Protokoll der Sitzung vom 16.12.2020

Wir nehmen Sie aber beim Wort, Herr Sckerl: Wenn, wie Sie sagen, die Bürger ein Recht haben, zu erfahren, wer in wel cher Form an der politischen Willensbildung mitwirkt, dann muss ein Lobbyregister die erwähnten Grundvoraussetzungen erfüllen. Wir werden es nicht akzeptieren, dass wie beim Ka renzzeitgesetz ein weiteres Mal mit Nebelkerzen geworfen wird, damit das Thema für die Koalition – die, wie Sie sich erinnern, ein Lobbyregister im Koalitionsvertrag vereinbart hatte – vom Tisch ist, und zwar unabhängig davon, an wem es bei Grün oder Schwarz hakt.

Anfang September konnte man insbesondere auf den SocialMedia-Kanälen der Grünen wieder vollmundige Ankündigun gen sehen – ich hatte es beim Karenzzeitgesetz schon er wähnt –: Wir wollen ein Lobbyregister, wir wollen ein Ka renzzeitgesetz, wir wollen die Offenlegung von Nebenein künften. Warum? Sie selbst sagen: Politische Entscheidungen müssen für alle nachvollziehbar sein. Wir brauchen klare Re geln.

Aber insbesondere die Erfahrungen, die wir mit Ihnen beim Thema Karenzzeit gemacht haben, lassen uns zweifeln. Zur Erinnerung: Herr Hentschel hat hier an dieser Stelle im Ok tober einen umfassenden Gesetzentwurf noch in dieser Legis laturperiode angekündigt – im Oktober –, der uns aber bis heu te nicht vorliegt. Es liegt uns nichts vor. Abermalig: Es liegt uns nichts vor, und diese Erfahrungen lassen mich ein wenig daran zweifeln, dass Sie das Thema „Transparenz und Integ rität“ mit der notwendigen Ernsthaftigkeit betreiben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Herr Abg. Sckerl, Sie ha ben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Debatte heute ist überflüssig; das weiß die SPD. Das weiß sie ganz genau.

(Lachen – Vereinzelt Beifall – Zurufe)

Das ist Wahlkampf, meine Damen und Herren. Das war jetzt wieder ein Hauch von Wahlkampf hier im Landtag. Ich finde

es bemerkenswert: Während Gespräche stattfinden, bringt man einen eigenen Gesetzentwurf ein.

(Zuruf)

Das sind Stilfragen. Jeder muss die Stilfragen für sich selbst beantworten. Es waren meine Fraktion und meine Person, die diese Gespräche angeleiert, vorangetrieben haben.

(Lachen – Zurufe, u. a.: Oijoijoi! – Sie waren da ganz allein, Herr Kollege!)

Ich habe für diese Woche zum nächsten Gespräch eingeladen, Herr Weirauch.

(Zurufe)

In dieser Woche findet das nächste Gespräch statt. Natürlich haben die Kollegen parlamentarischen Geschäftsführer mit gemacht. Aber von irgendjemandem muss auch mal die Initi ative ausgehen. Das Recht, das hier zu sagen, nehme ich mir jetzt mal,

(Zuruf)

weil Sie jetzt gerade so tun, als ob Sie das Thema erfunden hätten. Wissen Sie was, Herr Dr. Weirauch?

(Zuruf)

Das Thema Lobbyregister wurde von den Grünen zum ersten Mal im Jahr 2008 in den Landtag von Baden-Württemberg eingebracht. Und es hat sage und schreibe zwölf Jahre gedau ert. Sie waren zwölf Jahre dagegen. Im Jahr 2020 ist die SPD zum ersten Mal dafür. Also blasen Sie sich bitte nicht so auf, Sie haben gar keinen Anlass dazu.

(Beifall – Zurufe)

So ist das. Sie müssen sich entscheiden, ob wir gemeinsame Gespräche führen,

(Zurufe – Unruhe)

ob Sie dafür kompromissbereit sind

(Zurufe)

oder ob Sie Ihren Gesetzentwurf einbringen wollen, und dann wird er halt beraten, und zum Schluss wird er wahrscheinlich abgelehnt.

(Unruhe)

Das müssen Sie entscheiden. Wir sind kompromissbereit. Das erwarte ich von Ihnen auch. Wenn sich Fraktionen im Land tag auf so etwas gemeinsam einigen, muss man auch kompro missbereit sein. Da macht es wenig Sinn, Maximalforderun gen anzumelden. Das wissen Sie. Das tun Sie aber mit Ihrem Gesetzentwurf.

Die Gespräche gehen halt manchmal nicht so schnell, wie man es gern hätte. Das erleben wir auch ständig. Gespräche haben stattgefunden, die Gespräche werden morgen fortgesetzt, Herr Dr. Weirauch.

(Unruhe)

Das wissen Sie wahrscheinlich noch nicht, weil es Ihnen Ihr parlamentarischer Geschäftsführer noch nicht gesagt hat.

Deswegen noch mal: Diese heutige Debatte ist überflüssig. Wir haben immer klargemacht, wofür wir stehen: für eine ziel genaue, ausgewogene Lösung in Baden-Württemberg, für kla re Verpflichtungen für Interessenvertreterinnen und Interes senvertreter bei der Eintragung in ein Register. Auch für Sank tionen sind wir – das haben wir klargemacht –

(Zuruf: Dafür sind Sie immer!)

und für die Wahrung der Grundrechte aller Beteiligten. Das ist ein Minimalangebot.

Ich glaube, dass wir in der Lage sein werden und auch sein müssen, uns für die Beratungen des Landtags im Januar und Februar auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf zu verständi gen. Dieser kann auf den Klausurtagungen der Fraktionen be raten und dann eingebracht werden. Dann haben wir für die nächste Wahlperiode eine gute Grundlage. Das wollen wir, das bieten wir an. Ich denke, so sollte man miteinander um gehen und keine Veranstaltungen machen, bei denen Fraktio nen versuchen, die anderen vorzuführen.

(Beifall – Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht! Das steht uns zu! – Abg. Anton Baron AfD: Herr Sckerl, wir hatten das zuallererst eingereicht! Das wollte ich nur mal sagen! – Gegenruf: 2008 wart ihr noch gar nicht hier! – Wei tere Zurufe)

Frau Abg. Razavi für die CDU, bitte.

Werte Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Nach dem Gekabbel der beiden Frak tionen, die am meisten im Bremserhäuschen sitzen, möchte ich mal wieder zur Sache zurückkommen.

(Heiterkeit und Beifall)

Ich hoffe, wir sind uns einig: Es gibt keine gute und keine schlechte Interessenvertretung. Mit solchen gedanklichen Schub laden sollten wir als Volksvertreter auch nicht hantieren. Aber gerade diese Unterscheidung sieht der Gesetzentwurf der SPD vor, nämlich bestimmte Interessenvertretungen von der Re gistrierungspflicht auszunehmen. Das lehnen wir ab.

(Vereinzelt Beifall)

Ich frage mich schon: Wollen Sie maximale Transparenz, oder wollen Sie sie nicht? Wir wollen sie auf alle Fälle; das sage ich hier im Haus einmal ganz deutlich.

(Vereinzelt Beifall)

Deswegen, verehrter Herr Kollege Gall – jetzt ist er gar nicht da; in der Presse äußert er sich –, halte ich es schon für eine ziemliche Unverschämtheit, dass Sie der CDU vorwerfen, wir würden auf Zeit spielen.

Schauen wir mal genau in die Sache hinein. An uns liegt es ganz gewiss nicht. Wir haben einen klaren Vorschlag zur Än derung der Geschäftsordnung gemacht. Wir haben einen Vor schlag für einen Gesetzentwurf gemacht – transparent, schlank

und handhabbar. Und wir hätten heute gut entweder die Ge schäftsordnung ändern oder schon die erste Lesung zu einem gemeinsamen Gesetzentwurf machen können. Wer das nicht wollte, waren Sie – wir schon.

Das Problem an Ihrem Gesetzentwurf ist: Sie sehen wohl die große Linie, aber er ist einfach nicht durchdacht.

(Zuruf: Die sehen immer große Linien!)

Unser Ziel ist es, dass jede Organisation und jeder Verband, der Interessen gegenüber dem Landtag und der Landesregie rung vertreten will, sich registrieren lassen muss. Ausnahmen gelten nur für die Bereiche, die grundrechtlich geregelt sind, nämlich Kirchen, Presse, Arbeitnehmerinnen- und Arbeitneh mervertreter etc. Leider wollten Sie unseren Vorschlag für ei ne so umfassende Transparenz nicht mittragen.

(Zuruf: Hört, hört!)

Ich möchte nur einmal auf zwei Punkte eingehen, bei denen unsere Positionen meilenweit auseinanderliegen.