entsprechende Veränderungen gegen über dem bisher bestehenden Recht?

Es ist eben vor allem eine Veränderung im Ablauf, in der Abwicklung,

und deswegen wird auch das zusätzliche Personal gewährt. Innerhalb eines Tages eine Straftat zu ermitteln, sie durch die Staatsanwaltschaft zur Anklage zu bringen und dann seitens des Gerichts den Termin anzuberaumen und durchzuführen und damit zu einer Verurteilung bis zur Rechtskraft zu kom men, das ist schon ein Mehraufwand, den wir eben durch per sonelle Zuwächse unterstreichen.

Das beschleunigte Verfahren kann nicht auf Minderjährige an gewendet werden. Da haben wir das Instrument des Hauses des Jugendrechts. Da gibt es klare Vorgaben und Differenzie rungen. Insofern ist es, glaube ich, notwendig, den gesamten Instrumentenkasten zu bespielen, um alle Tätergruppen in ih rem jeweiligen Lebensalter damit auch zu erreichen.

Das Grundprinzip, das dahinter steckt, ist einfach: Beschleu nigung, schnellere Bestrafung und damit ein höherer erziehe rischer Effekt.

Herr Abg. Fink, Sie haben das Wort, um Ihre Frage zu stellen.

(Zurufe: Weber!)

Ich schätze den Kollegen Fink zwar sehr, aber ich bin immer noch Kollege Weber. Kein Problem.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Minister, ich habe zwei Fragen, die mir auf der Seele brennen.

Das eine Thema ist schon angesprochen worden. Das Thema „Beschleunigte Verfahren“ haben wir als einen Punkt aus der Debatte von vor zwei Jahren um die Studie zur Paralleljustiz herausgegriffen. Mich würde interessieren, was Sie da an wei teren Punkten entnehmen wollen, weil wir ja die Strukturen gesehen haben, die ganz offensichtlich staatliche Regeln nicht anerkennen, die sich sehr breit über ganz verschiedene Bevöl kerungsgruppen erstrecken.

Die zweite Frage, die mir und uns auf dem Herzen liegt, be trifft das Thema „Beauftragter für die Opfer von Terrorverbre chen und anderen Verbrechen“. Wir haben in der Stuttgarter Innenstadt am Wochenende natürlich Täter, aber auch Opfer gesehen. Da würde mich sehr interessieren, wie weit wir da mit der Planung der Einrichtung der Beauftragtenstelle sind.

Vielen Dank.

Sie spre chen noch einmal die damalige Studie zur Paralleljustiz an. Ich muss einräumen: Vieles von dem, was in der angespro chenen Kabinettsvorlage drinsteckt, ist auch eine Folge der damaligen Befunde. Keine Reaktion für sich gesehen ist ein Allheilmittel; das wissen wir auch. Aber es ist eine Bandbrei te von Maßnahmen, um frühzeitig diese Strukturen aufzubre chen.

Was die Studie zur Paralleljustiz angeht, waren wir damals auch der Annahme, dass es klug ist, frühzeitig mit verstärk tem Rechtskundeunterricht, mit verstärkten Maßnahmen zur Weiterbildung über Strukturen des Rechtsstaats auch in die Schulen zu gehen. Bemerkenswerterweise haben wir das ja begonnen als Antwort auf Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind und von denen wir einfordern, dass sie den Rechtsstaat

achten. Da war es auch wichtig, ihnen die Rahmenbedingun gen unseres Rechtsstaats darzulegen. Da kam die Erkenntnis: Es ist auch sinnvoll, das in den Schulen zu tun und damit die Schüler frühzeitig präventiv mit den Rahmenbedingungen des Rechtsstaats zu konfrontieren.

Was war Ihre zweite Frage?

(Abg. Jonas Weber SPD: Beauftragter für die Opfer!)

Beauftragter für Opferschutz. Ja, diese Kabinettsvorlage ist in der finalen Abstimmung. Sie wurde in den Koalitionsfrak tionen behandelt und ist in der Ressortabstimmung. Ich habe vorhin die Einladung für die Kabinettssitzung in der nächsten Woche bekommen, und da steht diese Kabinettsvorlage auf der Tagesordnung, sodass ich davon ausgehe, dass wir in Kür ze auch beschließen können, um die Einrichtung des Opfer schutzbeauftragten zu schaffen – ausgehend von den Groß schadenslagen, von den Terroranschlägen, aber eben auch nicht darauf reduziert.

Es soll dem Opfer letztlich erspart bleiben, Klinken putzen zu müssen und von einer zur nächsten Einrichtung zu laufen, son dern ihm soll ermöglicht werden, einen Erstansprechpartner zu haben, der auch weitervermitteln kann. Damit wollen wir jetzt zügig an den Start gehen.

Vielen Dank. – Herr Abg. We ber, Sie haben das Wort.

Danke schön. – Ich möchte nur ganz kurz nachfragen, Herr Minister. Ich freue mich ja, dass das in den Regierungsfraktionen angekommen ist. Aber meines Er achtens gab es dazu einen gemeinsamen Entschließungsan trag und einen gemeinsamen Haushaltsantrag von vier Frak tionen hier im Landtag. Zumindest für meine Fraktion kann ich jedoch nicht bestätigen, dass in der Fraktion die Informa tion zur Ausgestaltung der Beauftragtenstelle angekommen wäre. Wenn es möglich wäre, dass die Regierung und die Re gierungsfraktionen uns in dem Prozess beteiligen, würden wir uns an dieser Stelle sehr freuen – um das an dieser Stelle auch leicht kritisch anzumerken.

(Vereinzelt Beifall)

Das ist völlig korrekt. Ich erinnere mich an diesen gemeinsamen An trag. Das ist so. Ich bin mir aber ganz sicher, dass wir umfas send das umgesetzt haben, was auch Sie mit Blick auf eine solche Opferschutzstelle im Auge haben und was Sie auch durch Ihren politischen Impuls realisiert wissen wollen. Aber ich will Sie da gern schnellstmöglich auch mit den Inhalten dieser Vorlage konfrontieren.

(Abg. Jonas Weber SPD: Danke schön!)

Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann ist auch dieses Thema abge arbeitet und Punkt 4 unserer Tagesordnung insgesamt erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Jagd- und Wildtiermanage mentgesetzes – Drucksache 16/8038

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – Drucksache 16/8161

Berichterstatter: Abg. Reinhold Gall

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.

In der Aussprache erteile ich das Wort für die Fraktion GRÜ NE Herrn Abg. Pix.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf zeigt, dass die Regierungsko alition mit ihren Vorstellungen eines zukunftsgerichteten Wildtiermanagements auf dem richtigen Weg ist. Zwei Ände rungen haben wir nach der Verbändeanhörung gemeinsam mit der CDU noch eingebracht.

Das ist zum einen das Verbot der Bewegungsjagd zwischen Februar und September. Es ist bereits jetzt jagdliche Praxis und stellt zudem den Tierschutz in der Setz- und Aufzuchtzeit in den Vordergrund. Dies ist uns Grünen ein sehr wichtiges Anliegen.

Dem Änderungswunsch der CDU in § 36 haben wir ebenfalls Rechnung getragen, da er Rechtssicherheit für die Jagdaus übungsberechtigten schafft, indem im Gesetzestext klargestellt wird, dass Dritte ausschließlich im Seuchenfall zur Jagd hin zugezogen werden dürfen.

Auch wenn wir mit einigen der vorliegenden Änderungen den Koalitionsvertrag umsetzen, betone ich ausdrücklich noch ein mal, dass wesentliche Änderungen des Jagd- und Wildtierma nagementgesetzes auf der Grundlage wissenschaftlicher Er kenntnisse des Wildtierberichts entstanden sind. Genau das ist die große Stärke dieses Gesetzes.

(Beifall)

Dem Wildtierbericht und somit auch den Wildtierbeauftrag ten kommt eine Schlüsselrolle im modernen Wildtiermanage ment zu. Darum ist es folgerichtig, dass diese zukünftig in je dem Landkreis verpflichtend eingestellt werden müssen.

Die Einführung des Stadtjägers und die Verschiebung der all gemeinen Schonzeit basieren ebenfalls auf Empfehlungen des Wildtierberichts. Darum lehnen wir den Änderungsantrag der FDP/DVP klar ab.

(Beifall)

Auch in Zukunft werden wir wissenschaftliche Grundlagen für Gesetzesänderungen heranziehen und dabei nicht überhol ten, traditionellen Vorstellungen des Waidwerks nachhängen.

In der nächsten Legislaturperiode werden wir uns sicherlich weiterhin mit der Frage nach dem richtigen Umgang mit dem Wolf und der Anpassung der Jagdzeit von Rehwild beschäf tigen. Hier wird uns die Wissenschaft zu gegebener Zeit Da ten liefern und wird Handlungsbedarf signalisieren. Anpas sungen im Gesetz sind also dann denkbar, wenn die Ergebnis se des Wildtierberichts diese implizieren. Der nächste Wild tierbericht, meine Damen und Herren, wird uns nächstes Jahr

vorgelegt. Auch da wird sich dann zeigen, ob es Reformbe darf geben wird.

Die wichtigste Stellschraube bei der erfolgreichen Rehwild bejagung sehen wir jedoch nicht in den Jagdzeiten an sich. Vielmehr ist eine intelligente Organisation für eine effektive Jagd insgesamt entscheidend. Dazu gehört z. B. eine Kombi nation aus intensiven Intervalljagden und Jagdruhezeiten.