Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD – Gegenruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Welche Entwicklungshilfegelder?)

Das hat wiederum nichts mit der Frage zu tun, ob es sich um ein sicheres Herkunftsland handelt.

Letzte Anmerkung: Wir haben viele Gespräche, auch mit Handwerkern und der Handwerkskammer, geführt. Ein Er gebnis war, dass gerade Gambier bei den Handwerkern in un serem Land sehr gut angesehen sind; viele Gambier sind be gabt. Deshalb sollten wir hier nicht alle Gambier über einen Kamm scheren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Letzter Satz, in Richtung FDP/DVP: Auch Sie fahren hier kei ne klare Linie. Sie haben einen Antrag gestellt, in dem Sie da rauf abzielen, dass Personen, die eine Ausbildung machen – darunter sind auch einige Gambier –, eine bessere Bleibeper spektive erhalten – 3+2-Regelung –, wovon auch die Hand werksbetriebe profitieren. Insofern sollten Sie Ihre Anträge, die Sie stellen, auch einmal nebeneinanderlegen und schau en, was eigentlich Ihre Absicht ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Strobl das Wort.

Herr Präsident Klenk, verehrte Damen und Her ren Abgeordnete! Gegenstand dieser Debatte ist erneut das Thema „Sichere Herkunftsländer“ im Allgemeinen und die Einstufung Gambias im Besonderen. Weshalb ein und dersel be Antrag der FDP/DVP-Fraktion wieder Gegenstand der De batte ist, nachdem wir bereits am 19. Juli 2017 darüber debat tierten, erschließt sich der FDP/DVP-Fraktion. Dies gibt mir jedenfalls Gelegenheit, nochmals einige generelle Ausführun gen zum Thema „Sichere Herkunftsländer“ zu machen.

(Zuruf des Abg. Klaus Dürr AfD)

Laut Grundgesetz ist ein Staat im Sinne des Asylrechts sicher, bei dem es aufgrund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet er scheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmensch liche oder erniedrigende Behandlung stattfindet.

In unserer Stellungnahme vom Oktober 2016 zu dem vorlie genden Antrag haben wir zwölf der zahlenmäßig relevantes ten Herkunftsstaaten mit einer Gesamtschutzquote in BadenWürttemberg im ersten Halbjahr 2016 von unter 10 % aufge führt. Aktualisiert ergibt sich folgendes Bild: Abgesehen von Nigeria mit einer Gesamtschutzquote von 17,3 % hat kein ein ziges der zwölf aufgeführten Länder eine Gesamtschutzquo te von mehr als 3,5 %. Dabei betrug die Gesamtschutzquote für Gambia im Jahr 2015 sogar nur 1,2 %.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Das heißt konkret: Asylbewerber aus diesen Ländern bzw. aus sicheren Herkunftsstaaten sind keiner systematischen Verfol gung ausgesetzt. Ein entsprechender Asylantrag hat deswe gen auch kaum Aussicht auf Erfolg.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hinderer?

Bitte.

Herr Kollege Hinderer, bitte.

Herr Innenminister, Sie haben gerade die Gesamtschutzquote für Asylbewerber aus Gambia mit 1,2 % benannt. Ist es richtig, dass die Gesamtschutzquo te 2016 bereits bei 3,3 % und 2017 bei 4,7 % lag, also im An steigen begriffen ist? Oder habe ich da falsche Informationen?

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Herr Abg. Hinderer, jetzt gedulden Sie sich ei nen Moment. Ich bin gerade dabei, eine entsprechende Ent wicklung aufzuzeigen.

(Abg. Rainer Hinderer SPD: Sie entwickeln das! Gut!)

Ich werde auch auf die Frage, die Sie bereits vorher an mich gerichtet haben, noch zu sprechen kommen.

Es ist daher nur konsequent, diesen Menschen klarzumachen, wie gering ihre Erwartungen für einen positiven Asylbescheid in Deutschland sind. Es ist deswegen folgerichtig, solche Staa ten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären.

Warum ist das so? Oft riskieren Asylbewerber Leib und Le ben in der Hoffnung, in Deutschland Asyl zu erhalten. Sie in vestieren oft ihr gesamtes Vermögen und finanzieren dabei doch nur die Schlepper, Schleuser und die organisierte Krimi nalität. Mit der Erklärung zum sicheren Herkunftsland neh men wir diesen Asylbewerbern die Illusion, es lohne sich, Kopf und Kragen zu riskieren, viel Geld zu investieren und die materielle Basis auch in der Heimat endgültig zu verspie len, nur um nach Deutschland zu kommen.

(Abg. Anton Baron AfD: Ihre Chefin hat das doch so gewollt!)

Es ist ein entscheidender Punkt, meine Damen und Herren, dass wir damit auch die Geschäftsmodelle der organisierten Kriminalität zerstören, der Schleuser und Schlepper. Das hat sich auf dem Westbalkan sehr bewährt. Die organisierte Kri minalität im Schleuserwesen auf dem Westbalkan ist in dem Moment verschwunden, als wir diese Region zur sicheren Herkunftsregion erklärt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der AfD und der FDP/DVP)

Darüber hinaus ist die Erklärung zum sicheren Herkunftsstaat auch ein wirksames Instrument zur Begrenzung des Zugangs und zur Bekämpfung des Missbrauchs des Asylrechts. Auch hier haben wir in Bezug auf den westlichen Balkan gute und positive Erfahrungen gemacht. Dabei ist eines auch klar: Die Erklärung zum sicheren Herkunftsland höhlt unser Asylrecht nicht aus, sie hält ein Asylverfahren ja weiterhin offen. Die Verfahren werden zwar beschleunigt, aber ein individuelles Verfahren, in dem die individuellen Fluchtgründe und Asyl gründe dargelegt werden können, findet weiterhin rechtsstaat lich statt.

Vor diesem Hintergrund ist es aus meiner Sicht zutiefst be dauerlich, dass bisher kein politischer Konsens im Bundesrat

herbeigeführt werden konnte, weitere Staaten mit einer sehr geringen Gesamtschutzquote zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Am Land Baden-Württemberg hat es freilich nicht gelegen. Ich habe allerdings die Hoffnung, dass das in der neu en Legislaturperiode des Deutschen Bundestags gelingen mö ge. In den Sondierungsgesprächen mit der SPD haben wir uns darauf verständigt, Algerien, Marokko und Tunesien sowie weitere Staaten mit einer regelmäßigen Anerkennungsquote von unter 5 % zu sicheren Herkunftsstaaten zu bestimmen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Darauf hat der Herr Abg. Lorek zu Recht hingewiesen. Das ist ein klares Sondierungsergebnis und wird in den Koaliti onsverhandlungen umgesetzt.

(Beifall bei der CDU)

Das betrifft Ihre Frage, Herr Abg. Hinderer, was das Ergebnis der Jamaika-Verhandlungen gewesen ist. Ob das jetzt exakt der gleiche Wortlaut war, kann ich Ihnen nicht berichten.

(Zuruf: Nein, war es nicht!)

Aber vom Inhalt her ist es ein ähnliches Sondierungsergebnis gewesen, dass wir diese Länder in Nordafrika und weitere Länder mit einer Schutzquote von unter 5 % als sichere Her kunftsländer erklären.

(Zuruf: Nur Maghreb!)

Nun zu Gambia: 7 479 gambische Asylbewerber in BadenWürttemberg befinden sich mit Stand 31. Dezember 2017 noch im Asylverfahren. Im Jahr 2017, Herr Abg. Hinderer, be trug die Gesamtschutzquote nur 3,4 %. Daher ist die Frage be rechtigt und überfällig, ob auch Gambia in den Kreis der si cheren Herkunftsländer aufzunehmen ist. Dies hätte zur Fol ge, dass entsprechende Asylverfahren schneller beschieden werden könnten und es im Falle einer Ablehnung schneller zu einer Ausreisepflicht käme.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Die Durchsetzung der Ausreisepflicht ist aus vielen Gründen wichtig. Für Ausreisepflichtige aus Gambia gilt das leider in ganz besonderem Maß. Denn es gehört zur Ehrlichkeit in der heutigen Debatte, dass klar gesagt werden muss: Einige zu uns kommende Flüchtlinge – dazu gehören nun einmal auch die Gambier – halten sich nicht an unsere Rechtsordnung. Die ser Teil der Migranten zeigt sich leider zu einem weit über durchschnittlichen Anteil nicht nur respektlos gegenüber den hier geltenden Regeln,

(Zurufe von der AfD: Aha!)

sondern wird auch straffällig.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Populistisch ist das!)

Im Jahr 2016 lag der Anteil der Gambier bei einfachen Rausch gifthandelsdelikten bzw. Schmuggeldelikten bei über 11 % al ler Tatverdächtigen; über die vorangegangenen fünf Jahre bis zum Jahr 2016 zeigt sich dabei eine Steigerung um etwa das 20-Fache. Im Jahr 2017 lag der Anteil gambischer Tatverdäch tiger an entsprechenden Delikten bei knapp unter 7 %.

Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass die Außen stelle des BAMF in Baden-Württemberg bis 2017 zentral für Gambier zuständig war. Entsprechend ist ein Großteil gambi scher Asylbewerber in Aufnahmeeinrichtungen des Landes untergebracht. Mittlerweile werden Gambier nun auch in drei weiteren Ländern untergebracht: in Bayern, in Niedersachsen und in Sachsen-Anhalt. Hierüber bin ich nicht traurig.

Bei Rückführungen nach Gambia gibt es regelmäßig Schwie rigkeiten bei der Identifizierung gambischer Staatsangehöri ger und der damit verbundenen Aufnahmebereitschaft im Her kunftsland. Immerhin hat Gambia inzwischen signalisiert, künftig stärker an der Identifizierung gambischer Staatsbür ger mitwirken zu wollen, und das ist gut so.

Schließlich will die Landesregierung in Zukunft in Gambia einen neuen, zusätzlichen Ansatz testen. Wir wollen Angebo te in Gambia schaffen, die den Rückkehrern eine Perspektive bieten, und wollen somit einen Weg aufzeigen, der sinnvoller ist, als sich aussichtslos um einen Verbleib in Deutschland zu bemühen. Ich glaube, es ist ein sehr erfolgversprechender An satz, dass wir jungen Menschen in Gambia eine Perspektive, insbesondere eine berufliche Perspektive, aufzeigen; das ist sicher besser, als diese Menschen immer und immer wieder in die Hände der organisierten Kriminalität zu geben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der AfD so wie des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Perspektiven vor Ort zu schaffen ist im Übrigen auch Teil un serer Verantwortung in der Welt; dies gilt ganz besonders für den afrikanischen Kontinent. Nicht zuletzt ist dies auch ein zusätzlicher wirkungsvoller, rentabler und nachhaltiger Bau stein unserer verantwortungsvollen Flüchtlingspolitik.

Fazit: Die Gesamtschutzquote ist e i n Kriterium dafür, ein Land zum sicheren Herkunftsstaat zu erklären. Die Entschei dung hierüber obliegt dem Bund. Die Landesregierung wird sich für die Aufnahme weiterer Staaten in die Liste der siche ren Herkunftsstaaten einsetzen, wenn die verfassungs- und eu roparechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen.