Frau Felder, Ihnen ist das vorhin nicht aufgefallen, aber ich habe ja den direkten Blick nach links. Sie sagen, das Sozial ministerium würde etwas tun. Frau Staatssekretärin Mielich hat an dieser Stelle kräftig den Kopf geschüttelt. Wir sind wirklich einmal gespannt, was da herauskommt. Was für ein Komplementärkoalitionschaos heute!
Ich kann nur sagen: Avanti, avanti dilettanti! Das hat, glaube ich, einmal ein Grüner gesagt. Ich weiß jetzt, wie er darauf gekommen ist – nach dem, wie ich Grüne und CDU in den letzten Tagen erlebt habe.
Wir zeigen Ihnen heute mit unserem gemeinsamen Antrag ei nen sauberen Ausweg auf, zeitnah zu einer wirklich verbind lich vorher zugesagten Lösung für die Physiotherapieschulen zu kommen. Sie haben die Möglichkeit, dem heute zuzustim men. Die SPD-Fraktion beantragt zum Antrag Drucksache 16/2746-1 eine namentliche Abstimmung.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Noch vor kurzer Zeit hat die Kultus ministerin die Auffassung vertreten, die grün-schwarze Koa lition sei der verkörperte Schulkonsens.
Sie meinte, wenn zwei gegensätzliche Bildungsideologien zu sammenfinden würden, dann müsste ein für alle sinnvoller Kompromiss herauskommen.
Nun, spätestens seit der Sitzung des Bildungsausschusses in der vergangenen Woche dürfte die grün-schwarze Regierungs realität Frau Eisenmann eines Besseren belehrt haben. Dass das neue, grün-schwarze Privatschulgesetz eine existenzbe drohende Situation für die Physiotherapieschulen bedeutet, erkannte die CDU immerhin an. Statt aber zu handeln, ver wiesen die Kultusministerin und ihre Fraktion auf die Zustän digkeit des grün geführten Sozialministeriums. Die Grünen aber waren im Bildungsausschuss kollektiv von einer plötz lich auftretenden Kiefersperre betroffen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die freien Schulen bei Grün-Schwarz wirklich in guten Händen sind. An diesem Zweifel ändert auch die Tatsache nichts, dass die Re gierungsfraktionen heute um 10:29 Uhr einen Entschließungs antrag eingebracht haben. Es war doch wohl eher die drohen de Abstimmungsniederlage bei einer namentlichen Abstim mung über den Entschließungsantrag von SPD und FDP/DVP, die da den Ausschlag gab.
Deshalb frage ich an dieser Stelle Staatssekretärin Mielich. Frau Mielich, diese Frage ist die entscheidende des heutigen Tages bei diesem Gesetz: Wurde Geld vom Sozialministeri um für den neuen Haushalt angemeldet, ja oder nein? Wenn Sie kein Geld angemeldet haben, dann ist der Antrag, den Grü ne und CDU heute eingebracht haben, Makulatur. Bitte beant worten Sie diese Frage, ob Sie Geld im Doppelhaushalt ange meldet haben, mit Ja oder mit Nein.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die FDP/DVPFraktion unterstützt ausdrücklich, dass die Privatschulzu schüsse in Höhe von 80 % der Bruttokosten eines Schülers im staatlichen Schulwesen nun im Privatschulgesetz verankert werden. Das ist eine Forderung, die auch die FDP/DVP seit Langem stellt.
Aber der Privatschul-Gesetzentwurf ist ein Zwitterpakt. Er wurde trotz der Mahnungen der Privatschulverbände so ge schnürt, dass für alle Betroffenen klar ist: Wer höhere Zu schüsse will, muss dicke Kröten schlucken. Denn das grünschwarze Bürokratiemonster droht die Gestaltungsfreiheit der Privatschulen empfindlich einzuschränken. Schulen, die auf Schulgeld verzichten, erhalten zukünftig zwar eine Förderung von 90 %, zur Schließung der Lücke von 10 % werden sie
aber auf Sonder- und Profilleistungen verwiesen. Betreuungs angebote außerhalb des Pflichtunterrichts werden dadurch zwangsläufig teurer werden, sodass neue soziale Hürden auf gebaut werden. Das darf aus unserer Sicht nicht geschehen.
Wir Freien Demokraten hätten stattdessen den von der Lan desverfassung geforderten Ausgleich für Schulgeldfreiheit auf diejenigen Eltern beschränkt, die das Schulgeld auch tatsäch lich nicht aufbringen können. Dadurch würden Mittel frei,
um Ganztagsbetreuung, den Schulbau sowie andere bisher ausgeklammerte Kostenblöcke in die Berechnung der Privat schulzuschüsse einzubeziehen. Die Bruttokosten realistisch und fair zu berechnen ist das beste Mittel gegen soziale Hür den beim Besuch einer Schule in freier Trägerschaft. Aber Grüne und Schwarze haben ja heute noch einmal die Chance, den Anträgen von FDP/DVP und SPD zuzustimmen und da mit die schlimmsten Fehlgriffe zu korrigieren.
Im schon erwähnten 10:29-Uhr-Antrag der Koalition haben sich Grüne und CDU nicht dazu durchringen können, dass es einen eigenen Zuschusssatz für die Physiotherapieschulen gibt. Deshalb halten wir unseren Antrag aufrecht, und wir for dern eine wissenschaftliche Begleitung der Ausgleichsrege lung in der Praxis, die zu der Vorlage eines Berichts an den Landtag nach zwei Jahren und der Möglichkeit einer Neufas sung der Regelung führt.
Unser bisheriges baden-württembergisches Erfolgsmodell der freien Schulen, liebe Kolleginnen und Kollegen, beruht dar auf, dass diese wirtschaftlich arbeiten und dadurch soziale Verantwortung übernehmen können. Dieses Modell wollen wir Freien Demokraten nicht gefährdet wissen und werben daher noch einmal eindringlich um Zustimmung zu unseren Anträgen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will Sie nicht enttäuschen: Frau Mielich wird nach mir das Wort ergreifen und mit Sicherheit all die von Ihnen aufgeworfenen Fragen beantworten.
Grundsätzlich: Wir befassen uns heute nicht zum ersten Mal mit dem Gesetzentwurf. Wir haben im Vorfeld auch ausführ lich über eine neue Grundlage diskutiert, was die Förderung der Schulen in freier Trägerschaft angeht. Das Wissenschaftszen trum für Sozialforschung in Berlin hat in seiner jüngst veröf fentlichten rechtlichen und inhaltlichen Bewertung vom Juli 2017 festgestellt, dass Baden-Württemberg damit das beste und rechtlich solideste Gesetz im Bereich der Förderung von Schulen in privater Trägerschaft vorgelegt hat – vorbildlich für alle anderen Bundesländer. Da kann ich nur sagen: Es gibt
hier sicher keinen Grund schwarzzumalen. Ganz im Gegen teil, wir haben eine glänzende Basis – rechtlich, politisch und vor allem finanziell –, was mich für die Schulen in freier Trä gerschaft in unserem Land auch sehr freut.
Ich will nicht weiter darauf eingehen, dass wir die Pro-KopfZuschusspauschale jetzt auf 80 % erhöht haben – über Jahr zehnte zugesagt, nie umgesetzt. Wir setzen das um. Was das Schulgeld angeht, setzen wir auch das um – Stichwort Aus gleichsanspruch –, was gesetzliche Grundlage ist. Das ma chen wir nicht nur, weil es unsere Pflicht ist, sondern auch, weil wir es gern machen, weil wir – ich wiederhole mich auch in diesem Zusammenhang – Schulen in freier Trägerschaft als wichtige und grundlegende Ergänzung für unsere Schulen im öffentlichen Bereich ansehen. Deswegen sind das für uns wichtige Partner, denen wir mit großem Respekt und mit gro ßer Wertschätzung begegnen.
Zu den Grundlagen über den Ausgleichsanspruch ist schon viel gesagt worden. Darauf will ich jetzt gar nicht weiter ein gehen. Nur, Herr Dr. Kern: Die Vorgaben sind gesetzlich und rechtlich – und jetzt auch gerichtlich – festgelegt worden. Da für brauche ich keine Evaluierung, weil ich es eh nicht ändern kann. Die Grundlage ist rechtlich vorgegeben und richtet sich nicht danach, ob sie für sinnvoll oder nicht sinnvoll erachtet wird.
Auch die Auswirkungen sind deshalb hinfällig, weil es recht lich umzusetzen ist. Deshalb: Das Sonderungsverbot ist nichts, was von uns aus Vergnügen erfunden worden wäre, sondern eine grundgesetzliche Grundlage, die umgesetzt werden muss. Dazu gehört übrigens auch – rechtlich und gerichtlich festge stellt –, dass wir dies auch überprüfen müssen. Deshalb wun dere ich mich, dass eine Vorgabe – im Jahr 2017 haben wir den Schulen in freier Trägerschaft rund 900 Millionen € zu kommen lassen; mit der Gesetzesänderung und den neuen fi nanziellen Grundlagen sind wir bei knapp 1 Milliarde €; viel Geld –, zu kontrollieren, was mit diesem Geld gemacht wird, was ich für eine Selbstverständlichkeit halte, von der Oppo sition immer als „Bürokratiewust“ bezeichnet wird. Das ist eine Vorgabe. Der Umgang mit Steuergeldern erfordert eine gewisse Rechtfertigung und Darlegung. Ich halte es für selbst verständlich, dass eine grün-schwarze Landesregierung die ser Vorgabe nachkommt.
Wir achten darauf, dass es eben kein Bürokratiewust wird. Wir haben die Verhandlungen, die Gespräche mit den Partnern, den Schulen in freier Trägerschaft, über die Ausgestaltung des Berichtswesens, aber auch über die Ausgestaltung des Nach weises bereits begonnen. Das haben wir zugesagt. Das ma chen wir auch gern.
In diesem Zusammenhang, Herr Fulst-Blei, bekommen Sie von mir gern noch einmal die Bestätigung, dass wir das The ma Geschwisterregelung mit aufnehmen werden. Dafür wer
den wir gemeinsam mit den Partnern, den Schulen in freier Trägerschaft, noch eine Lösung entwickeln. Das werden wir tun; das möchte ich hier auch noch einmal bestätigen.
Ansonsten glaube ich, dass wir auf einem besten Weg sind. Baden-Württemberg muss sich mit diesem Gesetz definitiv nicht verstecken.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In dieser Debatte ist jetzt einiges an Tumulten aufgebrochen, was offensichtlich auch an die Ausschusssitzung, die in der letzten Woche statt gefunden hat, erinnert. Ich freue mich sehr, dass ich heute hier zu den Themen Stellung nehmen kann, die Sie dort angespro chen haben.
Erlauben Sie mir aber, dass ich voranschicke, dass die Phy siotherapeuten für uns ein ganz wichtiger Bestandteil in der Gesundheitsversorgung sind. Wir Grünen haben gemeinsam mit der CDU – und haben es in der vergangenen Legislatur periode auch gemeinsam mit der SPD getan – sehr intensiv darum gekämpft, dass die Stellung der Physiotherapeuten, dass die finanzielle Absicherung der Schulen deutlich besser wird.
Aber nicht nur das. Wir haben auch dafür gekämpft, dass Phy siotherapeuten eine deutlich höhere Kompetenz bekommen. Wir haben dafür gekämpft, dass Physiotherapeuten auf dem Weg eines Direktzugangs insgesamt ein deutliches Stück wei ter gekommen sind. Wir haben uns stark dafür eingesetzt, dass es auf Bundesebene jetzt die Regelung gibt, dass es Blanko rezepte gibt, dass von den entsprechenden Fachärzten nur noch die Diagnose gestellt wird und die Therapeuten selbst über die Therapie entscheiden können. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass Therapeuten in der Tat in der Regel dieje nigen sind, die sehr viel besser entscheiden können, was für die Patientinnen und Patienten gut ist.