Seien Sie endlich mal menschlich. Denken Sie an sich, aber denken Sie auch an die Bürger, denken Sie daran, was Sie mit den Bürgern dieses Landes machen.
Meine Damen und Herren, ich lasse über den Antrag von Herrn Abg. Dr. Fiechtner abstim men. Wer dem Antrag von Herrn Abg. Dr. Fiechtner zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist damit mehrheitlich abgelehnt.
Aktuelle Debatte – Vom Saulus zum Paulus – Ministerprä sident Kretschmanns Entdeckung des Verbrennungsmo tors – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt ja immer wieder in der Geschichte des Landes mehr oder weniger einschneiden de historische Erlebnisse. Eines dieser zumindest kleinen ein schneidenden historischen Erlebnisse hatte das Land am 25. September dieses Jahres, als wir in einem Interview des Ministerpräsidenten in der „Wirtschaftswoche“ lesen durften: „Auch die Grünen fahren Auto.“
Er hat allerdings nicht gesagt, ob das für alle Grünen gilt, ob das auch für seinen Verkehrsminister gilt – der uns ja wissen lässt, man sollte zunehmend Autowege durch Fahrradwege und durch Fußwege ersetzen. Herr Hermann, ich habe sogar gehört, Sie hätten ein Buch geschrieben, in dem Sie sich aus malen, Sie würden 100 Jahre alt
und es fahren keine Autos mehr. Also, das sind die Visionen unseres Verkehrsministers, die allerdings nur eingeschränkt zu dem passen, was der Ministerpräsident jetzt neuerdings ent deckt hat: Auch die Grünen fahren Auto.
Oder ich nenne Herrn Hofreiter und andere, die das Verbot des Verbrennungsmotors in den Raum stellen, und Herrn Öz demir, der gesagt hat, es müssten viel weniger Autos werden.
Auch beim Ministerpräsidenten war da ein fast biblisch zu nennender Lernprozess notwendig, bis er dahin gekommen ist. Denn er hat ja nicht sozusagen als Apostel des Verbren nungsmotors angefangen, sondern als Pharisäer Saulus, der – im biblischen Sinn – zunächst einmal den Verbrennungsmo tor „verfolgt“ hat. Vom Beginn seiner Amtszeit stammt das geflügelte Wort: „Weniger Autos sind besser als mehr“ – so der Saulus Kretschmann noch vor einigen Jahren.
Es muss ihm etwas Ähnliches widerfahren sein wie dem bib lischen Paulus, der ja auf dem Weg nach Damaskus offensicht lich eine Erscheinung hatte. Christus ist ihm erschienen und hat ihn gefragt: „Warum verfolgst du mich?“ Dann kam er zur Einsicht. Unserem Ministerpräsidenten muss der Verbren nungsmotor erschienen sein, der ihn gefragt hat: „Warum ver folgst du mich?“ Eine ähnliche Einsicht muss dann beim Mi nisterpräsidenten Raum gegriffen haben.
Denn im Mai dieses Jahres, als Ergebnis der Coronakrise, hat er Kaufprämien gefordert, Kaufprämien für Verbrennungsmo toren, aus der Einsicht heraus, dass der Verbrennungsmotor in Baden-Württemberg sowohl für die Automobil- als auch für die Zulieferindustrie von essenzieller Bedeutung ist und dass das für uns ein Wohlstandsfaktor ist. Ich habe das schon da mals ausdrücklich gewürdigt.
Im September ging er aber noch einen Schritt weiter. Da folg te in diesem Interview auch die Infragestellung des ökologi schen Nutzens der batterieelektrischen Mobilität.
Denn, so der Ministerpräsident, wenn die erneuerbaren Ener gien, so wie im Moment, nicht ausreichen, um die Batterien zu laden, dann ist es gar nicht so weit her mit dem ökologi schen Nutzen der batterieelektrischen Mobilität. Denn wenn wir die Batterien mit Strom laden, der aus polnischen Braun kohlekraftwerken kommt, wenn wir das Lithium irgendwo fördern, wenn die Entsorgung nicht geklärt ist, dann ist es in der Tat nicht so weit her mit dem ökologischen Nutzen.
Aber gleichzeitig werden die Arbeitsplätze infrage gestellt. Das merken wir doch im Moment an allen Ecken und Enden unserer Automobil- und Zulieferindustrie. Da ist von Arbeits platzabbau die Rede – und das hat mit der Fixierung auf die batterieelektrische Mobilität zu tun, meine Damen und Her ren.
In diesem Interview stellt der Ministerpräsident auch einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erhalt von Arbeits plätzen und von Wohlstand in Baden-Württemberg her. Ich zitiere:
Da kann ich nur sagen: Herzlich willkommen im Club! Da kann ich nur sagen: Glücklicherweise ist aus dem Minister präsidenten Saulus ein Ministerpräsident Paulus geworden, der das mittlerweile einsieht. Die Frage ist nur, ob diese Ein sicht auch seinen Verkehrsminister, der sich ja am heutigen Tag vielleicht noch äußern wird, und die Fußtruppen seiner grünen Partei ereilt hat.
Denn es ist klar: Unsere Automobilwirtschaft ist zentral ab hängig von dieser Frage. Es nützt doch nichts, sich auf eine Technologie zu verengen, die 2 % des Marktes ausmacht. Wenn bei uns die Automobilindustrie, die Zulieferer und mit telbar auch der Maschinenbau – unsere zentralen Kernindus trien – abhängig sind von einem vernünftigen technologischen Wandel der Automobilwirtschaft, dann ist es völlig klar, dass wir die Antriebssysteme der Zukunft ändern müssen, dass wir wegmüssen von dem fossilen Zeitalter.
Aber die batterieelektrische Mobilität ist eben nicht der ein zige Weg und wahrscheinlich auch nicht der beste Weg, um vom fossilen Zeitalter wegzukommen. Es ist auch industrie politisch nicht vernünftig; das sage nicht ich, sondern das sagt Paulus Kretschmann. Ich zitiere:
Solange wir bei den Batterien noch von Asien abhängen, ist es industriepolitisch gesehen ratsam, nicht nur auf ei nem Bein zu stehen.
Deshalb lautet seine Schlussfolgerung: Technologieoffenheit, das Setzen auch auf Wasserstoff, auf synthetische Kraftstof fe. Das ist aber das, was von den Ideologen der batterieelek trischen Mobilität zentral verhindert wird.
Doch, die synthetischen Kraftstoffe werden beispielsweise vom Bundesumweltministerium verhindert. Da wird es nicht in die notwendigen DIN-Normen aufgenommen.
Es wird verhindert von Ideologen, die versuchen, die batte rieelektrische Mobilität auf Teufel komm raus am Markt durchzusetzen. Das ist genau das Thema. Glücklicherweise hat Herr Kretschmann das erkannt. Es geht um umweltfreund liche Verbrenner. Das ist das Thema „Umweltfreundliche Ver brenner“. Dafür sollte man sich endlich einmal öffnen.
Insofern kann ich nur hoffen, dass das Missionswerk des Pau lus Kretschmann bei seiner eigenen Partei ähnlich erfolgreich ist wie das Missionswerk des biblischen Paulus bei den Hei den, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Herr Rülke und der Verbrennungsmo tor, die FDP und der Verbrennungsmotor – das ist, wie wir ge rade wieder gehört haben, auch eine ganz eigene Art von schwieriger Geschichte.
Die FDP möchte aus dem Verbrennungsmotor und aus allen anderen Antriebstechnologien eine Glaubensfrage machen – eine Glaubensfrage, das haben Sie auch mit dem Titel der heu tigen Aktuellen Debatte demonstriert –