Jetzt haben Sie sich ja auf den Bundesparteitag kapriziert. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 23. September 2016 unter Beteiligung zahlreicher Regierungen, an denen CDU, SPD, FDP und Grüne beteiligt sind, beschlossen – und zwar als Stel lungnahme an die Europäische Kommission – die Kommis sion in Sachen Abgaben, Maut etc. aufzufordern, Maßnahmen zu ergreifen, damit man bis 2030 nur noch emissionsfreie Pkws zulassen kann.
Wohlgemerkt, das waren nicht die Grünen, sondern das war eine große Mehrheit des Bundesrats unter Beteiligung ganz vieler. Warum braucht man diese Beschlüsse, obwohl man im mer wieder hört, das gehe nicht, das sei ganz schwierig, wie solle das überhaupt funktionieren? Ja, das ist schwierig, und das ist auch der Grund, warum die Landesregierung – ich per sönlich und der Ministerpräsident – mehrfach gesagt hat, 2030 sei eine harte Nuss, und ob das bis dahin zu schaffen ist, sei wirklich infrage zu stellen.
Was jedoch nicht infrage zu stellen ist, ist, dass wir schnell zu einer emissionsfreien Mobilität kommen müssen, klimaneut ral im doppelten Sinn, CO2-neutral, aber auch neutral in Be zug auf andere Schadstoffe, egal, mit welcher Technik, Herr Haußmann; das habe ich immer gesagt. Da sind wir ganz tech nikoffen. Das Ziel „Klimaschutz und schadstofffrei“ ist nicht zu verhandeln, sondern die Technik muss diesem Ziel dienen, und genau so arbeiten wir.
Jetzt komme ich konkret zu dem, was wir machen. Wir haben gestern im Kabinett eine dritte Offensive beschlossen, und zwar in Sachen Elektromobilität. Das ist ein wichtiges Ele ment, weil wir wissen: Wenn wir in Baden-Württemberg auch noch in den nächsten zehn bis 20 Jahren Autos verkaufen wol len, die ja einen Teil unseres Wohlstands ausmachen, weil vie le Arbeitsplätze daran hängen, dann müssen wir doch alles da für tun, dass wir die neuesten, die besten, die abgasärmsten und die klimafreundlichsten Autos produzieren. Nicht der, der das fordert, ist ein Autofeind, sondern der, der sagt: „Lasst uns weitermachen wie bisher.“ Denn diese Leute würden sich bald umschauen. Sie können schon jetzt einmal nach Detroit rei sen und sich anschauen, was die Folge davon ist, dass die ame rikanische Industrie über Jahre hinweg Effizienztechnologien und Ressourcenschutz verpasst hat. Der Niedergang der Au tomobilindustrie der USA ist dort sichtbar. Eine ganze Regi on ist dort sozusagen in Ruinen zurückgefallen. Das wollen wir hier nicht erleben.
Ein anderes Beispiel: Wir haben im Schwarzwald noch in den Siebzigerjahren 30 000 Arbeitsplätze in der Uhrenindustrie gehabt. Die Uhrenindustrie hat damals den technologischen
Sprung zu Quarzuhren, zu elektronisch gesteuerten Uhren nicht geschafft. Man hat gesagt: „Wir sind doch die Besten, wir machen die besten Uhren der Welt, eine neue Technolo gie gefährdet unsere Arbeitsplätze.“ Und was ist dabei her ausgekommen? Heute sind gerade einmal noch 1 000 Arbeits plätze in diesem Bereich vorhanden. Alle größeren Firmen sind höchstens noch als Marken existent, wurden von ande ren aufgekauft.
Strich darunter: Wir müssen viel tun im Bereich der Elektri fizierung der Mobilität, wir müssen den öffentlichen Verkehr ausbauen, wir müssen den von Ihnen immer wieder gegeißel ten Radverkehr ausbauen – auch das ist global gesehen ein wichtiges Element moderner Verkehrspolitik –, die Vernet zung der Verkehrsträger ist wichtig. Wir gehen davon aus, dass Menschen verschiedene Verkehrsmittel nutzen, dass sie nicht nur Radfahrer sind und auch nicht nur den ÖPNV nutzen.
Wir werden – das sage ich in Richtung AfD – selbstverständ lich auch den Schienenpersonennahverkehr elektrifizieren. Wenn ich die Rede heute Morgen richtig gedeutet habe, ist ja die AfD der Meinung, aufgrund des Feinstaubs, der angeblich bei Elektrofahrzeugen entsteht, müssten wir zurück zum Die sel auf der Schiene, weil das irgendwie sauberer wäre. Das kann man jedoch nicht ganz so ernst nehmen.
Sie sehen: Wir haben ein ganzes Paket von Maßnahmen. Al les zielt darauf ab, dass wir den Prozess des Wandels hin zu neuen Technologien beim Auto vorantreiben. Verstehen Sie die Jahreszahl 2030 als einen starken Weckruf – so, wie wir vor Jahren gesagt haben: Bis 2020 muss der Atomausstieg ge lingen. Früher haben wir aber auch 1995 oder 2000 gesagt; wir haben ja verschiedene Termine gehabt. Wir von den Grü nen mussten jeweils auch feststellen: Das Erreichen eines Ter mins hängt sehr davon ab, welchen Erfolg man bei Wahlen hat.
Soll ich die auch noch ansprechen? – Dieselfahrverbote: Es ist ja so, dass wir bei der Fortschreibung des Luftreinhalteplans ein ganz um fangreiches Maßnahmenpaket verabschiedet haben. Auch wenn Sie immer wieder darauf herumreiten – nach dem Mot to „Die machen Fahrverbote, obwohl so viel anderes getan werden könnte“ –, muss ich Ihnen sagen: Wir planen 20 Maß nahmen, ein breites Paket: Förderung des Nahverkehrs, För derung von Busspuren, Einrichtung von neuen Stadtbahnlini en, anderer Takt bei den S-Bahnen, Metropolexpresszüge, um nur einige zu nennen. Die Liste der Maßnahmen geht noch weiter.
Es gibt ein breites Bündnis. Das Jobticket haben wir bereits mit relativ großem Erfolg in Angriff genommen. Wir werben bei Unternehmen für einen Umstieg. Die Stadt Stuttgart wird die Bereiche mit Parkraummanagement weiter ausweiten. Wir werden den Fußverkehr in Stuttgart entwickeln und stärken. Das alles zählt zu diesem Maßnahmenpaket.
Dann kommt auch noch die Frage hinzu: Wie gehst du dann mit dem Auto um, das dreckig ist? Dazu möchte ich, obwohl ich es hier auch schon drei Mal gesagt habe, noch einmal da rauf verweisen: Auf Betreiben von Anwohnern am Neckartor gab es einen Prozess; diese haben das Recht auf saubere Luft eingeklagt. Der Richter hat ihnen recht gegeben und war drauf und dran, der Stadt Stuttgart und dem Land Baden-Württem berg ein pauschales Dieselfahrverbot auf dieser Strecke im mer dann, wenn Feinstaubalarm ist, auf die Nase zu drücken. Da haben wir gesagt: Wir wissen etwas Besseres. Herausge kommen ist ein Kompromiss, der lautet: Die Landesregierung muss einen Vorschlag vorlegen, mit dem sichergestellt wer den kann, dass es dort an Feinstaubalarmtagen rechtmäßig durchsetzbar 20 % weniger Verkehr gibt.
Daraus ist das ganze Paket entstanden, und daraus sind auch Überlegungen entstanden, wie wir das in den Griff bekom men.
Die erste Forderung war die blaue Plakette, und zwar zunächst nur an Feinstaubtagen. Die blaue Plakette haben wir, wie Sie wissen, bislang nicht bekommen. Wir haben große Unterstüt zung von der Bundesumweltministerin, die da mit uns kämpft, und auf der anderen Seite haben wir einen Bundesminister Dobrindt, der im Moment nichts anderes tut, als zu blockie ren, ohne einen Vorschlag zu machen. Er lässt München im Regen stehen, er lässt Stuttgart im Regen stehen, er lässt Ham burg im Regen stehen und auch alle Städte im Ruhrgebiet.
Das habe ich leider nicht verstanden. Aber Sie haben einen neuen Genossen. Haben Sie es schon gemerkt? Ein neuer Ge nosse, der Herr Zimmermann.
Zu diesem Katalog gehört auch, dass man sich überlegt, wie man die schlechten, emissionsträchtigen Dieselfahrzeuge draußen halten kann, und zwar sowohl bei Feinstaubalarm als auch bei einer Stickoxidgrenzwertüberschreitung. Herausge kommen ist: Wenn wir die blaue Plakette nicht bekommen, können wir in zwei Varianten Beschränkungen vornehmen, die ausgeschildert sind.
Die erste Variante, die kleinste Variante, sieht vor: Man sperrt die B 14 von Bad Cannstatt in Richtung Bahnhof, ferner sperrt man eine Parallelstraße und auch die Umfahrungsmöglichkeit durch die Talstraße und den Wagenburgtunnel. Die nicht Orts kundigen müssen mir glauben: Das sind sozusagen die Aus fall- und Ersatzstraßen, die man ja mit sperren muss, weil man andernfalls den Autoverkehr nur verlagern würde. Das ist die einfachste Variante. Sie beträfe alle Dieselfahrzeuge, die die Euro-6-Norm nicht erfüllen; Benziner dürften ab Euro 3 fah ren.
Die zweite Variante lautet: Wir sperren die Einfahrt in den Kessel. Diese Maßnahme ist weiter ausgreifend. Dies wird noch vor dem Gericht verhandelt; denn es gibt ja noch ein zweites Verfahren. Die DUH klagt gegen das Land auch we gen der Stickoxidbelastung in der ganzen Stadt. Dann wird man sehen, was da herauskommt. Im Luftreinhalteplan haben wir mit der CDU verabredet – vorn, ganz klar –: Wir wollen
Fahrverbote durch ein Bündel von Maßnahmen vermeiden, und wenn es durch Nachrüstung oder andere Maßnahmen möglich ist, denselben Reduktionseffekt wie durch Fahrver bote zu erzielen, dann werden wir das tun.
Ich habe den Auftrag mitgenommen, auf Bundesebene aktiv zu werden. Das bin ich übrigens sogar heute und bin es mor gen wieder. Ich war vor zehn Tagen im Bundesrat mit der ba den-württembergischen Initiative zur Nachrüstung. Ich habe eine Mehrheit in der Verkehrsministerkonferenz gefunden, wir haben eine Mehrheit in der Umweltministerkonferenz gefun den. Heute Morgen hat der Verkehrsausschuss des Bundesrats getagt und sich mit unserer Initiative befasst. Es sieht nicht schlecht aus, dass wir eine Mehrheit bekommen können.
Ich erteile Herrn Abg. Katzen stein das Wort. – Ich bitte die Landesregierung: Die Antwor ten sollten nicht länger als fünf Minuten sein, damit möglichst viele Fragen gestellt werden können.
Frau Präsidentin! Herr Minister, vielen Dank. Sie haben ja schon klargestellt: Verbo te sollten nur das allerletzte Mittel sein. Da frage ich die Lan desregierung, was Sie denn sonst vorhaben. Sie haben ange deutet: die Landesinitiative Elektromobilität III. Vielleicht könnten Sie noch etwas genauer erläutern, was für Maßnah men dort vorgesehen sind. Sie haben das vorhin nur grob an gerissen.
Ein wichtiges Element ist: Wir glauben, wir müssen das tun, was jetzt ansteht: die Elektromobilität in der Fläche auszurol len – im Moment ist sie sehr stark auf den Ballungsraum kon zentriert –, also im ländlichen Raum.
Ein wesentliches Element ist, dass wir die Infrastruktur ver bessern, das heißt die Ladeinfrastruktur ausbauen. Aus mei ner Sicht ist das Wichtigste an diesem Beschluss, dass wir für gut 10 Millionen € mit zusätzlich 2 000 Ladesäulen – Schnell ladesäulen und normale Ladesäulen – im ganzen Land ein flä chendeckendes Netz aufziehen, sodass man es im ganzen Land nicht weiter als 10 km bis zur nächsten Ladesäule hat. Das ist ganz wichtig.
Weiter wollen wir vor allem Flotten fördern, z. B. Taxis oder soziale Betriebe, die Pflegedienste erbringen oder Altenbe treuung leisten, also Flotten, die auch eine gesellschaftliche Funktion haben und im öffentlichen Raum sichtbar sind, da mit die neue Mobilität erkennbar ist.
Ehrlich gesagt, freue ich mich besonders, dass inzwischen auch die Polizei mit Pedelecs und Elektroautos unterwegs ist. Denn das ist sozusagen das Zeichen: Die fahren sicher, die würden bestimmt keine Technik nutzen, die im Zweifel sozu sagen schädlich ist, wenn man einen Verbrecher verfolgt.
Wir machen weiter mit der Nachrüstung der Flotte der Lan desregierung. Immer mehr Ministerinnen und Minister sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden mit Plug-in-Hybri den oder mit Elektrofahrzeugen unterwegs sein.
Das sind einige Elemente. Dann wird auch noch der Mittel stand unterstützt und wird noch Forschungsarbeit betrieben.
Vielen Dank. – Jetzt erteile ich Herrn Abg. Schreiner das Wort. Es geht bei der Reihenfolge nach der Fraktionsstärke.