Die Lösung für diese ganze verzwickte Situation kann nur lau ten: Schluss mit Flickschusterei und Schluss mit dem Aus blenden der Realität. Wir brauchen einen neuen Glücksspiel staatsvertrag, der dem Motto folgt: Regulation statt Prohibi tion. Wenn wir die Spieler zurückholen wollen, die in die Il legalität abgerutscht sind, brauchen wir eine qualitative Re gulierung des Glücksspielmarkts mit dem Fokus auf dem Ver braucherschutz.
Geeignete Maßnahmen können sein: erstens ein gesicherter Altersnachweis, auch im Internet, zweitens eine verpflichten de Selbstfestlegung eines Einzahlungslimits bei der Anmel dung, verbunden mit einer bundesweiten und plattformüber
greifenden Datenbank, um diese Limits auch wirklich durch zusetzen, drittens eine Einschränkung bei der Werbung, vier tens automatische Warnhinweise bei zu hohen Verlusten und fünftens eine umfassende Aufklärung über Hilfsprogramme. Außerdem muss das verfassungswidrige Glücksspielkollegi um durch eine rechtskonforme Aufsichtsbehörde mit einer bundesweiten Zuständigkeit ersetzt werden.
Einen letzten Punkt habe ich noch: Schleswig-Holstein hat be reits angekündigt, auch diesen Zweiten Glücksspieländerungs staatsvertrag nicht zu unterzeichnen. Möglicherweise gibt es noch Verbündete; das wird man sehen. Vielleicht sollte Ba den-Württemberg mit den anderen 15 Ländern nicht das Schlusslicht spielen, sondern schauen, dass es eine rechtliche Lösung findet, die wirklich greift, die vor den Gerichten Be stand hat. Es wäre schade, wenn Baden-Württemberg auch in diesem Bereich den Weg einschlägt, Schlusslicht zu sein, wie es ja in der Bildung in den letzten fünf Jahren der Fall ist.
Bei der Regelung des Glücksspiels bitte nicht! Das sind wir den Menschen in unserem Land schuldig, dass wir dort nicht Schlusslicht sind. Denn wir brauchen ein Gesetz, das Kraft hat, ein Gesetz, das vor den Gerichten Bestand hat und dabei den Menschen im Fokus hat. Menschen sind immer noch wichtiger als Geld.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Mi nister Strobl, Sie haben den Gesetzentwurf vorgestellt und lä chelnd vorgetragen, obwohl streng genommen der Karren ziemlich verfahren ist. Aber dafür kann Baden-Württemberg nichts; ich sage es gleich. Er ist deshalb verfahren, weil wir jetzt immer noch mit einer Übergangsregelung leben müssen und nicht absehbar ist, wie eine endgültige Regelung aussieht.
Warum ist der Karren so verfahren? Es ist vielfach schon bei meinen Vorrednern angeklungen. Hessen war ja federführend mit dem Konzessionsverfahren befasst, und Hessen hat es nicht auf die Reihe bekommen.
Hessen hat das Verfahren nicht steuern können, nicht verfas sungskonform durchführen können. Deshalb haben wir eine Reihe von Gerichtsentscheidungen, zu denen die Verfahren noch nicht abgeschlossen sind, in Berufung und Revision hän gen. Wie die ausgehen, weiß man nicht. Deshalb bedarf es ei ner weiteren Übergangsregelung.
Dabei sind wir, die SPD, immer – da bin ich mit dem Kolle gen Zimmermann immer einig gewesen – natürlich auch da ran interessiert, Spielerschutz, Jugendschutz in den Vorder grund zu rücken. Das ist ein Anliegen, das wir uneinge schränkt teilen. Dem tragen wir auch künftig Rechnung.
Von einer Liberalisierung des Marktes, wie das in der letzten Debatte zu diesem Thema seitens der FDP angeklungen ist,
halten wir schon überhaupt nichts. Ein Laisser-faire und eine blinde Marktgläubigkeit kann es in diesem Bereich nicht ge ben, wenngleich wir nicht verkennen, dass die Dinge natür lich sehr kompliziert sind und möglicherweise auf Dauer nur europarechtlich oder darüber hinaus zu regeln sind im Hin blick auf das Internet und ähnliche Entwicklungen, die wir verzeichnen.
Das Verfahren hat Hessen nicht in den Griff bekommen. Jetzt soll das Verfahren Nordrhein-Westfalen übertragen werden. Ich habe da mittlerweile meine Bedenken, weil die FDP dort ja mitregiert und sie sich in dieser Frage ja eindeutig positio niert. In Schleswig-Holstein regiert die FDP jetzt auch mit. Auch dort hat sie erreicht, dass die Koalition dort dem Staats vertrag nicht zustimmen wird. Wir alle kennen Herrn Kubi cki. – Oder müsste ich in diesem Fall vielleicht besser sagen „Frau Kubicki“? Die Beteiligten wissen, wovon ich spreche. – Wir warten ab, wie das geht. Wir haben jedenfalls große Be denken, ob wir hier jetzt wirklich in dieser neuen Konstella tion Fortschritte erzielen.
Dass wir länderübergreifende Einrichtungen schaffen oder das sogar auf eine Bundesbehörde übertragen, ist verfassungs rechtlich abgesegnet; das geht. Dass dort bestimmte Zustän digkeiten konzentriert werden, wenn es die Länder wollen, das geht auch. Aber wir haben Zweifel, ob das mit den Betei ligten künftig erreichbar ist.
Deshalb können wir die Landesregierung nur unterstützen, wenn sie den Weg weitergeht, breit für Zustimmung zu wer ben, und appellieren an Sie, an Ihre Parteikolleginnen und -kollegen, insbesondere in den CDU-geführten Ländern, auf die dortigen Koalitionspartner einzuwirken, diesem Staatsver trag zuzustimmen und der weiteren Entwicklung keine Hemm nisse in den Weg zu legen.
Ich appelliere auch an die Grünen, die mir bei diesem Thema in der öffentlichen Diskussion sehr leise vorkommen, was Ju gend- und Verbraucherschutz sowie Spielerschutz betrifft. Der Kollege Frey hat heute klar Position bezogen. Das würde ich mir einmal in der Öffentlichkeit wünschen. Aus NordrheinWestfalen und Schleswig-Holstein höre ich dazu von den Grü nen leider nichts.
Dort haben Sie noch einige Aufgaben vor sich. Wir unterstüt zen jedenfalls die Anliegen, die Sie, Herr Minister Strobl, for muliert haben, eindeutig. Die SPD steht auch zum Monopol in diesem Bereich in Baden-Württemberg. Was die Spielothe ken betrifft, stehen wir zu der in der letzten Regierungsperio de beschlossenen gesetzlichen Vorgabe von 500-m-Abstän den. Wir wissen allerdings, dass die Gemeinden vor Ort of fensichtlich ihre Schwierigkeiten haben, dies in der Praxis um zusetzen. Aber auch sie haben es so gewollt. Wir unterstützen sie dabei weiterhin, und wir sollten gemeinsam an einem Strang ziehen.
Wollen Sie mir ein Stich wort geben? Nein, das lasse ich heute weg. Aber wenn wir die Lage nüchtern und mit einem Schuss Realitätssinn betrach ten, dann müssen wir doch feststellen, dass bei der Regulie rung des Glückspiels die Lage in jeder Hinsicht verfahren ist.
Ich könnte im Moment eigentlich keine zweite Materie nen nen, in der sie ähnlich verfahren ist. Aber, lieber Herr Kolle ge Stickelberger, das Land ist in beiden Richtungen selbst schuld. Jahre hat man mit der Formel verbracht, dass man sich an Verschwörungen zur Rettung des staatlichen Glücksspiel monopols beteiligt – wobei man mal kurz vergisst, dass es das Internet gibt; das hat man sozusagen einfach ausgeblendet –
und die von der Rechtsprechung geforderte Suchtbekämpfung schwerpunktmäßig ganz woanders erledigt, nämlich bei den privaten Betreibern gewerblicher Spielstätten in den Kommu nen. Ein solches Konzept kann man übrigens als scheinheilig bezeichnen: einer anderen Branche zuzusetzen, wenn man das Geld unbedingt will.
Ich stelle jedenfalls fest, dass auf der ganzen Linie all dessen, was ich jetzt beschrieben habe, Chaos herrscht. Die Verschwö rung gibt es nicht mehr. Es ist mehrfach auf Schleswig-Hol stein hingewiesen worden. Es ist aber auch gebührend zum Ausdruck gekommen, dass Schleswig-Holstein längst ausge schert ist, bevor die FDP wieder am Regierungstisch saß; das müssen wir fairerweise dazusagen. Die sind vorher schon aus gestiegen. Das ist hinlänglich bekannt.
(Zuruf von der AfD: Sehr richtig! – Abg. Josef Frey GRÜNE: Das stimmt doch nicht! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das stimmt nicht! Wir haben unse re Leute gefragt! Es war eindeutig, Herr Dr. Goll!)
Natürlich. Sie haben sich ja dem anderen Verfahren gar nicht mehr angeschlossen. Das weiß hier doch jeder.
Dann ist über Hessen geredet worden. Das versucht man kleinzuhalten. Hessen wollte einfach nicht mehr, weil man ge sehen hat: Das funktioniert nicht.
Nein, es ist nicht durchführbar. Mittlerweile fallen im nicht regulierten Bereich über eine halbe Milliarde Euro Spielerträ
ge an. Dort spielt die Musik. Die galoppierende Abwanderung des Glückspiels in einen Bereich, den Sie im Moment mit gar keinem Gesetz erreichen, das ist der Grund, warum die Ver schwörung geplatzt ist und warum auch andere nicht mitma chen werden.
Herr Kollege Goll, wenn ich sa gen würde, dass die Sportwettenkonzessionsausschreibung unter einer CDU/FDP-Regierung in Hessen 2012 in den Sand gesetzt wurde, würden Sie mir da recht geben?
Ich halte, ehrlich gesagt, we nig davon, das parteipolitisch hin und her zu schieben, weil wir über Schwierigkeiten in der Sache – –