Ich möchte nur einmal auf zwei Punkte eingehen, bei denen unsere Positionen meilenweit auseinanderliegen.
Stichwort Ordnungswidrigkeiten: Immer wieder wird gefor dert, dass Interessenvertreter bei falschen oder unvollständi gen Angaben ihrer Daten ein Ordnungsgeld von bis zu 50 000 € zahlen sollen. Ich frage mich: Wen trifft eine solche Regelung? Herr Kollege Weirauch, es trifft Ihre Mannheimer Turn- und Sportgesellschaft 1899, weil sie z. B. im Anschluss an eine Mitgliederversammlung vergessen hat, die gewählten Vorstände dem Landtag zu melden. Oder, Herr Kollege Gall, es trifft den Kreisfeuerwehrverband Heilbronn, weil er ver gessen hat, die geänderten Mitgliederzahlen durchzugeben.
Das heißt, eine Ordnungswidrigkeit trifft genau die, die sich nicht wie die großen Verbände teure Anwälte leisten können, sondern die ehrenamtlich arbeiten, diejenigen, die wir drin gend brauchen und die sich vor lauter Sorge, etwas falsch zu machen, eben nicht mehr bei uns melden werden.
Stichwort Wahlkreisarbeit: Man darf sich nur noch mit The men melden, die zwei bis drei Wahlkreise betreffen. Bei mir im Filstal würde das beispielsweise bedeuten: Wenn jemand, der von Geislingen nach Stuttgart mit dem Zug fährt, sich bei mir über unpünktliche Züge beschweren will, betrifft das al lein schon fünf bis sechs Wahlkreise. Eine solche Regelung ist also überhaupt nicht praktikabel.
Letztes Beispiel: Um von der Registrierungspflicht betroffen zu sein, muss es sich um landesweite Themen handeln. Dazu sage ich nur: Wenn mein Turngau Staufen mit mir über den Solidarpakt Sport reden will, dann ist das ein landespolitisch relevantes Thema. Oder wenn die betreffende Ortsgruppe im Wahlkreis von Herrn Katzenstein sich für ein besseres Rad wegenetz einsetzt, dann ist das auch ein landesweit relevan tes Thema.
Ich habe es gesehen. – Insofern sehen Sie schon, dass das, was Sie vorgeschlagen haben, nicht praktikabel ist, wenn wir das hohe Gut des freien Mandats und die Ansprechbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger ernst neh men. Das tun wir auf alle Fälle.
Eine Registrierungspflicht ist wichtig, aber bitte mit großer Transparenz und nicht so, dass zwischen Bürger und Mandats träger letztlich so hohe Hürden aufgebaut sind, dass die Men schen uns nicht mehr erreichen. Das darf nicht passieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Identifizierung von Lobby ismus ist im parlamentarischen Prozess seit Anbeginn ein Grundanliegen der AfD hier im Landtag. Wir haben daher in unserer Fraktion bereits 2018 und 2019 mögliche Initiativen überprüft und bearbeitet. Dabei war ein zentrales Anliegen die umfassende Erfassung aller möglichen Akteure. Gleichzeitig sollte aber auch der Aufbau von notwendiger Bürokratie auf ein Mindestmaß reduziert und sollten zusätzliche kostenträch tige Strukturen weitestgehend vermieden werden.
Da bislang keine validen Zahlen über den Umfang des Lob byismus im Landtag von Baden-Württemberg vorliegen, ha ben wir in der AfD bewusst davon abgesehen, sofort die Ein führung eines Lobbying- und Interessenvertretungs-Transpa renz-Gesetzes etwa nach österreichischem Vorbild zu fordern. Unser ressourcenschonender Vorschlag ist im Rahmen einer Änderung der Geschäftsordnung die Einführung eines Lob byismusregisters, das bei der Landtagspräsidentin geführt wird.
Die AfD-Fraktion hat dazu bereits am 14. September 2020 ei nen entsprechenden Antrag mit Ausführungsbestimmungen und Begründung in den Landtag eingebracht. Unser Antrag orientiert sich an den bewährten Regelungen der Landespar lamente in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Leider wurde bis heute die Behandlung des Vorschlags der AfD im Plenum durch die Vertretung der anderen Parteien hier im Landtag ver zögert, wie auch heute die Vorstellung meinerseits und die De batte verhindert wird.
Erst am 26. November 2020, das heißt in Reaktion auf den Vorschlag der AfD, hat die SPD als Replik einen Gesetzent wurf vorgelegt, der nur oberflächlich betrachtet einem ähnli chen Anliegen folgt. Der Vorschlag der SPD zur aktuellen Si tuation ist völlig überzogen und unzureichend.
Denn er ist von vornherein nur auf die Interessenvertretung zugunsten Dritter bezogen und nicht auf das Lobbying für ei gene wirtschaftliche und politische Anliegen. Nach den Vor stellungen der SPD entfallen nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 die Eintragungspflicht und die damit verbundenen diversen Pflicht daten bei Eingaben von natürlichen Personen, die ausschließ lich persönliche Interessen formulieren, und zwar unabhän gig davon, ob es sich um unternehmerische oder sonstige In teressen handelt. Damit sind viele Interessenverbände und Or ganisationen von vornherein aus dem Anwendungsbereich he rausgenommen. Sie wollen ein bürokratisches und teures Mons trum ohne echten Anwendungsbereich
Unser Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung ist eine Re gelung, durch die auf klarer und gut handhabbarer Grundlage Lobbyismustätigkeit sinnvoll erfasst wird und mithilfe eines öffentlich einsehbaren Lobbyismusregisters Einblick gegeben wird, wer wo und wie Einfluss auf die Gesetzgebung des Lan des nimmt.
Eine parlamentarische Anhörung der gelisteten Interessenver treter soll nur dann stattfinden, wenn diese bei der Eintragung in die Liste individuelle Angaben gemacht haben. Das schafft ein Höchstmaß an Transparenz.
Wer hingegen den Eintrag verweigert, der kann fortan im par lamentarischen Prozess kein Gehör mehr finden.
Der Vorschlag der AfD zur notwendigen Anpassung der Ge schäftsordnung liegt Ihnen vor. Liebe Mitglieder des Land tags, wir würden uns freuen, wenn Sie diesen unterstützen würden.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir Freien Demokraten möchten mehr Transparenz und ein Lobbyregister. Lobbyarbeit an sich ist nichts Verwerfliches, sondern für die politische Arbeit er forderlich, um Kenntnis von unterschiedlichen Interessen und Positionen zu erhalten.
Drittens: Der Zugang von Bürgerinnen und Bürgern zu ihren Abgeordneten darf nicht eingeschränkt werden.
Viertens: Es darf keine übertriebenen Anforderungen für die Organisationen geben, sondern nur solche, die wirklich für den Zweck größerer Transparenz erforderlich sind. Es soll al so nicht noch mehr Bürokratie für Vereine und Organisatio nen entstehen.
Und fünftens: Auch die Tätigkeit der Regierung muss erfasst sein, da diese die meisten angenommenen Gesetzentwürfe vorlegt.
Die SPD hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich in weiten Teilen am Gesetzentwurf der Großen Koalition auf Bundesebene orientiert. Wir finden viele dieser Vorschläge vernünftig. An einigen Stellen wollen wir Vereine vor zu viel unnötigen Angaben und damit Bürokratie entlasten, an ande rer Stelle würden wir gern den Ausnahmekatalog – also die Frage, wer sich in ein Lobbyregister einträgt – verringern, um dadurch mehr Transparenz zu erreichen.
Auch die Einbindung der Regierung ist für uns ein wichtiger Punkt. Es muss aber beispielsweise auch Konsequenzen ge ben, wenn vorsätzlich falsche Angaben gemacht werden.
All das sind aus unserer Sicht keine unüberwindbaren Punk te. Wir Freien Demokraten sind optimistisch, mit der SPD und den Regierungsfraktionen zu einer interfraktionellen Einigung zu kommen.
Gleichzeitig warnen wir davor, dass die grün-schwarze Re gierung mit diesem Vorschlag ähnlich umgeht wie mit dem Gesetzentwurf zur Karenzzeit. Auch hier kam von der Regie rung nichts. Erst durch eine parlamentarische Initiative der Opposition kam das Thema dann auf die politische Agenda. Bislang haben Grüne und CDU weder beim Lobbyregister noch bei der Karenzzeit etwas Wesentliches vorzuweisen. Der CDU-Abgeordnete Herr von Eyb erklärte die Karenzzeitrege lung seiner Parteifreunde in Berlin sogar für möglicherweise verfassungswidrig.
Das Ziel von uns Freien Demokraten ist eine Einigung mit den Fraktionen von Grünen, CDU und SPD, mit der wir in der Sache vorankommen. Ich fordere deshalb die Regierungsfrak tionen dazu auf, hier konstruktiv mit uns, mit der Opposition, zusammenzuarbeiten.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal zu Ih nen, Frau Razavi: Wenn Sie schon einen Verein aus meinem Wahlkreis anführen, dann soll dessen Name richtig wiederge geben werden; es ist der TSV 1846 – nicht 1899. – Dies aber nur am Rande.