Ob das ernst gemeint ist, wird sich aber wohl erst dann zei gen, wenn es für die Regierung unangenehm oder im wahrs ten Sinn des Wortes kritisch wird.
In der Vergangenheit gab es übrigens auch Fälle, wonach ins besondere Schulleiter der Regierung gegenüber unbequeme Positionen bezogen haben. Die „Stuttgarter Zeitung“ vom 26. April 2012 berichtete beispielsweise
von einem Anruf des Leiters der Stabsstelle Gemeinschafts schule beim Schulleiter der Realschule Remseck.
Nur: Äußern wollte sich vor allem das Ministerium auf wie derholte Nachfrage der FDP/DVP-Fraktion nach der Zahl der Ministeriumsanrufe in ähnlichen Fällen kritischer Äußerun gen nicht.
Unsere Fraktion war und ist stets aufmerksam und wird stets aufmerksam sein, wenn die Meinungsfreiheit berührt oder gar von Einschränkungen bedroht ist. Deshalb haben wir uns so wohl in der Frage des Umgangs des Kultusministeriums in der Zeit der schwarz-gelben Landesregierung mit den soge nannten Hauptschulrebellen im Jahr 2008 als auch beim Um gang der grün-roten Landesregierung mit dem Schulleiterauf ruf für den Erhalt des gegliederten Schulwesens im Jahr 2011 in der Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem be amtenrechtlich vorgeschriebenen Loyalitäts- und Mäßigungs gebot für den Vorrang der Meinungsfreiheit ausgesprochen.
Deshalb fordern wir nun die Kultusministerin auf, zu erklä ren, wie sie sich zukünftig in Fällen kritischer Berichterstat tung und kritischer Meinungsäußerung verhalten wird.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns heute mit dem Antrag der FDP/DVP-Fraktion „Rückzug der Klage des Kultusministeriums gegen die Frankfurter Allgemeine Zei tung“, der versucht, einen Vorgang künstlich zu skandalisie ren.
Ich frage mich wirklich, ob es nicht wichtigere Themen gibt, über die wir heute diskutieren könnten,
und ob es nicht gereicht hätte, diesen Antrag, der sich ja längst erledigt hat, im Ausschuss zu diskutieren.
Wir brauchen doch hier im Plenum nicht eine Auseinander setzung über ein Thema weiterzuführen, das sich längst über holt hat.
Aber um was geht es? Am 16. August 2015 ist in der FAZ un ter dem Titel „Studie zur Gemeinschaftsschule – Schwäbi sches Himmelfahrtskommando“ über ein vermeintliches Gut achten berichtet worden, das durch Wissenschaftler unter der Federführung der Universität Tübingen entstanden sei. Dar gestellt wurde dies als ein scheinbar unter Verschluss gehal tener Teil des Forschungsprojekts zur wissenschaftlichen Be gleitung der Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg.
Die Journalistin bezog sich in ihrem Artikel auf einen von ihr als Gutachten missverstandenen Schulbericht. Was ist ein Schulbericht? Schulberichte dienen im Rahmen von wissen schaftlichen Forschungsprojekten den einzelnen Schulen als individuelle Rückmeldungen, werden aus datenschutzrechtli chen Gründen nie veröffentlicht und nie an Dritte weiterge geben.
Der vorliegende Schulbericht bezog sich auf eine Tübinger Gemeinschaftsschule, in der zwei Schulklassen mit insgesamt 40 Schülerinnen und Schülern betrachtet wurden. Auf der Grundlage dieser kleinen, stark selektiven Stichprobe von zwei Klassen einer Schule erlaubte sich die Verfasserin, auf eine Grundgesamtheit, nämlich auf eine gesamte Schulform in einem Bundesland, zu schließen und der Gemeinschafts schule ein schlechtes Zeugnis zu erteilen.
Dass dies allein aus wissenschaftlicher Perspektive nicht ziel führend ist, muss ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen. Aber man darf sich schon auch fragen: War das einfach schlecht recherchiert, oder war es journalistische Stimmungs mache?
Die Reaktionen waren ja dann auch wie erwartet. Obwohl die Forschergruppe zur wissenschaftlichen Begleitung der Ge meinschaftsschulen in Baden-Württemberg zwei Tage nach Erscheinen des FAZ-Artikels klargestellt hat, dass ein solcher Bericht, der den Entwicklungsstand einer einzelnen Schule darstellt, nicht exemplarisch für die Praxis der Gemeinschafts schulen in Baden-Württemberg insgesamt interpretiert wer den könne, wurden die abstrusesten Vorwürfe und Verschwö rungstheorien gegenüber den Ministerien und dem Kultusmi nister geäußert.
Sie würden Informationen zurückhalten und ein von ihnen in Auftrag gegebenes Gutachten unter Verschluss halten.
So, meine Kolleginnen und Kollegen, hat das alles gar nicht gestimmt. Denn, wie gesagt, das Gutachten war ja gar kein Gutachten, sondern ein interner Schulbericht einer Schule, der, wie der Name „intern“ schon sagt, niemals veröffentlicht oder weitergegeben wird. Also, was tut man dann als Kultus ministerium richtigerweise? Man fordert die Zeitung, die et was Falsches geschrieben hat,
zu einer Richtigstellung auf. In der Stellungnahme zu Ziffer 5 des Antrags können Sie ja lesen: Die FAZ hat es abgelehnt, trotz
der mehrfachen mündlichen und schriftlichen Aufforde rung des Kultusministeriums und danach des beauftrag ten Rechtsanwalts, falsche Tatsachenbehauptungen... zu rückzunehmen bzw. eine entsprechende Gegendarstellung... zu veröffentlichen...
Was bleibt dann anderes übrig, als den Druck zu erhöhen und in diesem Fall dann eben gegen die FAZ zu klagen?
Es hat ja den gewünschten Ef fekt erbracht: Nur aufgrund der Klage war die FAZ bereit, ei ne Richtigstellung zu veröffentlichen.
Grundsätzlich war die Unterlassungsklage also zielführend. Daher war das Verhalten des Kultusministers angemessen, und der Fall ist somit auch erledigt. Punkt.
Herr Präsident, werte Kol leginnen und Kollegen! „Schwäbisches Himmelfahrtskom mando“ überschrieb Heike Schmoll ihren am 16. August 2015
in der FAZ erschienenen Artikel. Der Artikel handelt von Be obachtungen im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung an der Geschwister-Scholl-Gemeinschaftsschule. In der Sum me wurden im Übrigen zehn Schulen wissenschaftlich beglei tet.
Der Bericht der FAZ stellte der Gemeinschaftsschule, hier be zogen auf die Geschwister-Scholl-Schule, so würde ich sagen, ein durchaus vernichtendes Zeugnis aus. Insgesamt war es ei gentlich ein erschreckender Bericht, der beim ehemaligen Mi nister Stoch eigentlich die Alarmglocken hätte schrillen las sen müssen. Aber was tut der SPD-Kultusminister? Anstatt den Bericht ernsthaft durchzulesen, gegebenenfalls Kritik an zunehmen und im Interesse der Schülerinnen und Schüler zu handeln, ergreift Minister Stoch eine, ich will sagen, äußerst durchsichtige Taktik
und eröffnet so – ich glaube, Kollege Kern, Sie haben den richtigen Begriff gefunden – einen Nebenkriegsschauplatz.
Er behauptete – man möge zuhören –, den Bericht nicht zu kennen. In der Stellungnahme zu unserem Antrag räumt er je doch ein, dass Angehörige der Schulverwaltung ihn zwar ge habt hätten, er aber nicht. Er sei auch nicht – ich zitiere – „Ad ressat der Studie“ gewesen. Deshalb verklagt er kurzerhand die FAZ. Das macht viel Wind,