Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 25 Jahren. Die Beschäftigung ist auf Rekordniveau. Die Reallöhne sind ge stiegen, ebenso die Renten. Das ist ein großer gesellschaftli cher Erfolg. Aber das ist eben auch der Erfolg der richtigen Politik der Bundesregierung in Berlin in den vergangenen elf Jahren unter Kanzlerin Angela Merkel.
Ja, wo stehen wir denn? – Das ist ermutigend. Aber wir kön nen uns auf dem Erreichten und auf den günstigen Prognosen des Moments nun nicht einfach ausruhen. Die größte Gefahr wäre jetzt Selbstzufriedenheit. Wer stehen bleibt, fällt zurück, und die größten Fehler werden in guten Zeiten gemacht.
Das ist wie beim Ruderer auf dem Fluss. Wenn er die Ruder aus der Hand legt, steht er nicht nur still, sondern wird abge trieben. Deshalb brauchen wir weiter eine Politik, die wirt schaftliche Dynamik ermöglicht. Wir brauchen auch in Deutsch land weitere Reformimpulse, um wettbewerbsfähig zu blei ben. Der Sachverständigenrat hat sein Jahresgutachten „Zeit für Reformen“ betitelt. Wir müssen wissen: Die Schönwetter phase hält nicht ewig. Das Klima wird rauer, und auch wir in Baden-Württemberg werden nicht immer von allen Tiefaus
läufern verschont bleiben. Das ist die Großwetterlage, in der wir im Moment, jetzt, heute, den Landeshaushalt 2017 bera ten.
Es ist wichtig, dieses Umfeld einzubeziehen, weil es Auswir kungen hat, auch auf unseren Haushalt. Das stellt natürlich anspruchsvolle Anforderungen an die Haushaltspolitik. Die günstigen Rahmenbedingungen laufen aus, die haushaltspo litischen Bilanzgewinne – beispielsweise durch den Niedrig zins – sind nahezu ausgeschöpft, die Ölpreiswende ist eher im Kommen, die Wachstumserwartungen der Weltwirtschaft trü ben sich laut IWF und OECD spürbar ein.
Im Haushalt geht es also darum, äußere Unsicherheiten mit zudenken, Spielräume zu öffnen und Sparentscheidungen klug zu treffen. Der Haushaltsplan, den wir heute beraten, ist das Dokument einer Politik mit dem Sinn für das Mögliche, mit dem Mut zum Nötigen und mit der Entschlossenheit zum Richtigen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Erstens: Neue Schulden sind tabu. Das ist wichtig und selbst in Zeiten der Steuereinnahmerekorde keine Selbstverständ lichkeit. Wir alle kennen die Gefahr. Der einzige Regen, der schon verdunstet ist, bevor er den Boden erreicht, ist der Steu erregen.
Deshalb müssen wir in der Tat immer klug und sorgsam Pri oritäten setzen. Wenn wir z. B. nach Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen schauen, sehen wir: Dort wird der Weg in die Verschuldung im Jahr 2017 fortgesetzt. Das halten wir für falsch, und deshalb haben wir gesagt: Keine neuen Schul den in diesem Haushalt.
Das war gerade uns in der CDU-Fraktion wichtig, und das ist mit dieser Haushaltsaufstellung auch klargestellt worden.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Auf Landesebene! Nicht auf kommunaler!)
Und drittens: Das strukturelle Haushaltsloch wird kleiner. Das ist ein entscheidender Punkt, den ich gern besonders betone. Denn dieser Haushalt ist in seiner Struktur deutlich gesünder als mancher Vorgängerhaushalt.
Wir haben hier 800 Millionen € strukturell eingespart. Das ist ein Kraftakt, mit dem wir den Haushalt für kommende Risi ken ein gutes Stück wetterfester machen. Ich gebe ja zu: Es ist schade, dass Baden-Württemberg heute zu den Ländern
zählt, die immer noch ein strukturelles Defizit mit sich schlep pen. Wir hätten uns das anders gewünscht. Aber das ist die Realität, und Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirk lichkeit.
Zwischen 2010 und 2016 verbuchte das Land ein Plus bei den Steuereinnahmen von 40 %, von 24 auf 34,5 Milliarden €. Trotzdem haben wir in dieser Zeit noch einen Schuldenberg von 3 Milliarden € obendrauf bekommen.
Deshalb will ich schon sagen: Es muss jetzt Schluss sein mit der gemütlichen Sanierungspause. Die Pause ist vorbei. Wir müssen uns wieder an die Arbeit machen, den Haushalt wet terfest zu machen.
Ich habe es natürlich gelesen – der Kollege Hofelich schreibt gerade mit; schreiben Sie bitte auch mit –, dass Sie – es könn te nach einer Fake-News-Kampagne aussehen – vergangene Woche öffentlich gesagt haben, das Land würde jetzt im Geld schwimmen.
Da kann ich nur sagen, die Wahrheit ist: Wir haben ein struk turelles Haushaltsloch nach der mittelfristigen Finanzplanung der Vorgängerregierung – Sie wissen, Stichtag Mai –
(Abg. Andreas Stoch SPD: Wann ist die aufgestellt worden? Haben Sie das noch auf dem Schirm? Das war letztes Jahr im November! – Abg. Dr. Hans-Ul rich Rülke FDP/DVP: Erblast! – Abg. Peter Hofelich SPD: Sie haben sich noch nicht auf die neuen Zahlen eingestellt!)
Der Kollege Rülke ruft es gerade zu: Diese Erblastproblema tik haben wir fünf Jahre lang vom SPD-Finanzminister hier erzählt bekommen. Insoweit müssen wir das heute schon noch einmal bilanzieren.
(Beifall bei der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: Über 40 Milliarden € Schulden! – Abg. Peter Hofe lich SPD: So richtig schlüssig war das gerade nicht! – Gegenruf von der CDU: Doch!)
Herr Kollege Stoch, ich empfehle einfach: Man soll sich nicht mit postfaktischen Methoden hervortun. Das ist, glaube ich, der wichtige Punkt.
Wir mussten feststellen, dass wir an vielen Stellen handfeste Finanzierungslücken geerbt haben. Da sind querbeet zum Teil dauerhafte Ausgaben veranlasst und Projekte begonnen wor
Es wurden zu Recht die Musikschulen angesprochen. Bei den Musikschulen hat man sogar eine Förderbugwelle auflaufen lassen. Diese werden wir jetzt abbauen. Bei der Musik wer den wir darangehen.
Auch das gehört zur haushaltspolitischen Realität: Wir müs sen für etwas aufkommen, so wie Konsul Buddenbrook für den insolventen Grünlich, und müssen jetzt die Gläubiger Ih rer Politik beruhigen – um vielleicht diese Anleihe an die Li teratur zu machen. Wir stehen jetzt ein Jahr neu in der Verant wortung.
Um zusätzliche Spielräume für den Haushalt 2017 zu erschlie ßen, wollen wir die Steuermehreinnahmen im Haushalt auch für Sanierungen nutzbar machen. Das ist die Diskussion um § 18 LHO. Wir müssen sehen: Das ist sicherlich eine ganz ent scheidende, zentrale, schwierige Frage. Die Abwägung muss man immer treffen: Was für Möglichkeiten der Gestaltung in einem solchen Haushalt hat man noch als Landespolitiker? Es sind gerade einmal 1,5 %, die politisch wirklich frei verwen det werden können. Fast alles Übrige ist gebunden. Wir wol len aber nicht nur verwalten, sondern wir wollen auch – das ist unser Anspruch – gestalten. Wir wollen das Geld des Lan des im laufenden Betrieb nicht nur konsumtiv, sondern vor al lem auch investiv einsetzen.
Deshalb ändern wir jetzt die Verwaltungsvorschrift zur LHO. Das haben wir uns nicht leicht gemacht. Wir finden aber: Es ist klüger, in einer Nullzinsphase – da sind wir noch – Stra ßen, Gebäude, Brücken zu sanieren, als nur Altschulden zu tilgen, für die sich im Moment – das muss man auch sehen – von den Finanzierungsmöglichkeiten her eine ganz andere Ausgangslage darstellt.