Übrigens, liebe Kollegen von der CDU, auch von Ihnen und Ihren Vorgängern war man anderes gewöhnt. Ein solcher Man gel an Präzision wäre unter einer Regierung Späth oder Teu fel komplett undenkbar gewesen.
Bei Herrn Oettinger wäre ich mir da schon nicht mehr so si cher gewesen. Aber immerhin hatte er noch das Amt des Mi nisterpräsidenten inne.
Für Herrn Strobl reicht es bekanntlich auch eine Nummer klei ner. Das ist vielleicht auch ganz gut so.
Möglicherweise ist dieser Talkshowtitel auch ein Indiz dafür, dass das intellektuelle Niveau in Baden-Württemberg nach langen Jahren der Bildungsnovellierung nicht mehr auf dem Stand ist,
auf dem es einmal war und wo es noch immer sein könnte. Mit Blick auf dieses Thema müsste es auch einer der zentra len inhaltlichen Aspekte sein.
Bevor ich näher darauf eingehe, lassen Sie mich zunächst ein mal zwei Fragen zu dem höchst unpräzisen Titel der heutigen Aktuellen Debatte stellen.
(Abg. Winfried Mack CDU: Das ist jetzt unter Ihrem eigenen Niveau! Wer hat Ihnen das denn aufgeschrie ben?)
„Brauchen wir mehr Flexibilität?“ Was, meine Damen und Herren, soll alles unter Flexibilität verstanden werden? Zu nächst einmal zum „wir“. Vielleicht ist hier seitens der CDUFraktion ein Stück Selbstkritik zu verspüren. Vielleicht meint dieses „wir“ die Mitglieder dieses Hohen Hauses, denen, wenn auch nur teilweise, ihre ideologische Verbohrtheit den Blick auf die Realitäten draußen tüchtig verstellt hat.
In der Tat würde es gerade dem links-grün verblendeten Teil dieses Landtags gut zu Gesicht stehen, sich ideologisch etwas zu flexibilisieren und wenigstens partiell die Rückkehr zum gesunden Menschenverstand zu erwägen.
Dann würden Sie z. B. erkennen, dass Steuergeldverschwen dung für hirnverbrannte „Genderpseudoforschung“ – –
Diese Mittel gehören in Wissensgebiete umgeleitet, die wirk lich etwas zum Fortgang der Erkenntnisse beitragen und da mit den Wohlstand in unserem Land steigern.
Aber nehmen wir einmal zu Ihren Gunsten, liebe Kollegen von der CDU, an, dass dieses „wir“ auf die Gesellschaft als Ganzes bezogen ist, insbesondere also auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Fraglos ist aus Unternehmenssicht ein Höchst maß an Flexibilität wünschenswert. Das betrifft sowohl eine wissensmäßig breit und zugleich fundiert aufgestellte Beleg schaft wie auch deren Bereitschaft, dem Unternehmen in zeit licher Hinsicht Luft zum konjunkturellen Atmen zu geben.
Was nun die wissensmäßig breite Aufstellung als Basis jedes betrieblichen Lernprozesses angeht, so hört man in den letz ten Jahren vermehrt und immer stärker Klagen der Unterneh men über eine verminderte, ja in Teilen sogar komplett feh lende Ausbildungsfähigkeit der jungen Menschen.
Meine Damen und Herren, aus meiner Zeit als Hochschulleh rer kann ich Ihnen bestätigen: Es ging in den letzten Jahren spürbar und ziemlich heftig bergab. Aber immerhin eine neue Kompetenz tritt vermehrt zutage, nämlich die Kompetenzvor täuschungskompetenz, wie ich sie zu nennen pflege.
Für ein paar hübsch anzuschauende Powerpoint-Folien reicht es noch bei den meisten. Wenn man dann ein bisschen an der Oberfläche kratzt, ist es freilich meist vorbei mit der Herrlich keit.
Ich kann Ihnen allen versprechen: So wird das nichts mit dem langfristigen Erhalt unseres Wohlstands. Denn die in der Tat hierfür erforderliche Flexibilität der Unternehmen muss als Basis eine fundierte Bildung haben.
Das ist ganz sicher keine, die die Kinder im Land in frühes ten Jahren mit den ausgefallensten Sexualpraktiken vertraut macht.
Was nun die zeitliche Flexibilität anbelangt, muss dem Wunsch von so manchem Unternehmen nach dem vollständig flexiblen Arbeitnehmer eine klare Absage erteilt werden.
Dies würde nämlich im Endergebnis bedeuten, dass der Un ternehmer sein Marktrisiko zu einem erheblichen Teil auf sei ne Mitarbeiter abwälzen würde. Das geht aber nicht. Den Ge winn in guten Jahren möchte er schließlich auch nicht abwäl zen.
Dies ist damit nicht nur eine Frage des sozialen Friedens, son dern schlicht und einfach auch eine Frage der Möglichkeit ei nes geregelten Familienlebens – und das ist unerlässlich, um jungen Paaren die Möglichkeit zu geben, die in Deutschland so dringend benötigten Kinder überhaupt wieder in die Welt zu setzen.
Die Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind al so in Flexibilitätshinsicht nicht immer deckungsgleich, und die Politik tut gut daran, Maß und Mitte zu finden und die Rahmenbedingungen so zu gestalten,
Man beachte: Diese beiden sollen das Miteinander vereinba ren, das gut für sie ist, nicht der Staat soll dies tun. Was also keineswegs noch weiter ausgehöhlt werden darf, ist die Ver tragsfreiheit.
Unsere soziale Marktwirtschaft braucht diese Vertragsfreiheit wie die Luft zum Atmen. Natürlich brauchen Arbeitnehmer Schutz vor Missbrauch wirtschaftlicher Macht. Das ist doch keine Frage. Aber dazu braucht es keine systemwidrigen Be schränkungen vonseiten des Staates,
Beschränkungen, die in den unsinnigen Regelungen – um das zu präzisieren; das wird Ihnen gar nicht gefallen, Herr Kolle ge Drexler – des sogenannten Antidiskriminierungsgesetzes ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden haben.
Das ist ein Monstrum, das Unternehmen beispielsweise mit komplett idiotischen Kommunikations- und Dokumentations pflichten eindeckt, nur damit diese späteren Klagen vorbeu gen können. So fördert man jedenfalls keine Flexibilität. Im Gegenteil: So erstickt man sie.
Ein bisschen mehr Vertrauen der Tarifpartner stünde vielen Regulierungsfanatikern – und von denen haben wir hier im Haus viele – gut zu Gesicht.
Nehmen Sie als Beispiel hierfür nur einmal die Flexibilisie rung der Arbeitszeit. Anders als noch vor einigen Jahrzehnten stehen immer mehr erziehende Mütter in Arbeitsverhältnis sen. Beruf und Familie gut vereinbaren zu können ist ihnen ein großes Bedürfnis. Flexible Arbeitszeiten leisten hier ent sprechend Abhilfe.
Die Digitalisierung ermöglicht hier zusätzlichen Spielraum. Das Stichwort Homeoffice fiel ja bereits. Familienfreundlich keit bei der Arbeit ist also ein großes Thema. Die ach so bö sen Unternehmen, denen aus der linken Ecke fast schon no torisch ein Hang zu Casino-, Turbo- und Raubtierkapitalismus unterstellt wird, haben die Probleme der Vereinbarkeit von Ar beit und Familie allerdings längst erkannt. Über 80 % der Un ternehmen sehen Familienfreundlichkeit heute als wichtig an. Vor zehn Jahren waren es noch keine 50 %. Man sieht: Hier findet ein Umdenken statt. Entsprechend sind die Unterneh men auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und ihrer Famili en eingegangen. Flexible Arbeitszeiten sind mittlerweile in vielen Branchen Standard. Die Zahl betrieblicher Kitas steigt beständig.