Protokoll der Sitzung vom 09.11.2017

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich Herrn Abg. Pix das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich die FDP/DVP für den äußerst gelungenen Titel dieser heuti gen Debatte beglückwünschen:

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Danke!)

„Peter und der Wolf“ – einfach fantastisch. In diesem Mär chen von Sergei Prokofjew aus dem Jahr 1936 warnt der Großvater den kleinen Peter und bittet ihn, im Haus zu blei ben, da der böse Wolf sonst die Tiere oder sogar den kleinen Peter selbst holen würde.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Oh!)

Dieser pauschalen Bewertung als „böser Wolf“ treten wir ganz entschieden entgegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Seit der Wolf im Jahr 2000 nach Deutschland zurückgekehrt ist, wurde noch kein aggressives Verhalten der Tiere gegen über dem Menschen bekannt oder nachgewiesen. Dennoch geht das Märchen weiter. Denn eines Tages kommt der Wolf doch und verschlingt die Ente mit einem Happs. Die Ente bleibt jedoch am Leben und macht sich später aus dem Bauch des Wolfes bemerkbar. Ich kann Ihnen, meine Damen und Herren, aber versichern: Die über 2 000 Nutztiere, die zwi schen 2002 und 2015 von Wölfen in Deutschland gerissen wurden,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Die kom men nicht zurück!)

trällern schon lange kein Liedchen mehr.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Das entstammt der offiziellen Statistik der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf.

Sie sehen: Der Wolf ist weder der böse Märchenwolf noch ein Kuscheltier, sondern ganz schlicht ein Wildtier, und zwar ein Wildtier, das in Baden-Württemberg vorkommt, und ein Wild tier, das uns vor Herausforderungen stellt, die wir ganz offen ansprechen sollten und müssen.

Dabei ist aktuell jedoch nicht entscheidend, ob der Wolf dem Jagdrecht unterliegt oder nicht. Entscheidend ist doch die Fra

ge, wie wir den Wolf in unsere wertvolle Kulturlandschaft, in die Wanderschäferei, die Höhenlandwirtschaft, die kleinstruk turierte Weidehaltung integrieren können.

(Beifall bei den Grünen)

Das, meine Damen und Herren, ist die entscheidende Frage. Darauf müssen wir Antworten finden, die sowohl den Natur schutz als auch die Landnutzung zufriedenstellen.

Mit der öffentlichen Anhörung am 26. Oktober 2017 haben wir eine Versachlichung dieser emotionalen Debatte erreicht. Auch dabei wurde deutlich, dass noch zahlreiche offene Fra gen vor uns liegen. Ich möchte mich gern dem NABU-Lan desvorsitzenden anschließen und sagen – Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich jetzt –:

Lassen Sie uns doch erst einmal den Wildtierbericht ma chen, und lassen Sie uns darüber diskutieren, wie Wölfe tatsächlich reguliert werden können und wann dieser Zeit punkt kommt oder gekommen ist. Ich denke, darüber soll ten wir tatsächlich diskutieren, anstatt jetzt reflexartig zu sagen: Jagdrecht, ja oder nein?

(Beifall bei den Grünen)

Was heißt das? Das heißt, wir brauchen einen Ausbau des Wolfsmonitorings, wir brauchen ein Wolfsmanagement, wel ches diese offenen Fragen angeht. Dabei können wir von den Erfahrungen anderer Länder in Deutschland profitieren und deren Fehler vermeiden. Dafür bedarf es einer Abstimmung unter allen Beteiligten. Hier hat die AG Luchs und Wolf be reits wertvolle und erfolgreiche Arbeit geleistet. Das Forum Großraubtiere Baden-Württemberg an der Forstlichen Ver suchs- und Forschungsanstalt in Freiburg arbeitet bei diesem Thema mit allen Beteiligten regelmäßig zusammen, um Eck pfeiler zu diskutieren. Dies gilt es fortzusetzen und zu inten sivieren, um die Akzeptanz in Baden-Württemberg zu verbes sern und zu optimieren.

Am Ende des Märchens jedenfalls überlistet der kleine Peter den bösen Wolf,

(Heiterkeit)

und dieser kommt in den Zoo.

(Heiterkeit – Abg. Andreas Stoch SPD: Der kleine Peter?)

Der Wolf. – Wir wollen das aber ganz sicher nicht, dass der Wolf nur im Zoo vorkommt, sondern freuen uns, wenn er zu rückgekehrt ist. Es geht darum, jetzt praktikable Lösungen für alle und mit allen Beteiligten zu finden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Hagel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich:

Denkmäler sind Ausdruck eines Zeitgeistes, sie vergegen wärtigen unser Erbe, konfrontieren uns mit einer fortwir kenden Vergangenheit, die – beharrlich, unbarmherzig, bisweilen auch versöhnlich – in unsere Gegenwart hin einragt.

So ist es bei Ulrich Schlie im Werk „Die Nation erinnert sich“ zu lesen. Dem Wolf wurden in Deutschland Dutzende, wahr scheinlich Hunderte kleiner Denkmäler in Form sogenannter Wolfssteine erstellt. Zumeist zwischen dem 17. und 18. Jahr hundert errichtet, zeigen sie stolz die Erfolge bei der Jagd und, dem damaligen Zeitgeist entsprechend, der Ausrottung dieses Raubtiers.

Allein die Anzahl dieser Denkmäler zeigt, welch einschnei dende Erfahrung und welch wichtiges Ereignis die schrittwei se Ausrottung des Wolfes für die Menschen der damaligen Zeit in unserem Land war. Der Wolf galt als stete Gefahr für Leib und Leben, und, was noch wichtiger war, er gefährdete das Vieh, die Lebensgrundlage vieler Menschen.

Heute, im Zuge der Rückkehr des Wolfes nach Deutschland und Baden-Württemberg, sorgt er wieder für Aufsehen und höchst erstaunliche Reaktionen. Allerdings könnten diese im Vergleich zum damaligen Handeln kaum unterschiedlicher sein. Statt Angst und dem Bestreben nach Ausrottung greift eine Wolfsverklärung sondergleichen um sich.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der AfD)

Kollege Raimund Haser hat bei der letzten Debatte das „Phä nomen Kurti“ und dessen Wirkung auf die Öffentlichkeit wun derbar beschrieben. Der BUND begrüßt ausdrücklich und bei jeder sich bietenden Gelegenheit die flächendeckende Präsenz des Wolfes in Baden-Württemberg oder vielmehr den Wunsch nach dieser. Der NABU titelt auf seiner Homepage gar: „Ahuuu – willkommen Wolf!“ und wirbt zugleich um Spen der, Wolfsbotschafter oder dafür, Wolfspate zu werden.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der AfD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aber nur für Guido Wolf! – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Aber bitte nur mit einem Wolfgang!)

Schließlich verliert sich auch Kollegin Rolland von der SPD vollends im Pathos, indem sie am 20. Juli in diesem Hause verkündete – Frau Präsidentin, ich zitiere –:

Die SPD-Fraktion sagt sehr deutlich: Willkommen Wolf. Auf unserer Erde ist Platz.

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Gabi Rolland SPD: Danke!)

Gebetsmühlenartig wird erklärt, dass es sich nicht um den bö sen, um den wilden Wolf aus Grimms Märchen handle, son dern um ein missverstandenes Tier, das das Recht, vielleicht sogar die Pflicht hat, in unserer Kulturlandschaft unbehelligt leben zu dürfen oder gar zu müssen. Bisweilen hat man fast den Eindruck, beim Wolf handle es sich um einen etwas grö ßeren, unerzogenen Hund, der mit Welpenblick um die An siedlung in Baden-Württemberg bettelt.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU und der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Vielleicht ist es ein Phänomen ideologischer Debatten, dass man am Ende eben nur noch schwarz-weiß zu sehen glaubt und die Fakten der Ideologie weichen müssen. Aber glauben Sie mir, meine Damen und Herren: Wenn der erste Wolf im Vorgarten eines Einfamilienhauses am Waldrand im Oden wald, auf der Schwäbischen Alb oder im Schwarzwald steht und die vierköpfige Familie mit zwei kleinen Kindern

(Oh-Rufe von der SPD)

durch die Panoramascheibe im Wohnzimmer schaut,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD und der Staatsse kretärin Friedlinde Gurr-Hirsch)

dann ändert sich die Wahrnehmung als liebes und gutmütiges Wildtier sehr schnell, weil aus einer romantischen Erwartung plötzlich konkrete Realität wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der AfD – Widerspruch bei der SPD)

Liebe Kollegen von der SPD, in der antiken griechischen De mokratie galt der Grundsatz: „Was du auch tust, tue es klug, und bedenke das Ende.“