Protokoll der Sitzung vom 24.06.2020

Deswegen ist Ihr Gesetzentwurf genau das, was wir in der ers ten Lesung gesagt haben: Es ist ein Schauantrag, und er ist nicht ernst zu nehmen.

In den Beratungen wurde zwischenzeitlich – das ist ein erns tes Anliegen – die Frage aufgeworfen, ob die Aussetzung der Erhöhung auch für ehemalige Abgeordnete, die sogenannten pensionierten Kolleginnen und Kollegen, gelten soll. Ent scheiden müssen das wir als aktive Abgeordnete. Da die Pen sionen nicht gekürzt werden, halten wir diese Aussetzung für vertretbar, damit alle das mittragen, auch die Kolleginnen und Kollegen, die bereits pensioniert sind. Es handelt sich jetzt auch nicht um Beträge, die irgendjemanden in eine existen zielle Not stürzen würden.

(Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Abschließend möchte ich mich für meine Fraktion für die Be reitschaft der Fraktionen von CDU, SPD und FDP/DVP sehr herzlich bedanken, diesen gemeinsamen Gesetzentwurf aus der Mitte des Parlaments einzubringen und heute zu beschlie ßen. Ich hoffe, dass wir damit ein Mut machendes Signal der Solidarität in die Gesellschaft aussenden können.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall)

Als Nächste hat das Wort für die CDU-Fraktion Frau Abg. Razavi.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! In der Tat hat die Coronapan demie uns alle ziemlich kalt erwischt. Viele sind von den fi nanziellen Folgen getroffen. Tagtäglich telefonieren wir mit Familienvätern, Familienmüttern, die in Kurzarbeit sind, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben, mit Unternehmen, die seit Wochen keine Auftragseingänge mehr haben, mit Busunter nehmen, mit dem Zeltverleiher, der noch bis Ende dieses oder bis Anfang nächsten Jahres keine Aufträge mehr haben wird, mit Vereinen, die in Sorge sind, mit Kulturschaffenden, mit Selbstständigen und vielen mehr. All diese haben in dieser Zeit große Probleme und existenzielle Nöte.

Die Volkswirte übertreffen sich mit Horrornachrichten, wel cher Einbruch zu befürchten ist. Diejenigen, die in diesem Land politische Verantwortung tragen und in der Verantwor tung stehen, haben in den letzten Wochen mit vollem Einsatz darauf hingewirkt, die Folgen in unserem Land und in der Be völkerung so gut wie möglich abzufedern.

Wir haben, glaube ich, bisher recht erfolgreich gegen dieses Virus gekämpft und wollen auch weiterhin erfolgreich aus die ser Krise gehen. Dafür haben wir im Land viel Geld bereitge stellt. Wir unterstützen damit effektiv und schnell die, die

durch die Krise stark betroffen sind. Erst gestern hat die Lan desregierung mit weiteren zentralen Soforthilfen für Unter nehmen, für Betriebe, für Kultur und Vereine vieles auf den Weg gebracht.

In großer Geschlossenheit und Besonnenheit tun wir alles, um den Motor der Wirtschaft am Laufen zu halten, ihn wieder an zufeuern und vor allem auch das gesellschaftliche Leben zu stützen und zu schützen. Das, was wir tun, hilft den Menschen in diesem Land. Damit werden wir unserer politischen Ver antwortung gerecht.

(Beifall)

Gerade in diesen Zeiten kommt es aber auch auf Zusammen halt und Solidarität an. Deswegen wollen wir Abgeordneten ein Zeichen setzen und verzichten mit dem vorliegenden ge meinsamen Gesetzentwurf von Grünen, CDU, SPD und FDP/ DVP auf die anstehende Diätenerhöhung. Wir zeigen damit unsere Nähe zu den Menschen, wir zeigen unsere Verbunden heit mit den Menschen, die durch diese Krise Opfer bringen müssen.

Maßstab für die Abgeordnetenentschädigung ist ganz wesent lich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1975, das den Abgeordneten eine Entschädigung zuspricht, die der Bedeutung des Amtes angemessen ist und vor allem die Unabhängigkeit von Parlamentariern sichert.

Das Bundesverfassungsgericht hat uns aber auch aufgetragen, über unsere Bezahlung selbst zu entscheiden. Wir stehen hier unter starker öffentlicher Beobachtung und auch unter Recht fertigungsdruck. Das ist auch richtig so. Wir alle wissen, wie kritisch das Ganze oft gesehen wird und wie unberechtigt die Vorwürfe teilweise sind.

Deswegen war es richtig, dass der Landtag im Jahr 2005 ent schieden hat, das Verfahren zur Anpassung der Abgeordne tenentschädigung auf ein automatisiertes Indexverfahren – bis 2017 anhand einer gewogenen Messzahl und seitdem orien tiert am Nominallohnindex – umzustellen. Das heißt, die Be züge der Abgeordneten richten sich streng nach den Löhnen und der Lohnentwicklung im Land, nach dem durchschnittli chen Volkseinkommen. Das heißt: Steigen die Löhne, steigen unsere Diäten, sinken die Löhne, sinken auch unsere Diäten – beispielsweise in der Finanzkrise 2010. Das ist ein einfa ches, transparentes und gerechtes Verfahren.

Es wirkt allerdings nachlaufend. Weil die Löhne 2019 um 2,6 % gestiegen sind, bedeutet das, dass auch unsere Diäten nachlaufend in diesem Jahr um 2,6 % steigen würden. Zum 1. Juli 2020 ergäbe sich damit eine Erhöhung der Diäten von 8 210 € auf 8 423 €, also eine Erhöhung um 213 € brutto. Wir sind uns in diesem Haus allerdings weitgehend einig: Steigen de Diäten passen einfach nicht in diese Zeit,

(Beifall)

in eine Zeit, in der Menschen Einschnitte hinnehmen müssen. Deswegen greifen wir bewusst einmalig in diesen Automatis mus ein und beschließen heute eine außerplanmäßige Null runde. Die sinkenden Löhne in diesem Jahr bewirken dann ohnehin sinkende Diäten im nächsten Jahr. Die allgemeine Lohnentwicklung des Jahres 2020 werden wir also doppelt spüren.

Man kann mit diesen eingesparten 365 000 € sicherlich nicht – im Verhältnis zu dem Gesamtvolumen des Landeshaushalts von 50 Milliarden € – große Sprünge machen. Deswegen ist die Nullrunde einfach eine Botschaft, ein Signal. Aber es war und ist uns, der CDU, wichtig, dass dieses Geld nicht einfach nur im Landeshaushalt versickert. Uns wäre es wichtig, dass hiermit ganz konkret Maßnahmen finanziert werden, die hel fen. Vielleicht können wir uns – ich sage das mit Blick zur Fi nanzministerin – tatsächlich noch Gedanken machen, wie die ses Geld dann auch wirklich bei den Menschen ankommen kann.

(Abg. Anton Baron AfD: 360 000 €!)

Frau Abgeordnete, die Zeit ist lange um.

Ja, ich komme zum Schluss. – Ich bin mir sicher, dass der Weg, den wir heute gehen, der richti ge ist. Das bedeutet keine Abwertung unserer Arbeit. Aber auch wir schnallen den Gürtel enger. Das ist ein wichtiges Si gnal der Solidarität, und das ist – so glaube ich – auch das, was die Menschen von der repräsentativen Demokratie im Land erwarten.

Vielen Dank.

(Beifall)

Herr Abg. Dr. Weirauch spricht für die SPD.

Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits am 20. Mai ausführlich über die Hintergründe unseres gemeinsamen Gesetzentwurfs und die gemeinsame Zielset zung von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, Grü nen, CDU und FDP/DVP diskutiert. Ich möchte das daher heute nicht in epischer Breite ausführen. Die Argumente wur den ja damals schon hinreichend debattiert.

Wir werden in dieser Woche und in den kommenden Wochen noch viel über die Auswirkungen der Pandemie und die Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie sprechen. Wir wer den über Ausmaß und Inhalte der Hilfsprogramme diskutie ren und auch untereinander über die richtigen Wege und Mit tel, um unser Land wirtschaftlich und gesellschaftlich wieder in die richtigen Bahnen zu lenken, streiten.

Aber wir von der SPD sind uns in einem Punkt mit den ande ren demokratischen Fraktionen sicherlich einig: In diesen schwierigen Zeiten, unter denen die Wirtschaft, aber auch die Gesellschaft allgemein zu leiden haben, in denen viele Men schen nicht wissen, wie es finanziell weitergeht, kann es kei ne Diätenerhöhung für die Abgeordneten im Landtag von Ba den-Württemberg geben. Weil diese aber gesetzlich so vorge sehen ist, möchten wir mit unserem Gesetzentwurf die gesetz lichen Grundlagen entsprechend ändern.

Um es kurz zu machen: Wir halten grundsätzlich an dem Me chanismus fest, die Diäten an die allgemeine Lohnentwick lung im Land zu koppeln. Ich hatte am 20. Mai schon erläu tert, dass es ein sehr probates Mittel ist, die Anpassung der Di äten an die allgemeine Lohnentwicklung zu koppeln, um auch den Bezug zu den Menschen im Land zu behalten. Deswegen

ist es der richtige Mechanismus. Aber in diesen ungewöhnli chen Zeiten wäre aus Sicht der SPD-Fraktion eine Steigerung zum 1. Juli 2020 unanständig.

Apropos unanständig: Herr Gögel – ich hatte es Ihnen ja schon vor fünf Wochen gesagt –, das ist ein untauglicher Versuch, den Sie hier an den Tag legen. Aber die AfD versucht sich mit ihrem – ich sage es einmal in Anführungszeichen – „Gesetz entwurf“ einmal mehr in Szene zu setzen, eine Neiddebatte auf Kosten auch baden-württembergischer Landesbeamten an zuzetteln und darüber hinwegzutäuschen, was Sie den badenwürttembergischen Steuerzahler und die baden-württember gische Steuerzahlerin durch Ihre in weiten Teilen, würde ich sagen, sinnbefreite Tätigkeit hier im Haus schon gekostet ha ben.

(Beifall – Zurufe)

Wir werben für die Zustimmung zu unserem gemeinsamen Gesetzentwurf. Lassen Sie uns gemeinsam solidarisch sein mit den Menschen in Baden-Württemberg,

(Zuruf)

die uns alle gewählt haben, die wir hier sitzen – auch im Ver trauen darauf, dass wir Entscheidungen wie diese mit Augen maß und klarem Kompass treffen für das, was geht, und für das, was nicht geht. Die Diätenerhöhung zum 1. Juli 2020 geht aus meiner Sicht eindeutig nicht. Deswegen werbe ich um Zu stimmung zu unserem Gesetzentwurf.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Herr Abg. Baron, Sie ha ben für die AfD das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es zeigt sich ein mal mehr, dass Sie an ehrlicher Solidarität mit der Bevölke rung kein Interesse haben –

(Beifall)

unfähig, auf Vorschläge der einzigen wirklichen Oppositions fraktion einzugehen,

(Vereinzelt Beifall – Vereinzelt Lachen – Oh-Rufe)

und ebenso unfähig, auf die Menschen im Land zu hören oder überhaupt mit diesen das Gespräch zu suchen.

Aus den Debatten zu Beginn dieser Legislaturperiode haben Sie gar nichts gelernt. Aber klar ist: Auch das hier wird Ihnen irgendwann auf die Füße fallen.

Noch mal zur Veranschaulichung der Behandlungsgegenstän de: Da ist einmal der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion. Die ser sieht einen Verzicht auf 10 % der Abgeordnetenentschä digung

(Zuruf des Abg. Dr. Boris Weirauch SPD)

bis 2021 vor. Das ist für jeden zumutbar. Angesichts der mo mentanen Grunddiät von ca. 8 200 € bedeutet das, dass nie

mand von Ihnen arm werden oder seine Hypothek nicht mehr bedienen könnte.

Unsere Bezüge lägen übrigens noch immer deutlich über dem Durchschnittseinkommen der Bevölkerung. Nicht nur das, sie lägen auch deutlich über den Bezügen eines Abgeordneten des Schweizer Nationalrats, die sich umgerechnet auf knapp 6 000 € belaufen. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um ein Bundesparlament, und zwar eines Landes, in dem die Kosten für den Lebensunterhalt deutlich höher sind als bei uns. Viel leicht ist es ein Grund für den Erfolg unseres Nachbarlands, dass dort Politiker aller Parteien aus einem ehrlichen Interes se in die Politik gehen. Ich lasse diese Frage einmal offen.