Protokoll der Sitzung vom 05.04.2017

Herr Präsident – schuldigsten Respekt –, verehrte Kollegin nen und Kollegen! Schön, dass Sie da sind und sich für die Polizeiliche Kriminalstatistik in Baden-Württemberg interes sieren.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Zumindest die, die da sind! – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Besten Dank, Herr Abg. Siegfried Lorek, für die Fragen.

Erstens zur Sicherheitslage in Baden-Württemberg. Um einen Satz vorwegzustellen: Baden-Württemberg ist jedenfalls ei nes der sichersten Bundesländer und, was die Kriminalitäts belastung der Bürgerinnen und Bürger angeht, das sicherste Bundesland in der Republik.

Nachdem seit dem Jahr 2012 die Zahl der Straftaten in Ba den-Württemberg kontinuierlich angestiegen ist, haben wir in der aktuellen PKS erstmals wieder einen Rückgang der Fall zahl zu verzeichnen. Das ist sehr schön. Im Ergebnis ist die Kriminalitätsbelastung der Bürgerinnen und Bürger in unse rem Land gesunken. Ich sage noch einmal: Was die Krimina litätsbelastung der Bürgerinnen und Bürger angeht, ist BadenWürttemberg das sicherste Bundesland in Deutschland.

Nicht nur die Fallzahlen sind zurückgegangen. Mindestens genauso erfreulich ist, dass die Aufklärungsquote gestiegen ist. Es gibt also eine zurückgehende Anzahl von Straftaten und gleichzeitig eine höhere Aufklärungsquote. Bei der Aufklä rungsquote haben wir sogar einen Spitzenwert, den wir seit zwölf Jahren nicht haben erreichen können.

Herr Abg. Lorek, ich möchte ausdrücklich betonen, dass wir dies einer verlässlichen und sehr gut arbeitenden Polizei in unserem Land verdanken. Wir genießen in Baden-Württem berg einen außerordentlich hohen Sicherheitsstandard. Das ist gut für die Bürgerinnen und Bürger, für jeden einzelnen Bür ger und jede einzelne Bürgerin. Das ist aber auch gut für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg, weil die innere Si cherheit auch ein maßgeblicher Standortfaktor für das Wirt schaftsland Baden-Württemberg ist.

Was wir jedoch nicht akzeptieren können, ist die zunehmen de Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Das ist besorgniserregend, und wir verurteilen das entschieden. Ich bin nicht bereit, mich mit dieser zunehmenden Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten abzufinden.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD)

Der zweite Fragenkomplex, den Herr Abg. Siegfried Lorek angesprochen hat, ist die Wohnungseinbruchskriminalität. Diebstahldelikte machen rund ein Drittel aller Straftaten aus; deshalb ist dies ein wichtiger Bereich. Nachdem wir jahrelang auch bei den Diebstahldelikten einen Anstieg hatten, geht in der aktuellen PKS die Anzahl der Straftaten in diesem Bereich erfreulicherweise zurück.

Nicht nur die Anzahl der Laden-, Taschen- und Trickdiebstäh le sank, sondern – das freut mich besonders, da es auch ein Schwerpunkt der Arbeit dieser Landesregierung war – auch die Anzahl der Wohnungseinbruchdiebstähle sank laut der ak tuellen PKS immerhin um knapp 10 % gegenüber dem Vor jahr.

Wir konnten also bei den Wohnungseinbruchdiebstählen – das möchte ich so klar sagen, Herr Abg. Lorek – eine Trendwen de erreichen. Nachdem über viele Jahre hinweg die Anzahl der Wohnungseinbruchdiebstähle bundesweit stark angestie

gen ist – leider auch in Baden-Württemberg –, können wir in zwischen von einer Trendwende sprechen und verzeichnen ei ne Abwärtsentwicklung, ohne dass wir uns auch nur eine Se kunde zurücklehnen. Vielmehr tun wir alles dafür, diesen Ab wärtstrend bei den Wohnungseinbruchdiebstählen festzu schreiben.

Ich möchte Ihnen nur eine Zahl bei den Wohnungseinbruch diebstählen nennen. Die Kriminalitätsbelastung in BadenWürttemberg sank von 114 im Vorjahr auf 102 Wohnungsein brüche je 100 000 Einwohner. Diese Zahl habe ich Ihnen ge nannt, weil wir bundesweit eine Kriminalitätsbelastung von 206 Wohnungseinbrüchen pro 100 000 Einwohner haben. In Baden-Württemberg sind wir jetzt bei 102. Das heißt, wenn man irgendwo anders im Bundesgebiet lebt, ist das Risiko, Opfer eines Einbruchdiebstahls zu werden, doppelt so hoch, als wenn man in Baden-Württemberg lebt. Ich finde, das ist eine gute Botschaft.

(Abg. Felix Schreiner CDU: Sehr gut! – Zuruf von der AfD: Das beruhigt aber ungemein!)

Wir haben in diesem Bereich viel getan. Beispielsweise gibt es eine Kooperationsvereinbarung mit den Bayern, mit denen wir eine exzellente Zusammenarbeit haben – wie auch mit Hessen und Rheinland-Pfalz – mit entsprechenden Brenn punkteinsätzen. Das zeigt Wirkung, und das schlägt sich in diesen positiven Zahlen nieder.

Ich möchte Ihnen sagen: Wir werden bei der Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls nicht nachlassen und in Zukunft auch neue Techniken wie die pilothaft erstmals eingesetzten automatischen Kennzeichenlesegeräte bei unseren Fahndungs maßnahmen einsetzen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Der dritte Komplex: Kriminalität im Kontext der Zuwande rung. Ich möchte vorausschicken – –

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, ich habe ei nen Verfahrensvorschlag. Dem Kollegen Lorek steht es zu, weitere Fragen zu stellen, wenn die anderen Kollegen durch sind. Das heißt, wir stellen jetzt die Antwort auf die dritte Fra ge zurück, da Ihre Beantwortungszeit für die erste Runde ab gelaufen ist.

Gibt es weitere Zusatzfragen zu diesem Thema? – Kollege Räpple.

Herr Minister, guten Tag! 2016 gab es insgesamt 250 000 tatverdächtige Straftäter, davon 25 000 Flüchtlinge. Das entspricht 10 %. Letztlich machen die Flücht linge aber nur ca. 1 % der Bevölkerung aus. Wie ist das zu er klären? Und wie vermitteln Sie der Bevölkerung die Asylpo litik der Bundesregierung?

Herr Minister, bitte.

Das schließt im Grunde genommen an die Fra ge des Kollegen Lorek an. Das kann ich gemeinsam beant worten.

Einen Satz möchte ich vorausschicken: Herr Abg. Räpple, wir dürfen nicht den Fehler machen, Schutz suchende Flüchtlin ge unter einen Generalverdacht zu stellen. Das soll vorweg einmal gesagt sein.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Stefan Räpple AfD: Das sind Fak ten!)

Faktisch hatten die Zuwanderungszahlen aber tatsächlich Aus wirkungen auf die Kriminalitätslage, und das ist auch ganz klar. Ich will es einmal einfach ausdrücken: Wenn in einem Land von der absoluten Zahl her mehr Menschen leben, bei spielsweise wenn in Deutschland eine Million Menschen mehr leben, dann gibt es auch entsprechend mehr Straftaten.

Deswegen hat auch die Zahl der Straftaten durch tatverdäch tige Asylbewerber und Flüchtlinge zugenommen. Wir haben das so formuliert, dass diese Gruppe im vergangenen Jahr ein fach im Kriminalitätsgeschehen angekommen zu sein scheint. Dabei dominieren Delikte, welche die Armut und teilweise die subjektiv empfundene Perspektivlosigkeit der Zuwande rung deutlich machen. Es gibt hier insbesondere Delikte im Bereich der Ladendiebstähle, des Schwarzfahrens und der Rauschgiftkriminalität.

(Zuruf von der AfD)

Leider bilden auch Körperverletzungsdelikte einen Schwer punkt. Sie werden maßgeblich – in über 60 % der Fälle – in Asylbewerberunterkünften und ähnlichen Einrichtungen be gangen.

Bei der Bewertung der Kriminalitätslage und den nicht von der Hand zu weisenden Anstiegen in diversen Deliktsberei chen dürfen wir nicht nur den reinen Anstieg der Zahl der Straftaten beleuchten, sondern müssen in Relation dazu auch die gestiegene Zahl Schutz suchender Menschen betrachten. Ich habe es bereits gesagt: Ein Mehr an Menschen bedeutet auch ein Mehr an Straftaten.

Bezogen auf die Gruppe der Asylbewerber/Flüchtlinge ist in soziodemografischer Hinsicht die Personengruppe der jungen Männer stärker vertreten; sie gilt auch in kriminologischer Hinsicht als tendenziell stärker kriminalitätsbelastet.

Die Polizei im Land beobachtet das Kriminalitätsgeschehen sehr genau und greift insbesondere bei Intensiv- und Mehr fachtätern sehr konsequent und hart durch. So wurden seit Be ginn des Jahres 2016 in neun regionalen Polizeipräsidien In tensivtäterprogramme, beispielsweise in Form von Ermitt lungsgruppen oder auf örtlicher Sachbearbeiterebene, initiiert, deren Ziele konzentrierte Ermittlungen und frühzeitige Prü fung aufenthaltsbeendender Maßnahmen sind. Das machen wir mit großer Konsequenz. Aufgrund dieser Programme wur den bislang über 120 Haftbefehle erlassen. Den Ausländerbe hörden bzw. dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurden rund 30 Personen zur priorisierten Bearbeitung der Asylverfahren gemeldet mit dem Ziel, dass sie unser Land wieder verlassen.

Vielen Dank, Herr Minis ter. – Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Stickelberger.

Herr Minister, vielen Dank. – Eine Frage haben Sie schon beantwortet, bevor ich sie ge stellt habe, nämlich die Frage zu den automatischen Kennzei chenlesesystemen. Vielen Dank für den Hinweis.

Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien steht, dass Sie dem Landtag jährlich mit der Kriminalstatistik einen Sicher heitsbericht vorlegen werden. Da hätte mich interessiert, was wir unter einem solchen Sicherheitsbericht zu verstehen ha ben. – Eine schwierige Frage, wenn Sie den Koalitionsvertrag da nicht so kennen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Felix Schreiner CDU)

Mich interessiert, was wir unter einem solchen Sicherheitsbe richt zu verstehen haben und bis wann wir mit dessen Vorla ge rechnen können.

Herr Minister, Sie können die Frage auch schriftlich beantworten lassen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Abg. Stickelberger, ich freue mich darüber, dass Sie das Koalitionsgeschehen so exakt verfolgen.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Von A bis Z!)

Das ist gut so.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Von Aras bis Zim mermann! – Heiterkeit)

Es ist in einer Demokratie immer gut, wenn es kundige und gut informierte Abgeordnete gibt.

Wir werden Ihnen den Sicherheitsbericht zeitnah vorlegen.

Gibt es weitere Zusatzfra gen? – Kollege Lorek, Sie haben noch eine Frage.

Herr Minister – Herr Stickelber ger hat es auch angesprochen –: Könnten Sie bitte noch etwas zu dem Einsatz von AKLS sagen und zu den Erfolgen bei dem ersten Test, bei dem das Gerät eingesetzt wurde, und wie kam man dazu, es jetzt wieder einzusetzen?

Wir haben das automatische Kennzeichenlese gerät eingesetzt, weil wir der Auffassung sind, dass wir vor handene technische Möglichkeiten, die rechtlich unstreitig zu lässig sind, der polizeilichen Arbeit nicht vorenthalten sollten, sondern sie ihr zur Verfügung stellen wollen.