Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

In unserem Wahlrecht und in diesem Landtag ist die Wirklich keit seit fast 70 Jahren „Basis ist Boss“. Darauf können wir doch stolz sein, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der AfD und der SPD)

Aber unabhängig davon – das ist die eine Seite –: Der Koali tionsvertrag sieht eine Änderung vor – unbestritten. Das ha ben wir auch in den Fraktionen, in vielen gemeinsamen Be ratungen, in vielen Sitzungen über Monate diskutiert. Wir ha ben uns auch mehrfach eine Meinung gebildet. Auch am letz ten Dienstag haben wir – das wird zu Recht zitiert – gewis senhaft, sachlich, offen, wahrhaftig diskutiert und nach einer

vierstündigen Aussprache mit Stellungnahmen bzw. Wortmel dungen von allen das auch einmütig verabschiedet.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Einmütig oder einstimmig?)

Herr Kollege Rülke, das Ergebnis ist Ihnen bekannt. Das war aus freien Stücken, ohne Vorgabe; es war eine reine Sach frage. Denn auch das ist Demokratie und freies Mandat; es ist gelebte Verfassung.

Ich will hier schon sagen: Natürlich vertritt man als Frakti onsvorsitzender eine Auffassung aller Kolleginnen und Kol legen, einen Auftrag, den man bekommt, und der war für ein gemeinsames Gespräch am Tag danach gedacht. Dies darzu legen ist eine Frage der Redlichkeit, der Offenheit, der Ehr lichkeit. Das haben wir getan. Deshalb wollten wir bereits am 24. Januar das Gespräch gemeinsam fortsetzen. Das wurde dann unterbrochen.

(Lachen bei der SPD – Abg. Sascha Binder SPD: Ab gesagt!)

Ja. – Wir haben uns dann danach im Koalitionsausschuss getroffen und gesagt, auch in diesem Zusammenhang geht es zum einen um die Zusammenarbeit, aber zum Zweiten habe ich bereits gestern auch bei uns klar betont – und das trägt die Fraktion –, dass wir entsprechend dem Koalitionsvertrag die Gespräche mit allen Fraktionen führen werden. Wir werden über alles sprechen, so, wie es darin steht.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit!)

Dann ist es natürlich schon interessant, zu hören, welche Auf fassungen die Kolleginnen und Kollegen, u. a. – –

(Abg. Sascha Binder SPD: Wenn Sie nichts ändern wollen, wollen wir auch nicht mit Ihnen reden!)

Herr Binder, wenn Sie nichts ändern wollen, ist es ja recht.

(Abg. Sascha Binder SPD: Sie!)

Aber dann müssen wir mal die Auffassungen von allen hören. Das ist wesentlich.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Diese Selbstverständlich keit haben Sie doch bisher gar nicht in Anspruch ge nommen!)

Herr Kollege Gall, das werden wir in Anspruch nehmen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja, jetzt, da Sie die Not se hen! – Weitere Zurufe von der SPD)

Ja. – Ich will schon sagen: In diesem Zusammenhang ging es zu keinem Zeitpunkt um Personen oder um Machtfragen oder um die Koalition.

(Zurufe: Nein! – Abg. Andreas Stoch SPD: Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen! – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Jetzt wird es lustig!)

Auch Koalitionsverträge – das wissen Sie alle – werden nie 1 : 1 umgesetzt. Sie müssen immer Spielräume lassen für be gründete Neubewertungen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das sind nur Absichtser klärungen!)

Im grün-roten Koalitionsvertrag stand ja:

Deshalb wollen wir das Landtagswahlrecht reformieren...

Sie haben es nicht reformiert. Das wissen Sie.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Wer hat sich verweigert damals? Die CDU! Danke! – Gegenruf des Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Die SPD! – Weitere Zurufe)

Moment einmal! In der letzten Periode haben Sie schon selbst – Kollege Schwarz hat es deutlich dargelegt – – Damals wurde es nicht weiterverfolgt, übrigens ebenso wie die Volks wahl der Landräte.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Und es ist ja so: Kein Koalitionsvertrag steht über dem frei en Mandat, wie es Artikel 27 der Landesverfassung fest schreibt.

(Zuruf: Genau! – Abg. Wolfgang Drexler SPD mel det sich. – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Reinhart!

Auch die Verfassungs gerichte sagen: Die Bindewirkung und Umsetzung endet an der Schwelle des Parlaments.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es ist unsere Aufgabe als Parlamentarier, dass wir uns damit befassen.

Herr Abg. Dr. Reinhart, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Drexler zu?

Am Ende ist es keine Zwischen frage. Je nachdem, wie es mit Ihrer Redezeit aussieht – –

Bitte, Herr Kollege Drex ler.

(Zurufe)

Die Zeit wird angehalten.

Herr Kollege Reinhart, genau so wie Herr Kollege Schwarz behaupten Sie, in der letzten Le gislaturperiode hätten wir uns nicht geeinigt. Das war ganz anders: Wir hatten am Anfang eine gemeinsame Kommissi on.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Frage! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Kurzintervention! Mensch, lesen Sie mal die Geschäftsordnung!)

Bitte eine Frage!

Ich will es bloß erklären, dann kommt die Frage. – Wir hatten eine gemeinsame Kommissi on aller Fraktionen.

(Zuruf: Frage!)

Es war im Übrigen auch in der vorletzten Wahlperiode so. Dieses Mal ist es nicht so. Wieso hat die CDU-Fraktion nicht gegenüber dem grünen Koalitionspartner durchgesetzt, dass man von Anfang an mit allen Fraktionen in einer gemeinsa men Kommission über das Wahlrecht diskutiert?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Zunächst einmal ist es so: Wir haben immer ganz klar gesagt: Auch das Wahlrecht ist eine Kernfrage des Parlaments. So macht man es jetzt auch in Berlin. Dort schreibt man es nicht in den Koalitionsvertrag.

Deshalb ist es wichtig, dass sich gerade das Parlament, das die Hoheit hat, damit befasst. Da wird man sich selbstver ständlich auch zusammensetzen. Ich kann Ihnen übrigens zu rufen: Nicht nur ein Vesperbrettle, sondern auch ein Wein wird dazu gebracht, damit man sich darüber unterhalten kann.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Den wird man dann wahrscheinlich auch brauchen! – Abg. An dreas Stoch SPD: Schwarzwurst!)

Aber die Frage wird doch dann sein – das ist doch das Ent scheidende –, wie sich die Fraktionen insgesamt dazu stellen. Da sind wir im Gespräch. Das ist ein ganz normales Mitein ander mit dem Koalitionspartner, dann aber auch über die Ko alitionspartner hinaus mit allen Fraktionen. Das Wahlrecht ge hört nicht zur Regierungspolitik – was üblicherweise in Koa litionsverträgen steht –, es ist Sache des Parlaments.