Drei Städten – Mannheim, Karlsruhe und Pforzheim – steht das Wasser bereits bis zum Hals, so hoch, dass sie Haushalts strukturmaßnahmen großen Stils eingeleitet haben. Anstatt ih nen zu helfen, tun Sie das Gegenteil: Sie greifen den Kommu nen im Rahmen Ihrer Geheimabreden selbst und zusätzlich in die Taschen.
Daher frage ich Sie konkret: Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um umgehend, das heißt in diesem anstehenden Haushaltsjahr, gezielte Hilfen anbieten zu können? Denn de rer wird es bedürfen.
Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, kennen Sie die Geschich te von Dumbo, dem kleinen Elefanten mit den großen Ohren? Die großen Ohren erweisen sich zunächst als Schwäche und werden ihm anfangs zum Verhängnis. Er stolpert ständig über seine großen, tief herunterhängenden Ohren, sodass er nur noch als Attraktion in einer Clownnummer im Zirkus einge setzt wird. Er fristet fortan ein tristes Dasein. Aber Dumbo schafft es, aus seiner Schwäche eine Stärke zu machen: Wäh rend einer Zirkusaufführung schafft er es dank seiner großen Ohren, zu fliegen. Aus Dumbo, dem einstigen Gespött, wird so der Star der Manege.
Nur schaffen Sie es im Gegensatz zu Dumbo nicht, aus Ihren Schwächen Stärken zu machen. Das ist das Problem.
Im Gegenteil: Ihre Schwäche, nämlich dass Sie nicht solide haushalten – und das ist eine zentrale Schwäche, die Sie ha ben: die mangelnde Sicherung der Zukunft und das fehlende Stärken des Zusammenhalts –, bleibt eine Schwäche. Der vor gelegte Haushaltsplan mit seinen falschen Prioritätensetzun gen, die das Kernproblem dieses Haushalts sind, ist der beste Beweis dafür. Sie schaffen es nicht, wie Dumbo hoch hinaus zu fliegen, sondern legen, wie erwartet, eine schmerzhafte haushaltspolitische Bruchlandung hin,
überdies in fiskalisch goldener Zeit. Mit Verlaub, Frau Minis terin – ich komme zum Ende –: Bereits Ihr erster Haushalts entwurf ist in dieser fiskalischen Lage ein Armutszeugnis. Nicht auszumalen, was das erst heißen wird, wenn die Lage einmal rauer wird. Und seien Sie sicher: Das wird sie.
(Anhaltender Beifall bei der AfD – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Gott sei Dank ist es vorbei! – Zu ruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Von den Regierungsfraktionen haben wir heute in der Aus sprache zum Landeshaushalt sicherlich das bekommen, was wir erwartet hatten,
nämlich eine Rede fürs Schaufenster, die sich ganz wesent lich auf Überschriften konzentriert und es bei diesen auch be lässt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte deswe gen versuchen, einige Punkte etwas konkreter zu beleuchten, denn im Konkreten werden wir die Schwächen dieses Haus halts erkennen können.
Deswegen müssen wir uns einmal damit beschäftigen, Frau Finanzministerin, was ist. Was ist die finanzpolitische Heraus forderung, die Sie in der vergangenen Woche hier im Land tag angesprochen haben? Sie haben von einem strukturellen Defizit in Höhe von 2,8 Milliarden € für das Jahr 2020 gespro chen – gemäß der mittelfristigen Finanzplanung der alten Lan desregierung, die ziemlich genau ein Jahr alt ist.
Zu dieser mittelfristigen Finanzplanung möchte ich nur am Rande erwähnen, dass sie von den damaligen Regierungspart nern Grüne und SPD unisono und in großer Überzeugung von der Richtigkeit verabschiedet wurde. Wenn Sie hier den Ein druck erwecken – das passiert durch Sie selbst, durch Ihre Staatssekretärin und manche Redner der grünen Fraktion –, als hätten Sie in den letzten fünf Jahren hier nicht mitregiert, dann – das muss ich sagen – ist das nicht nur Heuchelei, son dern aus meiner Sicht auch eine Frage des Charakters, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.
Diese Finanzplanung gab den Stand Ende 2015 wieder; das muss sie nämlich auch. Zu diesem Zeitpunkt sind viele Men schen nach Baden-Württemberg geflohen. Das heißt, die Fi nanzplanung musste Aufwendungen für die hohe Zahl von Flüchtlingen – auch für das Jahr 2016 und die folgenden Jah re – einpreisen. Dies war eine Finanzplanung auf der Basis der Steuerschätzung vom November 2015, die sich mittler weile – das haben Sie gemerkt – verändert hat, eine Finanz planung, die für 2018 ein Defizit von 2,3 Milliarden € und für 2020 ein Defizit von 2,8 Milliarden € vorsah.
Herr Kollege Reinhart – da darf ich Sie direkt ansprechen –, Sie haben den Eindruck erweckt, dass das das Ergebnis von unsolidem Wirtschaften sei. Sie haben gesagt, dass die Zah lungen für die Unterbringung von Flüchtlingen auf 2,2 Milli arden € gestiegen sind und sich damit quasi verachtfacht ha ben. Ich glaube, sogar Ihre Fantasie reicht aus, um herauszu finden, warum in der alten mittelfristigen Finanzplanung ein solches Defizit entstanden war.
Aber diese Zahlen, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben nichts, aber auch gar nichts mit der Wirklichkeit im De zember 2016 zu tun. Bei den Flüchtlingszahlen haben wir ei nen deutlichen Rückgang. Wir wissen heute, dass wir in die sem Bereich mindestens 1 Milliarde € weniger brauchen als geplant. Die aktuelle Steuerschätzung prognostiziert Steuer mehreinnahmen von durchschnittlich 1,1 Milliarden €, und zwar netto, also nach Länderfinanzausgleich und kommuna lem Finanzausgleich. Auch die Zinsausgaben fallen wesent lich niedriger aus.
Hinzu kommt – auch das für die neuen Kolleginnen und Kol legen vielleicht noch einmal als Merkposten –: Wir hatten in den letzten zehn Jahren am Ende eines Jahres immer einen er heblichen Kassenüberschuss. Die Istzahlen sind also in jedem Jahr deutlich besser als die Sollzahlen. Dabei geht es im Durchschnitt um einen Betrag von rund 1 Milliarde €, im Haushaltsjahr 2015 gar von 1,6 Milliarden €. Darüber können wir uns freuen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Eine große politische Aktion besteht im Aussprechen dessen, was ist. Also sollten wir sagen: Dieser Haushalt in BadenWürttemberg ist in einer guten Verfassung. Es gibt keine De ckungslücke mehr im Haushalt des Landes Baden-Württem berg, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist die Wahrheit im Dezember 2016.
Diese Wahrheit existiert deswegen, weil hier in den letzten fünf Jahren – auch dank einer SPD-Finanzpolitik – solide ge wirtschaftet wurde.
Für den Fall, dass dieser Eindruck hier erweckt werden soll te: Es ist nicht so, dass das Sanieren jetzt auf einmal ein Schluss der Weisheit der grün-schwarzen Landesregierung ge wesen wäre. Wir, die SPD – insbesondere auch Finanzminis ter Schmid –, haben in unserer Regierungszeit immer gesagt: Es geht um die Wahrung des Dreiklangs, der aus Investieren, Sanieren und Konsolidieren besteht.
Aber wir sollten uns – das ist richtig – auf diesem Erfolg nicht ausruhen. Denn es gibt Risiken: Die Zinsen können steigen, die Konjunktur kann an Fahrt verlieren, und es können auch wieder mehr Flüchtlinge Schutz in unserem Land suchen. Aber mit finanziellen Reserven von 4,4 Milliarden € Ende 2015 und noch deutlich über 3 Milliarden € Ende dieses Jah res sind wir auch dafür gewappnet.
Ich kann Ihnen, Frau Finanzministerin, deswegen nur dazu ra ten: Erzählen Sie den Menschen nicht weiter zur Rechtferti gung Ihres Tuns das Märchen von der strukturellen Deckungs lücke.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das Mär chen haben wir aus der letzten Legislaturperiode über nommen!)
Denn dann brauchen Sie den Menschen auch nicht das Mär chen zu erzählen, dass diese Regierung aus eigenen Verdiens ten einen ausgeglichenen Haushalt vorlegt.
Genau hier liegt das Problem – das haben wir heute in den Re den von Herrn Schwarz und Herrn Reinhart und auch letzte Woche in Ihrer Rede, Frau Finanzministerin, vorgefunden –: Sie sagen nicht, was ist. Denn es geht Ihnen nicht in erster Li nie um verantwortliche Gestaltung von Politik, sondern um die Inszenierung von Politik. Sie wollen als harte Saniererin gesehen werden. Sie brauchen eine solche grüne Dramatur gie, um Ihre Macht zu erhalten.
In dieser Dramaturgie – gestatten Sie mir diesen Hinweis – spielt das Wohl des Landes nur eine nachgeordnete Rolle.
Am Beispiel der Städte und Gemeinden können wir das her vorragend nachweisen. Sie machen nämlich Druck auf ande re, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.