Das alles zu verlesen und den Leuten zu erklären würde die Gefahr bergen, derweil durch ein 120-jährliches Hochwasser ereignis nass zu werden.
Deswegen hilft es potenziellen Unwetter- oder Hochwasserop fern auch nicht, sie auf die nächsten Jahre zu vertrösten, wenn es um Dammertüchtigung und technisch-infrastrukturelle Hoch wasserschutzmaßnahmen in verschiedenen Kreisen an Ge wässern erster und zweiter Ordnung geht. Es reicht nicht, den Kommunen den Leitfaden des kommunalen Starkregenmana gements in die Briefkästen zu schmeißen und darauf zu ver trauen, diese würden sich schon darum kümmern.
Vielmehr müssen alle Maßnahmen be schleunigt werden – da sind wir ganz eng beieinander –, ge rade jetzt und gerade dann, wenn die finanziellen Mittel da
für vorhanden sind, und das sind sie, nachdem durch die No vellierung des Wassergesetzes durch den Wasserpfennig eine Verstetigung des Mitteleinsatzes gewährleistet ist. Versuche, den Bürger in seiner Not mittels vager Versprechungen ruhig zustellen und zu hoffen, dass er dies bis zur nächsten Wahl schon wieder vergessen hat, bringen ebenfalls nichts.
Mitglieder des Bundestags, Herr Christian von Stetten von der CDU und Frau Sawade von der SPD, hatten den Bürgern rund um Braunsbach Bundesmittel in Aussicht gestellt. Herr Strobl ist im Moment leider nicht da.
Aber wenn wir hier darauf bestehen, was die Abgeordneten von der CDU den Bürgern versprechen, und uns hier unserer Oppositionspflicht bewusst sind und da rauf schauen, dass das, was versprochen wurde, auch umge setzt wird, wird man hier noch kritisiert.
Der Herr von Stetten. Das können Sie in der Zeitung nach lesen. – Da fragen Sie sich rundum noch, warum die Bürger von dieser Art von Politik die Nase voll haben? Aus Enttäu schung. Die Glaubwürdigkeit verliert man leider nur einmal.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn jemand ein mal ganz nah an einem Hochwasser oder mittendrin war, hat sich ihm die zerstörerische Kraft des Wassers tatsächlich ins Gedächtnis gebrannt. Güter im Wert von Milliarden Euro sind durch Hochwasser bedroht, und auch Leib und Leben können bedroht sein und wurden ja auch schon in Mitleidenschaft ge zogen.
Vorsorge ist tatsächlich besser als Nachsorge. Deswegen hat die SPD mit darauf gedrungen, dass wir in der letzten Legis laturperiode die Mittel für den Hochwasserschutz tatsächlich mehr als verdoppelt haben und vor allem verstetigt haben. Erst seit 2011 ist Hochwasserschutz in diesem Land ernst genom men worden.
Es ist richtig, was auch die Kollegin von den Grünen gesagt hat: Ökologische Maßnahmen können mit Hochwasserschutz maßnahmen hervorragend einhergehen. Retentionsflächen können entstehen, Gewässerveränderungen können durchge führt werden, z. B. durch Dammrückverlegungen.
Da muss ich an die Grünen adressiert schon sagen: Es wäre schön gewesen und nicht so ärgerlich, hätten wir den Polder Rappenwört/Bellenkopf tatsächlich mit einer Dammrückver legung mit guten ökologischen Flutungen organisieren kön nen. Aber leider konnte das nicht umgesetzt werden.
Jetzt haben Sie aber noch einmal eine Chance, weil sich der Polder Elisabethenwört ebenfalls hervorragend für eine Damm rückverlegung eignet. Mit ökologischen Flutungen kann man beides bekommen: eine superneue Auenlandschaft mit einem hervorragenden Hochwasserschutz. Ich bitte Sie, darauf Wert zu legen, dass das Ministerium das genau so macht.
Die Broschüre „Starkregen – Was können Kommunen tun?“, die wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben, ist richtig gut. Sie zeigt nämlich anschaulich, was vor Ort gemacht wer den kann. Das Problem ist nur: Die Verantwortung haben die Kommunen sowie die Bürgerinnen und Bürger. Das ist dann manchmal nicht so einfach, wenn es darum geht, tatsächlich Regenwasser breitflächig versickern zu lassen, Retentionsflä chen wirklich herzustellen, Rasengittersteine zu verwenden, statt wasserundurchlässige Befestigungen durchzusetzen, Dach begrünung trotz Photovoltaikanlagen vorzunehmen und auch Gewässerrandstreifen statt einer ackerbaulichen Nutzung um zusetzen. Da geht es ins Konkrete, und da liegen die Proble me, die bewältigt werden müssen.
Wenn ich lese, das Bewusstsein, Hochwasserschutzmaßnah men zu akzeptieren, habe sich gestärkt, dann stimmt das. Die Halbwertszeit dieses Bewusstseins ist aber leider sehr gering – außer bei den Gemeinden und den Menschen, die tatsäch lich richtig betroffen waren. Aber schon in der Nachbarge meinde will man schnell nichts mehr von Hochwasserschutz maßnahmen wissen; davon haben Sie ja selbst gesprochen.
Deshalb, glaube ich, ist es sehr wichtig, eine Offensive für ein besseres Bewusstsein für Hochwasserschutzmaßnahmen zu starten und bei dem Thema noch mal deutlich zu machen: Pro gnosen sind gut, haben aber keine Sicherheit. Deswegen muss man sehr aufpassen. Auch wenn wir immer mehr wissen, wie sich Wetter ereignet und wie sich Klima verändert, können wir trotzdem nicht sicher sein, genau die richtige Maßnahme an der Stelle getroffen zu haben, wo in der Realität der Starkre gen und das Hochwasser auftauchen.
Damit sind wir bei dem Thema Versicherungen. In der Vorla ge steht deutlich, dass zwar in Baden-Württemberg noch 95 % der Gebäude versichert, aber wahrscheinlich unterversichert sind. Auch da ist viel zu tun.
Ich fasse zusammen: Die SPD-Fraktion erwartet von der Lan desregierung stabile Haushaltsmittel für den Hochwasser schutz, ökologische Verbesserungen im Rahmen der Hoch wasserschutzmaßnahmen, mehr Anstrengungen für ein gewäs serfreundliches Bewusstsein, die Wiedereinführung der Ele mentarschadenversicherungspflicht und mehr Nachdruck bei der Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahmen.
Entschuldigung. Sorry, Herr Staatssekretär. – Liebe Frau Kollegin Reich-Gutjahr, wie konnte ich Sie übersehen?
Ich verzeihe es gern. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Hochwasser bleibt sicher allen Menschen, die einmal ein Hochwassergebiet gesehen haben, in Erinnerung. Ich per sönlich habe es nicht in Baden-Württemberg gesehen. Ich er innere mich, dass ich einmal im Allgäu durch ein überschwemm tes Gebiet gegangen bin. Wenn man sieht, was das Hochwas ser so alles mitreißt, wie es dort ausschaut und wie viel Dreck man in der Bude hat – um es mal so zu formulieren –, dann weiß man, dass die Politik bei Hochwasser gefordert ist, sich einzubringen und Menschen in den verschiedenen Konstella tionen, die auftreten können, zu unterstützen.
Ich glaube nicht an die Machbarkeit einer vollen Prävention. Frau Rolland sprach das gerade an. Letztendlich kann so ei ne Situation überall auftreten. Was hat man von Prognosen? Man kann noch wegspringen und Sandsäcke hinlegen. Aber am Ende des Tages kann man das Ereignis an sich nicht ver meiden.
Deswegen waren wir, bezogen auf die Stellungnahme des Um weltministeriums, ein bisschen enttäuscht, dass der Schwer punkt sehr stark auf die rein technische Prävention gelegt wur de. Natürlich muss man die technischen Möglichkeiten nut zen, um dort, wo Hochwasser häufiger auftritt, Vorsorge zu treffen, damit die Auswirkungen nicht so gravierend sind.
Auf der anderen Seite sieht man: In 20 Jahren wurden für die se Aufgabe 1,1 Milliarden € eingebracht. Nichtsdestotrotz werden solche Ereignisse immer wieder auftreten. Das ist so etwas wie ein Fass ohne Boden.
Nur den Klimawandel dafür verantwortlich zu machen ist aus unserer Sicht zu kurz gesprungen. Das klingt in diesem Pa pier wieder etwas zu einseitig durch, als wären Winternieder schläge vor allem ein Problem der Klimaentwicklungen. Wir hatten – das erkennt man, wenn man einen Blick in die Sta tistik wirft – immer wieder Phasen mit besonderem Starkre gen, so auch Mitte der Fünfziger- und Mitte der Achtzigerjah re. Jetzt kann man natürlich sagen: Gut, da hat sich das ge samte Thema schon angedeutet. Aber wer weiß?
Lassen Sie uns lieber auch einen Blick auf das werfen, was bei vielen Vorrednern schon anklang und in der Stellungnah me zu dem vorliegenden Antrag zu kurz kam, nämlich das Thema Flächenversiegelung. Wir alle tragen letztendlich mit unseren Entscheidungen ständig dazu bei, dass die Abfluss möglichkeiten für Wasser im natürlichen Umfeld weniger wer den, indem Flächen versiegelt werden, Boden verdichtet wird. Wir haben darauf gesetzt, das Wasser durch Kanalisierung möglichst schnell zu sammeln und abzuführen, was aber, wie wir jetzt wissen, nicht funktioniert. In Braunsbach war es wohl auch so, dass diese unterirdische Verdolung ein Teil des Pro blems war – wenn man Bäche und Gewässer begradigt oder verdolt.
Insofern unterstützen wir Aktivitäten, die darauf abzielen, ins gesamt die Möglichkeit, das Retentionsvolumen wiederher zustellen, deutlich zu erhöhen. Sie haben die konkreten An sätze genannt. Da müssen Land und Kommunen natürlich zu sammenarbeiten.
Das Thema ist nicht eindimensional. Vielmehr haben wir im Siedlungsbau, im Wasserbau, in der Land- und Forstwirtschaft und in der Renaturierung von Gewässern und Flächen die An satzpunkte, an denen man tätig werden muss. Wir erwarten auch von der Landesregierung, dass sie hier ihre Aufgaben wahrnimmt und diese Themen nach vorn treibt. Denn Hoch wasser zu vermeiden ist wichtiger, als sich nur gegen die Schäden zu wehren.
Wir müssen am richtigen Punkt ansetzen und würden Herrn Untersteller und sein Haus bitten, dies in seinen Ausführun gen hier auch deutlicher zu machen. Denn in der Stellungnah me zu dem vorliegenden Antrag war uns dieser Aspekt zu kurz gekommen.