Protokoll der Sitzung vom 22.03.2017

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das finde ich unverschämt! Unverschämt ist das!)

Sie haben auch manch anderes vergessen.

Ich bin der grün-schwarzen Koalition ausgesprochen dankbar, dass sie die Rücknahme der achtprozentigen Absenkung der Eingangsbesoldung endlich realisiert hat.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der AfD)

Das ist ein Konzept für Junglehrerinnen und Junglehrer, ein ganz zentrales und wichtiges Signal.

Herr Kern, zunächst zu Ihrer Frage nach der Priorität, mit der ich mich um Junglehrerinnen und Junglehrer kümmere: mit sehr hoher Priorität. Deshalb ist dieses Signal ganz wichtig. Das betrifft übrigens alle Junglehrerinnen und Junglehrer. Deshalb freue ich mich über dieses ganz zentrale Signal, über das sich im Übrigen die Junglehrer auch sehr freuen – so mei ne Gespräche mit den Junglehrern; heute spricht ja jeder von seinen Kontakten zu Junglehrern. Ich empfehle dauerhafte Kontakte zu Lehrerinnen und Lehrern. Das hilft weiter. Die Junglehrer freuen sich über die Entscheidung der grün-schwar zen Koalition.

Das Problem ist insgesamt bekannt. Deshalb werde ich auf die inhaltlichen Fragestellungen auch konkret eingehen. Zum einen möchte ich auf das Thema Vertretungslehrkräfte einge hen. Denn es handelt sich hier um zwei Teile, die man auch einzeln betrachten muss.

Die Vertretungslehrerinnen und Vertretungslehrer brauchen wir im Rahmen einer Flexibilität. Wir brauchen Flexibilität, wie das in einem Unternehmen auch der Fall ist. Der Anteil der Vertretungslehrerinnen und Vertretungslehrer ist sehr ge ring. Ich brauche diesen Bestand aber. Tatsächlich brauche ich dies – das wurde von mehreren Vorrednerinnen und Vorred nern angesprochen – eher mit noch höherer Flexibilität, weil während eines Schuljahrs – das beginnt nicht zwingend mit dem ersten Schultag und endet nicht mit dem letzten Schul tag; das sind sehr unterschiedliche Vertragskonstellationen – die Frage von Krankheitsvertretungen, von Mutterschaftsver tretungen zu klären ist. All diese Themen lösen aus, dass ich eine gewisse Flexibilität brauche, um kurzfristig auf längere zeitliche Ausfälle reagieren zu können.

Das sind Zeitverträge; das ist richtig. Es sind rechtlich befris tete Verträge. Deshalb ist es etwas, was auch nicht dauerhaft finanziert werden kann. Daher bleiben wir bei unserer Hal tung in puncto Flexibilität der Lehrkräfte. Wie gesagt: Nicht einmal 3 % unserer Lehrerinnen und Lehrer sind in befriste ten Arbeitsverhältnissen. Das wurde schon angesprochen. Wir legen Wert auf Verbeamtung, wir bieten diese an. Wie Frau Boser und Herr Röhm auch sagten, ist dies nach wie vor ein hoher Mehrwert für junge Lehrerinnen und Lehrer. Deshalb sind bei knapp 3 % aller Lehrkräfte befristete Arbeitsverhält nisse vorhanden – wobei im Übrigen auch pensionierte Lehr kräfte in dieser Zahl enthalten sind. Das heißt, die Zahl derer, für die Sie werben, ist noch wesentlich geringer als bisher von Ihnen dargestellt.

Natürlich ist es auch so, dass der Vertretungsbedarf – deshalb sind es befristete Verträge – schwankt. Er ist abhängig von der Situation, die ich habe, und deshalb ist für uns dieser Spiel raum auch ganz entscheidend.

Im Übrigen – auch das ist mir sehr wichtig – haben die Ver tretungslehrkräfte ebenso wie Lehramtsbewerberinnen und Lehramtsbewerber die Möglichkeit, sich im Rahmen unter schiedlicher Einstellungsverfahren um eine Einstellung im öf fentlichen Schuldienst zu bewerben. Da gibt es unterschied liche Vorgehensweisen. Diese Möglichkeit können sie gern wahrnehmen. Dazu ermutigen wir sie dann auch. – Also, es bestehen vielfältige Möglichkeiten, aus diesem Bereich her auszukommen.

Aber Vertretungslehrer – ich sagte es eben – ist nicht gleich Vertretungslehrer. Es sind durchaus auch viele Kolleginnen

und Kollegen dabei, die dies im Pensionsalter machen und für die eine dauerhafte Beschäftigung keine Option ist.

Wenn ich im letzten Jahr die durchgehende Zahlung über die Sommerferien hinweg finanziert hätte – das ist ja ein Teil der Forderung –, hätte dies Kosten in Höhe von 12,5 Millionen € ausgelöst – nur für die dauerhafte Beschäftigung der Vertre tungslehrkräfte über die Sommerferien hinweg.

Die zweite Fallgruppe sind die Referendarinnen und Referen dare. Die mehrfach erhobene Forderung – diese wiederholt sich seit vielen Jahren –, den Vorbereitungsdienst für Referen dare über die Sommerferienzeit hinaus zu verlängern, hat ver schiedene Komponenten. Wenn ich die Option wähle, die die logischste wäre, würde es wie folgt aussehen – sehr geehrter Herr Balzer, Sie und auch andere haben es angesprochen –: Es sind keine Entlassungen im rechtlichen Sinn, sondern der Vertrag eines Referendars – wir wollen schon genau sein: „Entlassung“ hört sich viel brutaler an, ist aber halt nicht die Realität – endet am 31. Juli. Das neue Vertragsverhältnis be ginnt mit Unterrichtsbeginn. Das ergibt zusammen sechs Wo chen. So sieht die Realität aus. Das ist keine Entlassung, son dern ist die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gemäß Ver trag und der Beginn eines neuen Arbeitsvertrags. Das ergibt eine Lücke von rund sechs Wochen.

Wenn Sie die Diskussion ernsthaft führen, muss ich Sie dar auf aufmerksam machen, dass dies übrigens auch für Vollju risten oder Vermessungsingenieure gilt, die einen vergleich baren Vorbereitungsdienst durchlaufen. Das habe ich in der Diskussion jetzt noch gar nie gehört.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP)

Das heißt, die Gruppe derer ist deutlich größer, die dann im Zweifel auch einen Anspruch hätten. Ich will Sie nur, wenn Sie hier argumentieren, darauf aufmerksam machen, dass es in diesem Zusammenhang noch weitere Gruppen gibt.

Wenn wir, wie es manche vorschlagen, sagen würden: „Wir enden am 31. Juli mit dem Referendariatsdienst gemäß Ver trag, und am 1. August beginnt das neue Arbeitsverhältnis, und zwar nicht mit Unterrichtsbeginn, sondern zunächst mit sechs Wochen unterrichtsfreier Zeit“, würde dies einen finan ziellen Mehraufwand von rund 27 Millionen € nur für die Re ferendarinnen und Referendare bedeuten – Bezahlung über die Sommerferien hinweg. Das ergibt bei beiden Personen gruppen zusammen – nur damit wir über die richtigen Zahlen sprechen –, Vertretungslehrerinnen und -lehrer sowie Refe rendarinnen und Referendare, knapp 40 Millionen € jährlich – nur damit wir auch einmal über die richtigen Summen spre chen.

Natürlich ist das auch eine haushaltspolitische Komponente. So ehrlich muss man sein. Nur muss man sich halt auch im Klaren sein, dass die Vertragsgrundlagen so sind und dass dies nicht völlig unzumutbar ist. Es ist nicht so, dass man das vor her nicht weiß. Das sind Verträge, die man unterschreibt. Auch da sei mir der Hinweis gestattet: Wir haben auch andere Be rufsanfängerinnen und -anfänger. Nehmen Sie einen Studen ten, der fertig studiert hat, der keine Unterstützungsleistung mehr bekommt, der vielleicht erst in sechs oder acht Wochen im Arbeitsverhältnis beginnt. Wer zahlt denn diese Zeit?

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Auch das sollte man einmal in einer Gesamtschau darstellen. Deshalb bitte ich schon darum – –

(Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Kern?

Deshalb bitte ich schon darum – –

Ja oder nein?

Ja, wenn ich zuerst den Satz zu Ende sprechen darf, Herr Präsident.

Gut.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Deshalb bitte ich schon darum, dass es eine Ge samtschau auf das Thema gibt.

Jetzt, bitte.

Herr Abg. Dr. Kern, bitte.

Frau Ministerin, herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Man kann na türlich so rechnen wie Sie und die Zahlen entsprechend hoch berechnen. Aber ich glaube, den Betroffenen geht es nicht da rum, das Maximale zu haben, sondern Fakt ist: Sie verdienen rein gar nichts. Meine Frage: Es gibt in anderen Bundeslän dern Lösungen, die nicht so teuer sind, wie Sie sie gerade hochgerechnet haben. Wäre es nicht denkbar, solche Lösun gen auch hier für die Betroffenen zu wählen?

Meine zweite Frage: Sie haben den Vergleich zu Angehörigen anderer Berufsgruppen gezogen, die in dieser Zeit auch nichts verdienen. Geben Sie mir aber vielleicht recht, dass man als angehender Lehrer nach abgeschlossenem Referendariat nicht erst am ersten Tag an einer Schule anfangen kann, sich auf den Unterricht vorzubereiten, wenn man sieben, acht oder neun Klassen unterrichten muss, sondern sich bereits in den sechs Wochen vorher, gerade als Berufsanfänger, entspre chend vorbereiten muss? Das machen diese Lehrer ohne jeg liche Bezahlung. Der Staat, das Land erwarten zu Recht, dass sich diese Kolleginnen und Kollegen in den Sommerferien entsprechend vorbereiten. Was sagen Sie dazu?

(Zurufe von der CDU)

Herr Kern, vielen Dank. – Ja, es gilt auch für an dere Berufsgruppen. Ich glaube, dass auch Berufseinsteiger in anderen Berufsgruppen eine gewisse Vorbereitungszeit ha ben. Einen Unterschied gibt es aber zu Junglehrerinnen und Junglehrern: Diese sind dann in einem stabilen Beamtenver hältnis, das wir ihnen anbieten.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: So ist es!)

Sie haben eine Perspektive, die wir auch kontinuierlich ver bessern. Daran arbeiten wir, Stichwort: Perspektiven für Haupt- und Werkrealschullehrkräfte. Das ist, glaube ich, in der letz

ten Legislaturperiode vergessen worden – zumindest in der Umsetzung, nicht in der Ankündigung. Das sind natürlich Per spektiven, die wir bieten. Die Grundlage für eine Vergleich barkeit zu anderen, die in einem Beamtenverhältnis stehen, ist im Hinblick auf das Thema Vorbereitungsdienst gegeben. Des halb halte ich es tatsächlich auch für zumutbar; das will ich ausdrücklich sagen. Die Zahlen berechnen sich so.

Haushaltspolitik wird dann halt zur Realität. Wenn ich das Ar beitsverhältnis am 1. August beginnen lassen würde, wären es – rein für die Referendare – Ausgaben von rund 27 Millio nen €. So sieht dann eben die Realität aus. Die kann ich mir dann auch nicht schönrechnen. Wenn man dies will, muss man es tun. Das hat dann aber auch entsprechende Kosten zur Folge.

Ich glaube, wir bieten unseren Junglehrerinnen und Jungleh rern sehr, sehr gute Perspektiven. Wir arbeiten daran, dass sie weiter verbessert werden. Deshalb glaube ich, dass es tatsäch lich inhaltlich zumutbar ist; das möchte ich hier ausdrücklich sagen. Neben der haushaltspolitischen Komponente ist es für mich auch ein inhaltliches Vorgehen, bei dem ich sagen kann: Dies kann man begründen; dies kann man darstellen.

Deshalb werden wir aus den genannten Gründen weiter so verfahren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Glocke des Präsidenten)

Es gibt noch eine weitere Zwischenfrage.

Ist es eine anknüpfende?

Herr Abg. Dr. Bullinger, bitte.

Frau Ministerin, ich schätze Sie sehr aufgrund Ihrer oft sehr praxisorientierten, spontanen und guten Entscheidungen,...

Danke.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

... auch in dieser kurzen Zeit. Deshalb habe ich eine Frage. Man sollte einmal überlegen: Die Referendare sind, wenn ich es richtig weiß, Beamte auf Widerruf. Sie sind nicht nach A 12 oder A 13 be soldet, sondern verdienen in ihrer Ausbildung einen Betrag zwischen 1 200, 1 500 oder 1 800 €.