Protokoll der Sitzung vom 12.10.2017

Selbst die Schulbauförderung des Landes wurde für die Ge meinschaftsschule maßgeschneidert. Der Neu- und Umbau von Schulgebäuden kann bei Vorliegen zwingender pädago gischer Gründe bezuschusst werden. Diese werden bei der Ge meinschaftsschule von vornherein als gegeben vorausgesetzt.

Was die meisten Schulen, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber brauchen, sind schlicht Sanierungen der alten Gebäude. Wir Freien Demokraten wollen, dass man an anständigen Ge bäuden, und zwar aller Schularten, erkennt, dass uns Bildung auch viel wert ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der AfD)

Momentan ist immer noch das Gegenteil der Fall: Die Regie rung Kretschmann II lässt unsere Schulgebäude buchstäblich im Regen stehen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Falsch!)

In einem anderen Punkt kann ich die SPD allerdings nicht be ruhigen, nämlich in der Frage, ob ihre Bildungspolitik auch richtig und sinnvoll war. Nein, war sie nicht.

(Abg. Anton Baron AfD: Jawohl!)

Denn eine Privilegierungspolitik bringt immer auch Verwer fungen und Nachteile mit sich, und zwar nicht nur für die Nichtprivilegierten, sondern auch bei den Privilegierten.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Richtig!)

Der Bildungsdezernent des Städtetags, Norbert Brugger, be schreibt das Problem so – Zitat aus der „Stuttgarter Zeitung“ vom 30. September dieses Jahres –:

Weil viel zu schnell zu viele Gemeinschaftsschulen einge richtet worden sind, haben wir einen Absturz nach dem dadurch erzeugten Boom erwartet und befürchtet.

Dem ist nichts hinzuzufügen, liebe Kolleginnen und Kolle gen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

In der Tat hat die Regierung Kretschmann I auf Masse gesetzt. Da kamen die in ihrer Existenz bedrohten kleinen Haupt- und Werkrealschulen gerade recht. Diese hat die grün-rote Koali tion vor die Wahl gestellt, entweder auf Gemeinschaftsschu le umzustellen oder geschlossen zu werden – also Wahlfrei heit à la Grün-Rot.

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD)

Anders ist nicht zu erklären, warum der ganz überwiegende Teil der etwas über 300 Gemeinschaftsschulen aus ehemali gen kleinen Haupt- und Werkrealschulen besteht. Ihre ange stammte Pädagogik mussten diese Schulen zugunsten der Ge meinschaftsschulpädagogik aufgeben, und zwar auch dann, wenn sie selbst gar nicht davon überzeugt waren. Erschwe rend kam hinzu, dass in den ersten Jahren kein Lehrplan und keine Erfahrungswerte mit der neuen Schulart vorhanden wa ren und die Lehrerinnen und Lehrer ziemlich alleingelassen wurden. – Herr Haser, dem, was Sie gesagt haben, kann ich nur voll und ganz beipflichten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wir, die FDP/DVP-Fraktion, haben damals einen Vorschlag gemacht. Die 42 Starterschulen der ersten Gemeinschafts schultranche hätten im Rahmen eines Modellversuchs ihre Ar beit aufnehmen und Erfahrungen sammeln können. Die grünrote Regierung Kretschmann I lehnte diesen Vorschlag aber ab und entschied sich für einen anderen Weg. Die Gemein schaftsschule wurde sogleich als neue Schulart ins Schulge setz geschrieben, einschließlich restriktiver Vorgaben zu ih rer inneren und äußeren Organisation.

Meine Damen und Herren der SPD und auch der Grünen, wir Freien Demokraten waren und sind skeptisch, ob sich sämtli che Heilserwartungen, die Sie sich von den Gemeinschafts schulen versprochen haben, auch tatsächlich erfüllen werden. Wir haben die Art und Weise der Einführung der Gemein schaftsschule durch die grün-rote Regierung in aller Deutlich keit kritisiert, aber wir haben auch immer und immer wieder deutlich erklärt, dass wir uns nicht gegen die Gemeinschafts schule sperren, wo sie vor Ort gewünscht wird – immer vor ausgesetzt, es gelten gleiche Bedingungen für alle Schularten. Wer das nicht glaubt, möge bitte einen Blick in unser Impuls papier für einen stabilen Schulfrieden aus dem Jahr 2014 wer fen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Sehr gutes Papier! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Oder in das Buch von Dr. Kern!)

Wenn SPD und Grüne nun auf FDP/DVP und CDU zeigen und ihnen die Verantwortung zuschieben wollen, lässt dies ei gentlich nur zwei mögliche Schlüsse zu. Erstens: Es steht wo möglich eine Evaluation der Gemeinschaftsschulen bevor, bei der befürchtet wird, dass diese einbrechen. Wir bitten die Kul tusministerin bzw. den Staatssekretär heute hier um Informa tion, ob und, wenn ja, wann mit einer Evaluation zu rechnen ist bzw. mit welchem Ergebnis wir dann möglicherweise zu rechnen haben.

Zweite Möglichkeit: Die ehemaligen Koalitionäre von Grü nen und SPD wollen von der eigenen Verantwortung ablen ken. Dabei dürfte es ihnen aber schwerfallen, die Verantwor tung dafür abzustreifen, dass die Gemeinschaftsschule sich nicht organisch entwickeln konnte.

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Gleiches gilt für den entstandenen Eindruck, dass sie ohne massive Bevorzugung und restriktive Schutzvorschriften nicht arbeitsfähig ist.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Alte Platte!)

Wichtiger wäre es, aus den Fehlern zu lernen und jetzt not wendige Korrekturen vorzunehmen. Hierfür hat die FDP/ DVP-Landtagsfraktion drei konkrete Vorschläge:

Erstens: Die Gemeinschaftsschulen erhalten endlich die Frei heit, Kurse auf unterschiedlichen Leistungsniveaus zu bilden; das Gesetz sieht bisher nur Binnendifferenzierung vor.

Zweitens: Es dürfen zukünftig ohne Einschränkungen Schul verbünde zwischen Gemeinschaftsschulen und Schulen ande rer Schularten gegründet werden, z. B. mit Realschulen. Da bei geht es um eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, wie Städtetagsdezernent Norbert Brugger zu Recht betont. Einen entsprechenden Antrag haben wir bereits eingebracht.

Drittens: Alle weiterführenden Schulen werden fair und nach gleichen Maßstäben ausgestattet, das heißt, die Privilegierung der Gemeinschaftsschule wird beendet.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf: Sehr gut! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Gilt das auch für die gym nasiale Lehrer-Schüler-Relation?)

Wir Freien Demokraten sind überzeugt: Nur wenn sie sich dem fairen Wettbewerb um das beste pädagogische Konzept stellt,

(Abg. Anton Baron AfD: Genau!)

hat die Gemeinschaftsschule eine längerfristige Entwicklungs chance. Es wird hierbei wieder ganz wesentlich auf die CDU und ihre Kultusministerin ankommen. Statt fauler Kompro misse mit dem grünen Koalitionspartner wäre dagegen poli tischer Mut erforderlich, einen echten Schulfrieden ins Auge zu fassen. Wir, die FDP/DVP-Landtagsfraktion, sind dazu be reit, um den Menschen und auch uns hier in diesem Haus überflüssige Strukturdebatten zu ersparen. Die heutigen Re den von Grünen und von CDU haben deutlich gezeigt, dass es höchste Zeit wäre, die demokratischen Parteien würden sich einmal an einen Tisch setzen und sich überlegen, wie wir Bil

dungspolitik machen, die auch einmal über eine Legislatur periode hinausgeht.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Für die Landesregierung er teile ich das Wort Herrn Staatssekretär Schebesta.

Frau Präsidentin, sehr ge ehrte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD hat mit dem ge wählten Debattentitel die Behauptung aufgestellt, dass die Ge meinschaftsschule schlechtgeredet würde. Das, was Sie, Herr Dr. Fulst-Blei, zur Begründung dafür angeführt haben, war in Zitaten nicht belegt und mit den vier Punkten, die Sie darüber hinaus angesprochen haben, doch recht kleinteilig.

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Das Zitat, das Sie gebracht haben, betraf die Zahlen zu den Eingangsklassen der Gemeinschaftsschulen im Schuljahr 2017/2018. Darauf erwidere ich Ihnen mit einem in diesem Haus gern verwendeten Zitat: Zahlen kann man nicht an schreien.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der AfD und der FDP/DVP)

Das wird auch Ihnen nicht gelingen.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das ist eine Inter pretation!)

Wenn man Zahlen erwähnt, dann ist das eine Feststellung der Tatsachen.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Eine Interpretation ist keine Tatsache!)

Zu der Interpretation kam dann nicht mehr viel.

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Zu den kleinteiligen weiteren Punkten: Sie haben die Perspek tive der Weiterqualifizierung für die Lehrkräfte der Gemein schaftsschule angeführt. Die Differenzierung ist leicht nach vollziehbar. Das ist nämlich eine Differenzierung nach den Schularten, an denen die Lehrkräfte eingesetzt werden, und ob es dort nur A-13-Stellen oder A-13- und A-12-Stellen gibt.

Dass Sie hier ein Angstgebäude aufbauen, als ob die berufli chen Gymnasien einen Engpass in Baden-Württemberg dar stellen würden, geht völlig an der Realität vorbei.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Denn die beruflichen Gymnasien in Baden-Württemberg sind zum Glück und anerkanntermaßen so breit aufgestellt, dass sie für diejenigen, die nicht auf einem allgemeinbildenden Gymnasium Abitur machen wollen, eine Perspektive in der Fläche, in der Breite darstellen.