Protokoll der Sitzung vom 24.06.2020

Nun hat für die CDUFraktion noch einmal Herr Abg. Lorek das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Bei der heutigen Debatte hier wie auch in der medialen Debatte kam mir ein Aspekt etwas zu kurz. Ich danke ausdrücklich Herrn Minister Thomas Strobl, dass er darauf eingegangen ist.

Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, Angehörige der Feu erwehr, des Rettungsdienstes sind Menschen – Menschen wie Sie und ich –, und es sind Menschen, die gezielt angegriffen werden. Diese Menschen haben sich am Samstagabend von ihrer Familie verabschiedet und gingen zur Nachtschicht. Sie wussten nicht, was sie in der Nacht erwarten würde.

Ich habe mit Einsatzkräften gesprochen. Die Einsatzkräfte sagten mir, das, was sie Samstagnacht, Sonntagmorgen erle ben mussten, sei nur mit einem Wort zu umschreiben: Anar chie! Die Familien hoffen immer, dass der Vater, die Mutter, die Partnerin oder der Partner nach dem Nachtdienst wieder gesund nach Hause kommt.

Glauben Sie mir: Ich bin mit 16 Jahren zur Polizei gegangen und war mit 18, 19 Jahren mit der Ausbildung fertig. Ich hat te auch Einsätze – Helm auf den Kopf, Einsatzanzug an. Da mals waren es Castortransporte oder Demonstrationen der Re publikaner. Damals habe ich auch schon Ablehnung, Hass und Gewalt gegenüber Polizei und Einsatzkräften verspürt. Und glauben Sie mir: Das vergisst man nicht.

Zum vergangenen Wochenende: Diese plötzlich auftretende, massive Gewalt ist eine völlig neue Dimension. Kollege Blen ke und Minister Strobl haben das Video angesprochen. Ich glaube, alle von uns haben dieses Video gesehen und haben gesehen, wie ein Polizeibeamter jemanden festnehmen möch te, und im Kung-Fu-Stil kommt ein Täter angeflogen und tritt den Polizeibeamten von dem Festgenommenen weg.

Diese Dimension kenne ich so nicht, kannte ich so nicht. Das schmerzt einen persönlich. Glauben Sie mir – der Beamte wurde glücklicherweise nicht verletzt –: Das wird auch er nicht mehr vergessen.

Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind Menschen, die für uns alle, für unser aller Sicherheit einen schwierigen Job ma chen, einen schwierigen Beruf ausüben. Genauso wenig wie andere Gruppen haben sie verbale oder körperliche Angriffe verdient.

(Beifall)

Die pauschalen Herabwürdigungen unserer Polizei in den letz ten Wochen von einigen politischen Akteuren und in der me dialen Debatte in Deutschland schmerzen die Menschen ge nauso wie die Tritte und Schläge am Sonntagmorgen.

Dank wurde schon viel ausgesprochen. Dem kann ich mich nur anschließen. Ich glaube aber auch, man kann den Einsatz kräften nicht oft genug danken. Ich möchte explizit auch Po lizeivizepräsident Berger für die kluge Einsatzführung dan ken, ebenso wie Landespolizeipräsidentin Dr. Hinz und In nenminister Strobl, die sich hinter und auch vor die Polizei stellen. Das ist genau das richtige Zeichen in dieser Zeit.

(Beifall)

Unter diesem Eindruck möchte ich an eine Maßnahme erin nern, die unter der grün-schwarzen Landesregierung beschlos sen wurde, die wir in dieser Legislaturperiode eingeführt ha ben und die richtig war: Wir übernehmen die Schmerzensgeld ansprüche von Beamtinnen und Beamten, wenn sie im Dienst verletzt wurden. Jetzt zeigt sich einmal mehr, dass es richtig war, dass ein Opfer, das verletzt wurde, sich nicht auch noch darum kümmern muss, im Zusammenhang mit dem Schaden das Geld einzutreiben. Danke, dass das für die Polizei und die Landesbeschäftigten in dieser Legislaturperiode gelungen ist.

(Beifall)

Die Ausschreitungen und die Gewalt am Samstag hatten eine neue Qualität. Alle sagen: „Wir müssen handeln.“ Ich glaube – das wurde vorhin schon angesprochen –, dass wir, der Land tag, auch handeln können, und dies möglichst schnell. Wir be nötigen dringend die zeitnahe Ausweitung des Polizeigeset zes, die Ausweitung des Einsatzes der Bodycam. Stellen Sie sich einfach einmal den Fall vor,...

Herr Kollege, Sie müssen bitte auf die Zeit achten.

... am Samstagabend oder am Sonntagmorgen wäre ein Polizist einem Plünderer hinterher gelaufen und hätte durch eine zerschlagene Schaufensterschei be einen Laden betreten. Dann hätte der Polizist an der Schau fensterscheibe die Bodycam ausschalten müssen. Das ist völ lig absurd. Ich hoffe, dass wir da noch vor der parlamentari schen Sommerpause eine Änderung hinbekommen.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

In Anbetracht der Zeit: Wie Mi nister Strobl ausgeführt hat, muss hier mit der vollen Härte des Rechtsstaats vorgegangen werden. Das ist genau richtig.

Ich habe viele Fotos vom Wochenende gesehen, die mir wirk lich nicht gefallen haben, die mich betroffen machen. Aber ein Foto gefällt mir sehr.

(Der Redner hält ein Bild hoch.)

Das möchte ich öfter sehen. Das sind die Bilder, die wir brau chen: Der Rechtsstaat wirkt, der Rechtsstaat funktioniert. Las sen Sie uns gemeinsam daran arbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Zeit ist auch schon weit überschritten. Wir haben die Aktuel le Debatte damit beendet, und Punkt 2 der Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

a) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der

AfD – Gesetz zur Kürzung der Abgeordnetenentschä digung und der Bezüge der Regierungsmitglieder wäh rend der Corona-Krise – Drucksache 16/8026

b) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion

GRÜNE, der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes – Drucksache 16/8073

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses – Drucksache 16/8244

Berichterstatter: Abg. Nico Weinmann

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache über die Buchstaben a und b eine Redezeit von fünf Minuten je Frak tion festgelegt.

Zuerst hat Herr Abg. Sckerl für die Fraktion GRÜNE das Wort. – Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die bei den Gesetzentwürfe in der Ersten Beratung am 20. Mai und zwischenzeitlich auch im Ständigen Ausschuss ausführlich besprochen. Ich will mich auf das Wesentliche beschränken.

Mit dem gemeinsamen Gesetzentwurf der vier Fraktionen und dem Verzicht auf die Erhöhung der Abgeordnetenentschädi gung um 2,6 % möchten wir ein Zeichen der Solidarität set zen. Wir spüren als Abgeordnete in einer privilegierten Situ ation nicht das am eigenen Leib, was viele Menschen in un serem Land derzeit erleben müssen: Einkommensverlust, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosigkeit, Angst um die eigene Zu kunft.

Bei uns ist die Entschädigung trotz Corona am Ende des Mo nats ungeschmälert auf dem Konto. Das ist notwendig, um ge rade auch in diesen schwierigen Zeiten eine engagierte Abge ordnetentätigkeit durchzuführen. Das ist für uns ein Job, der uns mehr fordert als jemals zuvor.

Aber wir sollten angesichts unserer eigenen Situation demü tig sein. Wir haben deshalb die Pflicht, alles dafür zu geben, dass das Land und seine Menschen so schnell wie möglich aus der Krise herauskommen. Lassen Sie uns also gemeinsam dafür weiter hart arbeiten. Der Verzicht auf die Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung ist folgerichtig. Eine Diätener höhung würde nicht in die Landschaft passen. Das ist der Grund für diesen gemeinsamen Gesetzentwurf, ein klares Si gnal zu setzen.

Wir haben dafür eindeutige Motive. Lässt sich das von dem Gesetzentwurf der AfD auch sagen? Da habe ich meine Zwei fel, meine Damen und Herren, denn zu viele Skandale im Um gang mit Steuergeldern, Spenden und anderem pflastern den Weg dieser Partei und dieser Fraktion,

(Vereinzelt Lachen – Zurufe)

als dass man ihren Gesetzentwurf tatsächlich ernst nehmen könnte. Ich könnte jetzt eine halbe Stunde lang Beispiele an führen, denn diese sind wirklich sehr umfangreich, sehr zahl reich und vielfältig.

(Zurufe, u. a. Abg. Carola Wolle AfD: Insbesondere von der CDU, nicht?)

Ich nenne stellvertretend nur ein paar wenige, damit man sie tatsächlich auch immer wieder vor sich hat: Ihre damalige, scheinbare Fraktionsspaltung mit zusätzlichen Kosten von 570 000 € für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler,

(Zurufe, u. a. Abg. Bernd Gögel AfD: Das wird auch durch Wiederholungen nicht besser!)

die Sie so gern und so oft zitieren und bemühen, mit einer viel zu späten Rückerstattung von zu Unrecht erhaltenen Geldern, oder der Missbrauch von Steuergeldern für die Fraktion für Großflächenwerbung der AfD im Bundestagswahlkampf hier in Stuttgart oder auch die Tatsache, die oft im Verschwiege nen stattfindet: Die meisten Ihrer Abgeordneten betreiben im Wahlkreis kein Büro, aber sie kassieren selbstverständlich die Kostenpauschale, meine Damen und Herren,

(Beifall – Zurufe)

die insbesondere für die Wahlkreisarbeit vorgesehen ist und aus diesem Grund auch angepasst wurde. Diese Pauschale kassieren Sie einfach stillschweigend als zweites Gehalt ein – im Gegensatz zu der ganz großen Mehrzahl aller anderen Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf)

Hier im Landtag den Robin Hood für die kleinen Leute spie len zu wollen und über hohe Diäten zu schimpfen, aber selbst Diäten und Nebenleistungen, die alle zu 100 % steuerfinan ziert sind, ungeschmälert in die eigene Tasche zu stopfen, das passt definitiv nicht zusammen, meine Damen und Herren. Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei Ihnen sehr weit ausei nander.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf)

Deswegen ist Ihr Gesetzentwurf genau das, was wir in der ers ten Lesung gesagt haben: Es ist ein Schauantrag, und er ist nicht ernst zu nehmen.