Protokoll der Sitzung vom 09.11.2017

Liebe Kollegen von der SPD, in der antiken griechischen De mokratie galt der Grundsatz: „Was du auch tust, tue es klug, und bedenke das Ende.“

(Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Für uns bedeutet das, klug und ideologiefrei abzuwägen. Was bedeutet der Wolf für uns konkret in Baden-Württemberg? Wie können wir mit ihm zusammenleben? Zu welchen Kon flikten wird es am Ende unweigerlich kommen? „Bedenke das Ende“, dazu gehört auch der Blick auf andere Länder, die be reits Erfahrung mit der Rückkehr des Wolfes gesammelt ha ben.

Wohin die Reise mit dem Wolf gehen könnte, wurde uns bei der Anhörung anhand des Beispiels Brandenburg anschaulich geschildert. Hier findet nicht mehr, wie heute bei uns, eine ab strakte Diskussion um Einzelfälle statt, sondern der Wolf ge hört ganz konkret zum Alltag vieler Menschen und zum All tag in der Landwirtschaft. Dabei ist im Bewusstsein, dass das Verhalten des Wolfes im Rudel ein völlig anderes ist als das Verhalten eines einzelnen Wolfes, um den sich unsere Diskus sion hier nun dreht.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So wie beim Schwarz wild auch!)

Meine Damen und Herren, ich persönlich verstehe die Sorgen vieler Landwirte und Schäfer, die jeden Morgen aufs Neue fürchten müssen, gerissene Tiere auf ihren Weiden vorzufin den. Ich verstehe auch die Belange der Jäger und der Förster, und ich verstehe die Vorbehalte vieler Naturnutzer, die Sorge haben, dass, wenn sich die Wolfspopulation wie erwartet mit Wachstumsraten von bis zu 30 % weiterentwickelt, der Wald als Erholungsgebiet nur noch sehr eingeschränkt nutzbar sein wird.

Der Wolf mag per se keine Gefahr für den Menschen sein. Hört man jedoch Wolfsgeheul aus dem Wald, wird sicherlich künftig nicht nur die Mutter mit dem Kinderwagen den Wald und dessen Umgebung meiden.

(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

Worum muss es uns also gehen? In Märchen und Mythen gibt es ihn schon lange; jetzt ist der Wolf in unseren Wäldern in Baden-Württemberg. Genau so muss auch diese Debatte ge führt werden: Heraus aus den romantischen Märchenbüchern, und hinein in die realen Gegebenheiten und vor allem in die Lebenswirklichkeit in unserem Land!

Für eine Entmythologisierung des Wolfes muss miteinander gesprochen werden und müssen Erfahrungen ausgetauscht werden. Gerade das Ministerium für Ländlichen Raum und der im Titel der Debatte genannte Minister gehen hier voran. Nicht anders als vorbildlich sind die Aktivitäten zu bezeich nen, die rund um die Vernetzung aller vom Wolf betroffenen Akteure erfolgen. Dafür möchte ich Minister Peter Hauk auch an dieser Stelle ausdrücklich danken.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP)

Am Ende, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es doch um einen fairen und ausgewogenen Ausgleich zwischen den Ver fassungsgütern: dem Eigentum, dem Schutz und der Unver sehrtheit der Bürgerinnen und Bürger und eben dem Natur schutz. Natürlich ist das Naturverständnis heute ein anderes als im 17. Jahrhundert.

(Zuruf von der SPD)

In den letzten 200 Jahren ist die Bevölkerung in Baden-Würt temberg um ein Mehrfaches angewachsen, und ebenso hat sich der Anteil der genutzten Flächen vervielfacht. Kommt der Wolf mit seiner Klugheit, mit seiner Neugier und seinem Jagd trieb heute in das dicht besiedelte Land Baden-Württemberg, sind – das haben auch die Experten bei der Anhörung ein drücklich bestätigt – Berührungspunkte mit dem Menschen unvermeidlich. Der NABU sagt: Rotkäppchen irrt. Die Wahr heit ist: Rotkäppchen irrt – aber eben nur halb.

(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

Betrachtet man aber alle genannten Argumente, liebe Kolle ginnen und Kollegen, so finde ich an der Aussage des Minis ters, dass als Ultima Ratio problematische Wölfe der Natur entnommen werden müssen, nichts Unrichtiges, sondern ganz im Gegenteil viel Wahres.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der AfD)

Ich stimme dem Landesjägermeister Dr. Jörg Friedmann aus drücklich zu – dies wäre auch nur konsequent –: Der Wolf ge hört unter den Schutz des Jagd- und Wildtiermanagementge setzes.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der AfD – Zuruf des Abg. Martin Hahn GRÜNE)

Das JWMG wurde ja mit der Idee aus der Taufe gehoben, al len Wildtieren in Baden-Württemberg einen Schutzstatus zu verleihen. Dies nun konsequent weiterzuführen würde der Glaubwürdigkeit der damaligen Geburtshelfer im politischen und vorpolitischen Raum sicher nicht schaden.

Zum Abschluss möchte ich eine kleine Prognose wagen: Schaut man in die Zukunft und geht man davon aus, dass die Wolfspopulation wie prognostiziert weiter anwächst – und zwar in Rudeln und nicht bezogen auf einzelne Wölfe –, wer den wir mittel- und langfristig um Maßnahmen, die die Popu lation auf einem stabilen, den Lebensraumbedingungen ange passten Niveau halten, ohnehin nicht herumkommen.

Bekanntlich beginnt auch die weiteste Reise mit dem ersten Schritt. Hier sind wir angehalten, diesen zu tun.

Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der AfD – Zurufe der Abg. Martin Hahn GRÜNE und Reinhold Gall SPD)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Palka.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen! Der Wolf geht um in Deutschland. Seit einigen Jahren streift er vermehrt durch die Wälder. Die aktuelle Population in Deutschland wird auf einige Hundert Tiere geschätzt.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Und jetzt?)

Ja, und jetzt? Mittlerweile kann durchaus gesagt werden, dass der Wolf in Deutschland und vermehrt auch insbesonde re in Baden-Württemberg zum Problem wird. Doch gehen wir bei all der aufgeheizten und zusehends ideologisch geprägten Stimmung zum Thema Wolf die Thematik sachlich und nüch tern an.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: So wie im mer!)

Eben, so wie immer. Danke.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Da wird er selbst rot! – Gegenruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Nein, nein, ich werde nicht rot.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Haben Sie Schutz status in Ihrer Fraktion?)

Ein Wolfsrudel hat ein Streifgebiet von ungefähr 200 bis 250 km2. Das sind Erfahrungswerte aus Polen.

Deutschland hat eine Gesamtgrundfläche von ca. 357 093 km2. Teilt man diese Zahl durch die durchschnittliche Streifgebiets größe, kommt man auf rund 1 780 Wolfsgebiete. Nun kann aber natürlich nicht die Gesamtfläche als Streifgebiet für den Wolf in Betracht gezogen werden. Rechnet man alle Stadtflä chen, dazu Verkehrsflächen wie Autobahnen und landwirt schaftlich genutzte Flächen usw. ab, bleibt für den Wolf nicht mehr viel Lebensraum übrig.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Karte des Bun desamts für Naturschutz lesen! Da steht es drin!)

Ja, okay. – Dabei können die Streifgebiete durchaus auch größer sein. In Finnland beispielsweise gab es Gebiete mit bis zu 700 km2. Dann käme man auf rund 500 mögliche Wolfs gebiete, sofern Deutschland aus purer Wildnis bestehen wür de. Das haben wir Gott sei Dank noch nicht.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: 440 Rudel!)

Ich möchte als Beispiel den Nationalpark Bayerischer Wald anführen: Er verfügt über eine Fläche von knapp 25 000 ha und ist zusammen mit dem angrenzenden Böhmerwald das größte unzerschnittene Waldgebiet Mitteleuropas. Das ist ein idealer Lebensraum für Wölfe – und nicht unser Pseudonati onalpark Nord- und Südschwarzwald.

(Beifall bei der AfD)

Ein Vergleich hierzu: In ganz Skandinavien gibt es laut einem Statusbericht aus dem Jahr 2016 ca. 430 Wölfe. Gesamtskan dinavien hat eine Fläche von ca. 800 000 km2 und ist damit mehr als doppelt so groß wie Deutschland. Die Wolfspopula tion allerdings ist fast gleich groß. Selbst in Skandinavien wird über die Bejagung des Wolfes intensiv nachgedacht, oder er wird längst bejagt.

In Schweden ist die Bejagung des Wolfes erlaubt, ebenso in Finnland und in Norwegen. In Norwegen macht man sich diesbezüglich auch ernsthafte Gedanken. Nordfinnland ist wolfsfrei; dort wird der Wolf wegen der Rentierfarmen bejagt. Da geht die Nutztierhaltung vor.

Ganz nebenbei sei erwähnt, dass in der Schweiz mittlerweile bereits dazu übergegangen wurde, Jungtiere gezielt aus den Rudeln zu schießen. Damit soll die Entwöhnung vom Men schen erzielt werden. In Skandinavien kann man zudem durch aus davon reden, dass es dort noch unberührte Wildnis gibt. Deutschland – und damit auch Baden-Württemberg – ist eine durch Menschenhand geprägte Kulturlandschaft. Ich glaube, das kann niemand abstreiten.

Da stellt sich zwangsläufig die Frage, wie der Wolf in BadenWürttemberg seinem Wesen und seiner Art entsprechend exis tieren kann und wie das in Einklang mit den restlichen Be wohnern – egal, ob tierischen oder menschlichen Ursprungs – geschehen soll.

Für uns ist die Sache klar: Es kann und wird nicht funktionie ren. Die Rückkehr des Wolfes darf nicht unreguliert ablaufen. Eine Aufnahme in das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz – und damit einhergehend eine reglementierte Bejagung des Wolfes – muss auf den Weg gebracht werden.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Es gibt keine mitteleuropäische Population des Wolfes, wel che unter einen besonderen Schutz zu stellen wäre, weil sie sich von den Wolfspopulationen aus Osteuropa unterscheiden würde. Sie unterscheiden sich nämlich nicht. Die Wölfe sind nachweislich aus Osteuropa, vielleicht auch aus Italien – dort war der Wolf noch nicht ausgerottet – nach Mittel- und West europa eingewandert.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und des halb muss man sie jagen?)

Nein. – Woher soll da jetzt plötzlich eine neue Art kommen? Das sollten auch die Grünen endlich einmal zur Kenntnis neh men und hier keine grimmschen Märchen erzählen.

(Beifall bei der AfD)

Herr Pix, Sie dürfen nächstes Mal gern mit mir nach Sachsen gehen. Dort war ich nämlich, und dort haben wir uns extrem über den Wolf unterhalten. Dort ist es schon schwierig, einen Kinderwagen auf dem Balkon stehen zu lassen, weil der Wolf dort tatsächlich bis auf die Balkone herankommt.