Werben Sie dafür, dass die Leute ihre Kontakte auf das Aller notwendigste beschränken. Denn es ist unsere gemeinsame Verantwortung, Schaden vom Land und seinen Bürgerinnen und Bürgern abzuwenden.
Im Frühjahr haben wir gesehen, was wir erreichen können, wenn wir alle zusammenhalten. Zusammenhalt ist der größte Trumpf im Kampf gegen das Virus.
Damit sind wir besser durch die Krise gekommen als die meis ten anderen Länder der Welt. Wir sollten uns jetzt wieder auf die Tugenden besinnen, die unser Land stark machen: Ge meinsinn, Verantwortungsbereitschaft und Solidarität. Lassen Sie uns das tun. So können wir es wieder schaffen, und so kön nen wir die zweite Welle brechen.
Meine Damen und Herren, für die Aussprache über die Regierungsinformation haben die Fraktionen freie Redezeit vereinbart.
Nach § 83 a Absatz 3 unserer Geschäftsordnung erteile ich in der Aussprache zunächst Herrn Fraktionsvorsitzenden Gögel für die AfD das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst stellt sich für uns von der AfD die Frage, warum die Parlamentarier und andere Personen – insgesamt über 200 – heute nach Stuttgart beordert wurden.
Wir haben die von einem nicht legitimierten Gremium getrof fenen Beschlüsse bereits zur Kenntnis genommen. Am Mitt woch konnte jeder die Beschlussvorlage und am Donnerstag abend die an die Beschlussvorlage geknüpfte Entscheidung der 16 Ministerpräsidenten und der Kanzlerin lesen. Das ha ben wir bereits zur Kenntnis genommen.
Der Herr Ministerpräsident hat in seinen Ausführungen vor hin hier im Plenum nichts anderes verkünden können als das, was bereits in dieser Beschlussvorlage von Mittwoch stand. Warum sind wir also hier? Wir sind hier, um das Bild einer Scheindemokratie abzuliefern, als ob wir heute hier etwas zu beschließen und abzustimmen hätten.
Um das nicht ganz so schlimm wirken zu lassen, haben die Grünen und die CDU noch schnell einen Entschließungsan trag nachgereicht. Mit diesem sollen wir die Ausführungen im Prinzip noch einmal bestätigen und darum bitten, dass die Re gierung ausgewogene, angemessene Verordnungen schreibt.
Nein, meine Damen und Herren, wir müssen Verordnungen hier im Parlament diskutieren. Wir müssen Änderungsanträ ge zu Verordnungen einbringen können. Darüber müssen wir abstimmen können. Das ist Demokratie.
Das, was wir hier heute machen, ist ein reines Schauspiel für die Medien da draußen im Land. Wir sollen uns in den nächs ten Stunden über die Kenntnisnahme dieser unverhältnismä ßigen und unlogischen Coronabeschlüsse auseinandersetzen.
Kommen wir zum Ursprung dieser undemokratischen Verhält nisse. Dieser liegt 20 Jahre zurück, meine Damen und Herren. Wer von Ihnen erinnert sich noch an den 12. Mai des Jahres 2000? Es war ein sonniger Freitag. Damals fand im Bundes tag unter Tagesordnungspunkt 16 die Dritte Lesung eines Ge setzentwurfs statt. Unter Tagesordnungspunkt 16 wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vorschriften, das Seuchenrechtsneuordnungsgesetz, verab schiedet. Schon bei dem Begriff hat es an diesem Freitag wahrscheinlich auch noch die letzten Parlamentarier ins Wo chenende getrieben, meine Damen und Herren.
Laut Protokoll hat sich die Ministerin beschwert, dass nur noch wenige Parlamentarier anwesend gewesen seien.
Die Regierungsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben damals selbstverständlich für ihren Gesetzentwurf ge stimmt. Die CDU/CSU konnte sich kein eigenes Meinungs bild erarbeiten und enthielt sich der Stimme. Die FDP stimm te gegen diesen Gesetzentwurf, allerdings nicht aus den Grün den, aus denen wir heute darüber diskutieren, sondern auf grund von datenschutzrechtlichen Bedenken.
Auf verfassungsrechtliche Bedenken ist kein einziger Parla mentarier gekommen. Auch die Fachjuristen im Bundestag haben sich anscheinend nicht ausgiebig mit diesem Gesetz be fasst; sonst hätte man bereits im Jahr 2000 darauf hinweisen müssen, dass dieses Ermächtigungsgesetz – nichts anderes war das – veranlasst, dass im Pandemiefall die Verantwortung an das Robert Koch-Institut abzutreten ist. Das RKI regiert aktuell mit der Kanzlerin diese Republik.
Meine Damen und Herren, wir erleben hier und heute live, dass das Parlament und damit die Volksvertreter in der aktu ellen Coronadiktatur nichts zu melden haben. Wir müssen weiterhin zusehen, wie die „Coronadiktatoren“ – das muss man sagen – hinter verschlossenen Türen auf der Grundlage ihrer einseitigen RKI-Wissenschaft Coronaverordnungen be schließen und das Abnickparlament diese nur zur Kenntnis nehmen darf.
Die Regisseure dieses Pandemietheaterstücks sind die Regie renden. Die Marionetten dieses Spektakels sind die Bürger und die Kinder in unserem Land, die seelisch-moralisch und finanziell missbrauchten Opfer Ihres Versagens, meine Da men und Herren.
All dies, Herr Ministerpräsident, um ein enorm riskantes Ver sprechen mit Blick auf den Dezember und ein gemeinsames weihnachtliches Feiern abzugeben. Was aber passiert – das frage ich Sie, Herr Ministerpräsident –, wenn das nicht ge lingt?
Ihr Durchregieren per Verordnungen geschieht nicht auf einer juristischen Grundlage. Die Verwaltungsgerichte können ein zelne Vorschriften in den Corona-Rechtsverordnungen von ei nem Tag auf den anderen kassieren, weil sie gegen den Parla mentsvorbehalt verstoßen. Und heute, aktuell, erreichen uns auch positive Nachrichten aus Österreich. Das oberste Verfas sungsgericht von Österreich hat heute genau die Maßnahmen, die auch Sie beschlossenen haben und die ab kommenden Montag gelten sollen, als verfassungswidrig bezeichnet und gekippt.
Das ist ein Hoffnungsschimmer auch für uns in Baden-Würt temberg. Wenn nur die Exekutive handelt, ist der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt.
Meine Damen und Herren, die Folgen der katastrophalen Co ronabeschlüsse durch die Hintertür – „die Zügel werden wie der angezogen und die neuen Coronamaßnahmen ab dem kommenden Montag eingeleitet“ –: Die Bürger in unserem Land sind beunruhigt, Dienstleistungen werden wieder still gelegt. Apropos Dienstleistungen: In den letzten Monaten ha ben sich ausgerechnet Gastronomen und Hoteliers, Besitzer von Sportstudios, Vereine ins Zeug gelegt und haben Ihre Hy gienevorschriften bis ins Detail umgesetzt.
Selbst die Zahlen, die Ihr Sozialministerium darüber veröf fentlicht, wo die meisten Ansteckungen passieren, zeigen: Diese passieren im häuslichen Raum, und sie passieren auf der Arbeitsstelle – 50 bis 60 % –, und ganz weit unten kom men die Organisationen, die Sie ab Montag schließen. Das ist aus unserer Sicht völlig unverhältnismäßig und unlogisch.
Weder unsere Gesellschaft noch unsere Wirtschaft werden den Zustand völliger Unsicherheit, Angst und offensichtlicher Planlosigkeit auf Dauer aushalten. Deshalb frage ich Sie, Herr Ministerpräsident: Wozu jetzt dieser nächste Lockdown? Man bezeichnet ihn jetzt vorsichtshalber als „light“ oder als „Mi ni-Lockdown“, um zur Rettung vor den nächsten Coronafol gen im Namen der Bürger weitere Kredite in Milliardenhöhe aufzunehmen. Auch dieser zweite Lockdown wird nichts brin gen. Die Gesellschaft muss lernen, mit Risiken umzugehen und die Verantwortung für andere und für sich selbst zu über nehmen.
Viren verhalten sich nicht rational, wie Sie eben auch selbst erwähnt haben. Deshalb: Nur eine Herdenimmunität wird die ses Virus besiegen,
es sei denn, Sie hoffen darauf, dass der Zentralrat der Viren beschließt: „Wir machen jetzt Schluss.“ Das wird aber nicht passieren.
(Beifall bei der AfD – Heiterkeit der Abg. Dr. Chris tina Baum AfD – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Bra vo, Bernd!)
Wir, die AfD, haben hier im Parlament die Regierenden hin sichtlich der überzogenen Coronamaßnahmen schon häufig scharf kritisiert und auch unsere Forderungen gestellt. Ein kleiner Auszug: unser Antrag Drucksache 16/7975 – Soforti ger Exit von Corona-Maßnahmen – vom 9. April 2020; unser Gesetzentwurf Drucksache 16/8026 – Gesetz zur Kürzung der Abgeordnetenentschädigung und der Bezüge der Regierungs mitglieder während der Corona-Krise – vom 24. April 2020. Dieser Gesetzentwurf wurde abgelehnt.
Wir haben über die Presse versucht, die Öffentlichkeit zu er reichen. Ich verweise auf die Pressekonferenz vom 27. April 2020: Vorstellung der 10-Punkte-Corona-Finanzstrategie zur Bewältigung der haushalterischen Folgen der Coronapande mie in Baden-Württemberg. 13. Mai 2020: „Keine Corona
Stigmatisierung an Schulen“; 15. Mai 2020: „Herr Kretsch mann, entschuldigen Sie sich bei den Bürgern!“; 17. Mai 2020: „Wo bleibt der Exitplan aus dem Lockdown?“; 15. Au gust 2020: „Landesregierung regiert weiter am Landtag vor bei“.
Ja, Herr Ministerpräsident, wir können nur hoffen, dass Sie Ihre Augen etwas weiter öffnen und über den Horizont der Ih nen vorgelegten Daten und Fakten hinaussehen können. Wir haben diese Themen hier schon lange angemahnt und moniert. Jetzt, Ende Oktober, schließen sich auch die Ärztevereinigun gen unseren Forderungen an.
Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten den Appell der Fachexperten bitte alle lesen. Das Ärz tebündnis stellt sich gegen den Coronakurs der Weltretterin Frau Merkel.
Im vorgestern veröffentlichten Positionspapier fordern die ärztlichen Berufsverbände einen Strategiewechsel in der Co ronapandemie und rufen zum Verzicht auf Lockdowns auf.