Protokoll der Sitzung vom 05.04.2017

Kollege Hahn, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Rolland?

Gern.

Bitte, Frau Kollegin.

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Ich habe folgende Frage: Wie stark ist in Baden-Württem berg die Ausbildung der Landwirte für den ökologischen Landbau? Kommt das vor, oder muss sie ausgebaut werden? Wie schätzen Sie das ein?

(Zuruf von der SPD: Der Stellenwert!)

Der Stellenwert; das Wort habe ich gerade gesucht.

Es gibt verschiedene Ebenen, was die Ausbildung in der ökologischen Landwirtschaft be trifft. Es gibt einen Bundes-Ausbildungsplan, der überarbei tet werden muss. Er liegt schon von seinem Namen her nicht in unserer Hand. Aber das, was wir tun können, tun wir. Wir haben eine ökologische Fachschule eingerichtet. Wir haben den Fachschulunterricht stärker auf diese Themen bezogen, und es gibt – das steht im aktuellen Koalitionsvertrag – eine stärkere Ausrichtung der Universität Hohenheim auf das The menfeld der ökologischen Landwirtschaft.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Sehr gut!)

Das ist ein Thema, bei dem ich sage: Wir sind dran, aber noch nicht fertig.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Potenzial, Luft nach oben!)

Herr Minister, Frau Staatssekretärin, vielen Dank auch bei die sen Themen für Ihre Arbeit sowie die des ganzen Hauses, denn wir haben schon den Eindruck, dass alle daran mitarbeiten. Es ist wichtig, dass das Ganze ein Gemeinschaftsprojekt wird und bleibt. Die Zwischenbilanz kann sich aus meiner Sicht se hen lassen: gute Politik von Grün und Schwarz für die Öko branche.

Ich danke auch den Unternehmen und ihren Mitarbeitern für ihren Einsatz, denn nur deren Erfolg zeigen wir heute. Wir, die grün-schwarze Koalition, stellen lediglich die Leitplanken – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die gelungene Verbin dung aus Ökologie und Ökonomie in der ökologischen Land wirtschaft ist beispielhaft für den Innovationsmotor, für Öko logie und Nachhaltigkeit auch für andere Wirtschaftsbereiche in Baden-Württemberg.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion er teile ich dem Kollegen Dr. Rapp das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der ökologische Landbau in Baden-Württemberg wächst, und das ist gut. Er hat hier seit Langem eine große Bedeutung.

Nun darf ich die Ausführungen des Kollegen Hahn auf die Zeit vor der Regierungszeit von Grün-Rot erweitern. Bereits 1995 sind die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe und die ökologisch bewirtschaftete Fläche deutlich und kon tinuierlich gestiegen. Vor 2011 waren bereits ca. 29 % der bun desweiten Fläche des Ökolandbaus in Baden-Württemberg zu finden. Baden-Württemberg war damit bereits 2011 in der

Spitzengruppe aller Bundesländer. Wenn wir uns die Entwick lung der letzten sechs Jahre anschauen, erkennen wir: Dieser Trend hin zum Ökolandbau hat sich fortgesetzt, und dieser hat – auch das zeigt sich bei dieser Entwicklung – Gott sei Dank keine politische Farbe.

Dieser Anstieg ist aber nicht in allen Bereichen zu verzeich nen. Die Zahlen müssen daher etwas differenzierter betrach tet werden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

Es gibt Bereiche mit starken Zuwächsen; das gilt z. B. für den Bereich der Dauerkulturen. Es gibt aber auch Bereiche mit ei nem Rückgang; das ist z. B. im Bereich des Ökogemüses der Fall. Zudem sehen wir relativ große Unterschiede zwischen den Landkreisen.

Wichtig ist aber: Die Nachfrage nach den ökologisch produ zierten Lebensmitteln steigt. Das zeigt sich auch daran, dass die Produkte heute nicht mehr nur im Bioladen, sondern eben auch in jedem Discounter zu finden sind. Deutschland ist mitt lerweile der größte Markt für Ökolebensmittel in der EU. Das heißt auch, dass die Landwirte in unserem Land hier in wach sender Konkurrenz zu Betrieben aus anderen EU-Ländern, aber eben auch zu Betrieben aus Nicht-EU-Ländern stehen. Ziel muss es daher sein, einen möglichst hohen Anteil unse res Bedarfs selbst zu decken, das heißt, möglichst viel im Land ökologisch produzieren zu können.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ökolandbau hat viele Vorteile in Bezug auf die Schonung der Umwelt, aber auch in vielerlei anderer Hinsicht. Ich glaube, ich brauche das hier an dieser Stelle nicht auszuführen; es dürfte gesellschaftlicher wie politischer Konsens sein.

Der Ökolandbau hat aber auch spezielle Probleme. Das beste Beispiel sind aktuell die Ökowinzer. Hier fehlt es beispiels weise an den zugelassenen Mitteln für die Eindämmung des Falschen Mehltaus. Wir arbeiten hier gemeinsam für die Wie derzulassung z. B. von Kaliumphosphonat.

Wir wollen gute und faire Rahmenbedingungen für den kon ventionellen und auch den ökologischen Landbau. Wichtig ist für uns, dass jeder Betrieb selbst entscheiden kann, wie er wirtschaftet, und dass Politik dies eben nicht vorschreibt.

Wir fördern den Umstieg und die Beibehaltung der ökologi schen Produktion, jetzt auch ergänzt – da bin ich den Kolle gen der Fraktion GRÜNE dankbar – um das Modell der BioMusterregionen.

Ich danke auch Minister Peter Hauk mit seinen Mitarbeiterin nen und Mitarbeitern dafür, dass er dem Ökolandbau einen derart wichtigen Stellenwert einräumt und die bestehenden Programme fortführt, hier aber auch neue Impulse setzt.

Eine tiergerechte Haltung – das Thema wurde schon ange sprochen – ist für uns sowohl im ökologischen als auch im konventionellen Bereich wichtig. Wenn rund 10 % der Betrie be ökologisch wirtschaften, ist das gut. Aber wir dürfen die anderen 90 % nicht aus dem Blick nehmen. Es sei hier auch einmal angemerkt: Die vielen bäuerlichen Familienbetriebe

bewirtschaften ihre Höfe seit mehreren Generationen. Genau das wäre nicht möglich, wenn nicht von vornherein auf eine naturnahe und tiergerechte Arbeit geachtet worden wäre.

Trotz der Verbesserungsmöglichkeiten, die wir im konventi onellen Anbau sehen, sollten wir wieder lernen, zu differen zieren. Es ist klarzustellen, dass die pauschale Darstellung, der Ökolandbau sei an jeder Stelle besser und der konventio nelle Anbau grundsätzlich immer schlechter, nicht zielführend ist. Man kann sich in diesem Zusammenhang z. B. auch fra gen, ob ein Biowaldhonig aus den Wäldern Südamerikas mit all seinen Transportwegen und Auswirkungen für die hiesige Imkerei zwingend besser ist als der konventionell produzier te Waldhonig aus dem Schwarzwald, und das nur wegen des Labels.

(Zuruf von den Grünen: Klar!)

Ich denke, dass wir hier noch vieles im Detail klären müssen. Übrigens verzichten bereits heutzutage viele konventionelle Landwirte auf Spritzmittel oder Ähnliches, sie haben das Tier wohl im Blick, und das auch ohne Biosiegel.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Überdies gewinnt die naturnahe Produktion bzw. Bioproduk tion auch mit Blick auf die Regionalität eine zunehmende Be deutung. Diese Entwicklung biologischer Produktion bzw. na turnaher Produktion wird hierdurch befördert. Aber genau in diesem Bereich müssen wir etwas mehr tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Wir, die CDU, begrüßen es daher nachdrücklich, dass dem Thema Regionalität seitens des Ministeriums mehr Raum ge widmet wird und es als Zukunftsthema unterstützt wird. Wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen, dann müssen wir sa gen: Der ökologische und der konventionelle Landbau kön nen gerade auch mit Blick auf die Regionalität voneinander profitieren.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, Ihre Rede zeit ist zu Ende.

Es braucht auf jeden Fall ei nen intensiven Austausch zwischen ökologischem und kon ventionellem Landbau. Es braucht Austausch mit Blick auf Technik, aber auch mit Blick auf Pflanzungen und Züchtungs verfahren.

Vor diesem Hintergrund – das soll der Schlusssatz sein – wer den wir hoffentlich bald mit dem Eintreten einer Vision kon frontiert, die ein enges Miteinander beider Zweige, den Blick auf regionale Kreisläufe und ein stärkeres Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger umfasst. Unsere Aufgabe ist es, da bei die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Herre.

Sehr geehrter Herr Präsident, ge schätzte Kollegen Abgeordnete! Bio hat Tradition in BadenWürttemberg. Der Talhof in Heidenheim wurde bereits 1929 umgestellt – zu Zeiten, als viele Bauern noch „Bio“ waren, ohne es zu wissen. Diese Pioniere sahen voraus, wie die Land wirtschaft ihre wichtige Stellung in der Mitte der Gesellschaft zugunsten von Massenproduktion um fast jeden Preis aufge ben und verlieren würde.

Eine erste Umstellungswelle gab es Anfang der Siebzigerjah re – von ganz wenigen widerständigen Charakterköpfen aus gehend – am Kaiserstuhl, auf der Alb und am Bodensee. Ei ne weitere Umstellungswelle gab es dann Ende der Achtzi gerjahre, als die Umstellung zum ersten Mal finanziell geför dert wurde.

Ebenso ein Charakterkopf war Landwirtschaftsminister Ger hard Weiser von der CDU. Er war so souverän wie neugierig und gab schon Anfang der Achtzigerjahre Forschungsgelder nach Hohenheim, um einen prüfenden Blick auf Bio zu wer fen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das war ein Ker le, gell?)

Der damalige FDP-Staatssekretär im Bundeslandwirtschafts ministerium, Georg Gallus aus Hattenhofen, sagte auf einer Veranstaltung in Hohenheim, auch in den Achtzigerjahren – ich zitiere –:

Ich liebe euch Bios, weil ihr weniger Überschüsse produ ziert.

Milchseen und Butterberge waren zu jener Zeit das Hauptthe ma der Agrarpolitik. Viele der Pioniere standen der Umstel lungsbeihilfe Ende der Achtzigerjahre skeptisch gegenüber. Die Neuumsteller bekamen das Know-how der Pioniere kos tenlos geliefert und haben die Subventionen eingepreist. Der erste Preisrutsch war da.