Protokoll der Sitzung vom 22.07.2020

nicht schön wären oder den Schülern nicht guttäten, sondern weil sie schlicht und einfach unter dem Gesichtspunkt des In fektionsgeschehens eine immens große Herausforderung dar stellen.

Im Übrigen gibt es unsererseits auch keine neuen Erkenntnis se. Ich habe den Medien gesagt, was wir generell tun: Wir ent scheiden analog zum Infektionsgeschehen und gehen Schritt für Schritt voran. Deshalb ist es jetzt auch ein Stück weit schwierig. Sie sagen mir immer, ich müsse den Schulen sehr frühzeitig sagen, wann was kommt. „Eisenmann braucht zu lange, Eisenmann kommuniziert nicht.“

Wenn ich den Schulen jetzt sage, was sie machen, kann ich die neuesten Untersuchungen – – Freiburg ist das eine. Übri gens ging Freiburg im Mai noch von einem Abstand von min destens 5 m, eher 7 m aus. Jetzt kommt man zu der Erkennt nis: 2 m gehen auch. Das ist kein Vorwurf, aber eine Entwick lung. Wenn ich noch drei, vier Wochen warte, liegen uns die Untersuchungen der Universität Erlangen zusammen mit de nen aus München und von anderen vor. Es ist für mich schon wichtig, bei dieser schwierigen Frage der Abwägung, bei der es um Schülerinnen und Schüler sowie um Lehrkräfte geht, auf wissenschaftlicher Grundlage zu entscheiden. Es geht da rum, wie gesichert ich sagen kann: Auf der Basis dieser Vor gaben könnt ihr dies tun, ohne womöglich ein Infektionsge schehen auszulösen. Das macht niemand böswillig, sondern das kommt, es ist da, und wir alle wissen, wie Corona agiert und wie schwierig es ist, einen Infektionsherd wieder einzu dämmen, ohne eine Schule oder eine Klasse in Quarantäne zu schicken. Das wollen wir vermeiden.

Was machen wir? Wir prüfen analog und in Abstimmung mit den wissenschaftlichen Instituten, was wir tun können. Es spricht vieles dafür, Chöre und Blasmusikorchester mit der Vorgabe von einem Abstand von 2 m in den Blick zu nehmen. Machen wir die Vorgabe von maximal 20 Personen oder nicht? Wie groß muss der Raum dann sein? Es gibt übrigens auch von der Uni Freiburg den Vorschlag, dass es beispielsweise klug wäre, überall CO2-Ampeln aufzustellen. Wie sieht da die Umsetzung aus?

Ich will damit nur eines sagen: Wir nehmen das Thema ernst. Niemand will, dass Blasmusik oder Singen in unseren Schu len keinen Platz haben. Die Bitte ist aber schon, ernst zu neh men, dass wir in einer schwierigen Situation sind, wo sich Co rona gerade in diesen beiden Bereichen mit am deutlichsten widerspiegelt.

Deshalb ist es unsere Aufgabe, festzustellen: Wie können wir hier unter bestimmten Maßgaben, die aber auch nicht den Vor stellungen entsprechen, die manche jetzt haben – das ist nicht der Chorgesang, den man sonst kannte, und ich weiß nicht, ob Singen mit Mundschutz Sinn macht –, vorgehen? Da gibt es hohe Auflagen aus Infektionsschutzgründen, nicht aus Bös willigkeit oder Bösartigkeit der Ministerin, sondern weil alle Experten im medizinischen und virologischen Bereich drin gend dazu raten und wir unseren Schulen gegenüber auch ei ne Schutzfunktion haben. Schule und Präsenz heißt nun ein mal, dass die Schülerinnen und Schüler auch anwesend sind.

Deshalb können Sie mir glauben: Wir prüfen das sehr engma schig. Wir setzen darauf, dass wir in den nächsten Tagen auch noch Untersuchungsergebnisse bestätigt bekommen, sodass

man sagen kann: Mit 2 m Abstand, begrenzt auf eine bestimm te Gruppe, mit Durchlüftung und mit anderen Vorgaben kann man Singen und Blasmusik in den Schulen ermöglichen. Die Zielsetzung ist klar: Das wollen wir. Aber ich kann nur drin gend davor warnen, so zu tun, als gäbe es Corona nicht, als würde man es aus Jux und Tollerei verbieten. Mir ist eine ver lässliche Präsenzpflicht an den Schulstandorten ab September zu wichtig, um sie aufs Spiel zu setzen, solange noch keine medizinischen Grundlagen vorliegen.

Darum bitte ich um Verständnis. Es wird vielleicht noch zwei bis drei Wochen dauern, nicht, weil wir zu langsam kommu nizieren, sondern weil wir auf die Ergebnisse der wissen schaftlichen Untersuchungen warten, die für uns dann die Ba sis sind, um den Schulen verlässlich zu sagen, auf welcher Grundlage und mit welchen Vorgaben sie wieder Singen und Blasmusik anbieten können. Daran arbeiten wir.

Herzlichen Dank.

(Beifall)

In der zweiten Runde erteile ich für die FDP/DVP-Fraktion Herrn Abg. Haußmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Ei senmann, Sie haben darauf hingewiesen, dass Sie die wissen schaftlichen Erkenntnisse intensiv heranziehen, dass Sie das Problem auch als medizinisches Thema erkennen. Dies hat auch niemand, der für die Fraktionen gesprochen hat, bestrit ten. Ich darf noch einmal betonen, dass wir nicht gesagt ha ben, jetzt könnten wir alles aufheben.

Aber interessant ist schon, wie Sie, wenn Sie sagen, wir müss ten auf Sicht fahren, dazu kommen, in der Regelung, die Sie an die Schulen gegeben haben, Vorgaben bis zum Sommer 2021 festzulegen und zu sagen: „Noch bis zum nächsten Schuljah resende verbieten wir Gesang und Blasmusik in geschlosse nen Räumen.“ Letzteres passt nicht zu Ihrer Aussage, wir müssten auf Sicht fahren.

(Beifall)

Ich hätte mir schon gewünscht, dass wir Antworten bekom men. Die Schulen gehen jetzt in die Sommerferien und wis sen nicht, wie sie planen sollen. Auch gibt es Schülerinnen und Schüler, die jetzt entscheiden müssen, wie sie im nächs ten Schuljahr im Musikbereich ins Abitur gehen. Insbesonde re nach den Aussagen der Vertreter der Regierungsfraktionen, von Herrn Kern und Herrn Dr. Becker, hätte ich mir von Ih nen, Frau Ministerin, gewünscht, dass Sie sagen: „Vor den Sommerferien gibt es hierzu noch eine Vorgabe.“ Sie haben sie in der Presse angekündigt. Jeder wartet darauf. Sie haben noch nicht gesagt, wann sie kommt. Auch hätte ich mir ge wünscht, dass Sie etwas zu den Arbeitsgemeinschaften sagen und dass Sie sagen, wie Musikschulen und Vereine im nächs ten Schuljahr mit Schulräumen umgehen können.

Das, was Sie zum Ausdruck gebracht haben, war recht wenig. Nach dem Artikel in der „Stuttgarter Zeitung“ hatte ich auf die gemeinsame Aussage gehofft: Die Debatte der Fraktionen war erfolgreich und hat auch gut begonnen. Daher bin ich

schon überrascht, dass Sie zu diesen Punkten im Grunde ge nommen nichts gesagt haben.

(Zuruf: Wie immer!)

Unter dem nächsten Tagesordnungspunkt werden wir den Ent wurf eines Gesetzes zur parlamentarischen Kontrolle der Frei heitsbeschränkungen infolge der Covid-19-Pandemie sowie zwei weitere Gesetzentwürfe beraten. Nach den übereinstim menden Aussagen der Fraktionen ist es bitter notwendig, dass wir nicht länger über Verordnungen regiert werden, sondern dass das Parlament wieder mehr mitredet, dass wir hier mehr unterstützen.

(Beifall)

Daher ist es umso wichtiger, dass wir beim nächsten Tages ordnungspunkt zu einer Lösung kommen und so vielleicht auch den Ministerien mehr Unterstützung geben. Die Unter stützung wurde jetzt von allen Seiten zugesagt. Deswegen hof fe ich einmal, dass vor der parlamentarischen Sommerpause eine Entscheidung im Sinne der Schulen und im Sinne der Schülerinnen und Schüler getroffen wird. Es ist auch relativ schwer zu erklären, warum es in Musikschulen möglich sein soll. Da kommen auch Fragen, Sorgen und Nöte auf. Es soll te möglich sein, dass Sie das vor der parlamentarischen Som merpause entscheiden. Ich glaube, das ist auch in der heuti gen Debatte klar geworden.

Herzlichen Dank.

(Beifall)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich das Wort Herrn Abg. Kern.

Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Nur ganz kurz: Es mag der Eindruck entstanden sein, dass ich eine sehr leichtfertige Haltung zu dem Thema Hygiene hätte. Das trifft nicht zu, das ist nicht der Fall. Ich habe versucht, klarzumachen, dass all das, was ich gesagt habe, selbstverständlich nur unter der Voraussetzung stattfinden soll, dass die Hygieneregeln eingehalten werden.

Danke schön.

(Beifall – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ha ben wir so verstanden! – Unruhe)

Während das Redepult desin fiziert wird, frage ich – – Herr Abg. Dr. Becker nicht. Okay. Aber Frau Abg. Wölfle hat noch Redezeit und bekommt gleich das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Frau Ministerin, Sie haben nicht erklärt, warum Sie diese 180-Grad-Wende gemacht haben. Sie haben eine Rechtsverordnung erlassen und diese dann – wahrschein lich aufgrund des massiven Drucks und der vielen Briefe – plötzlich wieder zurückgenommen. Beruht die Rücknahme jetzt auf Ihrer Einsicht oder auf dem Druck? Mir ist in Ihrer Rede nicht ganz klar geworden, was eigentlich dazu geführt hat.

Ich möchte noch einmal betonen, was der Kollege Kern ge sagt hat. Ich glaube, niemand hat infrage gestellt, dass die Hy

giene- und Abstandsregelungen auch in den Schulen einzu halten sind, und niemand von uns ignoriert Corona in irgend einer Weise. Aber worum es im Kern ging, ist die Transparenz der Entscheidung und auch die Übertragbarkeit. Warum kann ich das, was ich mit den Abstandsregelungen in den Musik schulen oder in der Amateurmusik mache, nicht auch in der Schule machen?

Ich habe übrigens auch nicht gesagt, Sie hätten das Musizie ren im Freien verboten. Ich habe nur gesagt: Die Schulen ent werfen längst eigene Konzepte. Ich habe Ihnen empfohlen, mit den Schulen zu sprechen und sich anzuhören, was diese für Konzepte entwickelt haben, u. a. für das Musizieren im Freien. Das machen die. Oder sie suchen sich Räumlichkei ten, in denen sie die Abstandsregeln einhalten können. Las sen Sie das doch die Schulen entwickeln, und lassen Sie sie das einfach vor Ort in aller Verantwortung machen. Die Rück nahme der Rechtsverordnung ist daher richtig, aber der Vor gang wäre vermeidbar gewesen, wenn Sie tatsächlich das Ver trauen in die Schulen gehabt hätten, dass sie in eigener Ver antwortung eine gute Lösung treffen können.

Vielen Dank.

(Beifall)

Gibt es noch weitere Wort meldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann können wir die Ak tuelle Debatte unter Punkt 2 beenden.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

a) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der

FDP/DVP – Gesetz zur parlamentarischen Kontrolle der Freiheitsbeschränkungen infolge der Covid-19-Pan demie – Drucksache 16/8152

b) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der

SPD – Gesetz zur Beteiligung des Landtags bei Maß nahmen nach den §§ 28 bis 31 des Infektionsschutzge setzes – Drucksache 16/8250

c) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜ

NE und der Fraktion der CDU – Gesetz über den Er lass infektionsschützender Maßnahmen – Drucksache 16/8297

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.

Die Fraktion der FDP/DVP und die Fraktion der SPD haben zwischenzeitlich mitgeteilt, dass sie im Hinblick auf den ge meinsamen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf der Frak tion GRÜNE und der Fraktion der CDU ihre Gesetzentwürfe Drucksachen 16/8152 und 16/8250 zurückziehen.

In der Allgemeinen Aussprache hat jetzt zuerst für die Grü nen Herr Abg. Filius das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass es den Regierungsfraktionen von Grünen und CDU sowie den Fraktionen von SPD und FDP/DVP nunmehr gelungen ist, dass der vorliegende Gesetzentwurf „Gesetz über den Erlass infektionsschützender Maßnahmen“ in zweiter Lesung heute

im Plenum als gemeinsamer Gesetzentwurf beraten werden kann.

Gelungen ist dies in konstruktiven Verhandlungen der Frakti onen, die in den vorliegenden gemeinsamen Änderungsantrag mündeten. Durch diesen Änderungsantrag sind die Fraktio nen der SPD und der FDP/DVP dem Gesetzentwurf der Re gierungsfraktionen quasi beigetreten und haben deshalb ihre eigenen Gesetzentwürfe zurückgezogen. Allen an der Ver handlung Beteiligten sage ich ein herzliches Dankeschön. Denn Geschlossenheit ist in einer solchen Krise ein wichtiges Signal an die Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall)

Ja, das Coronavirus bestimmt weiterhin unseren Alltag. Das derzeitige Infektionsgeschehen ist zum Glück überschaubar, und die ergriffenen Maßnahmen tragen Früchte. Das ist ein Verdienst unserer Landesregierung. Sie hat mit schnellen und zielgerichteten Maßnahmen im Krisenmodus ein Abflachen der Infektionskurve erreicht. Aber der ganz besondere Dank gilt den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land, die so be sonnen und umsichtig in der Krise handeln.