Protokoll der Sitzung vom 16.12.2020

Der SWR spielt hierbei mit der Verantwortung für die ARDMediathek und dem Auftrag zur Digitalisierung eine zentrale Rolle. Aber das erfordert große Investitionen. Diesen Über gang vom klassischen Fernsehen in digitalisierte Angebote sollten wir also schon aus purem baden-württembergischen Eigennutz heraus an allen drei Standorten – zwei in BadenWürttemberg, einer in Rheinland-Pfalz – nicht schwächen, sondern stärken.

(Beifall)

Dazu gehört auch, dass die Finanzierung auskömmlich sein muss.

Aber abgesehen von unserer Debatte hier und der Debatte über das System insgesamt dürfen wir in der Medienpolitik den Blick über den Tellerrand nicht vergessen. Ich habe es schon bei der letzten Debatte gesagt und wiederhole es gern: Wir müssen uns mehr um die Medienbranche insgesamt sorgen,

wenn wir den Boden unserer pluralistischen Gesellschaft nicht verlieren wollen.

(Beifall)

Was nützt das beste duale System aus privaten und öffentli chen Medien, wenn andere, unkontrollierbare, mächtige und nicht in Deutschland beheimatete Konzerne wie Google und Facebook heutzutage mehr Meinung machen als alle Tages zeitungen, Radios, Fernsehangebote und Mediatheken der Öf fentlich-Rechtlichen in Deutschland zusammen?

Medienpolitik muss heraus aus der Fokussierung auf die im mer gleiche Frage: 86 Cent mehr oder weniger? Wir müssen hin zu einer aktiveren gesetzgeberischen, kontrollierenden Rolle. Noch immer lassen wir es wegen fehlender europäi scher, deutscher und internationaler Regeln zu, dass Algorith men nicht offengelegt werden, dass journalistische Angebote zwar gern verteilt werden, aber immer nur einer Geld dafür bekommt.

Wir lassen zu, dass Google bestimmt, was in der Suchmaschi ne ganz oben steht. Wir lassen zu, dass Facebook jedem sei ne eigene Filterblase baut und dass es immer nur einen gibt, der am Ende daran verdient: ein Unternehmen, dem die USRegierung mit Zerschlagung droht, während es in Deutsch land so gut wie keine Steuern zahlt und noch nicht einmal als Medienunternehmen eingestuft wird.

So wird das nicht mehr lange gut gehen. Unsere Medienviel falt lebt von vielfältigen Angeboten. Aber wenn unsere Ver lage und Privatradios erst einmal zu reinen Satelliten von Fa cebook & Co. degradiert worden sind, dann ist es zu spät. Dann rettet uns eben auch ein gutes öffentlich-rechtliches Sys tem nicht mehr.

(Beifall)

Deswegen wünsche ich mir eine Öffnung der Debatte: Wo sind die Lücken im System? Wo fehlt Berichterstattung wirklich? Wo fallen Strukturen weg, die wir erhalten sollten?

Es geht in der Medienpolitik nicht um den „Tatort“ oder den Anteil Ostdeutschlands an der Berichterstattung in den „Ta gesthemen“. Es geht um den Erhalt unserer vielfältigen Me dien- und Meinungslandschaft, die uns nach dem Zweiten Weltkrieg den Weg in die Demokratie geebnet hat. Es geht um den Erhalt unserer medialen Selbstbestimmung, um die Schaf fung eines politischen Konsenses und um das Erbe unserer kulturellen Heimat.

Vielen Dank.

(Beifall – Zurufe, u. a. Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU: Ein sehr kluger Beitrag!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Binder das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Der Titel und der Redebeitrag der AfD zu dieser Aktuellen Debatte haben, glaube ich, keinen von uns überrascht. Es ist jedes Mal das Gleiche. Sie reden von der Presse, die nicht frei sei.

(Zurufe, u. a.: Sie ist ein Produkt der SPD! – Die hat ganz viele Aktien da drin!)

Sie selbst verwehren bei Veranstaltungen der freien Presse den Zugang, Sie führen in Sachsen eine schwarze Liste mit ihrer Ansicht nach missliebigen Journalistinnen und Journalisten, Sie regen sich jedes Mal über den öffentlich-rechtlichen Rund funk auf, weil er eben eines tut – was Ihnen nicht passt –,

(Zurufe, u. a. Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los]: Propaganda!)

nämlich hinter Ihre Hetze zu schauen, hinter Ihre falschen Fakten zu schauen.

(Zurufe)

Dafür zu sorgen, dass es objektiv und mit Fakten zugeht,

(Vereinzelt Lachen)

das ist der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

(Beifall)

Ihre Haltung, Ihre Zwischenrufe und Ihre Reden zu diesem Thema, auch am heutigen Tag, zeigen doch alles, was Sie zu dieser Gesellschaft sagen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Es gab nur eine Rede!)

Sie zeigen die Verachtung gegenüber dieser freien Gesell schaft, Sie zeigen mit dieser Haltung die Verachtung gegen über unserer Demokratie

(Zurufe)

und vor allem Ihre Verachtung gegenüber der freien Presse, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall – Zurufe, u. a. Abg. Anton Baron AfD: Rot- Grün dominierte Presse!)

Deshalb will ich – –

Herr Abg. Binder, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stein zu?

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sender „Willy-Brandt-Haus“!)

Deshalb kommen wir doch eher zu dem, was uns in diesen Tagen nach Magdeburg tatsächlich beschäftigt, nämlich die Frage, die wir uns immer wieder stellen: Welche Haltung hat und welche Diskussion führt eine große deutsche Partei, die wesentlich am Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutsch land beteiligt war, die genau weiß, welche Rolle der öffent lich-rechtliche Rundfunk gerade nach dem Krieg gespielt hat,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Reedu cation!)

wie er am Beispiel der BBC als öffentlich-rechtlicher Rund funk in Deutschland etabliert wurde und Teil der demokrati schen Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland nach der Nazizeit gewesen ist? Es geht um die Frage, wie diese Par tei eine Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland führt.

(Abg. Anton Baron AfD: Das steht im Koalitionsver trag!)

Die CDU in Sachsen-Anhalt hat nicht nur den Grundkonsens zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk infrage gestellt, sondern sie hat – –

(Zurufe – Unruhe)

Kollege Haser hat das vorhin selbst zugegeben, als er gesagt hat, er gehe davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht den Beitrag tatsächlich erhöhen wird. Das heißt ja nichts an deres, als dass die CDU in Sachsen-Anhalt mit ihrer Haltung gegen das Grundgesetz, gegen die Verfassung der Bundesre publik Deutschland verstößt.

(Beifall)

Nichts anderes heißt das: ein Landesverband der Christlich Demokratischen Union, der sich so gegen die Grundfeste des Grundgesetzes stellt – –

(Unruhe)

Es ist nichts anderes! Es ist nichts anderes als das,

(Zurufe – Unruhe)

was Sie vorhin mit etwas eleganten Worten versucht haben – Sie haben versucht, ein Problem in Ihrer Partei einfach so wegzumoderieren. Sie haben diese Diskussion in Ihrer Partei, doch ich habe aus der CDU Baden-Württemberg nichts zu die ser Debatte gehört, die zwei Wochen lang in Sachsen-Anhalt stattgefunden hat – kein einziges Wort. Kein einziges Wort!

Jetzt sprechen Sie von Medienberichten, die da so kommen, und sagen, das sei irgendein Papier, und die Vorsitzende die ses Fachausschusses, die Frau Ministerin Hoffmeister-Kraut, sei da zwar eigentlich Vorsitzende, aber irgendwie – – Jetzt frage ich Sie: Ist da auch die Fachebene schuld? Oder wurde sie nicht rechtzeitig informiert?

Es ist eine Landesministerin dieses Kabinetts, die ein solches Papier durchgehen lässt; das ist eine Haltung dieses Ausschus ses.