Protokoll der Sitzung vom 24.06.2020

Die wichtigste Stellschraube bei der erfolgreichen Rehwild bejagung sehen wir jedoch nicht in den Jagdzeiten an sich. Vielmehr ist eine intelligente Organisation für eine effektive Jagd insgesamt entscheidend. Dazu gehört z. B. eine Kombi nation aus intensiven Intervalljagden und Jagdruhezeiten.

Durch die Erweiterung der zulässigen Patronenzahl von drei auf fünf bei halbautomatischen Waffen kann besonders die Ef fektivität bei Bewegungsjagden gesteigert werden.

Wir sehen auch die Jägerschaft in der Verantwortung, ihren Beitrag für die Erhaltung unserer geschädigten Wälder zu leis ten. Denn von Dürre, Sturm und Borkenkäfern zerstörte Wäl der lassen sich nur dann neu begründen, wenn flächendeckend die Wildbestände nicht so hoch sind. Hier ist echte waidmän nische Kompetenz gefragt.

(Beifall)

Die Zeiten, in denen in teuren Verbissschutz investiert wurde, sind hoffentlich vorbei. Das Geld wird in der Forstwirtschaft dringend für wichtigere Maßnahmen benötigt. Mittelfristig fordern wir angepasste Schalenwildbestände als Vorausset zung für die staatliche Förderung von Aufforstungen.

Unser Wald, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in einer dramatischen Situation. Bei der Erhaltung dieses wich tigen und einzigartigen Ökosystems und Lebensraums für Wildtiere müssen wir alle an einem Strang ziehen. Hier zäh len wir ganz besonders auf die Jägerschaft.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, die Coronakrise hat den Druck auf unsere Wälder zusätzlich verstärkt. Das Ausflugsziel Wald hat plötzlich für viele Menschen einen ganz neuen Stellenwert. Mountainbikefahren und Wandern florieren in den letzten Mo naten in einem nie da gewesenen Ausmaß. Auf Waldlehrpfa den, wo sich in normalen Zeiten am Wochenende eine Hand voll Familien tummeln, gleicht der Wald nun fast einem Frei zeitpark. Der Druck auf die Natur und die Wildtiere nimmt unweigerlich zu.

Mehr denn je brauchen wir geeignete Konzepte und tragfähi ge Lösungen, um Konflikte zu minimieren, alle Nutzungsin teressen unter einen Hut zu bringen und dem Wild genügend Rückzugsräume zu bieten. Auch hier werden die Jäger als wichtige Fürsprecher für die Wildtiere mehr denn je ge braucht.

(Beifall – Zuruf: Punktlandung!)

Für die CDU spricht Herr Kollege Hagel. Er hat einen weiten Weg und macht sich schon einmal auf die Socken.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die Jagd ist so alt wie die Menschheit selbst. Das kann man bei uns, Karl-Wilhelm Röhm, daheim auf der Alb sehr eindrücklich besichtigen,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

wo unlängst die Eiszeithöhlen zum Weltkulturerbe ernannt worden sind. Fünf von sechs Höhlen sind bei uns im Alb-Do nau-Kreis. Der Löwenmensch, eines der ältesten Fundstücke der Menschheit, zeigt sehr eindrücklich, dass sich der Mensch schon sehr früh mit der Jagd beschäftigt hat. Jagd ist für uns in Baden-Württemberg also auch Kulturgut.

Wir alle wissen nicht erst seit den Debatten der letzten Wo chen, dass wir diese Kulturgüter pflegen müssen. Auch die Hitzigkeit so mancher Debatte in diesem Hohen Haus zeigt uns, dass dem einen oder anderen der Sommerurlaub ganz gut tun wird. Da kann ich nur jeden einladen, diesen im Alb-Do nau-Kreis zu verbringen.

(Zuruf: Bravo!)

Die Beratung der Novelle am 7. Mai in diesem Hohen Haus war sehr sachlich. Die Anhörung hat viele gute Kritikpunkte, vor allem auch der Jagdverbände, zutage gefördert. Sie sind vorgetragen worden und sind jetzt im laufenden Verfahren auch übernommen worden.

Ich finde, das JWMG, wie es jetzt vorliegt, ist ein sehr guter Kompromiss. Es bringt mit der Schadensvorsorge die unter schiedlichen Anforderungen eines Flächenlands wie BadenWürttemberg in Einklang getreu dem Motto: Schaden verhü ten ist besser als Schaden vergüten.

Die jüngste Änderung von § 4 des ForstBW-Gesetzes, durch die jetzt für die Förster in Baden-Württemberg die Jagd auch zur Dienstpflicht geworden ist und die Gebührenfrage einer Regelung zugeführt wird, zeigt, dass Wald und Wild in Ein klang gesehen werden und nicht im Widerspruch. Sehr geehr ter Herr Minister Peter Hauk, dafür sage ich Ihnen und Ihren Mitarbeitern im Namen der CDU-Fraktion herzlichen Dank.

(Beifall)

Aber eine Sache – das sage ich ganz offen – macht mir etwas Sorge. Das Anhörungsverfahren wurde – wie die letzten An hörungsverfahren auch – über das Beteiligungsportal des Lan des Baden-Württemberg vorgenommen, also online im Netz. 25 Kommentare gab es, mit denen sich Bürgerinnen und Bür ger zu dieser Änderung des Jagd- und Wildtiermanagement gesetzes zu Wort gemeldet haben. Im Grunde war der trauri ge Tenor: Jagd sollte doch am besten verboten werden. Ich muss als Jäger ganz offen sagen: Das hat mich schon etwas beschäftigt. Denn diese pauschale Verurteilung der Jäger schaft, dieses pauschale Bild von Jägerinnen und Jägern in Baden-Württemberg wird der Sache und der Arbeit der Jäge rinnen und Jäger nicht gerecht.

(Beifall)

Daher möchte ich mich heute in der zur Verfügung stehenden Zeit auch damit auseinandersetzen. Denn so muss Politik doch sein, dass man die Meinung der anderen Seite auch wert schätzt.

Warum ist es so, woher kann das kommen, dass genau diese Gesinnung in weiten Teilen der Gesellschaft vorherrscht? Ich glaube, dass es im Wesentlichen damit zu tun hat, dass in wei ten Teilen gar nicht verstanden wird, was dieses altehrwürdi ge Handwerk der Jägerschaft tut. Darum möchte ich heute an dieser Stelle für dieses Handwerk der Jägerschaft werben.

Denn es ist eine harte und wichtige Arbeit. Ich kann nur sa gen: Wer schon einmal einen Maisacker eingezäunt hat, um ihn vor Schwarzwild zu schützen, wer sieht, was zum Teil Rehwild an Schäden verursacht, an Aufforstungen notwendig macht oder an jungen Bäumen anrichtet, der weiß, was dort tagtäglich geleistet wird.

Was wäre der Wald ohne einen intakten und der Landschaft angepassten Wildbestand? Er wäre wie eine Wanderung ohne Rast oder eine Rast ohne eine Holzbank. Es sind die Jägerin nen und Jäger in Baden-Württemberg, die diesen Einklang aus Landwirtschaft, aus Forst und aus Wild schaffen und dieses Naturphänomen bei uns im Gleichgewicht halten. Sie sorgen mit den Bauernfamilien für eine intakte Kulturlandschaft bei uns in Baden-Württemberg.

Deshalb möchte ich ganz offen sagen: Kein Jäger macht das, um Geld zu verdienen, sondern die Jagd kostet Geld. Die Jä gerinnen und Jäger sind in Baden-Württemberg unterwegs, weil sie die Natur lieben, weil sie das Wild und die Tiere ach ten und vor allem weil sie sich gesellschaftlich einbringen wollen. Gerade in dieser Zeit entdecken viele Menschen wie der mehr unsere heimische Natur und auch die regionalen Le bensmittel. In den Städten wird die Suche nach Schrebergär ten immer größer. Ich wünsche mir, dass wir alle das zum An lass nehmen, um unser eigenes Verhältnis zur Natur und zu Geschöpfen zu überdenken. Ich wünsche mir, dass wir die Jä gerinnen und Jäger in Baden-Württemberg als das sehen, was sie sind: Tierschützer, Naturschützer und vor allem ehrbare Leute.

Herzlichen Dank.

(Beifall – Zuruf: Bravo!)

Herr Abg. Gall, Sie spre chen für die SPD-Fraktion.

Werte Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen, meine Damen, meine Herren! Das vorge legte Jagd- und Wildtiermanagementgesetz beinhaltet – da wiederhole ich, was ich in der ersten Lesung schon gesagt ha be – im Wesentlichen wirklich gute Änderungen und Ergän zungen, die wir inhaltlich mittragen, beispielsweise die Be rücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels in unse rer Region, dessen Folgen für die heimischen, aber auch für eingewanderte Tierarten und die hieraus resultierenden Erfor dernisse und Notwendigkeiten im Bereich der Jagd.

Der Tatsache, dass sich Wildtiere inzwischen auch in unseren Städten heimisch fühlen, wird ebenfalls Rechnung getragen, beispielsweise durch die Einführung eines Stadtjägers oder einer Stadtjägerin.

Ausdrücklich begrüßen wir auch – weil wir uns davon viel versprechen – die Einführung eines digitalen Wildtierportals und einiges andere mehr. Vieles von dem, was vorgeschlagen wurde, wurde in den Anhörungen auch insgesamt als positiv bewertet.

Unsere Kritikpunkte sind jedoch bis auf eine Ausnahme ge blieben. Die Ausnahme: Sie haben zwischen der ersten Le sung und heute – das finde ich ausgesprochen gut; es kommt ja nicht so häufig vor; das will ich einmal ausdrücklich sagen – Ihre ursprünglich verfassungsrechtlich bedenkliche Rege

lung der Beauftragung Dritter entschärft; sie wurde, wenn man so will, minimiert auf die Tierseuchenbekämpfung. Das hal ten wir für absolut richtig.

Schwer tun wir uns aber nach wie vor mit der noch immer be absichtigten Vorziehung der allgemeinen Wildruhe. Wir ha ben nach wie vor die Befürchtung, dass dies die Bejagung bzw. die Eindämmung invasiver, gebietsfremder Arten er schwert, obwohl es nach Europarecht den Auftrag gibt, dies umzusetzen. Das erschweren Sie nach unserem Dafürhalten mit diesem Gesetz.

Dass Sie nach wie vor eine gesetzliche Entschädigungsrege lung für den durch den Luchs verursachten Schaden – nach meinem Kenntnisstand sind drei bis vier Luchse im Land nachgewiesen – vorsehen, sich aber beharrlich weigern, die gleiche Regelung auch für den Wolf anzuwenden – es tut mir wirklich leid –, ist meines Erachtens ziemlich kleinkariert, um nicht zu sagen, peinlich und einfach dem geschuldet, dass Sie sich diesbezüglich nicht einigen konnten.

(Beifall)

Völlig unverständlich ist, obwohl Sie darauf anscheinend noch richtig stolz sind, dass Sie entgegen dem erklärten Willen der Jägerschaft – dem ausdrücklich erklärten Willen der Jäger schaft – die Regelung zu den halbautomatischen Waffen ver ändern wollen. Die Jäger wollen ausdrücklich keine größere Magazinkapazität, weil sie befürchten – man kann es nachle sen, so wurde es formuliert –, dass dadurch mehr krank ge schossenes Wild entsteht. Von Effektivität, Herr Pix, kann gar keine Rede sein. Ich weiß gar nicht, ob Ihre Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion wissen, was sie hiermit be schlossen haben, nämlich die halbautomatischen Waffen auf zumunitionieren – anders kann ich es gar nicht sagen.

(Zuruf)

Das will die Jägerschaft definitiv nicht. Sie hätten deshalb heute die Gelegenheit, einem vernünftigen Vorschlag der Jä gerschaft zu folgen, unserem Antrag entsprechend stattzuge ben und dadurch vielleicht unsere Zustimmung zu diesem Ge setz zu erreichen.

(Beifall)

Herr Abg. Stein, Sie sind der nächste Redner.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute noch einmal die Ände rung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes auf der Ta gesordnung. Ich möchte zunächst einmal auf die Stellungnah me des Landesjagdverbands eingehen. Daraus ergibt sich ei ne wichtige Erkenntnis: Herr Minister Hauk, Sie sind den Jä gern und allen kompromissbereiten Teilnehmern der runden Tische im Herbst beim Thema Wildschäden in den Rücken gefallen. Der dort erzielte Kompromiss bei der Wildschadens regulierung und der Umkehr der Beweislast wurde von Ihnen geopfert, weil Sie dem Nachkarten einer Interessengruppe nachgegeben haben.

Da stellt sich die Frage: Wozu sollen sich Verbandsvertreter überhaupt an einen runden Tisch setzen, wenn der Minister wesentliche Einigungen vergisst oder unter dem Druck ein

zelner Interessengruppen über den Haufen wirft? So sieht ver trauensvolle Verbandsarbeit nicht aus, Herr Hauk.

Deshalb haben wir einen Änderungsantrag zum Schadensaus gleich eingebracht, der genau diese Punkte noch einmal zur Abstimmung stellt. Wir sind aber noch etwas weiter gegan gen und fordern, dass die Schäden durch den Luchs nicht nur bei den Weidetierhaltern, sondern auch bei den Revierinha bern erstattet werden können. Mit gutem Willen lässt sich das auch unbürokratisch regeln.

Unser Änderungsantrag soll ein Zeichen sein, dass die Jäger angesichts der Zunahme der Zahl großer Raubtiere nicht al leingelassen werden.

Der Institution des Stadtjägers stimmen wir grundsätzlich zu, doch fehlt im aktuellen Entwurf die Regelung zum Eigentums- und Aneignungsrecht des Jagdausübungsberechtigten. Stadt jäger ja, aber nicht, indem die grundsätzlichen Rechte des Jagdpächters verletzt werden.

Die Benachrichtigung der Polizei vor jedem Einsatz des Stadt jägers scheint eine weitere bürokratische Hürde ohne erkenn baren praktischen Nutzen zu sein. Das sehen wir ganz klar als eine offene Flanke, was dieses Thema angeht. Dies könnte den Stadtjäger von seinem notwendigen und nützlichen Tun ab halten oder ihn zumindest unnötig behindern.