Protokoll der Sitzung vom 12.10.2017

Wenn die fünf Jahre alte Gemeinschaftsschule ein Erfolgsmo dell wäre, dann müsste man sie auch nicht unterstützen. Aber anscheinend ist sie eine Ruine,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

die Ruine einer gescheiterten und abgewählten Koalition, der grün-roten Regierung von Herrn Kretschmann.

Wenn wir sie jetzt unterstützen sollen, dann ist das eine klare Aussage der SPD, dass diese Schulart offensichtlich allein nicht lebensfähig ist.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Ja!)

Bemerkenswert: von der SPD höchstselbst.

(Beifall bei der AfD)

Der Bildungsausschuss hat Schulen in den USA besucht. Wir sind dankbar für Anregungen, aber bei Besuchen sieht man natürlich häufig nur das, was man sowieso gern sehen möch te. Und es wird so getan, als ob die Colleges und High Schools in den USA Gemeinschaftsschulen wären.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Waren Sie schon einmal in einer?)

Ja, in einigen sogar.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wie kommen Sie dann zu diesem Eindruck?)

Dort wird aber lediglich gemeinsam unterrichtet. Übersehen wird eine starke Einteilung der Schüler. Gemeinsam ist im Grunde genommen nur das Gebäude. Zuerst wird über den Geldbeutel der Eltern eingeteilt. Eltern, die es sich leisten kön nen, schicken ihre Kinder auf private Schulen, auf teure pri vate Schulen. Eltern, die es sich leisten können, wohnen in ei nem guten Wohnviertel, um den Besuch einer guten Schule zu ermöglichen. Immobilienanzeigen in New York listen in folgender Reihenfolge: erst den Preis der Immobilie, dann die Quadratmeterzahl der Wohnung und an dritter Stelle das Schul ranking der Schule in dem Bezirk. Das ist interessant. Die El tern suchen sich ein gutes Stadtviertel, damit ihr Kind nicht in einer Schule unterrichtet werden muss, in der ihnen die rest lichen Schüler nicht passen.

Sie merken, das ist das Gegenteil von dem, was sich die grünrote Regierung in der Pippi-Langstrumpf-Welt erdacht hat.

(Beifall bei der AfD – Abg. Reinhold Gall SPD: So ein Unsinn! So ein Quatsch!)

Innerhalb dieser Schulen geht es mit ständigen Leistungsbe wertungen weiter. Praktisch täglich werden die Kinder bewer tet. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Charakter und Verhalten

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

sowie auf Leistungsbewertungen, wobei die Leistung in wö chentlichen Tests abgefragt wird.

Viele interessante Kurse stehen durchaus nicht jedem Schü ler offen. Die Schüler müssen sich dafür bewerben und wer den ausgewählt. Die tägliche Selbstbehauptung in Amerika – man sagt: survival of the fittest – ist Teil dieser Gesellschaft und dieser Einstellung.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Macht ihr das auch, sur vival of the fittest?)

Das gilt übrigens auch für die Lehrer dort. Sie werden vier Mal im Jahr beurteilt. Auch die Schulen stehen damit unter einem starken Leistungsdruck und einem starken Leistungs zwang. Diejenigen, die im Schulranking schlecht abschnei den, erhalten weniger Geld als die, die gut abschneiden. Das heißt, Schulen in Problemvierteln haben noch mehr Schwie rigkeiten, gut zu werden.

Beeindruckend hingegen war die starke Identifizierung mit der eigenen Schule oder dem eigenen College. Viele Schüler werden später einmal Lehrer an der eigenen Schule, an der sie als Schüler waren – interessant. Trotz mäßiger Bezahlung fin den sich dort viele Lehrer, die ihren Beruf mit hohem Enga gement ausüben.

Viel Positives also, aber auch die Erkenntnis, dass wir nicht alles nachmachen müssen. Die Schule ist eben immer einge bettet in den Gesamtkontext des gesellschaftlichen Selbstver ständnisses.

Die Schüler erhalten in den USA eine Schulbildung nicht als Selbstverständlichkeit, sondern es ist eine Auszeichnung, ei ne bestimmte Schule besuchen zu dürfen. Weiter ist es eine Auszeichnung, ein bestimmtes Programm, ein Sportprogramm, ein virtuelles Unternehmen oder gar eine militärische Voraus bildung in der Schule besuchen zu dürfen.

Doch wie sieht es hier bei uns aus? Das grün-rote Konzept der Gemeinschaftsschule sieht genau das nicht vor. Jeder soll ma chen, was ihm Spaß macht, möglichst ohne Konkurrenzden ken und ohne Leistungsbewertung – die Noten und das Sit zenbleiben wollten Sie eh schon abschaffen – sowie ohne je de Beschränkung auf Geeignetheit oder Begabung.

In der Gemeinschaftsschule wird den Schülern ein hohes Maß an Selbstverantwortung aufgebürdet: selbst organisiertes Ler nen und eigene Leistungseinschätzungen. Jeder Schüler ent scheidet selbst, auf welchem Leistungsniveau er lernen möch te. Doch in der Schule des Reformpädagogen Fratton – Sie wissen es eigentlich – sind die Schüler mit diesem Konzept reihenweise durch die Abiturprüfungen gefallen. Trotzdem werden diese Konzepte anscheinend nicht durchdacht.

Das Grundproblem der linken Parteien ist, die Gesellschaft verändern und revolutionieren zu wollen, indem sie die Ju gend indoktrinieren. Dieser Ansatz, meine Damen und Her ren, ist falsch und menschenfeindlich.

(Beifall bei der AfD)

Unsere Aufgabe ist es, die Schüler auf das Berufsleben vor zubereiten, damit sie in der Gesellschaft erfolgreich und le benstüchtig werden.

(Beifall bei der AfD)

Dazu gehört – dafür steht unsere Landtagsfraktion –, dass wir die Freude an der Leistung fördern, aber nicht Gleichmache rei. Offensichtlich sehen das viele Eltern genauso.

(Beifall bei der AfD)

Die Gemeinschaftsschule sieht ihr Konzept als individuelle Förderung an. Diese Förderung wird von den Schülern durch aus nicht als Auszeichnung wahrgenommen. Warum auch? Das ist im Grunde genommen der falsche Denkansatz. An strengung und Belohnung sollen und müssen sich die Waage halten. Die Gemeinschaftsschule will individuelle Förderung jedoch jedem Schüler zukommen lassen, ohne dass sich die ser darum bemühen oder bewerben muss. Damit ist die Teil nahme keine Auszeichnung mehr, sondern eine lästige Pflicht.

Sicherlich gibt es an manchen Schulen gute Ansätze: virtuel le Unternehmen mit Finanzabteilung, Marketing usw. Aber wir haben gerade an den Schulen in den USA gesehen, dass dort längst nicht jeder Schüler die Möglichkeit hat, daran teil zunehmen, sondern er wird – wie schon gesagt – ausgewählt. Bei einer Schülerzahl von 1 000 nehmen im Schnitt 90 Schü ler an solchen Programmen teil, 90 von 1 000. Das ist eine große Auszeichnung. Auch im Bereich Informatik haben wir bemerkt, dass an einer Schule mit 5 000 Schülern zehn Schü ler das vertiefte Programmieren neben der Vermittlung des Basiswissens lernen durften. Man spricht von einer Besten auslese, einer Elitenförderung – obwohl das in den USA so nicht gesagt wird.

Sie, die SPD und die Grünen, ignorieren Traditionen einer Ge sellschaft. Wir haben eine wissenschaftliche, eine geisteswis senschaftliche und eine handwerkliche Tradition. Alle Schu len sind bei uns aus diesen Traditionen gewachsen: das Gym nasium aus der Tradition der akademischen Bildung, die Re alschule aus der Tradition der Kaufleute und die Hauptschu le aus der Tradition des Handwerks. Wenn wir diese Traditi onen ernst nehmen und weiterentwickeln, z. B. mit der dua len Ausbildung, um die wir in der ganzen Welt bewundert und beneidet werden, werden wir Erfolg haben.

(Beifall bei der AfD)

Wenn wir sie über den Haufen werfen, werden wir Schaden anrichten. Das ist in der vergangenen Legislaturperiode schon passiert.

Kinder kann und darf man nicht über einen Kamm scheren. Individualisierung und das gemeinsame Lernen sind sinnvoll und notwendig, aber eben mit Maß und Ziel und unter Beach tung der unterschiedlichen Leistungsbereitschaft und Leis tungsfähigkeit. Der Maßstab muss und wird immer die Leh rer-Schüler-Beziehung und das Lernen vom Lehrer sein. Da neben bleibt das Erfordernis der fairen und klaren Bewertung und der angemessenen Elitenförderung. Dies wird interessan terweise die angestrebte neue Reform der gymnasialen Ober stufe auch in gewissem Umfang wieder bringen.

(Beifall bei der AfD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Dr. Kern das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Als ich den Titel der von der SPD

Fraktion beantragten Aktuellen Debatte sah, dachte ich sofort: Da ist er wieder, der gute alte Beißreflex von Grün-Rot aus der vergangenen Legislaturperiode. Ein kritischer Zeitungs artikel zur Gemeinschaftsschule, und gleich werden wieder alle Register gezogen.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Fünf Beispiele!)

Wie können wir von der FDP/DVP-Landtagsfraktion der SPD nur die Sorge nehmen, sie hätte in ihrer Regierungszeit nicht genug für die Gemeinschaftsschule getan?

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Nun, ich versuche es einmal mit der Aufzählung der Privile gien, mit denen die damalige Regierungskoalition die Ge meinschaftsschule ausgestattet hat.

Zusätzlich zum Pflichtunterricht erhält die Gemeinschafts schule Personalmittel für die individuelle Förderung in einem Umfang, von dem andere Schularten wie die Realschule bis her nur träumen können.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Klaus Dürr AfD)

Die Gemeinschaftsschule ist automatisch Ganztagsschule. Sie steht also bei der Beantragung des Ganztagsbetriebs immer an erster Stelle und erhält die entsprechende laufende Förde rung. Für alle weiterführenden Schularten gilt ein Klassentei ler von 30; als einzige Schule hat die Gemeinschaftsschule aber einen Klassenteiler von nur 28.

(Zuruf von der AfD: Aha!)

Selbst die Schulbauförderung des Landes wurde für die Ge meinschaftsschule maßgeschneidert. Der Neu- und Umbau von Schulgebäuden kann bei Vorliegen zwingender pädago gischer Gründe bezuschusst werden. Diese werden bei der Ge meinschaftsschule von vornherein als gegeben vorausgesetzt.