Die guten Aussichten spiegeln sich natürlich auch in der neu en Steuerschätzung wider, die wir in der letzten Woche be kommen haben. Manche sprechen schon von Deutschlands „goldenem Jahrzehnt“. Tatsächlich: Seit der Ölkrise in den Siebzigerjahren hat es bisher nur eine einzige Wachstumspha se gegeben, die noch länger angehalten hat, nämlich die Zeit von 1982 bis 1992.
Auch in Baden-Württemberg laufen die Geschäfte branchen übergreifend rund, man kann sagen: robust. Die Industrie im Land freute sich zuletzt über ein weiteres Auftragsplus von über 6 % im Jahresvergleich. Das heißt, das Wachstum in un
serem Land ist gesund, es ist nachhaltig. Das alles sind gute Nachrichten für die Menschen in unserem Land und für das Land Baden-Württemberg.
Bei aller Freude über starke Wachstumszahlen, über Steuer- und Beschäftigungsrekorde sollten wir aber immer – gerade in einer solchen Zeit – die Risiken nicht aus den Augen ver lieren. Die anhaltende Terrorbedrohung, internationale Krisen – manche sprechen immer noch von einem Feuerring rund um Europa; denken wir nur an die Ukraine, den Nahen Osten, Sy rien, Libyen, Nordkorea, um nur einige zu nennen – und auch die Unwägbarkeiten des Brexits: All das hängt wie ein Damo klesschwert über uns. Hinzu kommen möglicherweise Folgen des Fachkräftemangels und einer potenziellen Zinswende.
Deshalb ist unsere Maxime für diesen Haushalt: In guten Jah ren muss das Haus bestellt werden. Das ist wichtig.
Ich habe schon in den vergangenen Haushaltsdebatten gesagt – darauf wurde oft hingewiesen, auch jetzt von der Finanzmi nisterin wieder –: Die größten Fehler werden oft in den guten Zeiten gemacht.
Wir geben das Geld nicht einfach aus, wir legen es klug und sicher für die Zukunft an. Das ist eine wichtige Voraussetzung.
Der Publizist Paul Nolte postuliert eine „investive Gesell schaft“. Entsprechend handeln wir. Es geht jetzt darum, Spiel räume zu nutzen, um Baden-Württemberg stark und richtiger weise wetterfest zu machen. Es geht darum, zu investieren und gleichzeitig vorzusorgen. Das tun wir mit diesem Haus halt mit der richtigen Balance, mit wegweisenden Schwer punkten und mit strategischen Zielen für unser Land, die zu Recht angesprochen worden sind.
Ich gebe zu: Die hohen Steuereinnahmen sind auch ein Glücks fall für die Landeskassen. Es ist aber nicht unredlich, Glück zu haben.
Deutschland hat durch mutige Reformen und richtige Ent scheidungen in der Finanz- und Wirtschaftskrise ein solides Fundament für diesen Erfolg gebaut. Auch wir im Land ha ben damals – seinerzeit noch unter CDU-Verantwortung – den scharfen Konjunktureinbruch mit einem eigenen Landesin vestitionsprogramm abgefedert. Das hat wesentlich mitgehol fen, dass Betriebe und Beschäftigung im Land die Krise bruch los überstanden haben.
Auch der Bund – Stichworte sind Kurzarbeitergeld zur Über brückung, Bürgschaften – hat damals gehandelt. Dieser Tage habe ich gelesen, dass Heideldruck jetzt eine Zunahme bei den Gewinnen verzeichnet. Die erste große Bürgschaft von Bund und Land erfolgte damals für dieses Unternehmen. Das war die Zeit, in der geholfen wurde, den Konjunktureinbruch zu überbrücken. Das hat geholfen.
Wir haben damals in Deutschland auch nicht auf Europa ge schimpft. Vielmehr haben wir damals buchstäblich etwas ge schaffen, wofür wir jetzt die verdiente Rendite einfahren. Das ist die Realität der letzten neun Jahre.
Wir haben Glück. Wir machen etwas daraus. Wir packen das Glück auch beim Schopfe, und darauf wird es ankommen.
Die Koalition aus CDU und Grünen hat frühzeitig dafür ge sorgt, dass wir mit den Mehreinnahmen gezielt den Sanie rungsstau im Land abbauen können. Die Änderung in der Lan deshaushaltsordnung, die uns nicht leichtgefallen ist –
diesen Schritt haben wir sehr klug abgewogen –, hat dazu ge führt, dass wir jetzt auf breiter Front und wirksam vor allem in die Substanz des Landes investieren. Diese Änderung er weist sich jetzt als goldrichtig.
Denn was wäre gewesen, wenn wir diesen Weg nicht einge schlagen hätten? Über die sprudelnden Steuereinnahmen könn te kein Schuldach neu gedeckt, keine Brücke saniert, kein For schungsgebäude instand gesetzt, keine Uniklinik modernisiert werden. Das ist die Realität.
Denn klar ist: Aufgeschobene Instandhaltungen kosten dop pelt so viel, als wenn sie rechtzeitig vorgenommen worden wären. Das weiß jeder Häuslebauer, der angesprochen wor den ist.
Deshalb handeln wir: 1,65 Milliarden € stellen wir im neuen Doppelhaushalt für die Modernisierung von Straßen, Brücken, Hochschulbauten, Uniklinika, Gerichtsgebäuden, Polizeire vieren bereit. Das wird man schon bald überall im Land flä chendeckend merken.
Auch die Offensive zur Erhaltung der Landesstraßen geht wei ter. Nach zusätzlichen 90 Millionen €, die meine Fraktion in diesem Jahr auch für die Landesstraßen gefordert und durch gesetzt hatte, gibt es 2018 und 2019 zusätzlich jeweils weite re 100 Millionen € für den Straßenbau. Das ist uns wichtig. Denn gut ausgebaute Landstraßen sind die Lebensadern in Ba den-Württemberg – gerade dort, wo keine Autobahnen oder Fernstraßen verlaufen.
Sie erschließen, aber sie verbinden auch die ländlichen Räu me und garantieren, dass Wertschöpfung und Wirtschaftskraft auf den Dörfern genauso zu Hause sind wie in den städtischen Zentren.
Wir sorgen dafür, dass der ländliche Raum angebunden bleibt, dass er Anschluss hält. Denn die Stärke dieses Landes war schon immer seine dezentrale Struktur.
Dies war schon immer unsere Politik. Das liegt uns auch sehr am Herzen, und wir pflegen und mehren auch das öffentliche Vermögen im Land. Wir sorgen dafür, dass der Wirtschafts standort Baden-Württemberg auch in Zukunft weiter brum men kann. Das geht eben nur mit leistungsstarken Verkehrs wegen, mit intakten Gebäuden und mit modernen öffentlichen Einrichtungen.
Die Sanierungs- und Investitionsprogramme in diesem Haus halt sind eine Generationenleistung. Wir nehmen es in An griff, den über Jahrzehnte aufgelaufenen Investitionsstau jetzt aufzulösen; denn wir wollen, dass unser Land nicht nur heu te, sondern auch in zehn Jahren noch Wachstum ermöglicht und gute Steuereinnahmen erwirtschaftet. Denn das ist die Ba sis – und das ist wichtig für uns – gerade auch für die Zu kunftsfähigkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist unser Anspruch, und dafür stehen wir mit diesem Doppeletat. Wir finanzieren da mit das Wachstum von morgen. Das heißt, wir verwandeln die Gunst des Moments in einen dauerhaften Vorteil für BadenWürttemberg in der Zukunft.
Zum Erhalt der produktiven Kräfte unseres Landes rechne ich übrigens ganz ausdrücklich auch den Schutz der Natur und der Artenvielfalt, der bereits angesprochen wurde. Wir wissen heute: Jede Investition in den Schutz von Lebensräumen und Ökosystemen kommt auf lange Sicht unserem eigenen Wohl stand zugute. Das ist kein parteipolitisches Thema, sondern ein Thema, das uns alle bewegen und tragen muss. Die Natur mit ihrer Biodiversität ist ein wertvoller Dienstleister für uns Menschen, der ganz konkrete ökonomische Bedeutung hat.
Meine Tochter musste vor ein paar Wochen in der Schule ein Referat über das Insektensterben – auch bei Bienen – halten.